Berliner Verbindungsbahn

Berliner Verbindungsbahn
Plan der Verbindungsbahn um 1864

Die Berliner Verbindungsbahn war eine ca. 9 km lange normalspurige und eingleisige Eisenbahnstrecke zur Verbindung der alten Berliner Kopfbahnhöfe. Sie war der Vorläufer der späteren Berliner Ringbahn.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Der Hamburger Bahnhof um 1850. Im Vordergrund die Verbindungsbahn.

Schon Mitte der 1840er Jahre gab es Bestrebungen, eine Verbindungsbahn zwischen den gerade fertiggestellten Kopfbahnhöfen der Stettiner Bahn, Hamburger Bahn, Potsdamer Bahn, Anhalter Bahn und der Frankfurter Bahn (später Schlesischer Bahnhof, heute Ostbahnhof) zu bauen. Grund hierfür waren die unzulänglichen Verkehrsverbindungen zwischen diesen für Personen mit Reisegepäck und auch für Güter. Als das preußische Militär 1850 anlässlich einer Mobilmachung zwecks Durchsetzung der politischen Dominanz in Deutschland nach der Märzrevolution 1848/49 gegen Österreich ebenfalls unter den unzureichenden Verhältnissen litt, und zudem bekannt war, dass eine Bahnverbindung höhere Verkehrsleistungen erbringen konnte als Pferdedroschken und Fuhrwerke, befahl König Friedrich Wilhelm IV. den schnellen Bau einer Verbindungsbahn auf Staatskosten. Nach der Anfang 1850 begonnenen Ostbahn und dem Streckenbau der staatlichen Königlich-Westfälischen Eisenbahn-Gesellschaft war dies die dritte in staatlicher Eigenregie gebaute Bahn Preußens.

Bau und Verlauf

Lage der Verbindungsbahn und der Kopfbahnhöfe innerhalb der später gebauten Ringbahnlinie

Mit dem Bau der Verbindungsbahn wurde im Dezember 1850 am Hamburger Bahnhof begonnen. Die eingleisige Strecke verlief auf öffentlichem Straßenland zunächst nach Osten durch die Invalidenstraße. Nach der Überquerung des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals auf der als Drehbrücke konstruierten Sandkrugbrücke führte sie bis zum Stettiner Bahnhof. Der Anschluss des Gleises erfolgte an den beiden Bahnhöfen mit Drehscheiben. Auch die Lokomotivfabrik Borsig, damals noch in der Invalidenstraße ansässig, nutzte das Gleis als Industrieanschluss.

Die Strecke vom Hamburger Bahnhof Richtung Potsdamer Bahnhof überquerte auf einer hölzernen Pfahlbrücke mit Drehteil die Spree in der Nähe der heutigen Moltkebrücke und erreichte den späteren Königsplatz (heute Platz der Republik), dann den Platz vor dem Brandenburger Tor, um schließlich, nach der Durchfahrung der Akzisemauer, auf der heutigen Ebertstraße und der Stresemannstraße das Potsdamer Tor (heute Potsdamer Platz) zu erreichen. Mit einer Rechtsweiche wurde eine Abzweigung durch die Akzisemauer zum Potsdamer Bahnhof gelegt, der dadurch seine Anbindung erhielt, ebenso wie der Anhalter Bahnhof am Askanischen Platz.

Links von dem hier im Bau befindlichen Viadukt der Hochbahn am Wassertorplatz (heutige U-Bahn-Linie 1) liegt das Gleis der Verbindungsbahn mit der Drehbrücke im Hintergrund

Am Anhalter Bahnhof endete das militärische Interesse des preußischen Staates an der Verbindungsbahn. Der Weiterbau der Strecke erfolgte nun unter ziviler Planung mit wirtschaftlichen Interessen. Zunächst ging es am heutigen Halleschen Ufer entlang zum Halleschen Tor, über die Gitschiner Straße zum Wassertorplatz, wo der Luisenstädtische Kanal mit einer Drehbrücke überquert wurde. Dann entlang der heutigen Skalitzer Straße über das Kottbusser Tor zum Lausitzer Platz, wo 1868, als der Görlitzer Bahnhof fertiggestellt war, ein Abzweig durch die heutige Wiener Straße zum Bahngelände führte. Vom Lausitzer Platz aus verlief die Strecke nach Nordosten durch die noch heute so genannte Eisenbahnstraße zur Spree, die ebenfalls mit einer Drehbrücke (spätere Brommybrücke, 1945 zerstört) überquert wurde. Kurz vor der Spreebrücke befand sich seit 1802 das Berliner Proviantamt mit der Heeresbäckerei. Der heute noch erhaltene markante gelb verklinkerte Gebäudekomplex stammt aus den Jahren um 1890.

Nordöstlich der Mühlenstraße erfolgte schließlich die Einmündung in die Anlagen der Schlesischen (früher Frankfurter) Bahn in einer langen Rechtskurve in östlicher Richtung, südlich eines Ringlokschuppens.

Die Eröffnung des Betriebes von Stettiner bis zum Anhalter Bahnhof fand am 15. September 1851 statt. Ab 15. Oktober des gleichen Jahres befuhr man schließlich die gesamte Strecke bis zum Schlesischen Bahnhof. Mit der Zeit kamen noch Industrieanschlüsse für an der Strecke liegende Betriebe, wie die Gasanstalten an der Gitschiner Straße Ecke Prinzenstraße, hinzu.

Betrieb und Ersatz durch die Ringbahn

Die Betriebsführung der Verbindungsbahn wurde der Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn übertragen. Von Anfang an verkehrten auf der Strecke mit Dampflokomotiven bespannte Züge. Die ersten 14 Loks wurden von der Lokomotivfabrik Norris aus Philadelphia / USA geliefert. Es waren holzbefeuerte 2A-Maschinen, die bereits 1843 gebaut wurden. Der Bestand dieser eher kleinen Loks wurden bald durch C-gekuppelte Güterzugloks mit den Betriebsnummern 234 bis 239, 1867 von Louis Schwarzkopff nach englischem Vorbild gebaut, und der Nummer 191, 1865 von Borsig geliefert, ergänzt. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts verkehrten auf der Verbindungsbahn auch Tenderlokomotiven der Achsfolge 1’C (Stadtbahnlokomotiven).

C-gekuppelte Tenderlok T 3

Der gesamte Betrieb war äußerst schwerfällig. Bedingt durch die engen Kurvenradien an den Bahnhöfen blieben öfter schwere Züge, manchmal mit mehr als 50 Achsen, mitten auf den Hauptverkehrsstraßen an den Bahnhofsvorplätzen stecken. Jedes Mal nach Anfahrt eines der Kopfbahnhöfe musste außerdem die Fahrtrichtung gewechselt werden und Bewohner entlang der Trasse beschwerten sich zunehmend über Rauch, Lärm und „rußigen Schmutz“. Schließlich wurde am 15. November 1864 der Verkehr in die Nachtstunden verlegt, um den schon damals recht dichten Straßenverkehr nicht noch mehr zu behindern.

Aufgrund von Bewohnerprotesten wegen der nächtlichen Ruhestörungen (die Lokomotivglocken mussten die ganze Zeit während der Fahrt auf den Straßen geläutet werden) begannen 1865 Überlegungen, die Verbindungsbahn durch eine weiter außerhalb, über noch vorwiegend unbebautes Gebiet, geführte Strecke zu ersetzen. Die neue Strecke sollte unabhängig vom Straßenverkehr geführt werden. Deshalb sollte sie entweder in Damm- oder in Einschnittslage trassiert werden. Es sollte auch keine niveaugleichen Kreuzungen mit dem Straßenverkehr mehr geben. Deshalb waren an allen Kreuzungspunkten entweder Straßen- oder Eisenbahnbrücken notwendig.

Nach dem Krieg zwischen Preußen und Österreich wurden 1866 die Mittel zum Bau der neuen Verbindungsbahn bewilligt. Am 17. Juli 1871 wurde der erste östliche Abschnitt der Berliner Ringbahn von Moabit über Gesundbrunnen, Central-Viehhof, Stralau-Rummelsburg, Rixdorf (heute Neukölln) und Schöneberg zum Potsdamer Bahnhof eröffnet. Der zweite westliche Abschnitt der Ringbahn ging am 15. November 1877 in Betrieb.

Am 16. Juli 1871 endete der Verkehr auf der alten Verbindungsbahn. Nur das Stück vom Görlitzer Bahnhof zu den Gasanstalten am heutigen Kreuzberger Prinzenbad blieb für Kohlelieferungen bis 1927 in Betrieb. Jährlich wurden 150.000 Tonnen Steinkohle in der Zeit von Mitternacht bis 7 Uhr morgens transportiert. Auf dem Gleis von den Gasanstalten über Görlitzer Bahnhof, Eisenbahnstraße bis zur Ecke Köpenicker Straße verkehrte zeitweise eine Pferdebahn, die später durch die elektrische Straßenbahnlinie 1, (später auch die Hochbahn), ersetzt wurde.

Literatur

  • Berlin und seine Eisenbahnen 1846 – 1896, Julius Springer, Berlin 1896
  • Kurt Pierson, Dampfzüge auf Berlins Stadt- und Ringbahn, Rösler+Zimmer Verlag, Augsburg 1971
  • Helmut Zschocke, Die erste Berliner Ringbahn - Über die Königliche Bahnhofs-Verbindungsbahn zu Berlin, VBN Verlag B. Neddermeyer, Berlin 2009. ISBN 978-3-941712-03-4

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