Geldschöpfung

Geldschöpfung

Geldschöpfung ist die Vermehrung der Geldmenge.

Die Geldschöpfung geschieht hauptsächlich über die Kreditgewährung durch Geschäfts- und Zentralbanken (aktive Geldschöpfung). Daneben können auch Nichtbanken (Unternehmen, private Haushalte, öffentliche Hand) Geld schaffen, indem sie Einlagen bei der Bank, die nicht zur Geldmenge gezählt werden, in solche Einlagen umwandeln, die zur Geldmenge zählen (aus Sicht der Geschäftsbanken: passive Geldschöpfung).[1]

Je nach Geldmengendefinition fällt darunter auch das von der Zentralbank geschaffene Geld. Unabhängig davon nimmt aber die Zentralbank auf den Prozess der aktiven Geldschöpfung durch ihre Geldpolitik Einfluss.

Inhaltsverzeichnis

Die institutionellen Rahmenbedingungen

Die Geldschöpfung im heutigen Wirtschaftssystem meint die Entstehung und Vermehrung des Geldes im geltenden Mischgeld-Bankensystem, an dem Geschäftsbanken und eine Zentralbank beteiligt sind. Zum besseren Verständnis dieses Systems befasst sich die Geldtheorie daneben auch mit der Geldschöpfung im „reinen“ Mehrbankensystem ohne Kontrolle durch eine steuernde staatliche Zentralbank. Nach diesem Modell findet eine Kontrolle der Geldschöpfung durch folgenden Mechanismus statt:[2]

Schuldet eine Nichtbank 1 einer anderen Nichtbank 2 Geld, so kann sie bei ihrer Bank einen Kredit aufnehmen und die Überweisung des per Kredit geschaffenen Geldes an die Nichtbank 2 veranlassen. Ist die Nichtbank 2 bei der gleichen Bank, folgt dann lediglich eine interne Umschreibung vom Guthaben der Nichtbank 1 auf die Nichtbank 2. Der wesentliche Marktmechanismus im Mehrbankensystem ohne Zentralbank setzt ein, wenn Nichtbank 2 bei einer anderen Bank (Bank 2) ist. Denn dann setzt die Gutschrift auf dem Konto der Nichtbank 2 bei Bank 2 voraus, dass Bank 2 Bank 1 Kredit gewährt. Dazu aber muss sie Bank 1 für kreditwürdig halten. Das wird sie nur, wenn die Bank 1 ihre Kredite so „seriös“ vergibt, dass keine übermäßigen Ausfallrisiken bestehen. Durch diesen Mechanismus werden die Banken im und durch Wettbewerb dazu angehalten, ihre Kreditvergabe nach gleichförmigen Prinzipien auszurichten, die zu einer Regulierung der Geldmenge und zu Geldwertstabilität durch den Markt selbst führen. Eine „unseriöse“ Bank, die sich an diese Prinzipien nicht hält, könnte an andere Banken keine Überweisungen tätigen und würde daher vom Markt verdrängt.

Im gegenwärtigen System wird die Geldschöpfung hingegen nicht dem Markt überlassen. Stattdessen wird die Geldschöpfung durch zwei einschneidende staatliche Regulierungen begrenzt:[3]

  • Durch die Barreserve der Geschäftsbank, die mit einer Auszahlung der gewährten Kredite rechnen und diese Auszahlung in Form des gesetzlichen Zahlungsmittels vornehmen muss, da andere Währungen nach dem Greshamschen Gesetz vom Markt verdrängt werden.
  • Durch die Mindestreserve, also die Menge an Zentralbankgeld, die die Zentralbank den Geschäftsbanken abhängig von deren Kreditvergabe vorschreibt.

Die Befugnis der Zentralbank, den Zins für Zentralbankgeld und die Höhe der Reserven der Wirtschaftslage anzupassen, eröffnet dem Staat die Möglichkeit einer Geldpolitik. Die gegenwärtige Geldschöpfung beruht wesentlich auf diesem etatistischen Gedanken, dass die Geldschöpfung einer solchen staatlichen Geldpolitik bedarf.

Begriffe und Abgrenzungen der heutigen Geldschöpfung

Bargeld und Kreditgeld

Bargeld (Münzen und Banknoten) kann heutzutage nur von der Zentralbank bzw. dem Staat geschaffen werden, Buchgeld auf Sichtguthabenkonten (Giralgeld) sowohl von der Zentralbank als auch von Geschäftsbanken – von letzteren aber nur unter der Einschränkung der Bar- und Mindestreserve.

Geschäftsbankgeld und Zentralbankgeld

Aus der Sicht der Geldschöpfung sind zwei Arten von Geld zu unterscheiden: Zum einen das Zentralbankgeld, das von der Zentralbank geschaffen oder vernichtet wird. Hierzu zählt auch das Bargeld. Zum anderen spricht man von „Geschäftsbankengeld“, ein Buch- bzw. Giralgeld, welches nicht physisch, sondern rein virtuell auf Bankkonten existiert (siehe Buchgeld). Es entsteht und verschwindet bei den privaten Geldinstituten. Giralgeld ist also ein Zahlungsmittel, wenngleich kein gesetzliches Zahlungsmittel.

Geldschöpfung und Geldvernichtung

Die Geldmenge wird (unter anderem) durch Vergabe von Krediten bzw. Ankauf von Aktiva durch Banken vermehrt und durch Rückzahlung von Krediten bzw. Verkauf von Aktiva von Banken vermindert. Diese Vorgänge nennt man Geldschöpfung und Geldvernichtung.

Geldschöpfung und Geldumlauf

Buchgeld entsteht auch, indem Bargeld von Bankkunden auf Sichtguthabenkonten eingezahlt wird. Danach liegt das Bargeld zunächst bei der Bank, und der Kunde verfügt über ein Kontoguthaben. Das Guthaben stellt eine Forderung auf Bargeld dar. Jede Einzahlung von Bargeld hinterlässt bei den Banken zahlungsfähiges Buchgeld in Form von Guthaben, das so lange im Bankensystem erhalten bleibt und als Zahlungsmittel von Konto zu Konto umläuft, bis eine Bank dem Einzahler wieder Bargeld ausbezahlt. Das Entstehen von Buchgeld aus einer Bargeldeinzahlung kann noch nicht als eigentliche Geldschöpfung verstanden werden, weil hier keine Geldvermehrung stattfindet, sondern lediglich eine Geldform in eine andere umgewandelt wird – Bargeld in Sichtguthaben.

Dennoch kann Bargeldeinzahlung mittelbar zur „echten“ Geldschöpfung beitragen, weil Bargeld zur Deckung der Mindestreserve eingesetzt werden kann. Bei einem Mindestreservesatz von 2 % kann das Fünfzigfache der eingezahlten Bargeldmenge als Kredit vergeben werden. Dieser Vorgang wird als multiple Geldschöpfung (oder multiple Kreditgeldschöpfung) bezeichnet.

Initiatoren der Geldschöpfung

Der Ablauf der Geldschöpfung beinhaltet die Wirtschaftssubjekte Zentralbank, Geschäftsbank, Staaten und Unternehmen bzw. Endverbraucher.

Die Nachfrage nach Krediten kann vom Endverbraucher, der öffentlichen Hand, Unternehmen oder den Geschäftsbanken stammen. Die Initiative zur Schöpfung von Zentralbankgeld geht bei der Hauptrefinanzierungsfazilität von der Zentralbank, bei der Spitzenrefinanzierungsfazilität von den Geschäftsbanken aus. Der Zentralbank stehen zur Schöpfung von Zentralbankgeld verschiedene Methoden zur Auswahl, die je nach Wirtschaftsverhältnissen mehr oder weniger gut wirksam werden.

Der Anstoß zur Geldschöpfung geht nicht nur von der Nachfrage der Banken und Nichtbanken nach Krediten aus, sondern Geld entsteht in erheblichem Ausmaß auch durch Ankauf von Aktiva durch Zentral- und Geschäftsbanken. Wenn Geschäftsbanken Kredite erteilen wollen, für die sie gemäß dem von der Zentralbank festgelegten Mindestreservesatz über zu wenig Zentralbankgeld verfügen, nehmen sie ihrerseits bei der Zentralbank Kredite auf. Im Gegenzug verpfänden sie der Zentralbank Wertschriften (meist Kreditforderungen) als Sicherheiten. Die Geschäftsbanken verschulden sich also bei der Zentralbank.

Geldschöpfung und Geldpolitik

Der Zentralbank eines Landes obliegt die Versorgung des Bankensystems mit Zentralbank- und Bargeld.

Die Zentralbank schöpft Zentralbankgeld einerseits über Kredite, die sie an die Geschäftsbanken gegen die Verpfändung von Sicherheiten, die notenbankfähig sein müssen, vergibt. Die von den Geschäftsbanken verpfändeten Wertpapiere (meist Schuldtitel) wurden häufig von Geschäftsbanken selber ausgegeben (sog. „Emission“). Andererseits kann die Zentralbank Geld durch den Ankauf von Aktiva wie Devisen, Edelmetallen oder Wertpapieren von den Geschäftsbanken bzw. an den Börsen erzeugen (Offenmarktpolitik). Bei „Liquidität zuführenden“, d. h. zusätzliches Zentralbankgeld erzeugenden Geschäften erhalten die Geschäftsbanken Zentralbankgeld in Form von Guthaben auf Konten gutgeschrieben, die sie bei der Zentralbank unterhalten.

Die Zentralbank erhebt auf den von ihr an die Geschäftsbanken vergebenen Krediten die sogenannten Leitzinsen. Die bei der Kreditvergabe der Zentralbank an die Geschäftsbanken vergebenen Gelder werden der Zentralbank in Höhe der Leitzinsen verzinst. Dieser Zinsaufwand der Geschäftsbanken ist ein Grund, warum sie von den Kreditnehmern für das „ex nihilo“ (aus dem Nichts) geschaffene Kreditgeld höhere Zinsen als die Leitzinsen fordern.

Die direkte Vergabe von Krediten an die öffentliche Hand durch die Zentralbank ist im Euroraum seit der zweiten Stufe der Europäischen Währungsunion von 1994 verboten, d. h. der Staat muss sich Geld bei Geschäftsbanken bzw. am Rentenmarkt leihen. Allerdings interveniert die Europäische Zentralbank täglich u. a. am Rentenmarkt und kauft vorzugsweise Staatsanleihen mit zusätzlich geschöpftem Geld, falls die Umlaufrendite gesenkt werden soll. In den USA machte beispielsweise am 17. November 2004 der Posten „U.S. Treasury“ sogar 89,3 % der gesamten Aktiva des Federal Reserve Systems aus. Das heißt: Das US-Zentralbankgeld, zu dem auch das umlaufende Bargeld gehört, ist fast ausschließlich durch die US-Staatsverschuldung gedeckt. Die Menge an Zentralbankgeld (M0) ist jedoch nur ein Bruchteil des insgesamt umlaufenden Geldes.

Die Geschäftsbanken können gemäß dem Mindestreservesatz ein bestimmtes Vielfaches ihrer Zentralbankgeldguthaben in Form von Krediten an die Endverbraucher – die Unternehmer und Privatpersonen (Nichtbanken) – weitergeben (in der EU gilt ein Mindestreservesatz von 2 %, d. h. Geschäftsbanken können das 50fache ihrer Zentralbankgeldguthaben als Kredite in Form von Buchgeld vergeben).

Geldschöpfung und Geldmengenwachstum

Die Menge des vorhandenen Geldes hängt wesentlich vom Umfang der Kredite bzw. dem Volumen der von Banken mit zusätzlich erzeugtem Geld angekauften Aktiva ab. Die Geldmenge wird in der Regel immer größer, kann aber auch schrumpfen (Deflation). Außerdem ist die Geldschöpfung abhängig von Vermögenswerten, die von den Kreditnehmern ihren Banken als Sicherheiten für ihre Kredite verpfändet werden können, und ohne die keine Kredite vergeben werden.

Unter den derzeit üblichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kann nur eine verschuldete Gesellschaft über werthaltiges Geld verfügen. Bis auf wenige Ausnahmen wie bei umlaufgesichertem Geld - ist in der gängigen Sichtweise der Banken alles Geld von vorn herein mit Zins belastet. Das Zahlen von Zinsen an die Geld erzeugenden Banken ist demnach die Voraussetzung für das Vorhandensein von Geld. Banken erzeugen bei der Kreditvergabe stets zusätzliches Geld, das vorher nicht vorhanden war und können durch Ankauf werthaltiger Aktiva Geld erzeugen. Dass sie vom Kreditnehmer für das von ihnen erzeugte Kreditgeld die Zahlung von Zinsen verlangen, führt dennoch nicht dazu, dass die Banken durch Kreditvergabe am Ende des Prozesses über das zurückgezahlte Geld und die gezahlten Zinsen verfügen, weil das Geld mit Rückzahlung des Kredits wieder vernichtet wird. Dieser scheinbare Widerspruch gründet in der Geldmengendefinition.

Aktive Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken

Krediterteilung

Vergeben Geschäftsbanken Kredite, kann sich der Kreditnehmer von einem Sichtguthabenkonto bei seiner Bank Schecks ausstellen oder sich Bargeld auszahlen lassen. Da Sichtguthaben auf Bankkonten durch Überweisungen auf Konten Dritter aber auch unmittelbar als Zahlungsmittel genutzt werden können, werden diese zur Geldmenge gezählt. Durch Kreditvergabe wird daher Buchgeld geschaffen.

Die Kreditvergabe kann auch in Form der gegenseitigen Kreditvergabe der Geschäftsbanken untereinander erfolgen (Interbankenkredite) z. B. am Geldmarkt.

Ankauf von Aktiva

Wie auch die Zentralbanken sind Geschäftsbanken in der Lage, Aktiva, z. B. Immobilien und Wertpapiere anzukaufen und dem Verkäufer im Gegenzug ein Sichtguthaben in Höhe des Kaufpreises einzuräumen. Dabei wird Buchgeld geschöpft. Sofern die angekauften Wertpapiere notenbankfähig sind, können diese bei der Zentralbank gegen Zentralbankgeld verpfändet werden. Verkauft eine Geschäftsbank Aktiva aus ihrem Bestand, verschwindet das von ihr eingenommene Geld wieder aus dem Wirtschaftskreislauf.

Der Prozess der aktiven Geldschöpfung aus Sicht der unterschiedlichen Akteure

Die Geschäftsbanken sind verpflichtet, die von ihnen vergebenen Kredite durch ein Guthaben ihrerseits bei der Zentralbank abzusichern (sog. Mindestreserveverpflichtung).[4] Dieses Guthaben bei der Zentralbank „bezahlen“ sie mit dem von der Zentralbank festgelegten Leitzins.

Aufgrund solcher Kredite erhalten die Geschäftsbanken von der Zentralbank Zentralbankgeld in Form von Gutschriften auf ihren Konten bei der Zentralbank. Barbestände der Bank verringern die Mindestreserveverpflichtung. Das Zentralbankgeld gibt den Geschäftsbanken nach gängiger Lesart die Voraussetzung, selbst Kredite zu erteilen, wobei Geschäftsbanken bei der Zentralbank nach Bedarf und auf eigene Initiative über die Spitzenrefinanzierungsfazilität Zentralbankgeld abfordern können. Weiterhin dient das Zentralbankgeld der Verrechnung von Überweisungen zwischen Geschäftsbanken (Saldenverrechnung).

Damit ist Geld vom Standpunkt der Geschäftsbanken ein Schuldbeleg. Für die Zentralbank ist Geld Guthaben bei den Banken. Da Geld heute überwiegend durch Kreditvergabe geschaffen wird, sei es von der Zentralbank gegenüber den Geschäftsbanken, sei es bei Geschäftsbanken gegenüber ihren Kreditkunden oder durch gegenseitige Kreditvergabe der Geschäftsbanken, ist Geld auch ein Schuldanerkenntnis. Wesentlich dabei ist, von wem und an wen dieses Schuldanerkenntnis besteht. Für diejenigen hingegen, die außerhalb des Bankensystems über einen Geldschein (eine Banknote) verfügen, ist er nicht Schuldschein, sondern vor allem Zahlungsmittel, Wertaufbewahrungsmittel oder Spekulationsmittel (bei Kassenhaltung/Bildung von Ersparnissen bzw. Tätigung von Finanzgeschäften).

Steuerungsrolle der Zentralbank

Schaffen die Banken durch Kredite Geld, erhöht sich zugleich ihr Bedarf an Zentralbankgeld. Zum einen wird oft ein Teil des Sichtguthabens in Bargeld umgetauscht; zum anderen sind die Banken gesetzlich verpflichtet, einen Anteil der von ihnen vergebenen Kredite durch Zentralbankguthaben abzusichern (sogenannte Mindestreservepflicht).

Die Notenbank kann nun die Zinskonditionen und die sonstigen Bedingungen, zu denen sich die Geschäftsbanken Zentralbankgeld beschaffen können, anpassen und so den Geldschöpfungsprozess beeinflussen.[5] Denn wenn sie Zentralbankkredite günstiger vergibt, können auch die Geschäftsbanken günstigere Kredite vergeben, wodurch die Nachfrage von Nichtbanken nach Krediten steigt.

Passive Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken

Als passive Geldschöpfung bezeichnet man Vorgänge, bei denen ein Bankkunde eine Bankeinlage mit einer Laufzeit von über zwei Jahren (die zum Beispiel von der Europäischen Zentralbank nicht zur Geldmenge gezählt werden) in ein Sichtguthaben umwandelt (das zur Geldmenge gezählt wird). Da die Bank buchhalterisch nur Passivbuchungen vornimmt, nämlich: eine Verpflichtung gegen eine andere austauscht, spricht man von passiver Geldschöpfung.

Letztlich hängt die passive Geldschöpfung allein von der Geldmengendefinition ab. Da man bei Einlagen, auf die für einen Zeitraum von über zwei Jahren nicht zugegriffen werden kann, nicht mehr von einer Zahlungsmittelfunktion ausgeht, werden zum Beispiel diese nicht mehr der Geldmenge zugerechnet. Vorstellbar wären auch andere Zeiträume, schließlich stehen bereits bei einem Anlagezeitraum von einem oder einem halben Jahr die betreffenden Einlagen nicht als Zahlungsmittel zur Verfügung.

Geldschöpfung durch die Zentralbank

Zentralbankguthaben

Das von der Zentralbank geschaffene Geld besteht aus den umlaufenen Banknoten und Münzen sowie den Sichtguthaben der Banken bei der Notenbank zusammen.[6] Diese Sichtguthaben bei der Zentralbank (Zentralbankguthaben) räumt die Zentralbank den Geschäftsbanken gegen Einräumung von Sicherheiten und Zahlung eines Zinses ein – ähnlich Krediten der Geschäftsbanken gegenüber Nichtbanken (Unternehmen, private Haushalte, öffentliche Hand).

Während die Menge des Bargelds sich allein nach dem Bargeld-Bedarf der Geschäftsbanken ermittelt, kann die Zentralbank die Menge der Sichtguthaben steuern, indem sie den von den Geschäftsbanken verlangten Leitzins hebt oder senkt. Denn die Geschäftsbanken sind verpflichtet, die von ihnen vergebenen Kredite durch ein Guthaben ihrerseits bei der Zentralbank abzusichern (sog. Mindestreserveverpflichtung).[7] Dieses Guthaben bei der Zentralbank erhalten sie durch Refinanzierungsgeschäfte, d.h. durch Kredite, die sie von der Zentralbank zu deren Leitzinssatz aufnehmen. Senkt die Zentralbank diesen Zins, können die Banken ihrerseits gegenüber Nichtbanken (Unternehmen, private Haushalte, öffentliche Hand) günstigere Kredite anbieten und so die Nachfrage von Nichtbanken nach Krediten erhöhen. Die dadurch vermehrte Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken führt wiederum dazu, dass die Geschäftsbanken ihrerseits eine höhere Mindestreserve bei der Zentralbank einhalten müssen und somit die Menge des Zentralbankgeldes erhöht wird.

Einige Zentralbanken, so etwa die des Eurosystems[8], verzinsen allerdings Mindestreserveguthaben der Banken, und zwar zu Zinssätzen, die identisch sind zu den Zinssätzen, die die Banken für die Refinanzierungsgeschäfte bezahlen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Mindestreservepflicht nur geldmengensteuernde Funktion hat, für die Geschäftsbanken aber keine Kosten erzeugt.

Da bei diesem Mechanismus zugleich die Geschäftsbanken Geld schaffen, indem sie Nichtbanken Sichtguthaben einräumen, wird das Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei den Zentralbanken nur von wenigen Geldmengendefinitionen erfasst. Die Schweizer Nationalbank erfasst das umlaufende Bargeld und die Zentralbankguthaben unter „M0: Notenbankmenge“.

Der Handel mit Zentralbankguthaben zwischen Zentralbank und Geschäftsbanken wird in Form so genannter Offenmarktgeschäfte abgewickelt. Zur Steuerung stehen der Zentralbank verschiedene Refinanzierungsinstrumente zur Verfügung, die sich nach kurzfristigen und längerfristigen Instrumenten unterscheiden.

Bargeld

Die Ausgabe von Geld an die Bevölkerung eines Währungsraums erfolgt durch das Bankensystem. Geld wird durch die Zusammenarbeit von Zentralbanken, Geschäftsbanken und Nichtbanken geschaffen. Zu den Nichtbanken zählen alle Unternehmen (die keine Banken sind), die privaten Haushalte und die öffentliche Hand.

Grundsätzlich gelangt Bargeld letztlich immer durch Kreditvergabe oder den Ankauf von Aktiva durch die Geschäftsbanken und anschließende Abhebung von Konten in Verkehr. Eine Ausnahme davon sind die vom Staat geprägten Münzen und in Deutschland die direkte Barauszahlung von 40 D-Mark von den Gemeindeverwaltungen an jeden Landesbürger als Startgeld bei der Währungsreform im Jahre 1948.

Das vom Bankenpublikum bei den Geschäftsbanken angeforderte Bargeld wird von der Zentralbank in Form von Geldscheinen abgegeben, die die Geschäftsbanken bei der Zentralbank zu Lasten ihrer Guthaben an Zentralbankgeld beziehen können. Banknoten sind also sichtbar gemachtes Zentralbankgeld. Münzen werden vom Staat geprägt, wobei der Münzgewinn (die Seigniorage, also die Differenz zwischen Nominalwert und Herstellungskosten) der Staatskasse zufließt.

Alternative Modelle der Geldschöpfung

Zur Frage, wer zur Geldschöpfung legitimiert ist oder legitimiert werden soll, werden die geldtheoretischen Theorien zu zwei unterschiedlichen Lehrmeinungen zusammengefasst.

Vollgeldtheorie

Die Currency-Theorien vertreten den Standpunkt, dass das vom Staat ausgegebene Geld als einziges legitimes Zahlungsmittel anzusehen ist. Dabei wird keine sonstige Geldschöpfung zugelassen und die Kontrolle der verfügbaren Geldmenge obliegt allein dem Staat. Diese auch „Vollgeldtheorie“ genannte Ansicht schlägt vor, die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken vollständig zu unterbinden. Ihre Anhänger schlagen vor, „dass neues Geld durch Gutschrift auf dem Konto eines Staates bei der entsprechenden Zentralbank emittiert wird, dass dem Staat auf diese Weise – in Form eines unbefristeten Darlehens – zinslos Geld zur Verfügung gestellt wird, das er durch die Tätigung von Ausgaben in Umlauf bringt.“[9]. Dieses System soll den Staaten der Euro-Zone jährlich 400 Mrd. Euro einbringen und würde so die Staatsquote deutlich erhöhen.

Anhänger der Vollgeldtheorie sind unter anderem der Soziologe Joseph Huber, der Ökonom Hans Christoph Binswanger und der freie Autor James Robertson.

Free Banking

Dem stehen die Banking-Theorien (Fractional-reserve banking) gegenüber, die private Geldschöpfung in unterschiedlichem Umfang befürworten. Die weitestgehende Spielart dieser Theorie des (Free Banking) geht davon aus, dass der Markt selbst ein auf die Bedürfnisse des Warentausches abgestimmtes Geldsystem bereitstellen kann. Dabei werde sich „gutes Geld“ durchsetzen, das sich im gegenwärtigen Fiat-Money-System gemäß dem Greshamschen Gesetz nicht gegen das „schlechte Geld“ durchsetzen kann.

Anhänger des Free Banking spekulieren darüber, wie der Markt für gutes und stabiles Geld sorgen könnte. Kevin Dowd geht davon aus, dass der Markt auf Warengeld zurückgreifen wird und der Anbieter einer Währung sich dem Abnehmer gegenüber zum jederzeitigen Umtausch in Gold oder Silber verpflichten wird.

Friedrich von Hayek sieht eine andere Möglichkeit darin, dass der Geldanbieter durch Wechselkurse zu anderen Währungen gezwungen ist, die Menge seines Geldes regulieren zu können. Dazu aber müsste der Geldanbieter über genügend Deckung verfügen, so dass das Geld letztlich stabil ist.

Die Theorie beruft sich unter anderem darauf, dass das gegenwärtige System des Fiat Money nur unter Strafandrohung und Zwang gegen Individuen durchgesetzt werden konnte. Dies zeige, dass es gerade für den Einzelnen, nicht für die Geschäftsbanken, besonders schädlich sei: Denn auch das von der Bank geschaffene Buchgeld vermittle nur einen Anspruch auf Auszahlung des an sich wertlosen und nur kraft staatlichen Annahmezwangs allgemein angenommenen Geldes. Damit werde die staatliche Währung ungeachtet der Erfüllung der Geldfunktionen und daher illegitimerweise zu Geld.

Zugleich sei die Geldmengenausweitung durch die Zentralbank willkürlich und nicht genügend an das allgemeine Wirtschaftswachstum gekoppelt. Auf dem freien Markt könne man davon ausgehen, dass die Kreditvergabe der Banken nur gegen Sicherheiten erfolge; diese werden letztlich auf Realsicherheiten zurückzuführen sein; dadurch werde die Ausweitung der Geldmenge an das allgemeine Wirtschaftswachstum gekoppelt und so dem richtigen Maß angepasst.

Einzelnachweise

  1. Glossar der deutschen Bundesbank, Eintrag Geldschöpfung.
  2. Manfred Borchert, Geld und Kredit: Einführung in Geldtheorie und Geldpolitik, S. 70 f.
  3. Manfred Borchert, Geld und Kredit: Einführung in Geldtheorie und Geldpolitik, S. 71.
  4. Glossar der deutschen Bundesbank, Eintrag Zentralbankgeld.
  5. Glossar der deutschen Bundesbank, Eintrag Geldschöpfung.
  6. Glossar der deutschen Bundesbank, Eintrag Zentralbankgeld.
  7. Glossar der deutschen Bundesbank, Eintrag Zentralbankgeld.
  8. http://www.bundesbank.de/gm/gm_mindestreserven.php
  9. Mark Joob, Chance für eine neue Geldordnung

Literatur

  • Joseph Huber, Monetäre Modernisierung. Zur Zukunft der Geldordnung. Marburg 2010, Metropolis Verlag
  • Niklot Klüßendorf, „Der Kupferwechsel“ des Alchimisten Johann Steitz für die Herrschaft Schmalkalden. Ein frühneuzeitliches Projekt zur Geldschöpfung. In: Bankhistorisches Archiv 1/1989, Zeitschrift für Bankengeschichte, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Beirat des Institutes für bankhistorische Forschung, Frankfurt am Main.
  • Dieter Lindenlaub: Auf der Suche nach einem Instrumentarium zur Kontrolle der Geldschöpfung. Notenbank und Banken in Deutschland im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. In: Bankhistorisches Archiv 2/2000, Zeitschrift für Bankengeschichte, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Beirat des Institutes für bankhistorische Forschung, Frankfurt am Main.
  • Michael Rowbotham: Goodbye America. Globalization, Debt and the Dollar Empire; Charlbury, Oxfordshire (Carpenter Publishing) 2000 ISBN 1897766564
  • Martin Scheidt: Theoretische Grundlagen der bankgeschäftlichen Kreditgewährung (Dissertation), 1962, Duncker & Humblot.

Weblinks


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