Johann Georg Neidhardt

Johann Georg Neidhardt

Johann Georg Neidhardt (* um 1680 in Bernstadt, Schlesien; † 1. Januar 1739 in Königsberg) war ein Organist, Komponist und Theoretiker der Barockzeit.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Neidhardt studierte an den Universitäten in Wittenberg, Jena und Königsberg, und nahm Unterricht bei Johann Nikolaus Bach. 1720 wurde er Hofkapellmeister in Königsberg.

Werk

Von seinen musikalischen und literarischen Werken ist wenig überliefert. Es sind vor allem seine Schriften zur musikalischen Stimmung, die zu seiner musikgeschichtlichen Bedeutung beigetragen haben.

Neidhardt propagiert dort mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit uneingeschränkter Transpositionsmöglichkeiten in alle Tonarten eine sogenannte "gleichschwebende Temperatur". Zuspruch hierin erhielt er unter anderem von Johann Kuhnau und Johann Mattheson, wurde jedoch von Andreas Werckmeister kritisiert, der die individuellen Charaktere der Tonarten, wie sie bei den älteren Stimmungssystemen (mitteltönige und wohltemperierte Stimmung) existieren, für wichtiger hielt und die Einebnung dieser Charaktere durch die gleichstufige Temperatur bemängelte.

Im Laufe der Jahre schlug Neidhardt verschiedene Temperaturmodelle ("für eine große Stadt", "für eine kleine Stadt", "für das Dorf") vor, die dem örtlichen Qualitätsstandard und den musikalischen Fähigkeiten der Musiker entsprechend angepasst werden sollten. Neidhardt forderte, ausgehend vom geringsten Standard in den Dorfkirchen, kompromisslos den Einsatz der gleichstufigen Temperatur in der Hofmusik.

Rezeption

Die von Neidhardt 1724 veröffentlichte Stimmung "für eine große Stadt" wurde bei der Temperierung der Trost- Orgel in der Schlosskirche Altenburg 1736–1739 angewandt und auch bei der Restaurierung 1974–1976 wieder verwendet. Der Orgelbau des späten 20. Jahrhunderts kennt weitere Beispiele, bei denen bei Restaurierungen historischer Instrumente oder bei Neubauten im historischen Stil solche Temperierungen verwendet werden. Beispiele sind die Arp-Schnitger-Orgel in der Martinikerk in Groningen (NL), die bei der Restaurierung durch Jürgen Ahrend 1984 nach Neidhardt (System „für eine große Stadt“) gestimmt wurde sowie die neue Sonnenorgel der evang. Pfarrkirche St. Peter und Paul zu Görlitz (Rekonstruktion der verlorengegangenen Casparini-Orgel), die in den Jahren 1994–1997 von der Orgelbaufirma Mathis aus Näfels/Schweiz im restaurierten Gehäuse neu gebaut wurde.

Theoretische Schriften

  • Beste und leichteste Temperatur des Monochordi (Jena 1706)
  • Compositio harmonice problematice tradita (Königsberg um 1715, unveröffentlicht)
  • Sectio canonis harmonici (Königsberg 1724)
  • Gäntzlich erschöpfende, mathematische Abtheilungen des Monochordi (Königsberg 1732)[1]
  • Beschaffenheit der diatonisch-chromatischen Octave, aus der Ordnung der natürlichen Zahlen hergeführet (Königsberg 1734)
  • Canon monochordus (Königsberg 1734)
  • Systema generis diatonico-chromatici (Königsberg 1734)

Literatur

  • Hans Michael Schletterer: Neidhardt, Johann Georg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 23, Duncker & Humblot, Leipzig 1886, S. 399 f.
  • Stadtverwaltung Altenburg, Schloßverwaltung (Hrsg.): Die Trost-Orgel in der Schloßkirche Altenburg. altenburgica Heft 6. 1998, ISBN 3-9806235-1-3.
  • Lade, Günter (Hrsg): Die Sonnenorgel der evang. Pfarrkirche St. Peter und Paul zu Görlitz. Festschrift zur Orgelweihe. Görlitz 1997.

Einzelnachweise

  1. Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gustav Johann Georg von Rauch — (* 1. April 1774 in Braunschweig; † 2. April 1841 in Berlin) war preußischer General und Kriegsminister. Leben Gustav Johann Georg von Rauchs Vater, ein gebürtiger Bayer, war Ingenieurcapitän in braunschweigischen Diensten, trat aber 1777 in das… …   Deutsch Wikipedia

  • Neidhardt — ist der Name folgender Personen: Neidhardt von Thüngen (1545–1598), Bischof von Bamberg Elke Neidhardt, deutsche Schauspielerin und Opernregisseurin Friedhelm Neidhardt (* 1934), deutscher Soziologe und Universitätsprofessor Johann Eberhard… …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Wilhelm von Krauseneck — (* 13. Oktober 1774 in Bayreuth; † 2. November 1850) war Generalfeldmarschall und Geodät. Er war von 1829 bis 1848 Chef des Preußischen Generalstabes. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Familie 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Jakob Otto August Rühle von Lilienstern — (* 16. April 1780 in Berlin; † 1. Juli 1847 in Salzburg) war ein preußischer Generalleutnant und Militärschriftsteller. Leben Johann Jakob Otto August Rühle von …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Karl von Thüngen — Hans Karl von Thüngen um 1700 Büste in der Ruhmesha …   Deutsch Wikipedia

  • August Graf Neidhardt von Gneisenau — August Neidhardt von Gneisenau August Neidhardt von Gneisenau August Wilhelm Antonius Graf Neidhardt von Gneisenau, geboren als August Wilhelm Antonius Neidhardt (* 27. Oktober …   Deutsch Wikipedia

  • August Wilhelm Anton Graf Neidhardt von Gneisenau — August Neidhardt von Gneisenau August Neidhardt von Gneisenau August Wilhelm Antonius Graf Neidhardt von Gneisenau, geboren als August Wilhelm Antonius Neidhardt (* 27. Oktober …   Deutsch Wikipedia

  • Gerhard Johann David von Scharnhorst — Gerhard von Scharnhorst, Gemälde von Friedrich Bury Gerhard Johann David von Scharnhorst (* 12. November 1755 in Bordenau, heute Teil von Neustadt am Rübenberge; † 28. Juni 1813 in Prag) war ein preußischer General. N …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Georg von Raumer (Geologe) — Karl Ludwig Georg von Raumer (* 9. April 1783 in Wörlitz; † 2. Juni 1865 in Erlangen) war ein deutscher Geologe, Geograph und Pädagoge. Auf ihn geht der Name des Rheinischen Schiefergebirges zurück.[1] Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Kirnberger-Stimmung — Johann Philipp Kirnberger veröffentlichte ab dem Jahr 1766 mehrere Stimmungssysteme für Tasteninstrumente. Sie gehören der Gruppe der wohltemperierten Stimmungen an und erlauben damit das Spiel in allen Tonarten, wobei jede einen eigenen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”