Josef (Patriarch)

Josef (Patriarch)
Israel-Karte von 1695

Zwölf Stämme Israels

Josef (auch Joseph), hebr.יוֹסֵף‎, ist im Tanach der zweitjüngste Sohn Jakobs, des Stammvaters der Israeliten. Die Josefserzählung (Gen 37,ff EU) erzählt seine Geschichte und stellt den Übergang von den Vätergeschichten im 1. Buch Mose zur Geschichte Israels im 2. Buch Mose her, die mit der Erwählung Moses beginnt. Die gleiche Geschichte findet sich teilweise wörtlich als zehnseitiger Abschnitt in der zwölften Sure des Korans wieder. Die gesamte zwölfte Sure ist Yusuf gewidmet.

Inhaltsverzeichnis

Josefsüberlieferung

Josef war vor Benjamin einer von zwei Söhnen, die Jakob mit Rachel hatte. Geboren wurde er wie seine zehn älteren Halbbrüder in Harran (heute die Altstadt der Provinzhauptstadt Urfa in der Türkei). Sein Name leitet sich ab von der hebräischen Zeitform יְהוֹסִיף, yəhossif, „er fügt hinzu“, denn in dem Moment, als seine Mutter Rachel ihn gebar, rief sie aus: „Gott fügt mir noch einen Sohn hinzu.“

Schon in der Kindheit entdeckte Josef seine Gabe, Träume zu deuten, und wandte sie bei seinem Vater an. Weil er seinem Vater der liebste Sohn war, schenkte dieser ihm einen wunderschönen Rock. Dies brachte seine zehn Halbbrüder gegen ihn auf. Zu diesem Zeitpunkt war Josef etwa 17 Jahre alt. Ohne Wissen des Vaters warfen sie ihn in eine Zisterne und verkauften ihn bei erstbester Gelegenheit an ismaelitische Sklavenhändler, die ihn an Potifar weiterverkauften, den Oberaufseher der Leibwache und Kämmerer des Pharao in Ägypten.

Friedrich Overbeck: Verkauf Josephs an die ägyptischen Händler, Freskenzyklus der Casa Bartholdy, Berlin, Alte Nationalgalerie (1816-17)
Joseph wird von Potiphars Frau verklagt (Rembrandt van Rijn, 1655).

Potifars Frau verliebte sich in den schönen Josef, wollte ihn verführen, wurde aber von dem keuschen Josef abgewiesen. Verschmäht und um sich zu rächen, verklagte sie Josef des Übergriffes, den er nicht begangen hatte. Josef kam ins Gefängnis. Dort deutete er zwei Gefangenen, dem Mundschenk und dem Bäcker des Pharao, ihre Träume. Jahre später wurde er auf Anraten des Mundschenks, der schon lange wieder frei war, aus dem Gefängnis zum Pharao gerufen, um ihm einen ungewöhnlichen Traum zu deuten. Josef erklärte, dass Ägypten sieben reiche, landwirtschaftlich ertragsreiche Jahre bevorstünden und sieben magere. Ägyptens Verwaltung konnte, durch diese Weissagung gewarnt, vorsorgen und Getreide lagern. Der Pharao ernannte den weitsichtigen Josef zum obersten Verwalter und zu seinem Stellvertreter. Er erhielt den Ehren-Namen Zafenat-Paneach. Um sein Glück voll zu machen, verheiratete der Pharao Josef mit Asenath, der Tochter des Hohenpriesters Potifera von On. On ist ein alter Name für Heliopolis, die Stadt, wo der ägyptische Sonnengott verehrt und angebetet wurde. Josef wurde also zum Schwiegersohn des Sonnenpriesters. Asenath gebar Josef zwei Söhne: Manasse und Ephraim. Josefs Vater Jakob beanspruchte diese Söhne kurz vor seinem Tod für sich selbst, als seine eigenen.

„Jetzt sollen deine beiden Söhne, die dir in Ägypten geboren wurden, bevor ich zu dir nach Ägypten kam, mir gehören. Ephraim und Manasse sollen mir soviel gelten wie Ruben und Simeon. Die Nachkommen aber, die du erst nach ihnen gezeugt hast, sollen dir gehören; nach dem Namen ihrer Brüder soll man sie in ihrem Erbteil benennen.“

Genesis 48, 5-7, Einheitsübersetzung

Aus dem Sklaven von einst war ein Mächtiger geworden.

Als die angekündigte Dürre eingetreten war, machten sich die Bewohner der Nachbarländer auf, um in Ägypten Getreide zu kaufen, darunter auch Josefs Brüder. Josef, der sie erkannte, sie ihn jedoch nicht, trieb mit seinen ehemals feindseligen Brüdern erst einmal Schabernack. Er behielt Simeon im Kerker zurück und schickte die übrigen Brüder mit soviel Getreide, wie sie wollten, wieder heim. Erst wenn sie auch den jüngsten der Brüder, Benjamin, der nicht mitgekommen war, zu ihm brächten, würde er Simeon wieder freigeben. Jakob, der Vater, ließ nach vielem Zureden seinen jüngsten Sohn Benjamin mit den Brüdern nach Ägypten. Josef hielt Wort und schenkte den Brüdern reichlich Getreide. Als sie jedoch nach Hause aufbrachen, beschuldigte Josefs Hausverwalter die Brüder, seinen Herrn bestohlen zu haben. Und tatsächlich, in Benjamins Sack fand sich der silberne Becher Josefs. Dieser drohte nun, den Jüngsten ins Gefängnis zu werfen, doch die Brüder setzten sich für ihn ein und beteuerten seine Unschuld. Als die Brüder vor Verzweiflung weder aus noch ein wussten, gab sich Josef zu erkennen und versöhnte sich mit seinen einstigen Peinigern. Er ordnete an, dass sein Vater Jakob und sein Gefolge, der Stamm der Hebräer, nach Ägypten kommen solle. Hier verbrachte Jakob seine letzten Jahre. Vor seinem Tod segnete Jakob die Söhne von Josef und Asenath, Manasse und Ephraim, wobei er den jüngeren Ephraim vor Manasse setzte und sagte, dass Israel mit seinem Namen segnen werde und sagen: Gott mache dich wie Ephraim und Manasse. Josef selbst soll 110 Jahre alt geworden sein, als er in Ägypten starb. Man balsamierte ihn ein und legte ihn in Ägypten in einen Sarg.

Ca. 500 Jahre später wurden seine sterblichen Reste in seinem Sarg beim Auszug der Israeliten von Moses aus Ägypten mitgenommen. Nach biblischer Erzählung (Jos 24,32 EU) wurde Josef in Sichem auf einem Stück Feld begraben, das Josefs Vater Jakob seinerzeit gekauft hatte.

Wirkungsgeschichte

Friedrich Overbeck: Die sieben mageren Jahre, Freskenzyklus der Casa Bartholdy, Berlin, heute Alte Nationalgalerie (1816-17)

Auffällig ist die thematische Verwandtschaft der Geschichte von Josef und der Frau des Potiphar mit dem ägyptischen Zweibrüdermärchen, das zwischen 1330 und 1200 v. Chr. entstanden ist, sowie dem Phaidra-Stoff der griechischen Mythologie.

Im Islam ist Josef der Prophet Yusuf, dessen Geschichte im Koran beschrieben wird (Sure Yusuf).[1]

bildende Kunst

In der christlichen Welt wurde die Geschichte Josefs oft typologisch als alttestamentarische Entsprechung von Jesus von Nazaret verstanden. Das Bild, wie die Brüder Josef in den Brunnen werfen, wurde in der Ikonografie oft als Bild der Taufe verstanden. Die Darstellung der Geschichte Josefs in der Bildenden Kunst findet sich nur vereinzelt ab dem 4. Jahrhundert. Zwei Chorfenster des Erfurter Doms aus dem Jahre 1390 gehören zu den bedeutendsten mittelalterlichen Darstellungen. Mehrere Ereignisse der Josefs-Geschichte wurden auch durch Rembrandt van Rijn aufgegriffen. Im 19. Jahrhundert entstand ein umfangreicher Freskenzyklus durch die Nazarener Peter von Cornelius, Friedrich Overbeck, Wilhelm von Schadow und Philipp Veit, die sogenannten Fresken der Casa Bartholdy, die auf Putz aufgemalt, später abgetragen wurden und heute in der Alten Nationalgalerie in Berlin in der Originalaufhängung von 1879 zu sehen sind. Marc Chagall griff die alttestamentliche Erzählung im 20. Jahrhundert auf.

Literatur

In der Frühen Neuzeit verfasste Hugo Grotius zur Josephsgeschichte eine Tragödie mit dem Titel Sophompaneas, nachdem Daniel Heinsius in seiner Abhandlung De Tragoediae Constitutione (Über den Bau der Tragödie, 1611, 2. Aufl. 1643) von dem Stoff gesagt hatte, dass er ihn zu Tränen rühre.

Die literarisch bedeutendste Umsetzung des Josef-Stoffes schuf Thomas Mann mit der Roman-TetralogieJoseph und seine Brüder“; aber auch die dramatische Bearbeitung des Stoffes durch den türkischen Dichter Nazim Hikmet Joseph in Egyptenland gilt als Schauspiel von internationalem Rang, wurde allerdings in Westdeutschland kaum bekannt.

Herr Joseph und Frau Potiphar ist eine Ballade von Georg Weerth, In der Bar zum Krokodil (1927) ist ein Couplet zum selben Thema von Fritz Löhner-Beda, vertont von Willy Engel-Berger

Theater, Film, Ballett

Ein Ballett schrieb Richard Strauss (1864-1949), Josephslegende op.63, für Sergei Diaghilevs Ballets Russes in Paris. Hugo von Hofmannsthal entwarf zusammen mit Harry Graf Kessler das Libretto dazu.

In neuerer Zeit nahm sich Andrew Lloyd Webber in seinem Musical Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat des Themas an.

1982 griff der deutsche Filmproduzent Curt Linda in Shalom Pharao das Thema auf.

1995 verfilmte US-Regisseur Roger Young im Rahmen der TV-Reihe „Die Bibel“ Josefs Lebensgeschichte, mit Ben Kingsley als Potifar, Paul Mercurio als Josef, Martin Landau als Jakob und Lesley Ann Warren in der Rolle von Potifars Frau (Die Bibel – Josef). Der zweiteilige dreistündige Film erhielt den Emmy als Bester Film und Ben Kingsley den Emmy für den Besten Männlichen Nebendarsteller.


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Literatur

Fußnoten

  1. deutsche Übersetzung

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