Hochfinanz

Hochfinanz

Die Hochfinanz ist eine Gruppe von Bankiers im Establishment, die dank ihres wirtschaftlichen Einflusses politische Macht angehäuft hat. Ursprünglich gemeint war die politische Einflussnahme von Finanzgrößen (Finanzoligarchie) in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, während der Restauration der Bourbonen in Frankreich und besonders unter König Ludwig Philipp. In Die menschliche Komödie beschrieb Honoré de Balzac deren Aktivitäten.

Inhaltsverzeichnis

Verschwörungstheorien

Die angeblichen Machenschaften der Hochfinanz entsprechen oft weniger einer wirtschaftlichen Realität, als einer Verschwörungstheorie, die oft auch antisemitisch konnotiert ist. Insbesondere wurde Hochfinanz, auch Großfinanz oder Finanzkapital, als ideologischer Begriff in der Zeit des Nationalsozialismus gebraucht. Teilweise hat im deutschen Sprachgebrauch auch der Begriff Ostküste eine ähnliche Bedeutung.

Verwendung in der modernen Geschichtsforschung

Der Wirtschaftshistoriker Wolfgang von Stromer machte in den 1970er Jahren den Ausdruck zum Schlüsselbegriff eines Forschungskonzeptes des Mittelalters, besonders von Oberdeutschland und der Stauferzeit, wie auch der Hanse. Er untersuchte die besonderen Beziehungen städtischer Finanz- und Wirtschaftseliten zu Macht- und Entscheidungsträgern der Reichspolitik. Stromer betrachtete dabei die gezielte Beeinflussung politischer Entscheidungen, meist in Form von Krediten, zur Durchsetzung bzw. Absicherung eigener wirtschaftlicher Interessen oder zur Erlangung und Steigerung von Macht und Prestige.

Stromer wies nach, dass der Wittelsbacher Ruprecht III. von der Pfalz seinen Italienfeldzug 1401 mit Hilfe oberdeutscher Geldleute, die wiederum mit den Medici und anderen Florenzer Financiers zusammenarbeiteten, durchgeführt hatte. Europäische Geldgeber hatten auch das Lösegeld für Richard Löwenherz aufgebracht. Den Beginn der Phänomene Hochfinanz und Korruption macht er an der Durchsetzung der Geldwirtschaft im Abendland ab dem zweiten Kreuzzug (1147-1149) fest. [1]

Richard Ehrenberg untersuchte die Zusammenhänge für die schwäbische Familie Fugger.

Literatur

  • Richard Ehrenberg: Das Zeitalter der Fugger. 2 Bände. Fischer, Jena 1896, (englische Ausgabe: Cape, London 1928; Neudruck 1985: Kelley, Fairfield NJ ISBN 0-678-00015-8, (Reprints of economic classics)).
  • Evamaria Engel: Finanzielle Beziehungen zwischen Königen und Stadtbürgern von 1250 bis 1314. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte. JWG 1975, 4, ISSN 0075-2800, S. 95–113.
  • Hugo Stehkämper: Geld bei deutschen Königswahlen des 13. Jahrhunderts. In: Jürgen Schneider (Hrsg.): Wirtschaftskräfte und Wirtschaftswege Festschrift für Hermann Kellenbenz. Band 1: Mittelmeer und Kontinent. Klett-Cotta, Stuttgart 1978, ISBN 3-12-912620-1, (Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte 4), S. 83–135.
  • Wolfgang von Stromer: Oberdeutsche Hochfinanz 1350-1450. Steiner Franz Verlag, Wiesbaden 1970, (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beihefte 55–57, ISSN 0341-0846).
  • G. Edward Griffin: Die Kreatur von Jekyll Island. Die US-Notenbank Federal Reserve. Das schrecklichste Ungeheuer, das die internationale Hochfinanz je schuf. Kopp-Verlag, Rottenburg 2006, ISBN 3-938516-28-3.

Quellen

  1. Hrsg. Burghard, Haverkamp, Irslinger, Reichert: Hochfinanz im Westen des Reiches 1150-1500. Verlag Trierer Historische Forschungen, Trier 1996

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