Mercedes-Benz W 113

Mercedes-Benz W 113
Mercedes-Benz
Mercedes-Benz 230 SL, Bj. 1964 (2009-05-01).jpg
W 113
Hersteller: Daimler-Benz AG,
Verkaufsbezeichnung: SL-Serie
Produktionszeitraum: 1963–1971
Klasse: Sportwagen, Oberklasse
Karosserieversionen: Roadster
Motoren: Ottomotoren:
2,3–2,8 Liter
(110–125 kW)
Länge: 4282 mm
Breite: 1760 mm
Höhe: 1305–1320 mm
Radstand: 2400 mm
Leergewicht: 1295–1466 kg
Vorgängermodell: Mercedes-Benz W 121 B II
Nachfolgemodell: Mercedes-Benz R 107

Der W 113 ist ein zweisitziges Faltdach-Cabriolet von Mercedes-Benz, das im März 1963 auf dem Genfer Auto-Salon vorgestellt wurde. Es sollte gleichzeitig die Typen 190 SL und 300 SL ersetzen. Wegen seines zusätzlich lieferbaren, nach innen gewölbten Hardtops erhielt er den Spitznamen Pagode. Er wurde in den Versionen 230 SL (1963–1967), 250 SL (1967) und 280 SL (1968–1971), wahlweise mit Schalt- oder Automatikgetriebe insgesamt 48.912 mal gebaut.

Gegen Aufpreis gab es den Wagen auch als Roadster (2+2) mit Hardtop ohne Verdeck/Verdeckkasten und einer durchgehenden Rücksitzbank. Dieses California-Modell wurde von Mercedes als „Sonderausführung ohne Roadsterverdeck mit vergrößertem Fond" angeboten.

Inhaltsverzeichnis

Karosserie und Fahrwerk

Die „Pagode“ war der erste SL, bei dem umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt wurden. Da seine Basis die Bodengruppe der „Heckflosse“ W 111 mit einem 30 cm kürzeren Radstand ist, hat auch der SL eine steife Fahrgastzelle und Knautschzonen, leicht verformbare Bug- und Hecksegmente. Der Innenraum ist wie bei der Limousine entschärft, es gibt keine harten Ecken und Kanten. Sicherheitsgurte waren, wie beim Vorgänger, als Sonderausstattung erhältlich. Das Lenkgetriebe wurde aus dem crashgefährdeten Bereich des Vorderwagens an die Stirnwand gerückt, die Lenksäule ist geknickt und hat Gelenke, die den gefürchteten Lanzeneffekt bei einem Unfall verhindern. 1967 kamen die Sicherheitslenksäule mit Pralltopf im Lenkrad hinzu.

Das Fahrwerk mit Kugelumlauflenkung und hinterer Eingelenk-Pendelachse wurde ebenfalls aus der W 111-Limousine übernommen. Das Zweikreis-Bremssystem hatte Scheibenbremsen anfangs nur an der Vorderachse; mit Einführung des 250 SL auch an der Hinterachse. Seine Federung ist straff, aber für einen Sportwagen sehr komfortabel. Für die Dämpfung sorgen Gasdruckstoßdämpfer; erstmals fuhr ein SL auf Gürtelreifen.

Motor und Getriebe

Motor M 127 eines 230 SL

Der ebenfalls aus der W 111-Limousine stammende Sechszylinder M 127 mit paarweise gegossenen Zylindern wurde einigen Änderungen unterzogen. Die wichtigste war die Verwendung einer Sechsstempel-Einspritzpumpe statt der Zweistempel-Pumpe mit zwei Dreifachverteilern. Damit war es möglich, den Kraftstoff durch die geöffneten Einlassventile in den Brennraum einzuspritzen und nicht mehr nur in das Ansaugrohr. Der auf 2,3 Liter aufgebohrte Motor M 127 II leistet so 150 PS bei 5500/min und bietet bei 4200/min ein Drehmoment von 196 Nm. Dieser sehr sportlich angelegte Antrieb des SL verlangt verhältnismäßig hohe Drehzahlen.

Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit Schaltgetriebe bei 200 km/h. Auf Wunsch war ein Viergang-Automatikgetriebe erhältlich, das erste Mal überhaupt bei einem SL.

Im Dezember 1966 folgte der ebenfalls 150 PS leistende Mercedes Benz 250 SL (Motor M 129), nun mit gleichmäßigem Zylinderabstand. Motor und Bremsen stammen leicht modifiziert vom 250 SE. Originale 250 SL sind aufgrund der nur gut einjährigen Bauzeit die seltensten Exemplare der Serie W 113.

1968 wurde der 250 SL von dem 170 PS starken, drehmomentstärkeren 280 SL mit dem Motor M 130 abgelöst. Vom Vorgänger unterscheiden den Wagen äußerlich nur das Typenschild am Kofferraumdeckel und geänderte Radzierblenden. Der 280 SL bekam 1968 auch das Pralltopf-Lenkrad des 280 S/SE; die Lenksäule ist daher kürzer als bei 230 SL und 250 SL; Umbauten von 230 SL oder 250 SL auf 280 SL können teils daran erkannt werden.

Der Motor des 280 SL leistet mit 170 PS 10 PS mehr als der hubraumgleiche 280-SE-Motor der Limousinen; der gleiche SL-Motor diente übergangshalber auch dem Antrieb des zeitgleich gebauten 300 SEL nach Bauende des Aluminiummotors.

Durch das Baukasten-Prinzip sind bei Antrieben viele Tauschmöglichkeiten gegeben. Hiervon wurde in früheren Jahrzehnten im Fall der nicht seltenen Motorschäden auch reichhaltig Gebrauch gemacht. Bei einem Kauf ist daher auf das korrekte Zusammengehören von Karosserie und Antrieb hoher Wert zu legen. Entscheidend ist die zweite Gruppe von drei Ziffern der Fahrgestellnummer hinter dem Baumuster 113, in Verbindung mit dem Motorentyp. Nicht zum Baumuster der Karosserie gehörende Antriebe entwerten ein Fahrzeug gleich um fünfstellige Euro-Beträge. Erstaunlich günstig erscheinende Angebote haben hier oft Haken und sind dann bei genauer Betrachtung bzgl. Wertanlage und Rückbaukosten auf Originalversion oft zu teuer.

Achtzylindermotoren hat es in der Serie des W113 nie gegeben, jedoch wurden sowohl Versuche hierzu als auch private Umbauten bis hin zum M100-Motor des 300 SEL 6.3 getätigt. Achtzylinder-Motoren wurden im SL erst 1971 beim Nachfolger 350 SL eingeführt.

Datenblatt

230 SL 250 SL 280 SL
Motor Sechszylinder-Reihenmotor (Vier-Takt)
Motortyp M 127.II M 129.II M 130
Hubraum 2306 cm³ 2496 cm³ 2778 cm³
Bohrung × Hub 82 × 72,8 mm 82 × 78,8 mm 86,5 × 78,8 mm
Verdichtungsverhältnis 9,5:1
Höchstdrehzahl 1/min 6300 6500 6500
Leistung
bei 1/min
110 kW (150 PS)
5500
125 kW (170 PS)
5750
Drehmoment
bei 1/min
196 Nm
4200
216 Nm
4200
240 Nm
4500
Getriebe (serienmäßig) Schaltgetriebe
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h (mit Schaltgetriebe)
Strömungswiderstandskoeffizient
mit Hardtop 0,515
mit Verdeck 0,481
offen 0,610
Kraftstoffverbrauch
(nach DIN 70030 *1
kombiniert in l/100 km)
10,2 11,2 11,4
Stückzahlen 19.831 5.186 23.885

Sonderausstattung

Mercedes bot beim W 113 einige Sonderausstattungsmerkmale an. Hier eine Auswahl:

Name Kaufpreis in DM
Polsterung Leder 1048,95
Autotelefon Becker oder TeKaDe 9934,50
Hardtop 1459,65
Coupedach ohne Roadsterverdeck (dafür mit Fondsitzbank) 632,70
Automatikgetriebe 1443,00
ZF-5-Gang Getriebe 1459,65
Servolenkung 599,40


Produktionszahlen und heutiger Bestand

Als die Produktion, die durch eine große Anzahl zwischenzeitlicher technischer Verbesserungen gekennzeichnet war, am 23. Februar 1971 auslief, waren mehr als die Hälfte der Fahrzeuge ins Ausland – speziell auf dem amerikanischen Kontinent – verkauft worden.

2008 waren in Deutschland noch etwa 4000 Exemplare der drei Modellreihen zugelassen. Nicht erfasst ist eine erhebliche Zahl abgemeldeter, in Restaurierung stehender oder auf die Restaurierung wartender SL-Fahrzeuge. Ein SL dieser Baureihe wird nur noch sehr selten verschrottet, selbst in schlechtesten Zustand (verunfallt, korrodiert, Mechanik defekt). Zudem ist es nach kompletter, aufwendiger Instandsetzung der Karosserie aufgrund des konsequenten Baukastensystems auch leicht, die weitenteils identische (bis auf den Motor des 230 SL) und gut verfügbare Technik der Limousinen zu implantieren.


Literatur

  • MARKT Klassische Automobile und Motorräder, Sonderheft 12: Kaufberatung Youngtimer der Sechziger und Siebziger, VF Verlagsgesellschaft mbH, Mainz, 1992

Weblinks


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