Geschichte Tansanias

Geschichte Tansanias
Lage Tansanias

Die Geschichte Tansanias beginnt mit dem Zusammenschluss der beiden Staaten Tanganjika und Sansibar, aus denen das heutige Tansania 1964 entstanden ist.

Tanganjika war von 1919 bis 1961 ein britisches Mandat des Völkerbundes und dann der Vereinten Nationen (UNO). Bis 1918 hatte es zu der Kolonie Deutsch-Ostafrika gehört.

Sansibar war ein ostafrikanisches Sultanat unter britischem Protektorat gewesen, das in der Kolonialzeit auf die Inseln Sansibar und Pemba zusammengeschrumpft war. Unmittelbar nach der Unabhängigkeit erlebte es 1963 in einer Revolution den Sturz der Monarchie, dem die Vereinigung mit Tanganjika umgehend folgte.

Inhaltsverzeichnis

Frühgeschichte

Die berühmte Olduvai-Schlucht im Norden Tanganjikas lieferte zahlreiche prähistorische Funde, mit fossilen Relikten der frühesten Vorfahren der Menschheit. Die Entdeckungen legen nahe, dass Ostafrika die „Wiege der Menschheit“ gewesen sein kann.

Wenig bekannt ist die Geschichte des inneren Tanganjika in der Frühzeit. Man vermutet, das Gebiet sei ursprünglich von ethnischen Gruppen bewohnt worden, die eine Schnalzsprache verwendeten, die der der südafrikanischen Khoisan ähnelt. Mitte des 1. Jahrtausends sind Ackerbau treibende Bantu eingewandert, Mitte des 2. Jahrtausends erreichten wandernde Hirtenvölker der Niloten das Gebiet. Die lange Geschichte der Einwanderung kann nicht in Jahreszahlen gefasst werden. Beide Volksgruppen besetzten teils eigene Regionen, in regenreicheren Gebieten überlagerten sie sich und bildeten frühe staatenähnliche Clangesellschaften. Letztere waren aufgrund der Kombination aus Ackerbau und Viehzucht (zunächst Ziegen, ab etwa dem 14. Jahrhundert kamen Ankolerinder hinzu) wirtschaftlich erfolgreicher.

Der Küstenbereich hatte wahrscheinlich schon in den ersten christlichen Jahrhunderten Handelskontakte mit dem Mittelmeerraum. Die regelmäßigen Monsunwinde erleichterten die Reise mit Segelschiffen entlang der Küste, wobei, wobei jeweils mehrmonatige Aufenthalte bis zum jahreszeitlichen Wechsel der Windrichtung einzulegen waren. Aus einem antiken Seefahrtshandbuch sind Ortsnamen wie Rhapta bekannt, das man im Raum zwischen Tanga und dem Rufidschi-Delta vermutet.

Später, möglicherweise schon im 8. Jahrhundert, ließen sich Händler aus Arabien und Persien an der Küste nieder. In ihren Niederlassungen kam es durch Vermischung der islamischen Kaufleute und Seefahrer mit der einheimischen Bevölkerung zur Entstehung der Suahelikultur. Entlang der Küste wuchsen hochentwickelte Städte und Handelsplätze. Unter ihnen ist im tansanischen Bereich neben Sansibar vor allem Kilwa zu nennen.

Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama erforschte die afrikanische Ostküste 1498 auf seiner Reise nach Indien. Bis 1506 beanspruchte die portugiesische Regierung die Macht über die gesamte Küste. Dieser Anspruch bestand allerdings nur auf dem Papier, weil Portugal seine Stützpunkte wie Mombasa und Sansibar nur als Zwischenstationen auf dem Weg zwischen Mosambik und Goa nutzte. Die Portugiesen konnten nur wenige Soldaten stationieren und kolonisierten diesen Bereich nicht. Der Expansion Omans Ende des 17. Jahrhunderts konnte Portugal nichts mehr entgegensetzen, und nach dem Fall der Festung Mombasa 1698 vertrieben die omanischen Araber die Portugiesen auch aus Sansibar und errangen eine lockere Oberherrschaft über die Küstenstädte, in denen sie ihre Walis einsetzten.

Im 19. Jahrhundert gab es in Sansibar wirtschaftlichen Aufschwung durch eine Plantagenwirtschaft, in der besonders der Anbau der neu eingeführten profitablen Gewürznelken steil anstieg. Die Einwanderung omanischer Araber nahm zu. Der omanische Herrscher Sultan Sayyid Said (l804-56) verstärkte seine Präsenz an der Suaheliküste und setzte sich gegen die örtlichen Herrscher von Mombasa durch. 1840 wich Sayyid Said vor der Unsicherheit in Oman sogar für 11 Jahre nach Sansibar aus, dass Frieden mit hohen Einnahmen aus Zoll und seinen eigenen Plantagen verband. [1]


Im Große-Seen-Gebiet westlich des Viktoriasees bestand (zumindest in der Überlieferung) bis zum 15./16. Jahrhundert das wahrscheinlich nur lose zusammenhängende Reich der Bachwezi. Durch Zuwanderung von Hirtenvölkern aus dem Norden entwickelten sich hierarchisch strukturierte Gesellschaften, die als Hinda-Dynastie die herrschende Schicht in mehreren größeren und kleineren Königreichen bildeten. Zu den großen Reichen, die ihren Ursprung auf den legendären Gründer Ruhinda zurückführen, gehören Ruanda, Burundi und Buganda. Zu den kleineren Königreichen, die teilweise von Buganda kontrolliert und gelegentlich überfallen wurden, zählen im Nordwesten Tansanias Buhaya (mit Karagwe) und südlich davon Buzinza. Die Bukerebe besaßen einen dicht besiedelten Inselstaat.

Der größere Teil der inneren Regionen war den Europäern weithin unbekannt. Die europäische Erforschung begann Mitte des 19. Jahrhunderts. Zwei deutsche Missionare erreichten in den 1840er Jahren den Kilimandscharo. Die britischen Forscher Richard Burton und John Speke erreichten 1857 den Tanganjikasee. Der schottische Missionar und Forscher David Livingstone ließ sich in seiner letzten Mission in Ujiji nieder, wo er von dem durch den New York Herald beauftragten US-Journalisten Henry Morton Stanley „gefunden“ wurde.

Kolonialismus

(Siehe hierzu auch die Hauptartikel Deutsch-Ostafrika)

Seit etwa 1830 verstärkte sich das Interesse Omans an den ostafrikanischen Suahelistädten, die unter seiner nominellen Oberhoheit standen. Mit dem Umzug des Sultans Seyyid Said nach Sansibar intensivierte sich auch der Einfluss seiner Regierung auf die Küstenstädte.

Die Kolonialinteressen Deutschlands wurden 1884 von Carl Peters begründet, der für die Gesellschaft für deutsche Kolonisation (später: Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft) durch zahlreiche Verträge mit Stammeshäuptlingen ein privatwirtschaftliches Kolonialreich im Namen seiner Kolonialgesellschaft aufbauen wollte. Kanzler Otto von Bismarcks Regierung sah sich trotz Widerstrebens genötigt, der Gesellschaft einen Schutzbrief des deutschen Reiches auszustellen und den Anspruch durch eine militärische Machtdemonstration deutscher Kriegsschiffe gegenüber dem Sultan von Sansibar abzusichern.

Die Herrschaft der Kolonialgesellschaft brach indes nach kurzem im Aufstand der ostafrikanischen Küstenbevölkerung von 1888 zusammen, und die Reichsregierung musste direkt militärisch eingreifen.

1886 und 1890 wurden Englisch-Deutsche Verträge geschlossen, die die britischen und deutschen Einflussbereiche in Ostafrika und entlang der Küste regelten, die zuvor vom Sultan von Sansibar beherrscht wurden. 1891 übernahm die deutsche Regierung auch offiziell die direkte Verwaltung des Gebietes der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft und ernannte einen Gouverneur mit Hauptsitz in Dar es Salaam.

Während die deutsche Kolonialverwaltung Finanzen, Getreide, Eisenbahnen und allgemeine Infrastruktur nach Tanganjika brachte, löste die europäische Herrschaft den Widerstand der Afrikaner aus. Zwischen 1891 und 1894 musste die Schutztruppe den Widerstand der Hehe unter ihrem Chief Mkwawa gegen die deutsche Expansion brechen. Mkwawa brachte der Kolonialarmee eine erste Niederlage bei, geriet dann nach einer Periode von Guerillakriegen selbst in einen Hinterhalt und beging 1898 Selbstmord.

Der Widerstand fand 1905 bis 1907 seinen Höhepunkt im Maji-Maji-Aufstand. Der Aufstand, der vorübergehend zahlreiche Südstämme vereinte, endete erst, nachdem ca. 120.000 Afrikaner im Kampf oder am Hunger gestorben waren. Er gilt in Tansania vielfach als erste Äußerung eines beginnenden Nationalismus. Die Forschung zeigte, dass traditionelle Feindseligkeiten eine große Rolle im Aufstand spielten.

Während des Ersten Weltkrieges wurde ein erster Invasionsversuch Großbritanniens durch die Schutztruppe unter Paul von Lettow-Vorbeck in der Schlacht bei Tanga vereitelt. Der alliierten Offensive seit 1916 konnte die Schutztruppe nur noch Guerillataktiken während ihres Rückzuges entgegensetzen, wurde aber 1917 nach Mosambik abgedrängt. Damit ging die deutsche Kolonialzeit noch während des Krieges zu Ende, als britische und belgische Truppen das Land besetzten. Kampfhandlungen, Plünderungen und die Verwüstung des Landes durch die Kriegsparteien führten zu großen Verlusten unter der Zivilbevölkerung.

Das ehemals deutsche Gebiet wurde unter den Siegern aufgeteilt. Belgien erhielt Ruanda und Burundi; das übrige Gebiet kam als „Tanganyika Territory“ unter einem Völkerbundmandat an Großbritannien.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Tanganjika UNO-Mandatsgebiet unter britischer Herrschaft. Ab 1947 war es der Schauplatz des Tanganyika Groundnut Scheme, dem größten agrarindustriellen Projekt der Kolonialgeschichte. Dabei wurden einige Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt und die Stadt Mtwara gegründet. Aufgrund schwerwiegender Planungsmängel scheiterte das Projekt und wurde schließlich im Januar 1951 beendet. In den folgenden Jahren bewegte sich Tanganjika stufenweise auf die Selbstverwaltung und Unabhängigkeit zu.

Unabhängigkeit

Julius Nyerere

1954 organisierte Julius Nyerere, ein Schullehrer – einer von nur zwei Tanganjikanern mit Hochschulbildung, eine politische Partei – die Tanganjika African National Union (TANU). Im Mai 1961 errang Tanganjika die Autonomie und Nyerere wurde Premierminister unter einer neuen Verfassung. Die volle Unabhängigkeit wurde am 9. Dezember 1961 erreicht. Nyerere wurde zum Präsidenten gewählt, als Tanganjika eine Republik im Commonwealth wurde.

Sansibar

Das alte arabisch-persische Handelszentrum Sansibar geriet im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts unter portugiesische Herrschaft, wurde aber Anfang des 18. Jahrhunderts von den Arabern aus Oman zurückerobert. Höhepunkt der arabischen Herrschaft war die Zeit unter Sultan Seyyid Said, der den Nelkenanbau in Plantagen unter Sklavenarbeit anregte.

Die Araber errichteten eigene Garnisonen in Sansibar, Pemba und Kilwa und setzten den lukrativen Sklaven- und Elfenbeinhandel fort. Bis 1840 hatte Said sein Kapital von Maskat nach Sansibar transferiert und eine arabische Regierung etabliert. Der Handel ging zunehmend auf indische Händler über, die Said zum Siedeln auf der Insel ermuntert hatte.

Die Gewürze Sansibars zogen Schiffe aus großer Ferne wie den USA an, die 1837 ein Konsulat auf der Insel errichteten. Das frühe Interesse Großbritanniens an Sansibar wurde durch den Handel und den Kampf gegen den Sklavenhandel geweckt. 1822 unterzeichneten die Briten den ersten einer Reihe von Verträgen mit Sultan Said, um diesen Handel zu unterbinden, doch erst 1876 wurde der Verkauf der Sklaven endgültig verboten.

Der Englisch-Deutsche Vertrag von 1890 machte Sansibar und Pemba zu einem britischen Protektorat, und der Caprivi-Zipfel im heutigen Namibia wurde deutsches Protektorat. Die durch den Sultan ausgeübte britische Herrschaft blieb von Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen unverändert bestehen.

Am 10. Dezember 1963 erlangte Sansibar als konstitutionelle Monarchie seine Unabhängigkeit wieder, die aber von Anfang durch tiefgehende innere Konflikten geprägt war. Diese entluden sich bereits am 12. Januar 1964 in der sansibarischen Revolution. Der Sultan und die gerade neu gewählte Regierung wurden gestürzt und tausende Bürger arabischer und indischer Abstammung wurden umgebracht. Die "Volksrepublik Sansibar und Pemba" wurde unter dem Präsidenten Sheikh Abeid Amani Karume ausgerufen. Karume trat alsbald in Verhandlungen mit Premierminister Nyerere von Tanganyika über einen Zusammenschluss beider Länder ein.

Die vereinigte Republik von Tansania

Am 26. April 1964 wurde Sansibar mit Tanganjika vereinigt; aus den beiden Ländernamen wurden die Silben "Tan" und "San" mit der Endung der historischen Bezeichnung "Asania" zum neuen Namen "Tansania" vereinigt und am 29. Oktober 1964 die Vereinigte Republik von Tansania proklamiert. Unter der politischen Union mit Tanganjika im April 1964 behielt die Regierung Sansibars eine beträchtliche lokale Autonomie.

Um eine allein regierende Partei in beiden Teilen der Union zu etablieren, vereinte Nyerere am 5. Februar 1977 die TANU mit der in Sansibar regierenden Partei, der Afro-Shirazi Party (ASP) von Sansibar zur CCM (Chama Cha Mapinduzi-CCM Revolutionary Party). Die Fusion wurde durch die in der Unionsverfassung 1982 formulierten Grundsätze bekräftigt, die in der Verfassung von 1984 nochmals bestätigt wurden.

1985 übergab Nyerere die Macht an Ali Hassan Mwinyi aus Sansibar, behielt aber als Vorsitzender der CCM bis 1990 weiter die Zügel in der Hand.

Die schwere Wirtschaftskrise seit den späten siebziger Jahren machte Reformen unvermeidlich. 1986 wurden Vereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds IWF und der Weltbank getroffen. Die staatlich kontrollierte Ökonomie wurde nach und nach in eine liberale Marktwirtschaft umgewandelt. Ausländischen Investoren wurde der Marktzugang erleichtert, das Schulwesen wurde privatisiert.[2]

Die Einparteiregierung wurde 1995 mit den ersten parlamentarischen Wahlen beendet, die Benjamin Mkapa mit großer Mehrheit gewann; er wurde am 23. November 1995 eingeschworen. 2005 wurde Jakaya Mrisho Kikwete, ein Muslim, zum 4. Präsidenten der Vereinigten Republik von Tansania gewählt.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. vgl. zu den Motiven Mohamed Reda Bhacker, Trade and empire in Muscat and Zanzibar: roots of British domination; London 1994, ISBN 0-415-07997-7, Seite 99ff
  2. Kurt Hirschler: Tansania: Konflikt im Land des Konsenses. Der Überblick. Zeitschrift für ökumenische Begegnung und internationale Zusammenarbeit, Heft 1, 2004, S.111

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