Herren von Geroldseck

Herren von Geroldseck
Wappen der reichsfreien Herren von Geroldseck

Die Herren von Geroldseck sind ein Adelsgeschlecht des Mittelalters in der Ortenau in Baden-Württemberg. Ihr Stammsitz ist Burg Hohengeroldseck in der Gemeinde Seelbach.

Inhaltsverzeichnis

Ständische Qualität, Herkunft

Die Herren von Geroldseck gehören dem freien stiftsfähigen Hochadel an und sind nach einer Ersterwähnung in einer Zeugenliste in den 1080er Jahren seit 1139 in der Ortenau nachweisbar. Ihre Ursprünge liegen im Dunkeln, Vermutungen führen jedoch zu einer Verflechtung mit der aus dem Elsass wirkenden Führungsschicht der karolingischen und ottonischen Zeit. Grundlage der Herrschaftsbildung in der Ortenau dürften einerseits der Bergbau in der Region, andererseits nicht näher zu betitelnde Vogteirechte über das Kloster Schuttern, evtl. auch über Kloster Ettenheimmünster gewesen sein. Beide Klostervogteien sind erst im 13. Jahrhundert belegt.

Die Geroldsecker im 13. Jahrhundert

Aufstieg im Kampf um staufische Besitzungen

Die schriftliche Überlieferung setzt erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts ein und zeigt ein Geschlecht, das die politische Situation des Interregnums nach 1245 zielstrebig zur Schaffung einer respektablen Machtbasis zwischen Hunsrück und Neckar ausnutzt. Aus staufischem Erbe gelangen die Rieddörfer zwischen Mahlberg und Ichenheim, seit 1312 als Reichslehen belegt, an die Familie. Ansprüche auf das Kinzigtal zwischen Zell am Harmersbach und Hausach können dagegen nicht durchgesetzt werden. Um 1252 erbt die Familie unter nicht näher zu klärenden Umständen den Kernbereich der Grafschaft Sulz am Neckar, zu dem die Schwarzwald-Herrschaften Schenkenzell und Lossburg, vielleicht auch Romberg gehören.

Der Straßburger Bischofskrieg

Reiche Silberfunde in Prinzbach ermöglichen 1260 die Wahl des Geroldseckers Walther zum Bischof von Straßburg, sein Bruder Hermann kann sich die Vogtei über das Reichsgut zwischen Selz und Basel sichern. Ebenfalls durch finanzielle Zuwendungen kann die Vogtei über das Kloster St. Gregorien im elsässischen Münstertal vom Bistum Basel abgepfändet werden. Verwandtschaftliche Bande führen zu einer Koalition mit Erzbischof Heinrich von Trier und öffnen politische Verbindungen in den Hunsrück-Raum. Das so gezimmerte Machtgefüge, das seinen Ausdruck in einer Koalition der Geroldsecker mit dem Erzbischof von Trier, dem Abt des Klosters Murbach, den Straßburger Vögten von Lichtenberg, den Markgrafen von Baden, den Landgrafen von Werd, den Herren von Eberstein, Landsberg, Andlau, Hüneburg, Wolfach und Üsenberg gegen die Stadt Straßburg und ihre Verbündeten fand, brach in der Schlacht von Hausbergen 1263, in der die Straßburger Bürger den Machtanspruch des Bischofs zurückwiesen, zusammen. Diese Niederlage beendete zwar die Großmachtträume der Geroldsecker, hatte jedoch keine Auswirkungen auf deren ständische Qualität, die bis weit ins 14. Jahrhundert als grafengleich angesehen wurde.

Die Geroldseckischen Linien

Hausteilungen 1277–1309

Die Hausteilung von 1277 installierte mit dem Oberen und der Unteren Herrschaft zwei Linien, die sich ungeachtet der Pflege einer „Gesamtherrschaft“ in der weiteren Zeit verselbständigten. Die Obere Herrschaft umfasste die Rodungsgüter im Schuttertal sowie alle Besitzungen im Kinzigtal und die Herrschaft Sulz sowie die Vogteien über die Klöster Schuttern und Ettenheimmünster. Die Untere Herrschaft bestand aus den Besitzungen im Ried, den Breisgauer Gütern, dem Streubesitz in der nördlichen Ortenau sowie den Gütern im Elsass. Die 1270 erworbene Grafschaft Veldenz blieb bei Hohengeroldseck. Die Reichsgüter Friesenheim und Oberschopfheim, das Dorf Ottenheim sowie die elsässische Burg Schwanau am Rhein blieben gemeinsamer Besitz. Eine weitere Erbteilung zu Beginn des 14. Jahrhunderts splitterte die Obere Herrschaft weiter auf und richtete in Sulz eine eigene Linie im Kerngebiet der alten Grafschaft ein, die Grafschaft Veldenz verselbständigte sich. 1279 ging die Teilherrschaft der Geroldsecker Vettern auf Diersburg (Linie Tiersberg) an den Schwager des letzten Tiersbergers über und war für die Familie verloren. Ebenso erlitt die Untere Herrschaft durch einen – im Grunde widerrechtlichen – Verkauf 1300 der Breisgauer Besitz einen empfindlichen Verlust.

Die Untere Herrschaft Lahr im 14. Jahrhundert

Mittelpunkt der Unteren Herrschaft wurde die Stadt Lahr mit der Stadtburg der Geroldsecker. Die Stadt konnte durch kluge Privilegienpolitik einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, der bis ins 19. Jahrhundert anhalten sollte. Auf die Auseinandersetzungen der Lahrer Bürger mit ihren (inzwischen fremden) Stadtherren gehen wesentliche Elemente des badischen Liberalismus im 19. Jahrhundert zurück.

Die Obere Herrschaft Hohengeroldseck

Während sich die Untere Herrschaft im ganzen 14. Jahrhundert ruhig entwickeln konnte und auch Ansätze zu einer Verschriftlichung der Herrschaft fand, wurde die Obere Herrschaft um 1370 von Erbstreitigkeiten erschüttert. Dennoch gelang mit dem (auf ungeklärte Weise zustande gekommenen) Pfandbesitz des herzoglich-teckischen Schiltach (um 1370) noch einmal eine wesentliche Bereicherung des Territoriums.

Lahrer Erbfolge und Verlust der Herrschaft

1428 starben die Geroldsecker in Lahr im Mannesstamm aus, der eigentlich legitime Übergang an den Erben, den Grafen von Moers-Saarwerden, wurde durch Erbansprüche des Hohengeroldseckers Diebold gestört. Im Verlauf der dadurch entstehenden Erbauseinandersetzungen ruinierten sich beide Parteien wirtschaftlich, so dass Moers-Saarwerden eine Hälfte der Herrschaft an Baden verpfänden musste. Nach der Reformation und dem Übergang der Moers-Saarwerdenschen Hälfte an Nassau wurde 1628 auf konfessioneller Basis die Realteilung durchgeführt, Lahr mit dem evangelischen Ried wurde nassauisch, Mahlberg mit dem südlichen, katholischen Ried baden-badisch. Das letztlich unkluge Taktieren Diebolds von Hohengeroldseck zwischen Österreich und der Kurpfalz in den 1480er Jahren führte zur handstreichartigen Eroberung der Burg Geroldseck durch die Pfalz 1486, erst deren Niederlage im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1504 brachte – über das Zwischenspiel einer badischen Verwaltung – die Rückgabe an die Familie. Inzwischen war der gesamte Kinzigtäler Besitz verkauft worden.

Wiederaufstieg im 16. Jahrhundert

Die Hohengeroldsecker Familie erlebte dann eine kurze Blüte und konnte im Dienst für Habsburg und das Reich wieder an Ansehen gewinnen. Ausdruck dieses neu gewonnenen familiären Selbstbewusstseins ist die Abfassung einer Familienchronik als eines der seltenen Beispiele für adliges „Herkommen“ im Zeichen des Humanismus. Die Stammburg Hohengeroldseck musste jedoch Österreich zu Lehen aufgetragen werden. 1519 gelang im Gefolge der Exekution des Schwäbischen Bundes gegen Württemberg die Wiedergewinnung der 1478 verloren gegangenen Herrschaft Sulz, die allerdings 1534 wieder an Württemberg zurückgegeben werden musste. Übrig blieb der Anspruch auf einen Titel „von Hohengeroldseck und Sulz“.

Die Herrschaft im 17. und 18. Jahrhundert

Nach dem söhnelosen Tod Jakobs von Hohengeroldseck 1634 überging Österreich die Erbansprüche der Tochter Anna Maria auf die Allodien der Herrschaft und gab den ganzen Komplex an die Grafen von Kronberg als Lehen aus. Anna Maria heiratete den Markgrafen Friedrich von Baden-Durlach, um ihren Erbanspruch besser durchsetzen zu können. Zwar war diesem Bestreben kein Erfolg beschieden, aber Baden-Durlach konnte den Erbanspruch, den Jakob von Hohengeroldseck aus dem Erbfall von 1428 gegenüber den Grafen von Nassau durchgesetzt hatte, in einen Pfandbesitz der nassauischen Hälfte der Unteren Herrschaft umsetzen. Nassau konnte dieses Pfand erst 1725 auslösen. Im Besitz der Herren, später der Reichsgrafen von der Leyen, überlebte die dann so genannte „Grafschaft Hohengeroldseck“ die Flurbereinigung des Reichsdeputationshauptschlusses und wurde als „Fürstentum von der Leyen“ und „Grafschaft Hohengeroldseck“ souveränes Mitglied des Rheinbundes. Der Wiener Kongress machte allerdings 1815 diesem Sonderfall, der auf die Protektion Napoleons zurückging, ein Ende. 1819 wurde der Zwergstaat mit dem Hauptort Seelbach endgültig badisch.

Literatur

Quellen

Weblinks

 Commons: Herren von Geroldseck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Walter von Geroldseck — (* 1231; † 12. Februar 1263) war von 1260 bis zu seinem Tode Bischof von Straßburg. Leben Walter stammte aus der im Schwarzwald, am oberen Neckar, in der Rheinebene und im Elsaß begüterten Familie der Herren von Geroldseck. Er wurde 1247 Domherr… …   Deutsch Wikipedia

  • Herren von Falkenstein (Schramberg) — Die Herren von Falkenstein waren ein ursprünglich auf der Baar beheimatetes Adelsgeschlecht, das sich seit dem 12. Jahrhundert im Mittelschwarzwald an der oberen Schiltach ein Herrschaftsgebiet aufbaute. Inhaltsverzeichnis 1 Herren von Kappel… …   Deutsch Wikipedia

  • Herren von Zimmern — Wappen der Herren von Zimmern in der Kapelle von Burg Wildenstein. Die Herren von Zimmern (ab 1538: Grafen von Zimmern) waren ein bedeutendes Adelsgeschlecht in Südwestdeutschland, das 1594 im Mannesstamm ausstarb. Ihre heutige Bekanntheit rührt… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich IV. von Geroldseck — (* um 1220; † 12. Februar 1273) war von 1263 bis zu seinem Tode Bischof von Straßburg. Leben Heinrich war der Sohn von Walter aus dem elsässischen Geschlecht der Herren von Geroldseck am Wasichen. Er war Kantor des Domkapitels als er am 10. März… …   Deutsch Wikipedia

  • Diebold von Geroldseck — (* 15. Jahrhundert; † 11. Oktober 1531 in der Schlacht bei Kappel am Albis) war ein Benediktinermönch des Klosters Einsiedeln, der sich unter dem Einfluss von Ulrich Zwingli der Reformation öffnete. Diebold von Geroldseck förderte die Reformation …   Deutsch Wikipedia

  • Geroldseck — est le nom d une famille noble germanique qui a laissé trois châteaux dans l est de la France, en Alsace et en Moselle. Étymologiquement, le nom veut dire qui vient du coin ou du domaine appartenant à Gerold. Le XIXe siècle a d ailleurs voulu… …   Wikipédia en Français

  • Geroldseck — bezeichnet: das Adelsgeschlecht der Herren von Geroldseck die Burgruine Hohengeroldseck bei Seelbach (Ortenaukreis), Deutschland die Burgruine Alt Geroldseck bei Seelbach (Ortenaukreis), Deutschland die dazugehörige Grafschaft Hohengeroldseck die …   Deutsch Wikipedia

  • Geroldseck — Gerolds|eck,   1) ehemalige, im 13. Jahrhundert von Walter von Geroldseck begründete Reichsherrschaft in der Ortenau, band neben der Stadt Lahr fast den gesamten Adel in der Ortenau an sich. Mit dem Tod des Gründers minderten 1273… …   Universal-Lexikon

  • Geroldseck — Geroldseck, mediatisierte Reichsgrafschaft im bad. Kreis Offenburg, Amtsbezirk Lahr, war 140 qkm (2,5 QM.) groß; auf der Burg (jetzt Ruine) Hohengeroldseck hausten seit dem 12. Jahrh. die Herren von Hohengeroldseck, das mächtigste Adelsgeschlecht …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Herren zu Rappoltstein — Wappen der Herren von Rappoltstein: links oben/rechts unten: Wappen der Herrschaft Hoheneck rechts oben/links unten: Wappen der Herrschaft Geroldseck Mitte: Wappen von Rappoltstein …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”