Geschichte Nigerias

Geschichte Nigerias
Vielfältigkeit der Sprachen und Kulturen Nigerias

Die Geschichte Nigerias umfasst die Geschichte des seit 1960 unabhängigen westafrikanischen Staates Nigeria und der britischen Kolonien und Protektorate, aus denen der moderne Staat hervorgegangen ist. Die Grenzen des heutigen Nigeria sind das Ergebnis der Abgrenzung britischer Kolonialmacht von einer im 19. Jahrhundert französisch bzw. deutsch kolonialisierten Umgebung. Diese Grenzen haben weder auf naturräumliche, noch sprachliche oder kulturelle Gegebenheiten Rücksicht genommen. Zur Geschichte Nigerias gehört daher die Geschichte mehrerer Staaten und Völker, die vor der Kolonialisierung auf dem Gebiet Nigerias unabhängig voneinander existierten. Diese vorkolonialen Staaten weisen teils vollkommen gegensätzliche historische Hintergründe auf und gehören dennoch gemeinsam zum geschichtlichen Erbe des Vielvölkerstaates Nigeria. Dieses Erbe umfasst die Stadtstaaten der Yoruba wie Oyo oder Ife ebenso wie das Königreich Benin oder das vom Islam geprägte Kalifat von Sokoto und die Emirate der Hausa oder die kulturellen Leistungen etlicher Gesellschaften ohne eine zentrale politische Autorität.

Inhaltsverzeichnis

Frühgeschichte

Nok-Skulptur aus dem 6. Jahrhundert vor Christus

Die Liste kultureller und zivilisatorischer Leistungen der Völker des heutigen Nigeria in der Frühgeschichte ist lang. Archäologische Funde belegen für den Südosten (etwa bei Ugwuelle-Uturu) und den Südwesten (bei Iwo-Eleru) menschliche Besiedelung seit mehr als 10.000 Jahren. Keramik wurde seit mehreren Jahrtausenden in Nigeria hergestellt, die Gajiganna-Kultur Nordost-Nigerias etwa ist gut belegt. Bei dem Ort Zilum wurden 2500 Jahre alte Überreste einer der ersten befestigten Städte Afrikas südlich der Sahara überhaupt entdeckt und für das 4. Jahrhundert nach Christus wurde durch Funde bei Taruga in Zentral-Nigeria Eisenverhüttung nachgewiesen. Das ist der älteste Nachweis dieser Technik für das gesamte Westafrika. Die 2500 Jahre alte Nok-Kultur Zentral-Nigerias hinterließ ausdrucksstarke Skulpturen, die zudem zur ältesten Figuralkunst Schwarzafrikas zählen.

Zweifellos hat es einen kulturellen und technischen Austausch zwischen dem Gebiet des heutigen Nigeria und dem Mittelmeerraum durch die Sahara über Jahrtausende hinweg gegeben. Belegt ist der Transsaharahandel auf der sogenannten "Bornustraße" zwischen Tripolis und dem Gebiet des Tschadsees seit dem 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung.

Monarchien im Mittelalter

Songhaireiches im 16. Jahrhundert
Ungefähre Ausdehnung Benins

In den 1000 Jahren vor Ankunft der ersten Europäer im 15. Jahrhundert bildeten sich auf dem gesamten Gebiet Nigerias größere und kleinere Staaten.

Im Norden des Landes breitete sich ab dem 9. Jahrhundert langsam der Islam aus und die großen Sahelreiche der Zeit wie Kanem oder das Songhaireich beeinflussten das Gebiet oder beherrschten es in Teilen. Die Staaten der Hausa, die in Nord- und Zentralnigeria entstanden, waren überwiegend diesen Großreichen tributpflichtig.

Bei den Yoruba entstanden in dieser Zeit etliche Stadtstaaten mit dem zentralen Bezug auf das Orakel von Ife als lockerem Bindeglied. Östlich davon begann etwa 600 nach Christus die Geschichte des Edo-Königreichs Benin, das sich bis 1500 zu einem Großreich entwickelte. Die Ibo (Volk) des Südosten dagegen organisieren sich eher in kleinen Einheiten, ihre Organisation ist häufiger als republikanisch beschrieben worden. Die Tiv und andere Völker des Zentrums bilden akephale Gesellschaften, also soziale Einheiten ohne herrschendes Oberhaupt.

Kontakte zu Europa

Ausdehnung des Königreichs Oyo im 18. Jahrhundert
Die Staaten Nordnigerias Ende des 19. Jahrhunderts

Um 1485 kam es zu ersten Begegnungen zwischen den Bewohnern der Küste und einer europäischen Macht, den Portugiesen. Die Portugiesen begannen regen Handel insbesondere mit dem Reich von Benin. Der Oba (Herrscher) dieses Reiches sandte im frühen 16. Jahrhundert einen Botschafter an den portugiesischen Königshof in Lissabon. Die Portugiesen tauschten europäische Produkte, insbesondere Waffen, gegen Elfenbein und Palmöl und zunehmend gegen Sklaven. 1553 gelangte die erste englische Expedition nach Benin.

Die Europäer benannten die Küsten Westafrikas nach den Produkten, die dort für sie interessant waren. Die westliche Küste Nigerias wurde zur Sklavenküste. Im Gegensatz zur weiter westlich gelegenen Goldküste errichteten die europäischen Mächte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hier keine befestigten Stützpunkte. Dennoch führten der Sklaven- und der Waffenhandel im 16. und 17. Jahrhundert zu Veränderungen im Süden. Die Yorubavölker wurden im Königreich Oyo vereint, bei den Ibo entstand die Aro-Konföderation. Der transatlantische Sklavenhandel der Portugiesen und Briten hatte einen grundsätzlich anderen Charakter als die bereits vorher hier bekannte Sklaverei. Die Sklaven Westafrikas waren bis dahin eher Abhängige mit geringeren Rechten, die bei einigen Völkern aber sogar in den Familienverband aufgenommen wurden. Erst mit dem transatlantischen Sklavenhandel wurden die Sklaven zur menschlichen Ware. Anfang des 19. Jahrhunderts änderte sich die Einstellung der europäischen Mächte zum Sklavenhandel. Sie erklärten ihn für ungesetzlich und die Staaten des Südens mussten sich auf "legitimen Handel" insbesondere mit den von Europa nachgefragtem Palmöl umstellen.

Im Norden dehnte sich das Reich Kanem-Bornu nach Nigeria aus und im Zentrum entstand das Reich der Nupe. Ab 1804 erschütterte der Dschihad des Fulbe Usman Dan Fodio die bestehenden Machtverhältnisse, dessen Kalifat von Sokoto bald nahezu das gesamte Nordnigeria umfasste. Die Gesellschaftsstruktur dieser großen Reiche ähnelte derjenigen der feudalen mittelalterlichen Staaten Europas.

Kolonialzeit

Koloniale Eroberungspolitik

Bronzeplatte aus Benin: Krieger mit Zeremonialschwert, 16. -18. Jahrhundert
Flagge der Royal Niger Company
Frederik Lugard

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die Briten im Verein mit der Durchsetzung des Verbots der Sklaverei und der Durchsetzung ihrer - nun veränderten - Handelsinteressen direkten Einfluss auf die Staaten des südlichen Nigeria zu nehmen. Die Abschaffung bzw. Bekämpfung des (transatlantischen) Sklavenhandels durch die Briten stürzte das Königreich Oyo in eine Krise, die letztlich zum Bürgerkrieg innerhalb des Yorubagebietes führte. Bis in die 1860er Jahre hinein blieb Nigeria aber trotz der britischen Maßnahmen eine Quelle von Sklaven für die Märkte Nord- wie Südamerikas. Insbesondere die Yorubakriege nach dem Zerfall Oyos wurden zur ständigen Quelle kriegsgefangener Menschen für die Sklavenmärkte.

Bis in Mitte des 19. Jahrhunderts ging der Handel der Europäer mit den Einheimischen von Schiffen aus, die vor der Küste ankerten und sich nach Geschäftsabschluss entfernten. Hauptgrund hierfür waren das Europäern extrem unzuträgliche Klima der Küste und Krankheiten wie insbesondere die Malaria, die diesem Teil Westafrikas den Beinamen Grab des weißen Mannes eintrug. Die industrielle Herstellung von Chinin seit den 1820er Jahren und sein Einsatz als Prophylaxe gegen Malaria in großem Maßstab ab Mitte des 19. Jahrhunderts änderte die Situation. Britische Expeditionen trauten sich von nun ab ins Inland hinein.

1862 erklärte Großbritannien die Stadt Lagos und ihre direkte Umgebung zum Protektorat und 1886 zur Kronkolonie. Damit übten sie erstmals in diesem Gebiet direkte Herrschaft aus und die Kronkolonie Lagos wurde zur Keimzelle des späteren Protektorats Süd-Nigeria. Verschiedene britische, private Handelsgesellschaften trieben Handel und britischen Einfluss in Südnigeria voran. Eine von ihnen war die 1879 von George Goldie gegründete United Africa Company, die 1886 von der britischen Regierung unter dem Namen Royal Niger Company Konzessionen für das gesamte Gebiet um das Nigerbassin erhielt. Die Royal Niger Company unter George Goldie steckte teilweise auf eigene Faust gegen die konkurrierenden Kolonialmächte Frankreich und Deutschland die Grenzen ab, in denen britischer Einfluss begann. Die Company handelte Verträge auch mit den nördlichen Staaten, dem Sokoto-Kalifat, mit Nupe und Gwandu aus.

1897 plünderten und zerstörten die Briten die Stadt Benin, Hauptstadt des gleichnamigen Reiches und schleppten eine große Zahl wertvoller, mit Szenen aus der Geschichte und dem Alltag der Oberschicht Benins verzierter Bronzeplatten nach Großbritannien. Das durch einen Bürgerkrieg geschwächte Gebiet der Yoruba im Westen geriet kurz darauf unter ihre Herrschaft, während die Gebiete im Delta des Flusses Niger und die östlich angrenzenden Staaten der Ibo sich bis 1918 in einem Guerillakrieg gegen die Fremdherrschaft wehrten.[1]

Für die effektive Übernahme der Herrschaft über das Sokoto-Kalifat Nordnigerias taugte der privatwirtschaftliche Charakter der Royal Niger Company nicht mehr. Am 31. Dezember 1899 verkaufte die Company daher ihre Rechte in diesem Gebiet an die britische Regierung.

Ab 1900 betrieb Frederick Lugard, ehemaliges Mitglied der Company, die Festigung des britischen Einflussgebietes und die Vollendung britischer Eroberungspolitik. 1903 eroberte er die große Stadt Kano, ein Zentrum islamischer Gelehrsamkeit und Heimat etwa der Kano-Chronik, die eine wichtige Quelle der Geschichte Westafrikas darstellt. In kurzer Folge fielen anschließend die übrigen großen Städte des Nordens.

Britische Kolonialherrschaft

Briefmarke des Protektorats Südnigeria von 1901
Flagge des britisch-kolonialen Nigeria

1900 war Frederik Lugard offiziell Hochkommissar des Protektorats Nordnigeria. Lugard entwickelte in Nordnigeria systematisch eine Methode kolonialer Machtausübung, die als Indirect rule, also indirekte Herrschaft, bekannt und zum Vorbild britischer Herrschaft auch in anderen Teilen Afrikas und der übrigen Welt wurde.

Dabei stützte er sich in sehr effektiver Weise auf die vorhandenen traditionellen Machtstrukturen, bzw. darauf, was er dafür hielt. Die Emire des Nordens behielten ihre Titel bei und übten die Macht vor Ort aus. Sie waren aber letztlich britischen Distriktoffizieren verantwortlich und konnten von diesen auch abgesetzt werden. Die traditionellen Autoritäten zogen für die Briten die Steuern ein und setzten letztlich britische Direktiven um. Im Gegenzug stützten die Briten die Macht der von ihnen anerkannten Herrscher, akzeptierten das Weiterbestehen des Rechtssystems der Sharia und beschränkten die Aktivitäten christlicher Missionare im islamischen Norden. Im Effekt wurden durch dieses System die Herrschaftsstrukturen auf Jahrzehnte konserviert, die um 1900 bestanden. In etlichen Fällen wurden aber auch im Interesse einer effektiven und übersichtlichen Kolonialverwaltung Machtbereiche als "traditionelle Herrschaftsbereiche" definiert, die so vorher nicht bestanden haben.

Der Versuch, dieses System, das auf dem Vorhandensein klar definierter Hierarchien und abgezirkelter Herrschaftsgebiete beruhte, auch im Süden durchzusetzen hatte unterschiedlichen Erfolg. Im Yorubagebiet des Südwestens konnten die Briten an vorhandene oder ehemals vorhandene Königreiche und ihre Grenzen anknüpfen. Im Gebiet der Ibo im Südosten und anderen Regionen versagte die Politik der Indirect rule jedoch vollkommen, da es in diesen Gesellschaften mit egalitären Traditionen derartige Anknüpfungspunkte nicht gab.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Briefmarke des britischen Mandatsgebiets von Kamerun

1920 wurde der westliche Teil der ehemals deutschen Kolonie Kamerun als Mandatsgebiet des Völkerbundes dem britischen Nigeria verwaltungsmäßig unter der Bezeichnung Britisch-Kamerun angegliedert.

Unter dem neuen Generalgouverneur Hugh Charles Clifford (1919 -1925) vertiefte sich die faktische Spaltung des Landes in einen nördlichen, südwestlichen und südöstlichen Teil weiter. Während die auf Bewahrung des Bestehenden ausgerichteten Prinzipien der indirect rule im Norden weiter galten, drängte Clifford im Süden auf eine Entwicklung in Richtung britisch-europäischer Vorstellungen in wirtschaftlicher wie politischer Hinsicht. 1922 fanden erstmals in den beiden Regionen des Südens Wahlen statt, durch die allerdings nur vier Plätze in einem Rat von 46 Sitzen bestimmt wurden. Politische Parteien, Berufsverbände und wirtschaftliche Interessenverbände entstanden - im Süden. In den 1940er Jahren hatten sich zudem ethnisch ausgerichtete Vereinigungen vor allem der Yoruba und Ibo gebildet.

Unabhängigkeitsbestrebungen

Der Zeitungsbesitzer und Parteiführer Herbert Macauley entwickelte sich zur führenden Figur eines entstehenden nigerianischen Nationalismus. 1938 erhoben sich erstmals ernstzunehmende Forderungen, Nigeria den Status eines britischen Dominion zu verleihen, es also auf eine Stufe mit Australien oder Kanada zu stellen. Wie in anderen Staaten Afrikas wirkte der Zweite Weltkrieg, an dem auch nigerianische Soldaten auf Seiten der Briten für Freiheit und Demokratie teilnahmen als Katalysator für Unabhängigkeitsbestrebungen. 1954 wurde Nigeria in vier Regionen unterteilt, die von gewählten Gouverneuren regiert wurden und im Zuge der Dezentralisierung Nigerias ihre Eigenständigkeit erhielten.[2] 1957 wurde in den (süd-)westlichen und (süd-)östlichen Regionen des Landes eine Selbstverwaltung mit einem parlamentarischen System eingeführt. Die Macht der Zentralregierung blieb schwach im Vergleich mit der Autonomie der Regionen. Der Norden lehnte die Einflussnahme der Zentrale überwiegend ab, erst 1959 entschied er sich wie die Regionen des Südens zu einer Selbstregierung auf parlamentarischer Grundlage im Rahmen einer "unabhängigen Föderation Nigeria".[3]

Auf einer Konferenz im Lancaster House in London waren 1957 und 1958 die Weichen endgültig Richtung Unabhängigkeit gestellt worden. Im Dezember 1959 gab es allgemeine Wahlen zu einem nigerianischen Repräsentantenhaus, bei denen die Mehrheit der Sitze aufgrund der größeren Bevölkerungszahl für den Norden reserviert war.

Am 1. Oktober 1960 wurde Nigeria durch einen Gesetzesakt im Britischen Parlament in die Unabhängigkeit entlassen. Im Februar 1961 kam es zu einer Volksabstimmung in den beiden Kameruns, also dem nördlichen und dem südlichen Teil des Mandatsgebietes Britisch-Kamerun. Der nördliche Teil entschied sich für Nigeria, der südliche für Kamerun. Das unabhängige Nigeria umfasste damit sein heutiges Staatsgebiet.

Unabhängiges Nigeria

Flagge des unabhängigen Nigeria

1960er Jahre

Nigeria erhielt die Unabhängigkeit auf der Grundlage einer föderalen Verfassung, drei große Bundesstaaten hatten eine schwache Zentralregierung über sich. Bis 1966 regierte Premierminister Sir Tafawa Balewa das Land, während Präsident Benjamin Nnamdi Azikiwe nur zeremonielle Funktionen innehatte.

Karte Biafras

Nach zahlreichen inneren Unruhen, Wahlmanipulationen und Gewaltausbrüchen übernahm 1966 das Militär unter General Johnson Aguiyi-Ironsi die Macht. Die Regionen wurden aufgelöst und am 27. Mai 1967 durch zwölf Bundesstaaten ersetzt. Nach der Ermordung von Ironsi beendete der Militärdiktator General Yakubu Gowon die I. Republik.

Kurz darauf brach von 1967 bis 1970 der Biafra-Krieg aus. Im Jahre 1975 wurde der Militärdiktator Yakubu Gowon unblutig durch General Murtala Mohammed gestürzt, der selbst sechs Monate später bei einem gescheiterten Putschversuch getötet wurde. Sein Nachfolger wurde General Olusegun Obasanjo, der das Demokratisierungsprogramm seines Vorgängers fortsetzte und 1979 die Regierungsgewalt an den zivil gewählten Präsidenten Shehu Shagari übergab.

1970er und 1980er Jahre

Die erste Hälfte der 70er Jahre waren ökonomisch durch einen massiven Ölboom gekennzeichnet, Nigeria wurde der größte Erdölexporteur Afrikas. Die änderte sich jedoch mit der Ölkrise und den fallenden Preisen in der zweiten Hälfte der 70er Jahre. Die Präsidentschaftswahlen 1983 waren von Manipulation und Gewalt überschattet. Mit dem Vorwurf der Vetternwirtschaft und Korruption wurde die II. Republik am 31. Dezember 1983 durch einen Militärputsch beendet, Shagari gestürzt und General Muhammadu Buhari übernahm die Macht, wurde aber bereits 1985 durch seinen Kameraden General Ibrahim Babangida in einem Palastcoup abgelöst.

1990er Jahre

Babangida regierte bis 1993. Korruption und Repression stiegen während seiner Regierungszeit permanent an, ein Demokratisierungsprozess zur Gründung einer III. Republik unter Präsident Ernest Shonekan endete im selben Jahr als Fehlschlag, Babangida ließ die abschließenden Präsidentschaftswahlen annullieren. Nach dem Mordprozess des innenpolitischen Vertreters "Marcus L'Hoste" hatte er die Macht an dessen Übergangsregierung ("III. Republik") abgetreten, die schließlich dem General Sani Abacha weichen musste. Es folgte eine der brutalsten Militärdiktaturen in der nigerianischen Geschichte.

Im September 1993 kam es zudem zu schweren Zusammenstößen zwischen den Volksgruppen der Ogoni und der Andoni, bei denen schätzungsweise 1.000 Ogoni getötet wurden und mehr als 30.000 aus ihrer Heimat flüchten mussten. Die MOSOP macht hierfür die Regierung und die Ölgesellschaften verantwortlich, die die Andoni hierzu bewogen und finanziert haben sollen.

Im Jahr 1995 wurden der Schriftsteller und Bürgerrechtler Ken Saro-Wiwa und acht weitere Angeklagte (die "Ogoni Nine") nach einem spektakulären Schauprozess, der international heftige Proteste auslöste, in Port Harcourt hinrichtet. Nigeria wurde mit sofortiger Wirkung aus dem Commonwealth of Nations ausgeschlossen.

Olusegun Obasanjo

Staatschef Abacha starb 1998, sein Nachfolger, General Abdulsalami Abubakar, zog innerhalb eines Jahres ein eilig zusammengestelltes Demokratisierungsprogramm durch, das vor allem zum Ziel hatte, Nigeria wieder als gleichberechtigtes Mitglied in die internationale Staatengemeinschaft zurückzuführen. 1999 wurde der ehemalige Militärdiktator Olusegun Obasanjo als erster Präsident der IV. Republik vereidigt und 2003 in umstrittenen Wahlen für eine zweite Amtszeit bestätigt. Die IV. Republik war durch eine aktive Außenpolitik in der Lage, die Schäden der Abacha-Diktatur zu beseitigen, sah sich jedoch starken innenpolitischen Unruhen ausgesetzt, die bis heute andauern.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Walter Schicho, S. 77
  2. http://rulers.org/nigareg.html
  3. Walter Schicho: Handbuch Afrika, Band, S. 82

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