Todesstrafe in den Vereinigten Staaten

Todesstrafe in den Vereinigten Staaten

Das Bestehen der Todesstrafe in den Vereinigten Staaten ist eines der national wie international kontroversesten Themen des Rechtssystems der Vereinigten Staaten. Ihre Vollstreckung obliegt ebenso wie ihre Verhängung in den allermeisten Fällen den Bundesstaaten, da der Bund allein in Fragen der Militärgerichtsbarkeit sowie in wenigen Strafangelegenheiten nach Bundesrecht über strafrechtliche Kompetenzen verfügt. Seit dem Ende eines Moratoriums im Jahre 1976 sind in den Vereinigten Staaten 1.271 Menschen hingerichtet worden.[1]

Exekutionen in den USA seit 1976
Hinrichtungen in den USA 1976 bis 2010.png
Justiz Exekutionen
seit 1976
[1]
(3. Oktober 2011)
Zum Tode Verurteilte[2]
(1. Januar 2010)
Texas 475 337
Virginia 109 15
Oklahoma 96 84
Florida 70 398
Missouri 68 61
Alabama 54 201
Georgia 52 106
Ohio 45 159
North Carolina 43 167
South Carolina 43 63
Louisiana 28 85
Arizona 28 135
Arkansas 27 42
Indiana 20 15
Delaware 15 19
Kalifornien 13 697
Mississippi 15 61
Nevada 12 77
Illinois 12 0
Utah 7 10
Tennessee 6 90
Maryland 5 5
Washington 5 9
Pennsylvania 3 222
Bundesregierung der Vereinigten Staaten 3 59
Nebraska 3 11
Kentucky 3 35
Montana 3 2
Oregon 2 32
Idaho 1 17
Connecticut 1 10
Colorado 1 3
New Mexico 1 2*
South Dakota 1 3
Wyoming 1 1
Kansas 0 10
Streitkräfte der Vereinigten Staaten 0 8
New Hampshire 0 1
Vereinigte Staaten
insgesamt
1.271 3.261**
momentan keine Todesstrafe: Alaska, Hawaii, Illinois, Iowa, Maine, Massachusetts, Michigan, Minnesota, North Dakota, New Mexico, Rhode Island, Vermont, West Virginia, Wisconsin, District of Columbia, Puerto Rico, New Jersey, New York.

* New Mexico hat die Todesstrafe im März 2009 abgeschafft, allerdings nicht rückwirkend, deshalb verbleiben zwei Insassen in der Todeszelle.
** Sieben Gefangene wurden in mehr als einem Staat zum Tode verurteilt, so dass die Gesamtzahl niedriger ist als die Summe der Zahlen der einzelnen Staaten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die britischen Kolonien in Nordamerika verhängten bereits kurze Zeit nach ihrer Gründung die Todesstrafe. Die erste bekannte Hinrichtung war 1608 die von Kapitän George Kendall, welcher der Spionage für Spanien angeklagt worden war. Die erste Frau wurde 1632 hingerichtet. Allerdings waren seitdem weniger als drei Prozent der Hingerichteten weiblich. Seit Beginn der amerikanischen Kolonialzeit bis 1996 wurden etwa 20.000 Menschen hingerichtet, davon 400 Frauen, von denen wiederum 27 der Hexerei für schuldig befunden worden waren.[3]

Ab 1834 begann man, Hinrichtungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu vollziehen. Die letzte öffentliche Hinrichtung fand allerdings erst am 14. August 1936 in Owensboro (Kentucky) statt, als der 22-jährige Afroamerikaner Rainey Bethea vor etwa 20.000 Zuschauern gehängt wurde.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Wisconsin und Michigan die Todesstrafe abgeschafft. 1888 wurde der elektrische Stuhl als Alternative zu den bisher gängigen Methoden des Erschießens und Erhängens eingeführt. Von 1924 an gab es in einigen Bundesstaaten als weitere „moderne“ Vollstreckungsmethode die Gaskammer.

Im 20. Jahrhundert gab es mehrere Fälle mit politischem Hintergrund, die großes Aufsehen erregten und die Öffentlichkeit polarisierten: die Todesurteile gegen Sacco und Vanzetti sowie gegen das Ehepaar Ethel und Julius Rosenberg. 1935 erreichte die Zahl der Hinrichtungen mit 199 ihren Höhepunkt.

Um das Jahr 1960 tendierte die öffentliche Einstellung langsam gegen die Todesstrafe. Viele verbündete Nationen hatten die Todesstrafe entweder ganz abgeschafft oder eingeschränkt und auch in den Vereinigten Staaten verminderte sich die Zahl der Hinrichtungen. In den Jahren um 1940 fanden noch 1.289 Hinrichtungen statt, zehn Jahre später waren es noch 715 und die Zahl fiel weiter auf 191 von 1960 bis 1967. Laut einer Umfrage im Jahre 1966 befürworteten zu dieser Zeit nur noch 42 % der amerikanischen Bevölkerung die Todesstrafe. Es wurde diskutiert, ob Menschen willkürlich zum Tode verurteilt werden durften.

Nach der Hinrichtung von Luis Jose Monge in der Gaskammer des Staates Colorado am 2. Juni 1967 kam es zu einem USA-weiten faktischen Vollstreckungsmoratorium, da mehrere Fälle über die grundsätzliche Zulässigkeit beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten vorlagen. 1972 kam der Fall Furman gegen Georgia vor den Obersten Gerichtshof. Furman argumentierte, die Todesstrafe werde willkürlich und je nach Laune verhängt und verletze den 8. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der jeder Person Schutz vor grausamer und ungewöhnlicher Strafe gewährt. Die Obersten Richter urteilten, dass eine Strafe „grausam und ungewöhnlich“ sei, wenn sie dem Verbrechen nicht angemessen sei, wenn sie willkürlich verhängt werde, wenn sie den öffentlichen Gerechtigkeitssinn verletze und wenn sie nicht wirksamer sei als eine andere harte Strafe. Die Richter gaben Furman schließlich Recht, dass die Todesstrafe grausam und ungewöhnlich sei und den 8. Zusatzartikel verletze. Am 29. Juni 1972 erklärte der Oberste Gerichtshof 40 Todesstrafengesetze für nichtig, setzte die Todesstrafe im ganzen Land aus und wandelte die Todesurteile von 629 Gefangenen in lebenslängliche Haftstrafen um.

Die Bundesstaaten überarbeiteten ihre Todesstrafengesetze, um Willkür bei der Verhängung eines Todesurteils auszuschließen. Es wurden Richtlinien festgelegt, die es einem Richter oder den Geschworenen ermöglichen, erschwerende oder strafmildernde Faktoren zu berücksichtigen. Weiterhin wurden zwei unterschiedliche Phasen der Gerichtsverhandlung eingeführt – eine, in der über Schuld oder Nicht-Schuld des Angeklagten entschieden wird, und eine zweite, in der im Falle eines Schuldspruchs die Höhe der Strafe bestimmt wird. Außerdem wurden automatische Rechtsmittel festgelegt, nach denen Urteil und Strafe in der Berufung noch einmal geprüft werden können. 1976 wurde die Todesstrafe wieder in Kraft gesetzt.

Von Juli 1967 bis Dezember 1976, also neuneinhalb Jahre lang, fanden in den USA keine Vollstreckungen von Todesurteilen statt. Die Hinrichtungen wurden am 17. Januar 1977 wieder aufgenommen. Gary Gilmore wurde im Staatsgefängnis Utah durch ein Peloton exekutiert. Am 7. Dezember 1982 wurde mit Charlie Brooks in Texas erstmals ein Verurteilter per Giftspritze getötet. Am 2. Dezember 2005 wurde in den USA Kenneth Lee Boyd als der 1000. Häftling seit Wiedereinführung der Todesstrafe hingerichtet. Zurzeit warten über 3.300 Verurteilte auf ihre Hinrichtung.

Laut Meinungsumfragen des Gallup-Instituts bewegte sich die Zustimmungsrate der Bevölkerung zur Todesstrafe im Zeitraum 1985 bis 2007 zwischen 64 und 80 Prozent, im Oktober 2007 lag sie bei 69 Prozent. Wird bei der Fragestellung explizit die Alternative der lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Bewährungsmöglichkeit angeboten, sinken die Werte auf 47 bis 54 Prozent.[4]

Nach Angaben von Amnesty International wurden im Zeitraum von 1900 bis 1985 in den USA 350 Menschen zum Tode verurteilt, deren Unschuld später bewiesen wurde. Bei 23 von ihnen wurde erst posthum die Unschuld festgestellt.[5] Bis 2007 wurden in den USA insgesamt 15 Todeskandidaten aufgrund neuer DNA-Beweise freigesprochen.[6]

Die Todesstrafe ist in den USA ausgesprochen kostenintensiv. Eine Studie kommt am Beispiel Kaliforniens zu dem Schluss, dass seit der Wiedereinführung der dortigen Todesstrafe 1978 insgesamt Mehrkosten in Höhe von mehr als 4 Mrd. US$ entstanden sind. Dies entspricht Kosten von 308 Million US$ für jede der seitdem durchgeführten 13 Hinrichtungen (Stand 2011).[7]

Im Oktober 2009 schlossen die USA und die Europäische Union ein neues Auslieferungs-und Amtshilfeabkommen ab, demzufolge Gefangene aus einem EU-Land nur dann ausgeliefert werden, wenn ihnen in den Vereinigten Staaten nicht die Todesstrafe droht. Das Abkommen trat im Februar 2010 in Kraft.[8]

Aktuelle Situation

Seit der erneuten Einführung der Todesstrafe 1976 wurde sie in 16 von 50 Bundesstaaten und im District of Columbia wieder abgeschafft, zuletzt in Illinois im März 2011. In mehreren Staaten wird sie nicht mehr vollstreckt. Doch können Bundesgerichte auch in Bundesstaaten, die selbst die Todesstrafe abgeschafft haben, in Fällen, in denen bundesweit geltende Strafbestimmungen anwendbar sind (federal crimes), die Todesstrafe verhängen, so zuletzt 2003 in Boston (Massachusetts) gegen Gary Sampson wegen der Ermordung zweier Autofahrer. Auch der Bombenattentäter von Oklahoma City, Timothy McVeigh, wurde durch ein Bundesgericht verurteilt.

Am 16. April 2008 entschied der Oberste Gerichtshof im Fall Baze v. Rees grundsätzlich über die Zulässigkeit der Hinrichtung mittels tödlicher Injektion und erklärte sie für verfassungskonform. Die Kläger, zwei Todeskandidaten aus Kentucky, hatten geltend gemacht, diese sei eine „grausame und ungewöhnliche Bestrafung“ und verstoße somit gegen den achten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung.

Obwohl die Todesstrafe als solche nicht zur Entscheidung stand, fand das Verfahren angesichts der Tatsache, dass die Giftspritze in 37 von 38 die Todesstrafe vollstreckenden Bundesstaaten als Haupthinrichtungsmethode angewandt wird, große Beachtung und löste eine Debatte über mögliche Alternativen aus. Nachdem der Supreme Court im September 2007 entschied, dass er sich des Falles annehmen wird, wurden alle Hinrichtungen in den USA ausgesetzt. Nach der Entscheidung wurden sie wieder aufgenommen, zuerst am 6. Mai 2008 in Georgia mit der Vollstreckung des Todesurteils gegen William Earl Lynd.

Hinrichtung Jugendlicher

Rechtliche Situation vor dem 1. März 2005:
  • keine Todesstrafe
  • minimales Alter 18 Jahre
  • minimales Alter 17 Jahre
  • minimales Alter 16 Jahre

Laut Amnesty International gehören die USA neben China, der Demokratischen Republik Kongo, Iran, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien und Jemen zu den wenigen Ländern, in denen seit 2000 zur Tatzeit minderjährige Straftäter hingerichtet wurden. Seit einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Jahre 1988 ist die Verhängung der Todesstrafe für Straftäter unter 16 Jahren verfassungswidrig.

Bis zum März 2005 war die Todesstrafe gegen minderjährige Täter noch in 19 von den 38 US-Bundesstaaten zulässig, in denen die Todesstrafe verhängt werden kann.

Am 1. März 2005 hat der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten mit äußerst knapper Mehrheit der Richterstimmen die Verfassungswidrigkeit von Todesurteilen für noch nicht 18-jährige Straftäter als „grausame und ungewöhnliche Strafe“ nach dem 8. Zusatzartikel der US-amerikanischen Verfassung festgestellt (Roper v. Simmons). Mit diesem Urteil, für das sich unter anderem auch Ex-Präsident Jimmy Carter eingesetzt hatte, wurde eine gegenteilige Entscheidung von 1989 (Stanford v. Kentucky) aufgehoben. Damit hat das Gericht die Auffassung bestätigt, die in vielen Einzelstaaten bereits zur Abschaffung der Todesstrafe für zur Tatzeit noch nicht volljährige Straftäter und geistig Behinderte geführt hatte. Die sogenannte death eligibility (Hinrichtungseignung) ist damit für die genannten Personengruppen nicht mehr gegeben.

Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 sind in den USA 22 Menschen hingerichtet worden, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren. Der Letzte war Scott Allen Hain in Oklahoma am 3. April 2003.

Hinrichtung ausländischer Staatsangehöriger

Anfang 2005 befanden sich unter den in den USA zum Tode Verurteilten 119 ausländische Staatsangehörige, darunter vier Deutsche: Die Brüder Michael und Rudi Apelt in Arizona, Troy Albert Kunkle (geboren in Nürnberg, aber US-Staatsbürger) in Texas, sowie Dieter Riechmann in Florida. Kunkle wurde Ende Januar 2005 hingerichtet. Rudi Apelt wurde im Mai 2009 als geistig behindert eingestuft und die Todesstrafe gegen ihn in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. Im März 2010 wurde das Todesurteil gegen Riechmann in lebenslange Haft umgewandelt.[9]

Bereits 1999 waren in Arizona die wegen Mordes verurteilten Brüder Karl und Walter LaGrand hingerichtet worden. Ihre Eltern hatten sie als dreijährige Jungen nach Amerika mitgebracht. Deswegen besaßen sie die deutsche Staatsangehörigkeit, obwohl sie in den USA aufgewachsen waren. Weil sie im Grunde genommen Amerikaner waren, waren sie bei der Berufung von den amerikanischen Behörden während ihres Verfahrens nicht ausreichend über die Möglichkeit aufgeklärt worden, konsularische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Deswegen verklagte die Bundesrepublik Deutschland die USA vor dem Internationalen Gerichtshof. Mit Urteil vom 27. Juni 2001 entschied das Gericht, dass die USA das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen verletzt haben.[10]

Im Vorfeld der Exekution des mexikanischen Staatsangehörigen Humberto Leal Garcia in Texas am 7. Juli 2011 kam es erneut zu einer Kontroverse. Die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Navanethem Pillay kritisierte, dass Garcia nicht konsularisch betreut worden war und die USA damit gegen internationales Recht verstoßen habe. Die Obama-Regierung setzte sich gegen die Hinrichtung ein, weil sie diplomatische Konsequenzen und eine Verschlechterung der Behandlung amerikanischer Bürger im Ausland fürchtete. Gouverneur Rick Perry lehnte jedoch eine Begnadigung ab, und der Supreme Court entschied mit 5:4 Richterstimmen gegen einen Aufschub der Hinrichtung.[11]

Hinrichtung geistig Behinderter

Im Jahre 2002 entschied der Oberste Gerichtshof der USA, dass die Todesstrafe für geistig Behinderte unzulässig ist, da sie eine „grausame oder ungewöhnliche Bestrafung“ darstellt und damit verfassungswidrig ist.

Daryl Atkins war der Präzedenzfall, da bei ihm ein Intelligenzquotient von 59 festgestellt wurde. Jedoch oblag die endgültige Entscheidung dem Gericht der Bundesstaaten, und die Geschworenen in Virginia verurteilten ihn zum Tode, da bei einem erneuten IQ-Test ein Wert von 76 ermittelt wurde. Die Strafe wurde später in eine lebenslange Haft umgewandelt.

Hinrichtungen wegen Nicht-Tötungsdelikten

Seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 wurden Todesurteile ausschließlich wegen Tötungsdelikten vollstreckt. Die letzte Hinrichtung wegen eines Verbrechens, bei dem kein Mensch getötet wurde, fand am 4. September 1964 in Missouri statt; James Coburn wurde wegen schweren Raubes hingerichtet. Jedoch werden in mehreren Staaten sowie auf Bundesebene auch andere Straftaten wie Drogenschmuggel, Flugzeugentführung oder schwerer Kindesmissbrauch mit dem Tode bedroht.[12]

Der Oberste Gerichtshof hatte sich 1977 im Fall Coker v. Georgia mit der Frage zu beschäftigen, ob auch für ein Nicht-Tötungsdelikt die Todesstrafe ausgesprochen werden darf. Er entschied, dass die Todesstrafe wegen der Vergewaltigung einer erwachsenen Frau eine grausame und ungewöhnliche Bestrafung darstelle und damit gegen den 8. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten verstoße. Die Rechtslehre war sich daraufhin jedoch uneinig, ob damit die Todesstrafe für alle Vergewaltigungsdelikte verboten sei oder lediglich für die Vergewaltigung einer erwachsenen Frau. Für die Vergewaltigung von Kindern konnte nämlich in mehreren Bundesstaaten (Montana, Oklahoma, South Carolina, Texas) die Todesstrafe verhängt werden.[13] Mit seinem Urteil im Fall Kennedy v. Louisiana entschied der Oberste Gerichtshof 2008, dass auch solche Bestimmungen gegen die Verfassung verstoßen. Barack Obama, damals Junior Senator für Illinois, wie auch sein republikanischer Gegenkandidat John McCain kritisierten das Urteil. Obama selbst befürwortet die Todesstrafe für die Vergewaltigung und Ermordung von Kindern und für Massenmord.[14]

Verfahrensmängel bei Todesurteilen

Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die häufig unzureichende Vertretung unterprivilegierter Straftäter durch Pflichtverteidiger. 1996 gab es in Georgia einen Fall, bei dem ein zum Tode Verurteilter mit unterdurchschnittlichem Intelligenzquotienten in einem Berufungsverfahren überhaupt keinen Rechtsbeistand hatte. Die Anwaltsvereinigung American Bar Association veröffentlichte erstmals 1989 Richtlinien für angemessene anwaltliche Vertretung in Todesstrafenverfahren und vermittelt Anwälte, die ohne Bezahlung solche Fälle übernehmen. Professor James S. Liebman von der Columbia University veröffentlichte im Juni 2000 unter dem Titel A broken system [15] eine Langzeitstudie über den Ausgang von Berufungsverfahren zwischen 1973 und 1995, nach der in 68 Prozent der Fälle Todesurteile durch eine höhere Instanz zu Gunsten des Angeklagten korrigiert wurden.

Ein weiterer Verfahrensmangel ist die bei der Auswahl der Jury zuweilen festzustellende Rassendiskriminierung, die darin besteht, dass die Staatsanwaltschaft, die eine Reihe potenzieller Geschworener ohne Begründung ablehnen kann, bei der Ablehnung offensichtlich sach- und rechtswidrig die Übereinstimmung der Hautfarbe der Geschworenen mit der des (schwarzen) Angeklagten zum Kriterium macht. Dies wurde vom Obersten Gerichtshof mehrfach beanstandet und mit der Aufhebung von Todesurteilen vor allem texanischer Gerichte sanktioniert, zuletzt (Juni 2005) im Verfahren Miller-El v. Dretke, No. 03–9659, in dem 10 von 11 schwarzen Jury-Kandidaten von der Staatsanwaltschaft abgelehnt worden waren.

Es ist jedoch weiterhin zulässig, Geschworenenkandidaten, die sich prinzipiell gegen die Todesstrafe aussprechen, abzulehnen. Dieser „death qualifying“ genannte Ausleseprozess steht in der Kritik, da nach mehreren Untersuchungen solchermaßen ausgelesene Juries unabhängig vom Strafmaß Angeklagte häufiger schuldig sprechen als Juries, die ohne eine solche Auslese zustandekommen.[16][17]

Geschlechtsspezifische Aspekte

Ein Missverhältnis bei den ausgesprochenen wie vollstreckten Todesurteilen ergibt sich bei den Geschlechtern der Todeskandidaten. Der größte Teil der zum Tode Verurteilten sind Männer. Die Kriminalitätsrate bei Männern ist deutlich höher, Frauen sind seltener als Täter in schwere Gewaltverbrechen verwickelt. Betrachtet man jedoch den Anteil der wegen solcher Delikte verhafteten Frauen und den weiteren Verfahrensverlauf, wird offenbar, dass circa 13 Prozent der in Mordfällen Verhafteten Frauen sind, der Anteil von Frauen an den zur Todesstrafe verurteilten Sträflingen hingegen, nach einigen Untersuchungen seit über zwanzig Jahren, konstant um die zwei Prozent liegt. Von der Wiederaufnahme der Todesstrafe bis 1996 wurden 5.569 Todesurteile verhängt, davon 113 gegen Frauen. Während in diesem Zeitraum 301 Männer hingerichtet wurden, geschah das gleiche mit zwei Frauen.[3]

Die bisher letzte hingerichtete Frau war Teresa Lewis. Sie wurde am 23. September 2010 im US-Bundesstaat Virginia mit der Giftspritze hingerichtet.

Bildungsspezifische Aspekte

Einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2008 zufolge ist nach dem Geschlecht der Bildungsstand der bedeutendste Faktor bei der Entscheidung, ob ein Angeklagter für sein Verbrechen zum Tode verurteilt und schließlich hingerichtet wird.[18]

Hinrichtungsarten

Durchführung der Todesstrafe:
  • ausschließlich durch tödliche Injektion
  • tödliche Injektion als primäre Methode; weitere Methoden möglich
  • tödliche Injektion nie durchgeführt
  • keine Todesstrafe

Die von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlichen zulässigen Hinrichtungsmethoden sind (in Klammern Anzahl der Anwendungen von 1976 bis 18. Juni 2010) Injektion (1043), Elektrokution (157), Vergasen (11), Erhängen (3), Erschießen (3). In Nebraska ist als einzigem Staat die Elektrokution zwingend vorgeschrieben, allerdings hat der oberste Gerichtshof diese im Jahr 2008 als verfassungswidrig erklärt.[19] Alle anderen Staaten, bei denen die Injektion nicht die grundsätzlich angewandte Methode ist, bieten dem Todeskandidaten diese als Alternative an.

Situation in einzelnen Bundesstaaten

Todesstrafe in einzelnen Bundesstaaten:
  • derzeit keine Anwendung
  • für verfassungswidrig erklärt
  • seit 1976 nicht mehr angewandt
  • seit 1976 angewandt

Connecticut

Der Gouverneur von Connecticut hat kein Begnadigungsrecht. Am 13. Mai 2005 fand die erste Vollstreckung eines Todesurteils seit 1960 statt. Damals war Joseph Taborsky noch auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet worden. Es handelte sich um den Serienmörder Michael Bruce Ross, einen so genannten „freiwilligen“ Todeskandidaten, der nach 18 Jahren in der Todeszelle auf weitere ihm noch zustehende Rechtsmittel verzichtet hatte. In den letzten Tagen vor seiner Hinrichtung wurden durch die ehemaligen Pflichtverteidiger mehrere vergebliche Versuche gemacht, die Hinrichtung gerichtlich verhindern zu lassen. Ihre Argumentation lautete, dass Ross wegen seines Verzichts auf Rechtsmittel möglicherweise unzurechnungsfähig sei. In diesem Falle wäre eine Hinrichtung unrechtmäßig gewesen.

Florida

Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe wurden in Florida 69 Menschen hingerichtet. Die Hinrichtung erfolgt durch Injektion im Florida State Prison.

Im Anschluss an eine Hinrichtung, bei der eine zweite Injektion erforderlich war, die den Todeskampf des Hinzurichtenden auf 34 Minuten verlängerte, hat der damalige Gouverneur Jeb Bush am 15. Dezember 2006 entschieden, Hinrichtungen bis auf Weiteres auszusetzen und die menschlichen und verfassungsrechtlichen Aspekte der schlecht beherrschten Hinrichtungsmethode durch eine Kommission überprüfen zu lassen.

Georgia

Am 21. September 2011 wurde nach etwa 20 Jahren in der Todeszelle der Afroamerikaner Troy Davis mit einer Giftspritze hingerichtet. Er war wegen Mordes an einem Polizisten verurteilt, hatte stets seine Unschuld beteuert und starb trotz weltweiter Gnadenappelle. Sein Fall gilt "als einer der umstrittensten Justizfälle der USA".[20]

Illinois

Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe konnte im US-Bundesstaat Illinois bei mehreren zum Tode Verurteilten die Unschuld bewiesen werden. Der scheidende Gouverneur George Ryan wandelte daraufhin im Jahre 2003 die Strafe aller 167 Todeskandidaten in Illinois in lebenslange Haft um. Zudem galt in Illinois seit Januar 2000 ein Vollstreckungsmoratorium. Diesem ging unter anderem ein Bericht der Chicago Tribune voraus, in dem von falschen Beweisen, skrupellosen Prozessabsprachen und juristischer Inkompetenz die Rede war. Im Fall des Todeskandidaten Anthony Porter konnten Studenten des Journalistik-Professors David Protess ein Fehlurteil nachweisen. Porter wurde daraufhin im März 1999 aus der Todeszelle entlassen.

Anfang des Jahres 2011 verabschiedeten Repräsentantenhaus und Senat des Bundesstaates ein Gesetz zur endgültigen Abschaffung der Todesstrafe in Illinois. Es trat am 1. Juli 2011 in Kraft. Mit der Unterzeichnung des Gesetzes am 9. März 2011 durch Gouverneur Pat Quinn wurden die 15 noch ausstehenden Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt.[21]

Indiana

Indiana gehört zu den Bundesstaaten, in denen die Todesstrafe mittels Injektion vollstreckt wird. Bei der Hinrichtung von Tommie Smith 1997 konnte das Gefängnispersonal keine geeignete Vene finden, so dass ein Arzt hinzugezogen werden musste. Insgesamt dauerte die Prozedur, die Smith bei vollem Bewusstsein miterlebte, über 30 Minuten. Im Juli 2004 machte der Gouverneur von Indiana erstmals von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch und wandelte das Todesurteil gegen den geistig zurückgebliebenen Darnell Williams in eine lebenslange Haftstrafe um.

Kalifornien

Am 15. Dezember 2006 entschied ein Bundesgericht in San José, dass die in Kalifornien praktizierte Hinrichtung durch Injektion in ihrer derzeitigen Form eine „grausame, ungewöhnliche Strafe“ darstellt und damit verfassungswidrig ist. Am gleichen Tag entschied Jeb Bush, Gouverneur von Florida, Hinrichtungen mit der Giftspritze auszusetzen. Zu scharfer Kritik an der Todesstrafe führte der Fall des Caryl Chessman, der 12 Jahre in der Todeszelle auf seine Hinrichtung wartete und dessen Schuld an den ihm zur Last gelegten Vergewaltigungen stark umstritten war. Seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 wurden in Kalifornien dreizehn Menschen hingerichtet, etwa 650 zum Tode Verurteilte warten auf ihre Hinrichtung.

Nachdem es drei Jahre lang keine Hinrichtungen gab, wurde am 19. Januar 2005 das Todesurteil gegen Donald Jay Beardslee für einen 1981 begangenen Doppelmord vollstreckt. Ein Gnadengesuch, das auf eine psychische Erkrankung aufgrund eines Gehirnschadens hinwies, wurde von Gouverneur Arnold Schwarzenegger abgelehnt; ebenso die zwei Gnadengesuche des wegen vierfachen Mordes verurteilten Stanley Williams, der Bücher gegen Drogen und Bandenkriminalität für Jugendliche verfasste und für seine literarische Arbeit während seines 24-jährigen Aufenthalts in der Todeszelle fünf Mal für den Friedensnobelpreis sowie vier Mal für den Literaturnobelpreis im Gespräch war. Er wurde am 13. Dezember 2005 um 9.01 Uhr MEZ mit der Giftspritze hingerichtet. Am 17. Januar 2006 wurde der sehbehinderte, taube und im Rollstuhl sitzende 76-jährige Clarence Ray Allen hingerichtet. Vier Monate vor der Vollstreckung des Urteils wäre er beinahe an einem Herzinfarkt gestorben, konnte aber wiederbelebt werden. Ihm wurde vorgeworfen, Morde aus dem Gefängnis heraus angeordnet zu haben.

Louisiana

Seit Wiedereinführung der Todesstrafe am 2. Juli 1973 wurden 27 Personen hingerichtet. Einzige Hinrichtungsmethode ist die tödliche Injektion. Der Gouverneur kann ein Todesurteil nur mit einer positiven Empfehlung des Gnadenausschusses umwandeln. An die Empfehlung ist er nicht gebunden. Er kann Hinrichtungsaufschübe aus eigenem Recht veranlassen.

In Louisiana war auch die Vergewaltigung von Kindern mit dem Tode bedroht. Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten entschied allerdings im Rechtsstreit Kennedy v. Louisiana, dass dies nicht mit dem 8. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten vereinbar ist.

Nebraska

Die einzige Hinrichtungsmethode in Nebraska war lange Zeit der Elektrische Stuhl. Am 8. Februar 2008 jedoch entschied das höchste Gericht Nebraskas, dass die Hinrichtung mit dem elektrischen Stuhl verfassungswidrig sei, da diese Methode „besonders grausam und ungewöhnlich sei.“ Am 28. Mai 2009 unterzeichnete der Gouverneur von Nebraska ein Gesetz, das die Einführung der tödlichen Injektion vorsieht.[22]

New Hampshire

New Hampshire ist neben Connecticut der einzige der Neuengland-Staaten, in dem die Todesstrafe zulässig ist. Die letzte Hinrichtung fand 1939 statt und es gibt derzeit (Oktober 2008) keine Todeskandidaten.

New Jersey

Die letzte Hinrichtung in New Jersey fand 1963 statt. Am 10. Januar 2006 wurde die Todesstrafe auf Beschluss des Senats außer Kraft gesetzt. Eine Kommission sollte untersuchen, ob Todesurteile nach fairen Kriterien verhängt werden und ob die Todesstrafe für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. Das Moratorium galt bis Februar 2007. Am 2. Januar 2007 gab die Kommission ihren Abschlussbericht bekannt. Darin plädierte sie für die Abschaffung der Todesstrafe in New Jersey, mit der lebenslangen Haftstrafe als Alternative. Am 11. Dezember 2007 wurde bekannt, dass der Senat von New Jersey mit 21:16 Stimmen für die Abschaffung der Todesstrafe votierte. Am 13. Dezember 2007 stimmte das Abgeordnetenhaus mit 44:36 Stimmen ebenfalls für die Abschaffung der Todesstrafe. Der demokratische Gouverneur und Gegner der Todesstrafe Jon Corzine unterzeichnete das Gesetz bereits am 17. Dezember 2007 und setzte es somit in Kraft.[23] Gleichzeitig wandelte er die Strafen der zu diesem Zeitpunkt 8 Todestraktinsassen in lebenslange Haft ohne die Möglichkeit einer Entlassung auf Bewährung um. Damit ist New Jersey der 14. Bundesstaat, der die Todesstrafe abschaffte und der erste, der dies nach ihrer Wiederzulassung im Jahr 1976 tat.

New Mexico

Als 15. Bundesstaat hat New Mexico die Todesstrafe abgeschafft, das Gesetz wurde von Gouverneur Bill Richardson am 18. März 2009 unterzeichnet.[24]

New York

Im Bundesstaat New York ist seit 1963 niemand mehr hingerichtet worden. 1965 wurde die Möglichkeit eines Todesurteils auf Polizistenmord sowie bestimmte Fälle von Mord durch einen Strafgefangenen beschränkt.[25] Nach der vorläufigen Aufhebung aller Todesstrafengesetze der USA durch den Obersten Gerichtshof 1972 verzichtete der Staat New York mehr als 20 Jahre lang auf die Wiedereinführung der Todesstrafe. Im März 1995 brachte der damalige republikanische Gouverneur George Pataki in Erfüllung eines Wahlkampfversprechens in beiden Häusern der New Yorker Volksvertretung ein Gesetz durch, mit dem die Todesstrafe durch Injektion wieder praktiziert werden sollte.[26] Bis 2004 wurden nach diesem Gesetz sieben Personen in erster Instanz zum Tod verurteilt, alle Urteile letztlich jedoch in höheren Instanzen umgewandelt. Am 24. Juni 2004 erklärte der Oberste Gerichtshof von New York zwar nicht die Todesstrafe an sich, aber den Wortlaut des vorliegenden Gesetzes für verfassungswidrig und hob es auf.[27] Seither scheiterten mehrere Versuche republikanischer Politiker, eine verfassungsgemäße Todesstrafengesetzgebung einzuführen, an der Mehrheit der Demokratischen Partei in der New York State Assembly. Seit 2007, als das Urteil gegen den letzten Todeskandidaten in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt wurde, sitzt keine Person mehr im Todestrakt ein.[28] Gouverneur David Paterson, ein erklärter Todesstrafengegner, ließ im Juli 2008, wenige Monate nach seinem Amtsantritt, die 1995 im Hochsicherheitsgefängnis Green Haven in Beekman (Dutchess County) installierten und nie benutzten Vollstreckungseinrichtungen demontieren.[29]

North Carolina

Die Zahl der Hinrichtungen in North Carolina bis zur Abschaffung der Todesstrafe 1972 wird mit 784 angegeben. Am 6. Januar 1977 wurde die Todesstrafe wieder eingeführt. Seither wurden (Stand Dezember 2005) 39 Hinrichtungen vollzogen. Im Juli 2005 warteten 192 Todeskandidaten (davon vier Frauen) auf ihre Tötung durch Injektion im Zentralgefängnis von Raleigh. Am 2. Dezember 2005 wurde dort die landesweit tausendste Hinrichtung seit Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA an dem Doppelmörder Kenneth Lee Boyd vollstreckt, nachdem der Gouverneur des Bundesstaates, Mike Easley, eine Begnadigung abgelehnt hatte.

Rhode Island

In Rhode Island wurde die Todesstrafe erstmals 1852 abgeschafft. 1872 wurde sie wieder eingeführt, es fanden jedoch bis zur endgültigen Abschaffung am 9. Mai 1984 keine Hinrichtungen mehr statt. Die letzte Exekution wurde am 14. Februar 1845 an John Gordon durch Erhängen vollzogen. Am 29. Juni 2011 wurde Gordon durch Gouverneur Lincoln Chafee posthum begnadigt, weil der Prozess gegen den aus Irland stammenden katholischen Einwanderer unfair verlaufen war und man heute von einem Fehlurteil ausgeht.[30]

Texas

Die Justizbehörden in Texas ließen mit 400 Hinrichtungen (durch Injektion/Stand August 2007) seit 1976 mehr Todesurteile vollstrecken als die nächsten sechs noch vollstreckenden Bundesstaaten zusammengenommen. Ursache ist nicht nur die Zahl der in erster Instanz verhängten Todesurteile, sondern auch der Umstand, dass die beiden für Texas zuständigen Berufungsgerichte diese Urteile nur in drei Prozent der von ihnen behandelten Fälle aufheben, was ebenso wie die Zahl der Hinrichtungen einen US-weiten Rekord darstellt. Laut einer Untersuchung von 6.000 Todesurteilen zwischen 1976 und 1995 besteht landesweit eine Chance von 68 Prozent, dass ein Todesurteil von einem Staats- oder Bundesgericht aufgehoben wird.

Der Oberste Gerichtshof hat von texanischen Gerichten verhängte Todesurteile mehrfach als verfassungswidrig aufgehoben, zuletzt im November 2004 im Fall eines offenbar vermindert zurechnungsfähigen Täters (Smith v. Texas, No. 04–5323). Hauptgrund für die Entscheidungen des Obersten Gerichts ist regelmäßig der Umstand, dass die für Texas zuständigen Berufungsgerichte die für die Verfassungsmäßigkeit der Todesstrafe geforderte Berücksichtigung mildernder Umstände vernachlässigen. Ein weiterer Grund ist die von den Staatsanwälten bei der Auswahl der Jury geübte Rassendiskriminierung durch Ablehnung von Afroamerikanern als Geschworene in Verfahren gegen schwarze Angeklagte.

Derzeit (Juli 2005) erwarten 415 Verurteilte in texanischen Gefängnissen ihre Hinrichtung. Diese Zahl wird nur von Kalifornien mit 648 Todeskandidaten übertroffen, doch ist dieser Bundesstaat bei der Vollstreckung deutlich zurückhaltender (zwölf Exekutionen von 1976 bis 2005).

Kurz vor der 400. Hinrichtung binnen 30 Jahren in Texas forderte die Europäische Union am 21. August 2007 den Gouverneur Rick Perry auf, die Vollstreckung von Todesurteilen auszusetzen. In Texas finden seit 1976 ein Drittel aller US-amerikanischen Hinrichtungen statt, seit dem Beginn des Jahres 2007 sogar zwei Drittel aller Exekutionen. Ein Sprecher Perrys erklärte dazu, Texas werde an der Vollstreckung von Todesurteilen festhalten. [31]

Hinrichtungen werden in Texas ausschließlich in der Huntsville Unit vollstreckt.

Virginia

Der Bundesstaat Virginia ist nach Texas mit fast 100 Hinrichtungen seit 1976 der Bundesstaat mit den meisten Hinrichtungen. Während der vierjährigen Amtszeit des ehemaligen demokratischen Gouverneurs Mark Warner wurden laut einem Bericht der New York Times vom 30. November 2005 elf Todesurteile vollstreckt. Fast hätte Virginia im November 2005 die landesweit 1.000. Hinrichtung durchgeführt, doch wurde der potenzielle Kandidat begnadigt, weil ein für einen möglichen Nachweis seiner Unschuld wichtiges Beweismittel von einem Justizbeamten beseitigt worden war. Wenige Tage später wurde die 1.000. Hinrichtung in North Carolina vollzogen.

Todesstrafe im Militärstrafrecht des Bundes

Der Uniform Code of Military Justice lässt bei 15 Strafvergehen die Todesstrafe zu (10 USC §§ 886 bis 934). Die Wiedereinführung der Todesstrafe im Militärstrafrecht geschah 1984 unter Präsident Reagan. Derzeit befinden sich neun Insassen im Militärgefängnis von Fort Leavenworth, Kansas. Bei drei Insassen ist das Verfahren noch in der Schwebe; von den Insassen sind sechs Afroamerikaner, zwei europäischstämmig und einer asiatischstämmig, alle neun Insassen sind Männer. Ein Todesurteil muss von der Jury (in der Regel mindestens zwölf Geschworene) einstimmig gesprochen werden. Wirksamkeit kann ein Todesurteil allerdings erst erlangen nachdem der den Prozess anordnende Vorgesetzte (im Regelfall ein hochrangiger Kommandeur) das Urteil genehmigt und der Präsident der Vereinigten Staaten es ausdrücklich bestätigt hat.

Vor der Aussetzung der Todesstrafe wurde 1961 an John A. Bennett das letzte Todesurteil nach dem UCMJ vollstreckt. Nach einer Statistik des National Law Journal wurden von 1916 bis 1999 135 Personen danach verurteilt und hingerichtet.

Literatur

Geschichte
  • Richard C. Dieter: Wenn der Staat tötet. Die Todesstrafe in den USA. In: Gunnar Köhne (Hrsg.): Die Zukunft der Menschenrechte. Rowohlt-Verlag, Reinbek 1998, ISBN 3-499-22238-8.
  • David Garland: Peculiar Institution: America’s Death Penalty in an Age of Abolition. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge 2010. ISBN 0674057236
  • Michael Kahr: 100 Jahre Hinrichtungen in den USA. Die Geschichte der Todesstrafe in Zahlen. Kahr Media Verlag, Fürstenfeldbruck 2002, ISBN 3-935678-03-7.
  • Jürgen Martschukat: Geschichte der Todesstrafe in Nordamerika, von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart. Beck-Verlag, München 2002, ISBN 3-406-47611-2.
  • Stephen Trombley: Die Hinrichtungsindustrie. Die Todesstrafe in den USA. Rowohlt Verlag, Reinbek 1993, ISBN 3-498-06507-6.
Einzelfälle
  • Jürgen Martschukat: „With Grace and Dignity“. Gary Gilmore, Todesstrafe und Männlichkeit in den USA der 1970er Jahre. In: Amerikastudien / American Studies 49, 3, 2004, S. 385–408.
Statistische Studien
  • Johan Thorstein Sellin: Capital Punishment. AMS Press Inc., Brooklyn NY 1982, ISBN 0-404-62429-4.
  • Isaac Ehrlich: The Deterrent Effect of Capital Punishment. A Question of Life and Death. In: The American Economic Review 65, 3, Juni 1975, ISSN 0002-8282, S. 397–417.
  • Peter Passell, John B. Taylor: The Deterrent Effect of Capital Punishment. Another View. In: The American Economic Review 67, 3, Juni 1977, ISSN 0002-8282, S. 445–451
Pro und Contra
  • Hugo Adam Bedau, Paul B. Cassell (Hrsg.): Debating the Death Penalty. Should America Have Capital Punishment? The Experts on Both Sides Make Their Case. Oxford University Press, Oxford u. a. 2005, ISBN 0-19-517980-3.
  • Stephen Nathanson: An Eye for an Eye? The immorality of Punishing by Death. 2nd edition. Rowman & Littlefield Publishers, Lanham MD u. a. 2001, ISBN 0-7425-1326-2.

Weblinks

Bibliografie
Statistik
Einzelstaaten
Erfahrungsberichte
Geschichte der Todesstrafe in den USA und Europa

Einzelnachweise

  1. a b Number of Executions by State and Region Since 1976 (www.deathpenaltyinfo.org), abgerufen am 18. Juni 2010
  2. Death Row Inmates by State (www.deathpenaltyinfo.org)
  3. a b Thad Rueter: Why Women Aren't Executed: Gender Bias and the Death Penalty , Human Rights, Fall 1996, Vol. 23, No. 4, p.10-11. online unter Fall 1996 Human Rights Magazine.
  4. Sixty-Nine Percent of Americans Support Death Penalty
  5. Fact and figures on the death penalty
  6. innocenceproject.org, Pressemitteilung vom 11. Mai 2007
  7. Death penalty costs California $184 million a year, study says, latimes.com, 20.Juni 2011
  8. EU und USA unterzeichnen neues Auslieferungsabkommen Deutsche Welle, 29. Oktober 2009
  9. Deutscher Todeshäftling in USA entgeht Exekution, Focus-Online, 14. Mai 2010, abgerufen am 18. Mai 2010
  10. LaGrand (Germany v. United States of America)
  11. U.S. was in breach of international law by executing Mexican murderer and rapist, says U.N. official, Daily Mail, 8. Juli 2011
  12. DPIC: Death Penalty for Offenses Other Than Murder
  13. Court to consider death penalty for child rape, Reuters, 13. April 2008
  14. The New York Times, 26. Juni 2008: Justices Bar Death Penalty For the Rape of a ChildLetzter Abruf 7. Oktober 2010
  15. A Broken System: Error Rates in Capital Cases, 1973–1995
  16. Salgado, Richard: Tribunals Organized To Convict. CBS Business Network, abgerufen am 19. Mai 2010.
  17. Samuel Gross: The Risks of Death: Why Erroneous Convictions Are Common in Capital Cases. 44 Buffalo L. Rev. 469, 494, 1996.
  18. Hinrichtungen in den USA: Was über Leben und Tod entscheidet, Artikel von Markus C. Schulte von Drach auf sueddeutsche.de, 7. Juli 2008.
  19. Nebraska court bans the electric chair, CNN Meldung, abgerufen 22. Juni 2008
  20. zeit.de 22. September 2011: Troy Davis trotz internationaler Proteste hingerichtet
  21. Focus: Illinois schafft Todesstrafe ab, 9. März 2011.
  22. Joanne Young: Nebraska governor signs lethal-injection bill. Lincoln Journal Star, 28. Mai 2009, abgerufen am 19. Mai 2010.
  23. The New York Times: Death Penalty Repealed in New Jersey
  24. New Mexico schafft Todesstrafe ab
  25. The Death Penalty in New York, S. 12 aufgerufen 1. Oktober 2010.
  26. James Dao: Death Penalty in New York Reinstated after 18 Years aufgerufen 1. Oktober 2010.
  27. William Glaberson: 4-3 Ruling Effectively Halts Death Penalty in New York, in: The New York Times, 25. Juni 2004 aufgerufen 1. Oktober 2010.
  28. Cornell University Law School: New York Court of Appeals 2007 NY Int. 135 aufgerufen 1. Oktober 2010.
  29. Brendan Scott: Gov Pulls Switch on Death Cell, in: New York Post, 24. Juli 2008 aufgerufen 1. Oktober 2010.
  30. RI governor pardons Irish man hanged in 1845, Associated Press, 29. Juni 2011
  31. Basler Zeitung: EU verlangt Hinrichtungs-Moratorium für die USA

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