Schlierbach (Schaafheim)

Schlierbach (Schaafheim)
Schlierbach
Gemeinde Schaafheim
Wappen von Schlierbach
Koordinaten: 49° 55′ N, 8° 58′ O49.9118138888898.9735333333333168Koordinaten: 49° 54′ 43″ N, 8° 58′ 25″ O
Höhe: 168 m ü. NN
Fläche: 3,57 km²
Einwohner: 642 (31. Dez. 2010)
Eingemeindung: 31. Dez. 1971
Postleitzahl: 64850
Vorwahl: 06073

Schlierbach ist ein Ortsteil der hessischen Gemeinde Schaafheim im Landkreis Darmstadt-Dieburg.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Schlierbach liegt 168 m über NN, 10 km nordöstlich von Dieburg, am nördlichen Rand des Odenwaldes. Durch den Ort fließt der gleichnamige Bach, der Voraussetzung für die drei Mühlen in Schlierbach war.

Geschichte

Territorialgeschichte

In der Schlierbacher Gemarkung verläuft die „Hohe Straße“. Schon für die urgeschichtliche und römische Zeit ist deshalb davon auszugehen, dass die Gegend besiedelt war. Die älteste erhaltene Erwähnung von Schlierbach stammt aus dem Jahr 770 und findet sich im Lorscher Codex[1] des Klosters Lorsch. Das ist eine der ältesten Erwähnungen eines Ortes in der Region.

Schlierbach besaß eine Burg der Herren von Hanau, mehrfach erwähnt zwischen 1393 und 1506 in Zusammenhang mit Mannlehen und Weinzehnten um die Burg, die wahrscheinlich nur ein Festes Haus war. Deren ehemaliger Standort liegt heute allerdings vermutlich auf der Gemarkung von Langstadt, einen Kilometer östlich von Langstadt und einen Kilometer nördlich von Schlierbach.[2]

Schlierbach zählte im späten Mittelalter zum Kondominat Umstadt, einem Kondominat zwischen der Kurpfalz und der Herrschaft Hanau, später Grafschaft Hanau und dann der Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Daraus lässt sich schließen, dass es zunächst zum Kloster Fulda gehörte. Als Konrad IV. von Hanau sich 1373 für seine Wahl zum Fürstabt des Klosters hoch verschulden musste, hatte das gleich nach seinem Regierungsantritt die Konsequenz, dass er versuchte, die eingegangenen Schulden aus dem Reichsstift Fulda zu refinanzieren. Schon 1374 verpfändet er deshalb Klosterbesitz im Bereich der Burg Otzberg und von Umstadt für 23.875 Gulden an seinen Neffen, Ulrich IV. von Hanau. Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz erwarb 1390 von der Abtei Fulda deren Auslösungsrecht für das Pfand gegenüber Hanau, soweit es das Amt Umstadt betraf, zur Hälfte. 1521 schied Hanau aus dem so entstandenen Kondominat aus und erhielt dafür unter das Dorf Schlierbach insgesamt. Es gliederte Schlierbach seinem Amt Babenhausen ein.

Grundbesitz im Ort hatten ferner die Grafen von Wertheim, die Herren von Karben, die Gayling von Altheim, die von Düdelsheim, die Winter von Wasen, die von Rodenstein und die Pfarrei Babenhausen.

Nach dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., 1736, erbte Landgraf Friedrich I. von Hessen-Kassel aufgrund eines Erbvertrages aus dem Jahr 1643 die Grafschaft Hanau-Münzenberg. Aufgrund der Intestaterbfolge fiel die Grafschaft Hanau-Lichtenberg an den Sohn der einzigen Tochter von Johann Reinhard III., Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt. Umstritten zwischen den beiden Erben war die Zugehörigkeit des Amtes Babenhausen und seiner Dörfer zu Hanau-Münzenberg oder zu Hanau-Lichtenberg. Es kam fast zu einer kriegerischen Auseinandersetzung, als die beiden Hessen versuchten, das Amt Babenhausen besetzten, so auch Schlierbach, das von Hessen-Darmstadt okkupiert wurde. Die Auseinandersetzung konnte erst nach einem langjährigen Rechtsstreit vor den höchsten Reichsgerichten 1771 mit einem Vergleich beendet werden, dem so genannten Partifikationsrezess. Schlierbach wurde darin Hessen-Darmstadt endgültig zugesprochen. Hessen-Darmstadt gliederte es seinem neu gebildeten Amt Schaafheim ein. Diese Zuordnung blieb auch bestehen, als aus der Landgrafschaft das Großherzogtum Hessen wurde. Schlierbach gehörte dann zu folgenden übergeordneten Verwaltungseinheiten:

Zum 1. Januar 1972 kam Schlierbach im Rahmen der Gebietsreform in Hessen zur Gemeinde Schaafheim.

Name

Der Name Schlierbach kommt vom althochdeutschen Wort "Sliere". Es bedeutet lehmig. Führt der Schlierbach viel Wasser, dann ist es auch heute noch stark eingetrübt. Historische Namensformen waren:

  • Slierbach (770)
  • Slirbach (1122)
  • Slirbach (1267)
  • Slierbach (1276)
  • superior slerbach (1299)
  • Slierbach (1353)
  • Slirbach (1429)
  • Sleerbach (1457)
  • Schlierbach (1490)
  • Schlierbach (1528)
  • Schryllbach (1543)
  • Schlirpach (1577)

Einwohnerentwicklung

Evangelische Kirche von Schlierbach
  • 1829: 380 Einwohner
  • 1939: 308 Einwohner
  • 1961: 427 Einwohner
  • 1970: 446 Einwohner
  • 2007: 652 Einwohner

Kirchengeschichte

Im Jahr 1218 schenkte der Wertheimer Graf Boppo die St. Veits-Kapelle und deren Kirchenpatronat in Schlierbach dem Johanniterorden, der im nahen Mosbach eine Kommende unterhielten. Mutterkirche der Kapelle war die Kirche in Schaafsheim. Kirchliche Mittelbehörde war das Archidiakonat St. Peter und Alexander in Aschaffenburg, Landkapitel Montat. Mit der Reformation in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg wurde der Ort lutherisch. 1810 wurde – unter Verwendung von Mauern der mittelalterlichen Kirche – das Gebäude in klassizistischen Formen neu errichtet.

Wappen

Das Schlierbacher Wappen wurde 1523 vom Hanauer Grafen Philipp V. verliehen. Die Jungfrau Margarethe hält einen Schild mit dem Wappen der Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Durch einen Fehler des Siegelstechers sind die Felder vertauscht. Im Wappenschild sind links oben und rechts unten die Lichtenberger Löwen und rechts oben und links unten die die drei Hanauer Sparren. Das "S" wird auch als Schlierbacher Zeichen auf Grenzsteinen verwendet.

Wirtschaft

Um 1350 ist eine Mühle in Schlierbach belegt. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts sind die Untermühle am Nord- und die Obermühle am Südrand des Dorfes vorhanden. Als dritte Mühle bestand die Straßenmühle einen Kilometer nordwestlich des Ortes.

Schlierbach besitzt keine Industrie. Von den früher sehr zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben bestehen heute nur noch wenige.

Vereine

Das Vereinsleben spielt sich überwiegend beim FSV Schlierbach, dem Gesangverein Liederkranz Schlierbach, der Freiwilligen Feuerwehr Schlierbach und der im Frühjahr 2006 gegründeten Interessengemeinschaft Schlierbach ab.

Weblinks

Literatur

  • Barbara Demandt: Die mittelalterliche Kirchenorganisation in Hessen südlich des Mains = Schriften des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde 29 (1966), S. 149.
  • Siegfried Enders: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland - Kulturdenkmäler in Hessen – Landkreis Darmstadt-Dieburg. Braunschweig 1988, ISBN 3-528-06235-5, S. 507f.
  • Max Herchenröder: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Dieburg. 1940, S. 275f.
  • Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamenbuch. Band 1: Starkenburg. 1937, S. 635ff.
  • Hans Georg Ruppel (Bearb.): Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform = Darmstädter Archivschriften 2. 1976, S. 187.

Einzelnachweise

  1. Urkunde Nr. 3457.
  2. Burg Schlierbach in LAGIS

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