Intelligenzquotient

Intelligenzquotient
Die IQ-Werte einer hinreichend großen Bevölkerungsmenge sind normalverteilt.

Der Intelligenzquotient (IQ) ist eine Kenngröße zur Bewertung des allgemeinen intellektuellen Leistungsvermögens (Intelligenz) eines Menschen. Er wird mit einem Intelligenztest ermittelt und vergleicht die Intelligenz eines Menschen mit dem, anhand einer Normstichprobe, geschätzten Durchschnitt der Gesamtbevölkerung im selben Zeitraum und im vergleichbaren Alter. Dieser Durchschnittswert wird im Allgemeinen als 100 definiert. Für die Abweichung der IQ-Werte einzelner Testpersonen vom Mittelwert wird eine Normalverteilung angenommen, wobei der Standardabweichung der Zahlenwert 15 IQ-Punkte zugeordnet wird.

Der IQ-Wert zeigt, wie hoch die erreichte Punktzahl in einem Test im Vergleich mit einer aussagekräftigen Anzahl von Menschen des gleichen Alters innerhalb der Bevölkerung ist. Dabei haben die meisten Menschen einen IQ von 85 bis 115. Je höher oder niedriger der IQ ist, desto seltener finden sich Menschen, die einen ähnlichen IQ besitzen.

Man kann auch andere Normenskalen festlegen, wie etwa den Prozentrang (Perzentile). Über den Bezug zur Normalverteilung lassen sich Werte aus anderen Skalierungen in eine IQ-Skala mit dem Mittelwert 100 ohne Informationsverlust umrechnen. Die Werte sind keine Prozentangaben, man kann den IQ aber in eine Prozentrangskala zur Verdeutlichung der Position umrechnen (einen IQ-Wert von 100 oder mehr erreichen genau 50 % der Population, mit einem IQ von 115 und mehr gehört man zu den 16 % Leistungsbesten). Da sich der Bevölkerungsdurchschnitt über die Jahre verändert (der sog. Flynn-Effekt), müssen Intelligenztests immer wieder neu normiert werden.

Inhaltsverzeichnis

Berechnungen

Historisch

Alfred Binet, der 1905 mit dem Binet-Simon-Test den ersten brauchbaren Intelligenztest entwickelt hatte, gab die mentale Leistungsfähigkeit als Intelligenzalter an. Der Test bestand aus Aufgaben mit ansteigender Schwierigkeit, die möglichst trennscharf für die jeweiligen Altersgruppen lösbar sein sollten. Beispiel: Ein durchschnittlich entwickelter Achtjähriger sollte alle Aufgaben seiner Altersgruppe (und darunter) lösen können, nicht jedoch die Aufgaben der Neunjährigen. Schaffte ein Kind nicht alle Aufgaben seiner Altersgruppe, hatte es ein niedrigeres, schaffte es auch Aufgaben der höheren Altersgruppe, hatte es ein höheres „Intelligenzalter“.

William Stern setzte dieses Intelligenzalter ins Verhältnis zum Lebensalter und erfand so 1912 den Intelligenzquotienten. Lewis M. Terman von der Stanford University entwickelte den von Goddard ins Englische übersetzten Simon-und-Binet-Quotienten weiter. Um die lästigen Kommastellen zu entfernen, multiplizierte er den Intelligenzalter-Lebensalter-Quotienten mit 100.

{IQ} = \frac{\text{Intelligenzalter}}{\text{Lebensalter}} \times 100

Modern

Da das Intelligenzalter langsamer zunimmt als das Lebensalter, sinkt der IQ nach Sterns Formel beständig. Terman erkannte dieses Problem bei seiner Weiterentwicklung ebenfalls. Um diesem Problem zu begegnen, normierte er den Test für verschiedene Altersgruppen. Die Verteilung glich er für jedes Alter einer Normalverteilung an. Beim 1937 entwickelten Stanford-Binet-Test variiert die Standardabweichung je nach Alter zwischen 15 und 16 IQ-Punkten (vgl. Valencia und Suzuki, 2000, S.5 ff.).[1]

Die ursprünglich nur für Kinder, speziell für Schulreifetests, entwickelte IQ-Berechnung wurde später von David Wechsler durch Anwendung der populationsbezogenen Skalierung mit dem Mittelwert 100 auf Erwachsene ausgedehnt. Für die heutige Abweichungs-IQ-Skala gilt ein Mittel von 100 und eine Standardabweichung (SD) von 15. Sie findet z. B. Anwendung in der Hamburg-Wechsler-Intelligenztestreihe (vgl. Zimbardo, 1995, S. 529 ff.[2]).

Umrechnungen

Da sich nicht alle Testverfahren der Intelligenz auf die Abweichungs-IQ-Skala beziehen, muss für einen Vergleich von Werten in ein Skalenniveau transformiert werden. Folgende Formel gibt an, wie von einem beliebigen Skalenniveau aus in die Abweichungs-IQ-Skala umgerechnet werden kann.

{IQ} = 100 + 15\times\frac{(x-\mu)}{\sigma}

Dabei bedeuten

  • x ermittelter Skalenwert im verwendeten Test
  • μ Mittelwert der verwendeten Skala
  • σ Standardabweichung der verwendeten Skala

Beispiel

Der IST-2000 hat einen Mittelwert von 100 und eine Standardabweichung von 10. Eine Person habe den Skalenwert 110.
Eingesetzt:
{IQ} = 100 + 15\times\frac{(110-100)}{10}=115

Da 110 genau eine Standardabweichung über dem Mittelwert ist, muss gleiches auch für den AW-IQ-Wert gelten. Und, wie berechnet, trifft dies mit einem Wert von 115 auch zu. Einem AW-IQ-Wert von 85, der genau eine Standardabweichung unter dem Mittelwert liegt, entspricht ein IST-Wert von 90 (vgl. dazu auch Lineare Transformation).

Literatur

  • Jürgen Guthke: Ist Intelligenz meßbar? Einführung in Probleme der psychologischen Intelligenzforschung und Intelligenzdiagnostik. 2. Auflage. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1980.
  • Walter Gutjahr: Die Messung psychischer Eigenschaften. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1977, ISBN 3-462-01116-2.
  • Siegfried Lehrl: Arbeitsspeicher statt IQ. Vless, Ebersberg 1997, ISBN 3-88562-079-0.
  • Nicholas John MacKintosh: IQ and Human Intelligence. Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0-19-852368-8.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Intelligenzquotient – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Valencia, R.R., Suzuki, L.A. (2000). Intelligence Testing and Minority Students: Foundations, Performance Factors, and Assessment Issues. New York: Sage
  2. Zimbardo, P.G. (1995): Psychologie. Heidelberg: Springer

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