Mercedes-Benz Heckmotorwagen

Mercedes-Benz Heckmotorwagen

In den Jahren 1931 bis 1939 baute die Daimler-Benz AG drei Serienfahrzeuge mit Heckmotor sowie einige Prototypen. Die Stückzahlen blieben jedoch in den meisten Fällen gering und in jedem Falle weit hinter den Stückzahlen der Fahrzeuge mit Frontmotor zurück.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung und Prototypen (W 17/W 25 D)

Inspiriert von der modernen Stromlinienform verfiel man Anfang der 1930er Jahre darauf, Motoren nicht mehr vorne im Fahrzeug, sondern in dessen Heck einzubauen. Gerundete Fahrzeugfronten begrenzen den Einbauraum über der Vorderachse. Gleichzeitig lassen die voluminösen Heckformen viel Platz über und hinter der Hinterachse. Zudem kann bei Einbau über der Antriebsachse die Kardanwelle entfallen. Entsprechende Entwicklungen entstanden bei Tatra unter der Leitung von Hans Ledwinka.

Die Daimler-Benz AG betraute Hans Nibel 1930 mit der Entwicklung eines kleinen Heckmotorwagens. 1931 entstand der Typ W 17 bzw. 120, eine viersitzige Limousine mit zwei hinten angeschlagenen Türen, senkrechten Front- und Heckscheiben und einem Vierzylinder-Boxermotor im Heck, der aus 1200 cm³ 25 PS (18,4 kW) schöpft. Es gab darüber hinaus Versuche mit quer eingebauten Reihenvierzylindermotoren. 1933 baute man ein Fahrzeug mit einer Front ähnlich dem späteren VW Käfer und einem weit ausladenden Heck. Die Frontscheibe des Typs W 25 D bzw. 175 ist schräg nach hinten geneigt, die auf der Mitte der Motorhaube angebrachte Heckflosse teilt das ovale Heckfenster, sodass die später vom Käfer bekannte Brezelform entstand. Das "D" wies auf den Dreizylinder-Dieselmotor OM 134 hin, der 30 PS (22 kW) entwickelt, aber wegen zu hoher Lärmemission wieder verworfen wurde. Von diesem Typ entstanden 12 Versuchswagen.

Typ 130 (W 23)

Mercedes-Benz 130 (1935)
Mercedes-Benz 130 (1935)

Auf der Berliner Automobilausstellung im Februar 1934 wurde der Mercedes-Benz 130 vorgestellt, der einen seitengesteuerten Vierzylinder-Reihenmotor mit 1308 cm³ Hubraum längs im Heck eingebaut hat. Der Motor entwickelt 26 PS (19 kW) und beschleunigt den kleinen Zweitürer auf 92 km/h. Das Vierganggetriebe mit Schnellgang ist vor der Hinterachse eingebaut, die als Pendelachse mit Schraubenfedern ausgeführt ist. Die Vorderräder hängen achslos an zwei Querblattfedern.

Der Wagen war als Limousine, Cabrio-Limousine oder Tourenwagen (mit Cabrioverdeck und ohne Seitenscheiben), jeweils mit zwei hinten angeschlagenen Türen, erhältlich. Aufgrund seiner extremen Hecklastigkeit (2/3 des Gewichtes auf der Hinterachse) legt er ein sehr tückisches Fahrverhalten an den Tag. Wegen geringen Verkaufserfolges wurde das Modell 1936 wieder eingestellt.

Dieser Fahrzeugtyp wird gelegentlich mit „130 H“ falsch bezeichnet; das „H“ wird hingegen nur beim Typ 170 H als Kennzeichnung des Heckmotors zur Unterscheidung vom hubraum- und motorgleichen Frontmotor-Typ 170 verwendet. Gleiches gilt auch für den Heckmotor-Mercedes 150, der ebenso kein nachgestelltes „H“ trägt.

Typ 150 (W 30)

Die Daimler-Benz AG beschickte die 2000 km - Deutschlandfahrt 1934 mit sechs Sportlimousinen der neuen Heckmotorbauart. Die Wagen haben im Unterschied zum Typ 130 eine mehr dem Prototyp W 25 D angenäherte Form, nur zwei Sitze und einen vor der Hinterachse als Mittelmotor eingebauten Vierzylinder mit hängenden Ventilen (ohv), der aus 1498 cm³ Hubraum 55 PS (40 kW) liefert. Damit erreichen die Fahrzeuge 125 km/h.

1935 wurde aus diesem Wagen ein offener Sport-Roadster entwickelt, der als Mercedes-Benz 150 auf den Markt kam. Nachdem der Tank, der beim Typ 130 über dem Motor liegt, unter die Fronthaube wanderte, war überhaupt kein Gepäckraum mehr verfügbar. Der Nutzwert des neuen Wagens war somit eher gering, der Preis mit 6600 RM recht hoch; ein vergleichbarer Typ 170 V kostete nur 5500 RM. 1936 wurde die Fertigung wegen mangelnden Kundeninteresses eingestellt. Insgesamt wurde nur ein knappes Dutzend dieser Fahrzeuge produziert. Das einzig bekannte noch existierende Exemplar befindet sich im Werksmuseum von Mercedes-Benz. Es wurde im Jahre 2010 wieder in einen fahrfähigen Zustand versetzt.[1]

Typ 170 H (W 28)

Mercedes-Benz 170 H (1936)
Mercedes-Benz 170 H (1936)

1936 brachte die Daimler-Benz AG parallel zum Modell 170 V auch einen Mercedes-Benz 170 H heraus, der den gleichen Motor wie das Frontmotormodell besitzt, aber in der Konzeption dem Typ 130 entspricht, als dessen Nachfolger er galt. Der seitengesteuerte Vierzylinder-Reihenmotor hat 1697 cm³ Hubraum und leistet 38 PS (28 kW).

Der Wagen war deutlich teurer als der 170 V (zweitürige Limousine 170 V - 3750 RM, 170 H - 4350 RM) und hatte weniger Kofferraum, ein lauteres Motorengeräusch und ein schlechteres Fahrverhalten - wenn auch besser als das des Typs 130 - zu bieten. Er war allerdings auch komfortabler ausgestattet und galt daher als das „feinere“ Auto, das aber deutlich seltener als der 170 V geordert wurde. Neben der Limousine gab es noch eine Cabrio-Limousine. 1939 wurde die Baureihe kriegsbedingt und wegen zu geringer Nachfrage ohne Nachfolger eingestellt.

Da diese Wagen im Unterschied zum Schwestermodell mit Frontmotor wenig verbreitet waren und sich zudem nicht zum Anbau einer Holzvergaseranlage eigneten, wurden diese Fahrzeuge nicht zur Wehrmacht eingezogen. Daher überlebten überdurchschnittlich viele Exemplare in privater Hand den Krieg unbeschadet, wurden dann aber in den ersten Nachkriegsjahren aufgebraucht. Heute gehört der ehedem meistproduzierte Mercedes-Heckmotorwagen zu den seltensten und meistgesuchten Mercedes-Benz-Modellen.

Literatur

  • Oswald, Werner: Mercedes-Benz Personenwagen 1886–1986, Motorbuch-Verlag Stuttgart 1987, ISBN 3-613-01133-6

Einzelnachweise

  1. Der letzte seiner Art. Spiegel online, 23. Juli 2010. Abgerufen am gleichen Tage.

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