Gertraudenbrücke

Gertraudenbrücke
52.512513.402777777778

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Gertraudenbrücke (Doppelbrücke)
Gertraudenbrücke (Doppelbrücke)
Westseite der Straßenbrücke
Nutzung Straßenverkehr und Fußgänger
Überführt Gertraudenstraße
Querung von Spree
Ort Berlin, Ortsteil Berlin-Mitte
Konstruktion zwei parallele Stahlträger auf Betonwiderlagern1,
Steinbogen auf steinernen Widerlagern2
Gesamtlänge 38,0 m1
Breite 33,5 m1, 22,0 m2
Längste Stützweite 18 m 2
Baubeginn 19771, Sommer 18942
Fertigstellung Ende 19781, Mitte 18962
Lage
Gertraudenbrücke (Berlin)
Gertraudenbrücke

1: Straßenbrücke
2: Fußgängerbrücke

Die Gertraudenbrücke in Berlin-Mitte ist eine Doppelbrücke, bestehend aus der steinernen Gertraudenbrücke aus dem Ende des 19. Jahrhunderts und einem unmittelbar daneben gesetzten Neubau einer reinen Straßenbrücke aus dem 20. Jahrhundert. Sie überspannen den westlichen Spreearm im Zentrum Berlins und verbinden die historischen Stadtteile Neu-Cölln und Friedrichswerder mit Alt-Cölln auf der Spreeinsel.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bereits seit dem 13. Jahrhundert befand sich an der südlichen Grenze des historischen Cöllns eine Brücke über den westlichen Spreekanal. Die an das Teltower Stadttor anschließende hölzerne Zugbrücke trug zunächst den Namen Teltower Brücke und war wegen der Insellage eine zweigeteilte Konstruktion. Im 15. Jahrhundert wurde vor dem Tor ein Hospital mit Kapelle errichtet, das auf den Namen der Heiligen Gertraud geweiht wurde. Die Brücke hieß nun Gertraudenbrücke. Der Bau neuer Stadtbefestigungen der Doppelstadt Cölln-Berlin im 17. Jahrhundert führte zum Abriss des Gertraudentores, und die Brücke wurde umgebaut. 1737–1739 ließ Berlins Oberbaudirektor Titus de Favre eine neue breite Zug- und Klappbrücke aus Holz errichten und die Brückenauffahrt erhöhen. Diesen Zustand beschreibt eine historische Quelle aus dem 18. Jahrhundert sehr anschaulich:[1]

„Die Gertrautenbrücke. Sie führt von Altkölln, aus der Gertrautenstraße, über die Friedrichsgracht nach Neukölln und dem Werder. Sie ward 1739 von Favre auf die jetzige Art mit Gegengewichten erbauet und kostete 1950 Rthlr. [=Reichsthaler] ohne die Materialien. Bey dieser Gelegenheit ward die Gegend erhöht. Vor der Befestigung Berlins, stand hier das Gertrauten Thor. Es war hier damals eine doppelte Brücke, weil hier ein doppelter Arm der Spree ging. Bey der Befestigung aber ging das Gertrautenthor ein.“

Gertraudenbrücke 1880, vor dem Neubau
Im Vordergrund die Gertraudenbrücke um 1900
Die alte Gertraudenbrücke 2009

Um 1878/1879 versuchten die Stadtverantwortlichen durch den Anbau je drei Meter breiter eisernen Fußstege und einer Klappenverstärkung dem zunehmenden Kutsch- und Pferdebahnverkehr (1890 wird ein Stundendurchsatz von 70 Wagen der Pferdebahnlinien angegeben) mehr Platz zu verschaffen. Zur gleichen Zeit wurde der benachbarte Mühlendamm verbreitert und der Spreekanal für den Schiffsverkehr ausgebaut.

Alle Umbaumaßnahmen der Gertraudenbrücke genügten nun nicht mehr und eine feste und breitere Brücke musste die bisherigen Konstruktionen ersetzen. Baumeister Otto Stahn lieferte die Pläne für die noch heute erhaltene massive Gewölbebrücke, die 1895/96 errichtet wurde. Das Gewölbe und die Verkleidung der Ansichtsflächen besteht aus dunkelgrau-brauner rheinischer Basaltlava.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges ließ die Stadt die Bronzeskulptur abbauen, weil sie zu Kriegsgerät umgeschmolzen werden sollte. Der Bronzegießer Hans Füssel (1897−1989)[2] versteckte die Figur jedoch und konnte sie so vor der Vernichtung bewahren. 1954 kam die „Brückenheilige“ auf ihren Platz zurück.[3]

1977 wurde seitlich der alten Brücke eine schmucklose Stahlträger-Autobrücke erbaut. Die historische Brücke mit der Statue wurde der veränderten Straßenführung und dem Fußgängerverkehr angepasst. Sie steht unter Denkmalschutz.

Brückenschmuck und die heilige Gertraude

Die Figur der Gertraude
Sockel mit Inschrift und Ratten

Das massive stufenförmig dem flachen Gewölbebogen folgende Brückengeländer ist im mittleren Bereich aufgelöst in kleine spitzbogige Felder mit je zehn Säulen und schmiedeeisernen Ornamenten in den Zwischenräumen. Zusammen mit der Bronzefigur der Heiligen Gertraude bildet es den einzigen Brückenschmuck. Die Skulptur zur Erinnerung an das Gertraudenhospital aus dem 15. Jahrhundert wurde 1896 von Rudolf Siemering modelliert und in der Kunstgießerei Lauchhammer in Bronze gegossen.[4] Die drei Meter hohe Statue soll die Äbtissin Gertrud des Klosters Nivelles aus dem 7. Jahrhundert darstellen. Sie ist Schutzpatronin gegen Mäuse- und Rattenplagen, der Reisenden und Pilger, der Gärtner und der Armen und Witwen. Die zahlreichen Tierchen sind am Postament in Bronze gegossen, ihr Streicheln verheißt eine ständige Geldvermehrung im eigenen Portemonnaie.

Zukunft der Brücke

Das am Ende des 20. Jahrhunderts erstellte „Planwerk Innenstadt“ sieht die langfristige Wiederherstellung der historischen Mitte Berlins vor. Die Umsetzung für den Bereich der Gertraudenbrücke hieße ein Abriss der sanierungsbedürftigen neuen Gertraudenstraßenbrücke mit einer Rückverlegung der Straßentrasse. Danach soll die alte Gertraudenbrücke längs geteilt werden und als nördlicher und südlicher Brückenteil die Gehwege aufnehmen. Ein neues Brückenmittelteil für die Aufnahme der Fahrspuren und des Gleiskörpers der Straßenbahn wird eingefügt, sodass historische Brückenteile erhalten bleiben. Wegen permanenter Finanzknappheit und geänderter Prioritäten kann mit einer Umsetzung des Planwerks frühestens 2011 begonnen werden, obwohl die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung Anfang 2009 bereits Bebauungspläne an der neu gestalteten Gertraudenbrücke präsentierte.[5]

Sehenswertes in der Nähe der Brücke

  • Juwelenhaus, Gertraudenstraße 10: in der Vergangenheit Konfektionshaus, Gold- und Juwelenschmiede, Sitz eines Musikverlages, Hochzeitsausstatter, Buchhandlung. Nach der Wende lange leerstehend, erwarb es der badische Unternehmer Karlheinz Hurle im Jahr 2002. Aus dem fünfstöckigen denkmalgeschützten Gebäude der Architekten Max Jacob und Georg Roensch[6] entstand für über drei Mio. Euro das nun Juwelenhaus genannte Bürogebäude.[7]
  • Nikolaiviertel
  • Ephraimpalais

Die Gertraudenbrücke auf einer Briefmarke

Die Gertraudenbrücke auf einer DDR-Briefmarke

Im Jahr 1985 gab die Postverwaltung der DDR eine Serie „Berliner Brücken“ heraus, dessen 10-Pfennig-Wert eine Seitenansicht der Gertraudenbrücke zeigt.[8]

Literatur

  • Eckhard Thiemann, Dieter Deszyk, Horstpeter Metzing: Berlin und seine Brücken, Jaron Verlag, Berlin 2003, S. 82–84; ISBN 3-89773-073-1
  • Marina Wesner, Claudia M. Melisch: St. Petri-Kirche, Berlin 2008, S. 49–50, ISBN 3929829878

Weblinks

 Commons: Gertraudenbrücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend. Friedrich Nicolai (Verlag) Berlin, 3. überarbeitete Auflage 1786; S. 139/140 abgerufen am 7. April 2009
  2. Kurzbiografie und Werke Hans Füssels; abgerufen am 15. Mai 2010
  3. Buchausschnitt von St. Petri-Kirche...; abgerufen am 26. März 2009
  4. Referenzliste der Kunstgießerei Lauchhammer, siehe 1896; abgerufen am 29. Oktober 2009
  5. Bereich Stadtentwicklung des Berliner Senat mit Bebauungszeichnung Scheibenhaus an der Gertraudenbrücke; abgerufen am 6. März 2009
  6. Baudenkmal Juwelenhaus
  7. Katja Fischer: Ein Juwel an der Gertraudenbrücke; welt-online vom 5. März 2003; abgerufen am 26. März 2009
  8. DDR-Briefmarke mit Gertraudenbrücke, 1985

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