Currency-Theorie

Currency-Theorie

Mit dem Begriff Currency-Theorien, Currency-Lehren oder gelegentlich Currency-Schule werden wirtschaftswissenschaftliche, genau genommen geldtheoretische, Lehrmeinungen zusammengefasst, die das vom Staat ausgegebene Geld als einziges legitimes Zahlungsmittel ansehen. Dabei wird keine sonstige Geldschöpfung zugelassen und die Kontrolle der verfügbaren Geldmenge obliegt allein dem Staat.

Dem stehen die sogenannten Banking-Theorien gegenüber, die private Geldschöpfung in unterschiedlichem Umfang zulassen.

Die politische Realität in Europa und Nordamerika folgt heute einem Banking-Modell, bei dem lizenzierte Geschäftsbanken relativ frei selbstgeschaffenes Giralgeld in Umlauf bringen dürfen.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Historie

Curreny-Lehren stehen in der Nachfolge von David Ricardo und Robert Torrens. Sie verstehen Geld als ein allgemeines Zahlungsmedium − ein common good − das ein gesetzliches Zahlungsmittel sein und unter staatlicher Kontrolle stehen soll. Der Geldschöpfungsgewinn, die Seigniorage, steht dem öffentlichem Haushalt der ausgebenden Länder zu. Die Geldordnung gilt als eine Frage von Verfassungsrang. Ein solcher Standpunkt wurde bereits auch von den Vätern der amerikanischen Verfassung eingenommen, besonders von Thomas Jefferson, später wieder von Abraham Lincoln. Currency-Theorien wurden und werden überwiegend von Wissenschaftlern vertreten, selten von Bankern oder Bankiers.

Die wissenschaftliche und politische Mehrheit zugunsten der Currency-Schule mündete in England in das Peel’sche Bankengesetz von 1844. Dieses etablierte das Banknotenmonopol der Zentralbank sowie dadurch zugleich die Kontrolle der Zentralbank über die Zahlungsmittel der Banken, indem diese sich bei der Zentralbank refinanzieren müssen. Diese Geldordnung wurde von allen fortgeschrittenen Industrienationen übernommen, im Deutschen Reich schrittweise bis 1909, aber seither nach und nach wieder aufgeweicht, indem Banken gestattet wurde, im Rahmen des fractional-reserve banking nur einen vergleichsweise geringen Bestand an baren und unbaren Zahlungsreserven vorzuhalten, um ihren gesamten Zahlungsverkehr abzuwickeln, die damit Kredite gewähren können, ohne über entsprechende Geldbestände zu verfügen. Infolge dieser Entwicklung ist die Geldschöpfung der Kontrolle der Zentralbank inzwischen weitgehend entglitten. [1]

Der Currency-Standpunkt wurde im Laufe der Zeit von namhaften Ökonomen, aber auch Geldreformern, weiter ausgebaut und aktualisiert, darunter Georg Friedrich Knapp (1905 [2]), Silvio Gesell (1919 [3]), Clifford Hugh Douglas in den 1920er Jahren, Ludwig von Mises (1928 [4]) als bedeutender Vertreter der Wiener Schule, der Nobelpreisträger Frederick Soddy, John Maynard Keynes (1930 [5]), Walter Eucken als Hauptvertreter des Ordoliberalismus der 1930er Jahre (posthum 1959 [6]), Irving Fisher (1935 [7]), Henry Calvert Simons (1948 [8]) und Milton Friedman (1959 [9]).

Heute

Fortgesetzt wurde diese Reihe zuletzt von Autoren, wie dem Finanzwissenschaftler Jürgen Pahlke (1970 [10]), Rolf Gocht (1975 [11]), damals Mitglied im Direktorium der Deutschen Bundesbank, Bernd Senf (1996 [12] , 2004 [13] sowie unter dem Begriff des Vollgeldes und der Seignioragereform dem Wirtschaftssoziologen Joseph Huber (1998 [14], 2000 [15], 2004) und dem Ökonomen James Robertson (2000 [15]).

Nach Warnung vor der späteren Asienkrise durch Richard A. Werner [16], mit deren Eintreten 1997 und besonders seit der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007 verstärkte sich weltweit unter kritischen Ökonomen und engagierten Bürgern die Meinung zugunsten der Wiedererlangung der monetären Souveränität des Staates im Sinne der Currency-Theorien, wobei Meinungsunterschiede über den Grad an Unabhängigkeit der Zentralbanken bestehen, über Art und Umfang ihrer demokratischen Rechenschaftspflicht, sowie ob deren gesetzlicher Auftrag über die Preis- und Währungsstabilität hinaus auch konjunktur-, beschäftigungs- und außenwirtschaftspolitische Ziele umfassen soll.

Siehe auch

Literatur

  • Dennis P. O'Brian: Foundations of Monetary Economics: Volume IV - The Currency School, William Pickering, London 1994. ISBN 978-1-85196190-0

Einzelnachweise und Quellen

  1. Vergleiche Richard A. Werner: New Paradigm in Macroeconomics, Palgrave Macmillan, New York 2005. ISBN 1403920737 und ISBN 1403920745
    Charles A. E. Goodhart: Money, Information and Uncertainty, Macmillan, London 1989. ISBN 0-33347402-3
  2. Georg Friedrich Knapp: Staatliche Theorie des Geldes, Duncker & Humblot, Leipzig 1905.
  3. Silvio Gesell: Die natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld, Roman Gesell Verlag, Arnstadt/Th. 1919.
  4. Ludwig von Mises: Geldwertstabilisierung und Konjunkturpolitik, G. Fischer, Jena 1928.
  5. John Maynard Keynes: A Treatise on Money, Macmillan, London 1930;
    auf Deutsch: Vom Gelde, Duncker & Humblot, Berlin 1931.
  6. Walter Eucken: Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Rowohlt, Reinbek 1959.
  7. Irving Fisher: 100%-Geld, übersetzt von Klaus Karwat, Gauke Verlag für soziale Ökonomie, Kiel 2007, ISBN 978-3-87998-451-0
    Original in Englisch zuerst 1935: 100%-money, in: Works Volume 11, ed. by W. J. Barber, Pickering & Chatto, London 1997. ISBN 1851962360
  8. Henry C. Simons: Economic Policy for a Free Society, The University of Chicago Press, 1948.
  9. Milton Friedman: A Program for Monetary Stability, Fordham University Press, New York 1959.
  10. Jürgen Pahlke: Steuerbedarf und Geldpolitik in der wachsenden Wirtschaft, Walter de Gruyter, Berlin 1970.
  11. Rolf Gocht: Kritische Betrachtungen zur nationalen und internationalen Geldordnung, Duncker & Humblot, Berlin 1975. ISBN 3-428-03518-6
  12. Bernd Senf: Der Nebel um das Geld, Gauke Verlag, Lütjenburg 1996. ISBN 978-3-87998-435-0
  13. Bernd Senf: Der Tanz um den Gewinn, Gauke Verlag für Sozialökonomie, Kiel 2004. ISBN 978-3-87998-448-0
  14. Joseph Huber: Vollgeld, Duncker & Humblot, Berlin, 1998. ISBN 3-428-09526-X
  15. a b Joseph Huber, [[James Robertson (Autor)|]]: Creating New Money, New Economics Foundation, London 2000. ISBN 1-899407-29-4
    Auch online als PDF-Datei: Creating New Money
    Deutsche Übersetzung von K. Karwat: Geldschöpfung in öffentlicher Hand, Gauke Verlag für soziale Ökonomie, Kiel 2008. ISBN 978-3-87998-454-1
  16. Richard A. Werner: The Great Yen Illusion: Japanese Capital Flows and the Role of Land, Oxford Applied Economics Discussion Paper Series, Institute of Economics and Statistics, University of Oxford, No. 129, December 1991.

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