- Oberamt Riedlingen
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Das Oberamt Riedlingen war ein württembergischer Verwaltungsbezirk (auf beigefügter Karte #44), der 1934 in Kreis Riedlingen umbenannt wurde und 1938 größtenteils im Landkreis Saulgau aufging. Allgemeine Bemerkungen zu württembergischen Oberämtern siehe Oberamt (Württemberg).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im seit dem Mittelalter zum Einflussbereich der Habsburger zählenden Raum Riedlingen verteilte sich die Landeshoheit um 1800 auf viele Herren. Einzelne Orte, wie die Stadt selbst, standen unmittelbar unter österreichischer Hoheit, daneben gab es landständische Herrschaften, Gebiete von Reichsklöstern und Rittergüter. Mit der Säkularisation der Klöster begannen die Umwälzungen der napoleonischen Zeit. Württemberg erhielt 1803 vom Reichsdeputationshauptschluss die Klöster Zwiefalten und Heiligkreuztal zugesprochen und errichtete dort jeweils ein neuwürttembergisches Oberamt. Kloster Marchtal sowie Stadt und Stift Buchau fielen an das Haus Thurn und Taxis, das – im Gegensatz zu Württemberg – über beträchtlichen Altbesitz in der Region verfügte. 1805 brachte der Friede von Pressburg die vorderösterreichischen Territorien unter die Hoheit Württembergs, das sich im folgenden Jahr auch die per Rheinbundakte mediatisierten Besitzungen des Fürsten von Thurn und Taxis sowie einige Rittergüter einverleiben konnte. Dem 1807 gebildeten Oberamt Riedlingen gliederte man sogleich das kurzlebige Oberamt Heiligkreuztal und die ehemaligen Herrschaften Dürmentingen, Neufra, Grüningen und Wilflingen ein, dazu kam als einziger altwürttembergischer Ort Pflummern. Bis 1810 kamen von den Oberämtern Biberach und Zwiefalten weitere Orte hinzu.
Der von 1818 bis 1924 dem Donaukreis zugeordnete Bezirk grenzte an die württembergischen Oberämter Ehingen, Biberach, Münsingen, Waldsee und Saulgau sowie an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen (ab 1850 preußischer Regierungsbezirk Sigmaringen). Er schloss zwei Enklaven ein: Nonnenweiler gehörte zum Oberamt Saulgau, Langenenslingen und Billafingen zu Hohenzollern. Der Ort Burgau war württembergisch-hohenzollerisches Kondominium.
Ehemalige Herrschaften
1813, nach Abschluss der Gebietsreform, setzte sich der Bezirk aus Bestandteilen zusammen, die im Jahr 1800 zu folgenden Herrschaften gehört hatten:
- Vorderösterreich
Zur Landvogtei Schwaben gehörte die Stadt Riedlingen mit den dem städtischen Gericht unterstellten Orten Möhringen, Aderzhofen und Erisdorf. Das Kloster Heiligkreuztal war vorderösterreichischer Landstand, sein Gebiet umfasste Andelfingen, Beuren, Binzwangen, Ertingen, Friedingen, Hundersingen und Waldhausen. Oggelshausen und Tiefenbach zählten zur unter österreichischer Lehns- und Landeshoheit stehenden Herrschaft Warthausen des Grafen von Stadion. - Herzogtum Württemberg
Unter württembergischer Landeshoheit stand das an den Freiherrn von Schütz-Pflummern verliehene Dorf Pflummern. - Fürstenberg, Herrschaft Neufra: Neufra, Dietelhofen, Emerfeld, Uigendorf, Burgau zum Teil. Der andere Teil von Burgau gehörte zum Oberamt Ostrach der Reichsabtei Salem, fiel 1803 an Thurn und Taxis und 1806 an Hohenzollern-Sigmaringen.
- Thurn und Taxis
Das Fürstenhaus hatte im 18. Jahrhundert verschiedene Besitzkomplexe erworben:- Grafschaft Friedberg-Scheer, dazu gehörten Braunenweiler, Groß- und Kleintissen, Marbach,
- Herrschaften Dürmentingen und Bussen, mit Altheim, Hailtingen, Offingen und Unlingen,
- Rittergüter Göffingen und Heudorf.
- Reichsstadt Buchau
- Reichsabtei Marchtal: Alleshausen, Bischmannshausen, Dietershausen, Dieterskirch, Hausen, Ober- und Unterwachingen, Reutlingendorf, Sauggart, Uttenweiler.
- Reichsabtei Zwiefalten: Bechingen, Daugendorf, Dürrenwaldstetten, Ittenhausen, Mörsingen, Upflamör, Zell.
- Reichsstift Buchau: Betzenweiler, Dürnau, Kanzach, Kappel, Moosburg, Streitberg.
- Reichsritterschaft
Beim Ritterkanton Donau der schwäbischen Ritterschaft waren immatrikuliert:- Wilflingen und Egelfingen (Graf Schenk von Stauffenberg),
- Grüningen (Freiherr von Hornstein),
- Zwiefaltendorf (Freiherr von Speth).
Der zur Mitte des 18. Jahrhunderts rund 1100 ha große Federsee war Kondominium der drei Seeherrschaften Marchtal, Stadion-Warthausen und Stadt Buchau.
Gemeinden
Einwohnerzahlen 1827
Folgende Schultheißenämter bzw. Gemeinden waren 1828 dem Oberamt unterstellt:
Nr. frühere Gemeinde Einwohner
evang.1827
kath.heutige Gemeinde 1 Riedlingen 19 1701 Riedlingen 2 Alleshausen mit Brasenberg – 566 Alleshausen 3 Altheim – 821 Altheim 4 Andelfingen – 715 Langenenslingen 5 Bechingen – 160 Riedlingen 6 Betzenweiler mit Bischmannshausen,
Brackenhofen, Moosburg, Wolfartsmühle– 546 Betzenweiler 7 Beuren mit Dollhof 9 272 Mengen 8 Binswangen mit Landauhof – 656 Ertingen 9 Braunenweiler mit Michelshof
und Ziegelhof1 315 Bad Saulgau 10 Buchau
5
542 Juden1182
Bad Buchau
11 Daugendorf – 439 Riedlingen 12 Dietelhofen – 202 Unlingen 13 Dietershausen mit Dobel – 214 Uttenweiler 14 Dieterskirch – 168 Uttenweiler 15 Dürmentingen mit Fasanenhof
und Seelenhof– 640 Dürmentingen 16 Dürnau 1 306 Dürnau 17 Dürrenwaldstetten mit Ohnhülben 18 125 Langenenslingen 18 Egelfingen – 107 Langenenslingen 19 Emerfeld – 159 Langenenslingen 20 Erisdorf – 324 Ertingen 21 Ertingen – 1704 Ertingen 22 Friedingen – 367 Langenenslingen 23 Göffingen – 210 Unlingen 24 Großtissen mit Kleintissen – 241 Bad Saulgau 25 Grüningen – 322 Riedlingen 26 Hailtingen – 332 Dürmentingen 27 Hausen – 159 Hausen am Bussen 28 Heiligkreuzthal 10 245 Altheim 29 Heudorf mit Burgau – 311 Dürmentingen 30 Hundersingen 9 767 Herbertingen 31 Ittenhausen mit Ensmad – 203 Langenenslingen 32 Kanzach mit Vollochmühle, Vollochhof – 344 Kanzach 33 Kappel mit Bruckhof 119 Juden 453 Bad Buchau 34 Marbach mit Stettberghof 1 492 Herbertingen 35 Möhringen mit Aderzhofen – 278 Unlingen 36 Mörsingen mit Upflamör – 295 Zwiefalten 37 Neufra – 596 Riedlingen 38 Oberwachingen mit Schupfenberg – 131 Uttenweiler 39 Offingen mit Bussen und Dentingen – 580 Uttenweiler 40 Oggelshausen – 451 Oggelshausen 41 Pflummern mit Teutschhof 503 34 Riedlingen 42 Reutlingendorf – 251 Obermarchtal 43 Sauggart – 298 Uttenweiler 44 Seekirch mit Oedenalen – 177 Seekirch 45 Tiefenbach mit Streitberg – 330 Tiefenbach 46 Uigendorf – 367 Unlingen 47 Unlingen – 963 Unlingen 48 Unterwachingen – 128 Unterwachingen 49 Uttenweiler mit Minderreuti – 1070 Uttenweiler 50 Waldhausen – 145 Altheim 51 Wilflingen – 381 Langenenslingen 52 Zell – 131 Riedlingen 53 Zwiefaltendorf – 352 Riedlingen Zusammen
576
661 Juden22854
Änderungen im Gemeindebestand seit 1813
Nachdem die Verfassung von 1819 und das Verwaltungsedikt von 1822 die Grundlage für die kommunale Selbstverwaltung bereitet hatten, konstituierten sich aus den „Schultheißereien“ die Gemeinden im modernen Sinne. Dem Streben kleinerer Orte nach Selbständigkeit stand eine restriktive Auslegung der Verwaltungsvorschriften entgegen. Sinn der Bestimmung, dass eine Gemeinde mindestens 500 Einwohner haben solle, war es, eine Zersplitterung bestehender Gemeinden zu verhindern. Vor allem in den Oberämtern Münsingen und Riedlingen wurden aber, unter Verweis auf diese Regel, bislang getrennte Schultheißereien zu einer Gemeinde zusammengefasst, bis ein Erlass der Kreisregierung für Klarheit sorgte und diese Praxis beendete. Als Konsequenz wurden Bechingen, Dietershausen, Oberwachingen, Seekirch und Unterwachingen 1828 zu selbständigen Gemeinden erhoben.
1834 wurde der Seelenhof von Dürmentingen nach Kanzach umgemeindet.
1837 wurde Upflamör von Mörsingen getrennt und zur selbständigen Gemeinde erhoben.
1842 wurden die Gemeinden Braunenweiler und Großtissen vom Oberamt Riedlingen zum Oberamt Saulgau versetzt.
1856 wurde der Dollhof von Beuren nach Heiligkreuztal umgemeindet.
1873 wurde Moosburg von Betzenweiler getrennt und zur selbständigen Gemeinde erhoben.
1877 wurde der Henauhof, der bis etwa 1860 zu Buchau, dann zu Kappel gehört hatte, endgültig Buchau zugeteilt.
1932 wurde Aderzhofen von Möhringen nach Offingen umgemeindet.
1934 wurde Burgau (württembergischer Teil) von Heudorf nach Dürmentingen umgemeindet. (Erst 1969 erfolgte die Vereinigung der ehemals hohenzollerischen bzw. preußischen Gemeinde Burgau mit dem württembergischen Teil Burgaus als nunmehr gemeinsamer Ortsteil der Gemeinde Dürmentingen.)
Amtsvorsteher
- 1809–1810: Johann Franz von Hirrlinger (1770–?) als Amtsverweser
- 1810–1810: Joseph von Steinkühl (?)
- 1810–1811: Ernst Friedrich Märklin (1771–?)
- 1811–1826: Georg Fidel Bäuerle (1775–1847)
- 1826–1850: Karl Hieronimus Friedrich von Lang (1792–?)
- 1850–1853: August Ludwig Vogel (1812–?)
- 1853–1857: Nonus von Bailer (1820–1892)
- 1858–1864: Oswald Bockmayer (1820–1869)
- 1864–1870: Andreas von Rath (1823–1894)
- 1870–1888: Karl Schnitzler (1823–1893)
- 1888–1899: Max Theodor Fischer (1837–1899)
- 1899–1914: Josef Baur (1857–1927)
- 1914–1921: Ernst Robert Heinrich Wiegandt (1856–1926)
- 1921–1925: Hugo Hodrus (1875–1925)
- 1925–1926: Karl Götz (1875–1935)
- 1926–1932: Alfred Chormann (1882–1957)
- 1932–1937: Josef Kuhnle (1892–?)
Literatur
- Johann Daniel Georg von Memminger (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Riedlingen. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1827. Reprint Bissinger, Magstadt 1972, ISBN 3-7644-0004-8 (Die württembergischen Oberamtsbeschreibungen, Band 4)
- Württ. Statist. Landesamt (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Riedlingen. Neubearbeitung. Stuttgart 1923
- Wolfram Angerbauer (Red.): Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg 1810 bis 1972. Theiss, Stuttgart 1996, ISBN 3-8062-1213-9.
Weblinks
Wikisource: Beschreibung des Oberamts Riedlingen – Quellen und Volltexte- Bestand Wü 65/28 des Staatsarchivs Sigmaringen (Akten des Oberamts Riedlingen)
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