Moltkebrücke

Moltkebrücke
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Moltkebrücke
Moltkebrücke
Blickrichtung Norden
Nutzung Straßenverkehr und Fußgänger
Überführt Willy-Brandt-Straße
Querung von Unterspree
Ort Berlin
Ortsteile Tiergarten und Moabit
Gesamtlänge 78 m
Breite 26,70 m, davon 15 m Fahrbahn
Längste Stützweite 20,6 m
Durchfahrtshöhe im mittleren Bogen 4,50 m
Baubeginn 1886
Fertigstellung April 1891
Lage
Moltkebrücke (Berlin)
Moltkebrücke

Die Moltkebrücke ist eine Auto- und Fußgängerbrücke mit tragender Stahlkonstruktion auf Steinpfeilern und führt im Berliner Bezirk Mitte über die Spree.

Die mit rotem Sandstein verblendete Brücke verbindet die über sie verlaufende Willy-Brandt-Straße mit der Straße Alt-Moabit und damit das Regierungs- und Parlamentsviertel im Spreebogen im Ortsteil Tiergarten mit dem Moabiter Werder und dem Hauptbahnhof im Ortsteil Moabit. Unmittelbar an das südwestliche Brückenende schließt das Gelände des Bundeskanzleramtes an.

Die mit reichem Bild- und Skulpturenschmuck versehene Brücke ist benannt nach Helmuth von Moltke, dem Chef des Preußischen Generalstabes von 1857 bis 1888. Sie wurde 1886–1891 unter der künstlerischen Leitung von Otto Stahn errichtet. Das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Bauwerk wurde 1947 wieder in Betrieb genommen und von 1983 bis 1986 umfassend restauriert und modernisiert.

Die Moltkebrücke steht unter Denkmalschutz.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die heutige steinerne Brücke hat zwei Vorgänger. Seit 1851 stand etwa 70 Meter stromaufwärts eine hölzerne Drehbrücke, die als Unterspree-Brücke bekannt war. Sie war angelegt, um die Verbindungsbahn zwischen dem Hamburger Bahnhof und dem Potsdamer Bahnhof über die Spree führen zu können. Weil die Holzkonstruktion schnell baufällig wurde, errichtete man 1864–1865 südlich davon die erste schmiedeeiserne dreigelenkige Bogenfachwerkbrücke Deutschlands. Sie diente dem Straßenverkehr und der Verbindungsbahn, wies aber schon bald nach ihrer Eröffnung Verformungen auf, weil die Pfeiler ungenügend fundiert waren. Das Problem verstärkte sich mit dem Ausbau der Bahngleise, sodass die Brücke bereits 1884 geschlossen und 1887 im Zuge der Kanalisierung der Spree wieder abgerissen wurde.[1]

An ihrer Stelle wurde die Moltkebrücke gebaut. Aufgrund der schlechten Erfahrung mit der Metallkonstruktion der zweiten Unterspreebrücke wurde sie als Massivbau errichtet. Die Arbeiten an ihr begannen bereits 1886, also noch vor dem Abriss des Vorgängerbauwerks, und dauerten bis 1891. Im Auftrag der Stadt Berlin übernahm der Architekt Otto Stahn die künstlerische Leitung. Er konzipierte zusammen mit James Hobrecht eine fünfbogige Steinbrücke, unter deren drei großen Mittelkorbbögen (16,56 bis 17,26 Meter lichte Weite) die Spree hindurchfließt. Den kleineren südlichen Segmentbogen (10,37 Meter lichte Weite) unterquerte ein Uferweg, ein ebenso großer Blendbogen am nördlichen Brückenende schuf die gewünschte Symmetrie. Die Ansichtsflächen der Brücke sind mit rotem Mainsandstein verblendet. Aus dem gleichen Material bestehen die drei zugehörigen Treppenanlagen (zwei am südlichen Brückenende, eine am nordöstlichen), der Bild- und Skulpturenschmuck sowie Brüstungen und Laternensockel.

Bau der Moltkebrücke, 1889
Die Moltkebrücke um 1900, Blickrichtung Südosten; rechts das Generalstabsgebäude, im Hintergrund Reichstag und Siegessäule

Die neue Brücke schloss im Spreebogen an die 1867 gewidmete Moltkestraße an, an der sich (am heutigen Standort des Bundeskanzleramtes) das Gebäude des Großen Generalstabs befand. Straße und Brücke leiteten ihre Namen von Helmuth von Moltke (1800–1891) ab, der als „Chef des Generalstabs“ bis 1888 an diesem Ort residierte. Die Moltkestraße bildete den westlichen Abschluss des vornehmen Alsenviertels, das sich (auf dem Gelände des heutigen Spreebogenparks) bis zum Reichstag erstreckte. 1893 wurde nördlich der Brücke das Marine-Panorama errichtet, ein runder Bau mit Glaskuppel, in dem 1899 das Deutsche Kolonialmuseum eröffnet wurde.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Moltkebrücke stark in Mitleidenschaft genommen. 1942 entfernte man bronzene Schmuckelemente der Brücke und der auf ihr angebrachten Laternen und schmolz sie zu Kriegszwecken ein. In den letzten Kriegstagen erlangte die Brücke strategische Bedeutung. Einheiten der Roten Armee starteten von Moabit aus ihren Angriff auf den Reichstag. Es kam zu verlustreichen Kämpfen, in deren Verlauf der südliche Brückenbogen gesprengt und Brüstungen und Bildwerk schwer beschädigt wurden.

Das notdürftig reparierte Bauwerk konnte bereits 1947 seine Funktion wieder aufnehmen. Ein aus minderwertigem Beton hergestelltes Bauteil ersetzte nun den südlichen Brückenbogen. Anstelle der Sandsteinbrüstungen waren Ziegelmauern errichtet worden. 1958 wurde eine Blindgänger-Bombe entdeckt und entfernt, die die Brücke während des Krieges getroffen hatte.

Ende der 1960er-Jahre war wegen immer deutlicher zutage tretender Bauwerksschäden und wegen des geplanten Ausbaus der Stadtautobahn bereits ein Abriss der Brücke geplant. Nur ein Umsteuern in der Verkehrsplanung sorgte dafür, dass sie erhalten blieb.

Brüstungsornament mit Namen und Gedenktafel mit Baudaten der Brücke

Eine umfassende Restaurierung fand schließlich in den Jahren 1983 bis 1986 statt. Der südliche Brückenbogen wurde rekonstruiert, der Blendbogen am nördlichen Brückenende durch einen echten Bogen ersetzt, um so die Unterquerung durch einen geplanten Uferweg zu ermöglichen. Man baute eine Stahltragkonstruktion ein, die der gewachsenen Belastung gerecht werden sollte. Die neue Fahrtrasse besitzt einen Unterbau aus Leichtbeton. Repliken von August Jäkel nach Bildvorlagen ersetzten die verlorene Teile des originalen Bild-, Skulpturen- und Laternenschmucks. Erhaltene originale Sandsteinteile wurden bei der Rekonstruktion behutsam in das Ensemble integriert.

Bei den Restaurierungsarbeiten entdeckte man in einem Brückenpfeiler einen 1889 eingemauerten Urkundenkasten mit einer „Zusammenstellung der Hauptsachen beim Bau der Moltkebrücke bis zur Einmauerung des diese Urkunde umschließenden Kastens“. Der Inhalt gab detaillierten Aufschluss über Planung, Vorarbeiten, Kosten und Bau der Brücke sowie über die beteiligten Personen.

Heute erinnern in der Mitte der Brüstungen angebrachte Tafeln an die Etappen von Bau, Zerstörung und Rekonstruktion der Moltkebrücke.

Brückenschmuck

Porträtkopf von Moltke, Schlussstein im mittleren Brückenbogen
Greifskulptur am nordöstlichen Brückenende mit Parchimer Wappen auf Schild

Der von bedeutenden Künstlern der Wilhelminischen Ära entworfene Bild- und Skulpturenschmuck der Brücke nimmt Bezug auf die militärischen Leistungen von Moltke.

Die Flusspfeiler beidseitig des mittleren Bogens tragen von Johannes Boese stammende Allegorien. Eine über Büchern und Landkarten sitzende Eule steht dabei für die Weisheit des Feldherren und ein sich über Trophäen erhebender preußischer Adler für den unter Moltkes militärischer Verantwortung errungenen Sieg im Deutsch-Französischen Krieg 1870–1871.

Die Schlusssteine der drei Flussbögen tragen von Karl Begas geschaffene, mit Lorbeerkränzen bekrönte Porträtköpfe. Auf dem mittleren Brückenbogen finden sich auf beiden Seiten Porträts von Moltke. Diese werden auf den anschließenden Bögen stromabwärts flankiert von den Köpfen Gebhard Leberecht von Blüchers (links) und Georg von Derfflingers (rechts). Stromaufwärts erscheinen die Köpfe von Caesar und Athene. Die Flankierung durch Feldherren verweist auf die militärische Tradition, in die man von Moltke stellte, Athene deutet auf seine Weisheit hin.

Über den ebenfalls von Begas geschaffenen acht Schmuckskulpturen auf den Brückenbalustraden erheben sich Bronzelaternen, deren Schäfte von jeweils drei Kindern mit römischer Soldatenkleidung und -bewaffnung umgeben sind. Diese Kandelaber wurden um 1890 in der Kunstgießerei Lauchhammer hergestellt.[2] An den Sockeln über den Brückenwiderlagern thronen von Carl Piper gestaltete Greife, die kupferne Wappenschilder tragen. Diese zeigen das Familienwappen der von Moltkes sowie die Wappen von Preußen, Berlin und Parchim, letzteres die Geburtsstadt von Helmuth von Moltke.

Als Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg ist auf einem Sockel am Uferweg an der nordwestlichen Brückenseite einer der zerstörten Original-Greife der Brückenenden wieder aufgestellt worden. Eine Gedenktafel im Brückenbogen beschreibt ihn als „ständige Mahnung zu Frieden und Verständigung“.

Literatur

  • Andreas Hoffmann: Moltkebrücke. In: Helmut Engel u.a. (Hrsg.): Geschichtslandschaft Berlin. Orte und Ereignisse. Band 2: Tiergarten. Teil 1: Vom Brandenburger Tor zum Zoo. Nicolai, Berlin 1989, ISBN 3-87584-265-0, S. 176–181.
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmale in Berlin. Bezirk Mitte. Ortsteile Moabit, Hansaviertel und Tiergarten. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2005, ISBN 3-86568-035-6, S. 111.
  • H. Metzing: Baugeschichte der Spreebrücke Berlin – Moltkebrücke. In: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): Steinbrücken in Deutschland. Verlag Bau und Technik, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7640-0240-9.
  • Eckhard Thiemann, Dieter Desczyk und Horstpeter Metzing: Berlin und seine Brücken. Jaron Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-89773-073-1, S. 111–114.

Weblinks

 Commons: Moltkebrücke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Zwei Ansichten der zweiten Unterspree-Brücke aus dem Jahr 1865 können online im Architekturmuseum der TU Berlin betrachtet werden.
  2. Referenzliste der Kunstgießerei; hier: 1836-1894

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