Grafschaft Hanau-Lichtenberg

Grafschaft Hanau-Lichtenberg
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Territorium im Heiligen Römischen Reich

Hanau-Lichtenberg
Wappen
Blason du comté de Hanau-Lichtenberg.svg
Entstanden aus 1456: Teilung der Grafschaft Hanau,
1480: Anfall der Herrschaft Lichtenberg,
1570: Anfall von Zweibrücken-Bitsch
Herrschaftsform Grafschaft
Herrscher/Regierung Graf
Heutige Region/en FR-67/FR-57/DE-RP
Reichskreis Oberrheinischer Reichskreis
Hauptstädte/Residenzen Babenhausen, Buchsweiler
Dynastien Grafen von Hanau-Lichtenberg
Konfession/Religionen römisch-katholisch, ab 16. Jh.: lutherisch
Sprache/n deutsch
Aufgegangen in 1736: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt,
1736: Landgrafschaft Hessen-Kassel

Die Grafschaft Hanau-Lichtenberg war ein Territorium des Heiligen Römischen Reiches. Sie entstand 1456–80 aus einem Teil der Grafschaft Hanau und der halben Herrschaft Lichtenberg. Nach dem Aussterben der Grafen von Hanau-Lichtenberg 1736 fiel sie an Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel. Ihr Zentrum lag im unteren Elsass mit der Hauptstadt Buchsweiler.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung der Grafschaft

Die Lichtenberger Erbschaft

1452 starb nach nur einjähriger Regierungszeit Graf Reinhard III. von Hanau (* 1412; † 1452). Erbe war sein erst vier Jahre alter Sohn Philipp I., der Jüngere (* 1449; † 1500). Aus Sorge um den Fortbestand der Dynastie einigten sich die Verwandten und andere wichtige Entscheidungsträger der Grafschaft, das Primogeniturstatut der Familie von 1375, eines der ältesten in Deutschland, nicht anzuwenden und dem Onkel des Erben und Bruder des verstorbenen Reinhard III., Philipp I. dem Älteren (* 1417; † 1480), das Amt Babenhausen aus dem Bestand der Grafschaft Hanau als eigene Grafschaft zukommen zu lassen. Diese Ausstattung ermöglichte ihm eine standesgemäße Heirat und das Zeugen erbberechtigter Nachkommen, und erhöhte so die Sicherheit für den weiteren Bestand des Grafenhauses. Philipp I. der Ältere nannte sich nun von Hanau-Babenhausen.

Philipp d. Ä. heiratete 1458 Anna von Lichtenberg (* 1442; † 1474), eine der beiden Erbtöchter Ludwigs V. von Lichtenberg (* 1417; † 1474). Nach dem Tod des letzten Lichtenbergers, Ludwigs Bruder Jakob von Lichtenberg, erhielt Philipp I. d. Ä. 1480 die Hälfte der Herrschaft Lichtenberg im unteren Elsaß mit der Hauptstadt Buchsweiler. Hieraus entstand die Linie und Grafschaft Hanau-Lichtenberg. Sein Neffe Philipp I. (der Jüngere) von Hanau und dessen Nachkommen nannten sich in Unterscheidung dazu künftig „Grafen von Hanau-Münzenberg“.

Burg Lichtenberg nach einem Stich von Merian
Schloss Buchsweiler

Die Zweibrücker Erbschaft

1570 kam es zum nächsten großen Erbfall. Graf Jakob von Zweibrücken-Bitsch (* 1510; † 1570) und sein schon 1540 verstorbener Bruder Simon V. Wecker hinterließen nur jeweils eine Tochter. Die Tochter von Graf Jakob, Margarethe (*1540; † 1569), war mit Philipp V. von Hanau-Lichtenberg (* 1541; † 1599) verheiratet. Zu dem Erbe zählten die zweite, nicht bereits durch Hanau-Lichtenberg regierte, Hälfte der Herrschaft Lichtenberg, die Grafschaft Bitsch und die Herrschaft Ochsenstein. Die Grafschaft Bitsch und das Amt Lemberg waren Lehen des Herzogtums Lothringen.

Zunächst entspann sich nach dem Erbfall ein Streit zwischen den Ehemännern der beiden Cousinen, Graf Philipp I. von Leiningen-Westerburg und Graf Philipp V. von Hanau-Lichtenberg [1]. Letzterer konnte sich zwar gegen Philipp I. durchsetzen, machte sich aber durch die sofortige Einführung der Reformation mit lutherischem Bekenntnis das mächtige und katholische Herzogtum Lothringen zum Feind. Dieses zog die Lehen daraufhin ein. Im Juli 1572 besetzten lothringische Truppen die Grafschaft. Da Philipp V. der lothringischen Übermacht nicht gewachsen war, wählte er den Rechtsweg. Beim Prozess vor dem Reichskammergericht konnte sich Lothringen aber darauf berufen, dass zum einen erhebliche Gebiete von Zweibrücken-Bitsch 1302 von Lothringen ertauscht worden waren und dass zum anderen die Leininger Grafen 1573 ihre Erbansprüche an Lothringen verkauft hatten.

Erst 1604 und 1606 kam es zu einer vertraglichen Regelung zwischen Hanau-Lichtenberg und Lothringen. Sie beinhaltete eine Teilung: Die Grafschaft Bitsch fiel an Lothringen zurück, und das Amt Lemberg kam an Hanau-Lichtenberg. Das entsprach in etwa auch den konfessionellen Gegebenheiten der Territorien.

Wappen

1626 führte Hanau-Lichtenberg folgendes Wappen: Gevierteilter Schild: 1. In Gold drei rote Sparren der Grafen von Hanau, 2. In Gold der rote Löwe der Grafen von Zweibrücken, 3. In Silber ein schwarzer Löwe, rot gerahmt, der Herren von Lichtenberg, 4. In Rot zwei silberne Balken der Herrschaft Ochsenstein, darüber gelegt ein roter Mittelschild, golden gerahmt, für Bitsch.

Vereinigung mit Hanau-Münzenberg

Johann Reinhard III. von Hanau-Lichtenberg

1642 starben die Grafen von Hanau-Münzenberg in der männlichen Linie aus. In Hanau-Lichtenberg regierte zu dieser Zeit der erst neunzehnjährige Graf Friedrich Casimir (* 1623; † 1685). Noch herrschte der Dreißigjährige Krieg, die Verwandtschaftsbeziehung zu dem verstorbenen letzten Hanau-Münzenberger war nur weitläufig, und der Herrschaftsantritt war keineswegs gesichert. Auf Schleichwegen und inkognito wurde Graf Friedrich Casimir von seinem Vormund, Freiherr Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl (* 1588; † 1644), nach Hanau gebracht. Dort musste er zunächst dem Patriziat der Neustadt eine Reihe von Zugeständnissen vertraglich zusichern, bevor er die Herrschaft antreten konnte. Dazu zählte vor allem die Religionsfreiheit für die reformierte Konfession, die „Staatsreligion“ in Hanau-Münzenberg, denn Hanau-Lichtenberg war lutherisch geblieben und Friedrich Casimir war selbst Lutheraner. Im folgenden Jahr gelang es mit Hilfe der Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel (* 1602; † 1651), einer geborenen Gräfin von Hanau-Münzenberg, die Ansprüche des Grafen Friedrich Casimir auch gegenüber dem Erzbischof von Mainz durchzusetzen. Im Gegenzug dazu schloss er mit der Landgräfin einen Erbvertrag des Inhalts, dass, sollte das Haus Hanau aussterben, Hanau-Münzenberg an Hessen-Kassel fallen solle. 1647 heiratete Friedrich Casimir die zwanzig Jahre ältere Witwe seines Hanau-Münzenberger Vorgängers, Sibylle Christine von Anhalt-Dessau (* 1603; † 1686). Der Schritt war wohl durch die prekäre Finanzlage der Grafschaft notwendig geworden, denn er ersparte die Dotation für die Gräfin-Witwe. Die Ehe blieb kinderlos.

1680 fielen die im Elsass gelegenen Teile der Grafschaft unter die Oberhoheit Frankreichs.

Das Erbe des kinderlos verstorbenen Grafen Friedrich Casimir fiel an die beiden Söhne seines Bruders Johann Reinhard II. (* 1628; † 1666): Graf Philipp Reinhard (* 1664; † 1712) erhielt Hanau-Münzenberg und Graf Johann Reinhard III. (* 1665; † 1736) Hanau-Lichtenberg. Die Grafschaft Hanau-Lichtenberg war damit wieder selbstständig. Als Philipp Reinhard ohne direkte Erben starb, erbte sein Bruder Johann Reinhard III. auch den Hanau-Münzenberger Landesteil, und die Grafschaft Hanau wurde nochmals vereinigt.

Nachfolge

1736 starb mit Johann Reinhard III. der letzte männliche Vertreter des Hauses Hanau. Aufgrund des Erbvertrags von 1643 fiel der Hanau-Münzenberger Landesteil an Hessen-Kassel, aufgrund der Ehe der einzigen Tochter des letzten Hanauer Grafen, Charlotte (* 1700; † 1726), mit dem Erbprinzen Ludwig (VIII.) (* 1691; † 1768) von Hessen-Darmstadt die Grafschaft Hanau-Lichtenberg nach dort. Jahrzehntelang umstritten blieb zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt die Zugehörigkeit des Amtes Babenhausen zum Münzenberger oder Lichtenberger Erbteil. Dieser Streit wurde erst nach 40 Jahren durch eine Realteilung beigelegt.

1803 kam das inzwischen so genannte Hanauerland rechtsrheinisch an das Großherzogtum Baden, linksrheinisch zum größten Teil an Frankreich. Nur das Gebiet um Pirmasens fiel 1815 an Bayern.

Literatur

  • Reinhard Dietrich: Die Landesverfassung in dem Hanauischen. Die Stellung der Herren und Grafen in Hanau-Münzenberg aufgrund der archivalischen Quellen. Selbstverlag des Hanauer Geschichtsvereins, Hanau 1996, ISBN 3-9801933-6-5 (Hanauer Geschichtsblätter 34).
  • Hans-Walter Herrmann: Die Grafschaft Zweibrücken-Bitsch. In: Hans-Walter Herrmann, Kurt Hoppstädter (Hrsg.): Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes. Band 2: Von der fränkischen Landnahme bis zur französischen Revolution. Historischer Verein für die Saargegend, Saarbrücken 1977, ISBN 3-921870-00-3, S. 323–332 (Mitteilungen des Historischen Vereins für die Saargegend NF 4).
  • Johann Georg Lehmann: Urkundliche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg. 2 Bände. Schneider, Mannheim 1862 (Neudruck: Zeller, Osnabrück 1974).
  • Timotheus Wilhelm Röhrich: Mittheilungen aus der Geschichte der evangelischen Kirche des Elsasses. Band 2: Evangelische Zeitbilder, und die Kirche der Väter unter dem Kreuz. Treuttel und Würtz, Straßburg u. a. 1855, S. 58–97: „Wie die elsässische Herrschaft Hanau-Lichtenberg evangelisch wurde“.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Zimmerische Chronik, Band 2, S. 251 [1].

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