Johannes (Kaiser)

Johannes (Kaiser)
Solidus des Johannes

Johannes († Mai 425 in Ravenna) war als Usurpator weströmischer Kaiser von 423 bis 425.

Leben

Nach dem Tod des weströmischen Kaisers Honorius am 15. August 423 in Ravenna erlebte das weströmische Reich eine dreimonatige kaiserlose Zeit. Zwar war formal sein Neffe, der oströmische Kaiser Theodosius II., Erbe des kinderlosen Honorius, was de iure die Reichseinheit wiederherstellte, doch ließ diese sich nicht mehr lange aufrechterhalten: Seit Jahrzehnten war es üblich, dass mindestens zwei Kaiser die beiden Hälften des Imperium Romanum beherrschten. Theodosius zögerte dennoch mit der Ernennung eines neuen Augustus für den Westen, vermutlich in Ermangelung eines geeigneten Kandidaten. In dieser Situation wurde Johannes, zum Zeitpunkt seiner Erhebung primicerius notariorum und damit u. a. zuständig für die Truppenlisten und Ernennungsschreiben, am 20. November 423 in Rom (wahrscheinlich durch den Senat und die Garde) zum Kaiser ausgerufen. Obwohl Johannes in den Quellen meist gelobt wird, fand er keine breite Anerkennung: Neben Theodosius II. in Konstantinopel verweigerte ihm der comes Africae Bonifatius die Anerkennung, während in Gallien der Prätorianerpräfekt des Johannes ermordet wurde. Das Verhalten des Bonifatius dürfte allerdings vor allem damit zu erklären sein, dass sich sein Rivale Aëtius entschieden hinter Johannes stellte. Das römische Heer Italiens unter dem magister militum (Heermeister) Castinus, der von Johannes für 424 zum Konsul ernannt wurde, hielt sich zurück.

424 erhob Theodosius II. seinen jungen Vetter Valentinian, den Sohn von Honorius' Schwester Galla Placidia, zum Caesar und designierte ihn als neuen Herrscher des Westens. Valentinian war der Sohn des mächtigen Heermeisters und kurzzeitigen Kaisers Constantius III., dessen Beziehungen zu Theodosius II. schlecht gewesen waren. Zudem war er noch ein Kind - beides mag erklären, wieso Theodosius ihn erst jetzt, als der Westen im Begriff stand, an Johannes zu fallen, der ja nicht mit dem Kaiserhaus verwandt war, unterstützte.

Schließlich besiegte ein oströmisches Heer unter dem Heermeister Ardaburius und seinem Sohn Aspar die Truppen des Johannes, der vergeblich auf hunnische und germanische Hilfstruppen unter dem Befehl des Aëtius gewartet hatte. Johannes fiel durch Verrat in die Hände seiner Feinde. Nach seiner Gefangennahme wurde er im Mai des Jahres 425 in Ravenna enthauptet, nachdem ihm zuvor die rechte Hand abgeschlagen worden war. Drei Tage nach seinem Tod kam es zu einer blutigen Schlacht zwischen Aspar und Aëtius, die aber unentschieden endete. Aëtius verständigte sich daraufhin mit Ardaburius und Aspar und trat als comes in den Dienst der neuen weströmischen Regierung. Valentinian III. wurde wenig später zum Augustus erhoben, als Kaiser im Westen eingesetzt und von Ostrom anerkannt.

Der griechische Geschichtsschreiber Prokopios beschrieb Johannes noch gut 100 Jahre später auffallend positiv als einen Mann von milder Art, sehr klug und tüchtig. Fünf Jahre [tatsächlich waren es nur knapp anderthalb Jahre] regierte er als Usurpator, aber in maßvoller Weise; er lieh weder Verleumdern sein Ohr, noch ließ er jemanden ungerecht hinrichten oder eignete sich Vermögen an. Gegen die Barbaren aber konnte er nichts ausrichten, da er Ostrom zum Feind hatte (Prokopios, Historien III, 3, 6–7).

Literatur

Weblinks

 Commons: Johannes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Honorius Römischer Kaiser
423–425
Valentinian III.

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