St. Peter und Alexander (Aschaffenburg)

St. Peter und Alexander (Aschaffenburg)
Sicht vom Stiftsplatz.
St. Peter und Alexander.

Die Stiftskirche St. Peter und Alexander ist die älteste Kirche Aschaffenburgs. Otto von Schwaben ließ die Kirche im 10. Jahrhundert an der Stelle eines karolingischen Rechteckbaus errichten. Der Kernbau ist als eine romanische Basilika errichtet worden, weitere Bauabschnitte sind in der Frühgotik gebaut worden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

St. Peter und St. Alexander wurde um 950 durch Herzog Liudolf von Schwaben (Sohn des Kaisers Otto I.) und seine Frau Ida von Schwaben (Tochter des Herzogs Hermann I. von Schwaben) vermutlich zwischen 947 und 957 initiiert, die Zeit vor 954 ist wahrscheinlich, da Liudolf infolge einer Auseinandersetzung mit seinem Vater das Herzogtum in diesem Jahr abgesprochen bekam. Später wurde durch den Sohn des Paares, Otto, Herzog von Schwaben, das Kollegiatstift St. Peter und St. Alexander mit Stiftsschule begründet (974 erwähnt). Ab 975 wurde mit dem Bau der Stiftskirche begonnen.

Mit der Übergabe Aschaffenburgs an Kurmainz durch das Vermächtnis Herzog Ottos (982) kam auch das Stift unter die Obhut des Mainzer Erzbischofs Willigis. Der Aufstieg Aschaffenburgs (Stadtrecht ab 1161) zum Zweitsitz der Mainzer Erzbischöfe und zur späteren Verwaltungshauptstadt ist eng verbunden mit der zunehmenden Bedeutung der Stiftskirche als Hauptkirche des Ortes und der verstärkten Anbindung des Stifts an das Mainzer Domkapitel. Dies erfolgte in mehreren Phasen: Erst durch die Wahl zweier Stiftspröpste auf den Erzbischofsstuhl nach Mainz (Markolf 1141 und Arnold von Selenhofen 1153), später umgekehrt durch die Besetzung des Propstamts ausschließlich aus dem Domkapitel (ab 1262), schließlich wurde ab 1588 der Mainzer Erzbischof automatisch auch Stiftspropst des Kollegiatstifts Aschaffenburg.

Das Kollegiatstift erlangte schnell auch wirtschaftliche Bedeutung, wie aus einer Bestätigungsurkunde über die Besitzungen des Stifts, 1184 ausgestellt durch Papst Lucius III., zu entnehmen ist. Es avancierte als geistliche Macht zum größten Grundbesitzer der Stadt, dem neben 17 Pfarreien noch verschiedene Landgüter, Weinberge und Mühlen gehörten. In seiner Hochzeit lebten bis zu 28 Kanoniker in der Anlage und den zugehörigen Höfen. Im Jahre 1304 kam es zu einem Aufruhr der Aschaffenburger Bürgerschaft, der sich gegen die Abgabefreiheit des Stifts richtete; eine diesbezügliche Klage der Stadt wurde später gerichtlich abgewiesen. Das Stift konnte seine Privilegien weiter ausbauen, unter anderem mit Unterstützung Kaiser Karl IV. (1349).

Während der Reformationsunruhen verlegte Erzbischof Albrecht von Brandenburg seine Residenz von Halle (Saale) nach Aschaffenburg, das Stift wurde zeitweise Teil des Bischofssitzes. Mit der Auflösung von Kurmainz (1801) wurde auch das Stift durch den letzten Erzbischof und späteren Großherzog von Frankfurt, Karl Theodor von Dalberg, 1802 aufgelöst. Die Stiftskirche wurde Stadtpfarrkirche, die Einkünfte aus dem Stiftsvermögen gingen an die Landesuniversität Mainz. Später, nach dem Wiener Kongress (1814), ging das Vermögen als Allgemeiner Schul- und Studienfonds Aschaffenburg an Bayern. Seit 1861 befindet sich im Kapitelhaus das Stiftsmuseum. Der Fonds schenkte 1952 die Anlage der katholischen Pfarrkirchenstiftung. Am 17. Januar 1958 wurde die Kirche durch Papst Pius XII. zur päpstlichen Basilica minor erhoben.

Architektur und Kunst

Das ottonische Kreuz.

In der Architektur des Stifts spiegeln sich unterschiedliche Stilepochen wider, die von den ottonischen, vorromanischen Anfängen bis in das 17. Jahrhundert reichen. Ein Großteil der heutigen Anlage stammt aus dem 12. und 13. Jahrhundert.

Ältester Teil der heutigen Kirche ist das Langhaus mit seinen romanischen Pfeilerarkaden aus dem 12. Jahrhundert. Der romanische Kreuzgang mit 64 Kapitellen wurde 1240 bis 1245 erbaut, er war das geistliche Zentrum des Kollegiatsstifts, das in seiner Blütezeit bis zu 40 Stiftsherren zählte. Auch das Querhaus, der Ostchor sowie West- und Nordwestportal stammen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der Turm mit seinem oktogonalen Oberbau wurde im 15. und 16. Jahrhundert fertiggestellt.

Die Stiftskirche zählt aufgrund ihrer reichhaltigen Ausstattung zu den bedeutendsten regionalen Sakralbauten. Sie wurde 1957 nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut.

Verschiedenes Interieur und mehrere bedeutsame Kunstwerke finden sich in der Stiftskirche und in den durch verschiedene Epochen architektonisch überformten Klosterräumlichkeiten, darunter

  • archäologische Funde aus dem Untermaingebiet von der Steinzeit bis zur Zeit der Kelten, aus römischen Ansiedlungen und aus germanischen Gräberfeldern zur Völkerwanderungszeit,
  • mittelalterliche Bauplastik und Kirchenglocken,
  • Altäre, Skulpturen und Kleinplastik aus Romanik und Gotik, unter anderem ein ottonisches Kruzifix, eine hölzerne Madonna (15. Jahrhundert), gotische Taufsteine, Reliquiare, Monstranzen, Messkelche und Ikonen,
  • Gemälde aus der Werkstatt von L. Cranach
  • das überlebensgroße Kreuz aus dem 10. Jahrhundert, das vermutlich von der Essener Äbtissin Mathilde und dem Erzbischof Willigis von Mainz zum Gedächtnis an Mathildes Bruder Otto von Schwaben gestiftet wurde.
  • Grabdenkmäler von Kanonikern aus dem 16. Jahrhundert,
  • Tafelmalerei der Cranach-Schule, die Albrecht von Brandenburg aus seinem früheren Amtssitz mitbrachte,
  • das älteste Schachbrett Deutschlands, genannt das Aschaffenburger Brettspiel (um 1300).
  • der Margarethenschrein.
Die Beweinung Christi von Matthias Grünewald.

Das Stift beauftragte 1516 den Maler Matthias Grünewald mit der Erstellung von Altargemälden. Bis auf die Beweinung Christi (um 1520), befinden sich die für das Stift geschaffenen Werke heute an anderen Orten, zum Beispiel in der Alten Pinakothek in München. Für rund 150 Jahre wurde in der Stiftskirche auch die Aschaffenburger Dolchmadonna, eigentlich die Darstellung einer Lucretia von Hans Baldung, verehrt.

In den historischen Räumen des Stiftskapitelhauses befindet sich seit 1861 das Stiftsmuseum mit einer umfassenden Sammlung vor- und frühgeschichtlicher Bodenfunde sowie einer Sammlung alter Kirchenkunst aus Aschaffenburg und vom Untermain.

Orgel

Die Orgel stammt aus der Orgelbauwerkstatt Johannes Klais (Bonn). Das Instrument hat 51 Register auf Schleifladen. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen sind elektrisch.[1]

I Positiv C–

1. Bourdon 8′
2. Quintade 8′
3. Praestant 4′
4. Rohrflöte 4′
5. Oktave 2′
6. Waldflöte 2′
7. Larigot 11/3
8. Sesquialter II 22/3
9. Scharff V
10. Dulcian 16′
11. Vox humana 8′
II Hauptwerk C–
12. Bourdon 16′
13. Principal 8′
14. Gamba 8′
15. Octave 4′
16. Hohlflöte 4′
17. Quinte 22/3
18. Superoktave 2′
19. Cornet V 8′
20. Mixtur V
21. Cymbel IV
22. Trompete 8′
23. Clairon 4′
Tremulant
III Schwellwerk C–
24. Pommer 16′
25. Holzprinzipal 8′
26. Rohrflöte 8′
27. Salicional 8′
28. Vox coelestis 8′
29. Principal 4′
30. Querflöte 4′
31. Nasard 22/3
32. Octavin 2′
33. Terz 13/5
34. Sifflet 1′
35. Plein jeu V
36. Fagott 16′
37. Trompette 8′
38. Hautbois 8′
Tremulant
Pedal C–
39. Untersatz 32′
40. Principal 16′
41. Kontrabaß 16′
42. Subbaß 16′
43. Octave 8′
44. Flöte 8′
45. Pommer 8′
46. Tenoroctave 4′
47. Nachthorn 2′
48. Hintersatz V
49. Posaune 16′
50. Zinke 8′
51. Schalmey 4′

Glocken

Die älteste Glocke des Geläutes ist aus dem 14. Jahrhundert, die neuesten sind von 2005. Im Jahre 2005 wurde von der Gießerei Perner aus Passau ein Zimbelgeläut auf das Geläut gesetzt, welches dem Geläut eine besondere Gesamtausstrahlung gibt. Alle Glocken sind in schweren Rippen konstruiert.

Nr. Name Nominal Gewicht
(kg)
Gießer Gussjahr
1 Sankt Peter und Alexander c1 2800 Schilling, Heidelberg 1955
2 Sankt Martin es1 1400 Schilling, Heidelberg 1955
3 Gloriosa f1 1000 Unbekannt 14. Jahrhundert
4 Pacem in Terris g1 700 Perner, Passau 2004
5 Sankt Pius X. as1 600 Schilling, Heidelberg 1955
6 Sankt Josef b1 400 Schilling, Heidelberg 1955
7 Sankt Maria c2 300 Schilling, Heidelberg 1955
8 Sankt Jacobus und Johannes as2 148 Perner, Passau 2005
9 Sankt Andreas und Allerheiligen b2 105 Perner, Passau 2005
10 Allerseelen c3 72 Perner, Passau 2005

Marginalie

Im Jahre 976 soll der damalige Kantor Gozmar an der Stiftsschule versehentlich einen Schüler mit einer Schreibtafel erschlagen haben.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zur Klais-Orgel
49.9736111111119.1463888888889

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