- Tschistyje Prudy (Kaliningrad)
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Siedlung Tschistyje Prudy/
Tollmingkehmen (Tollmingen)
Чистые ПрудыFöderationskreis Nordwestrussland Oblast Kaliningrad Rajon Nesterow Gegründet 1539 Frühere Namen Tollmingkehmen (bis 1938)
Tollmingen (1938–1946)Höhe des Zentrums 120 m Zeitzone UTC+3 Telefonvorwahl (+7) 40144 Postleitzahl 238022 Kfz-Kennzeichen 39, 91 OKATO 27 224 816 001 Geographische Lage Koordinaten 54° 28′ N, 22° 26′ O54.46666666666722.433333333333120Koordinaten: 54° 28′ 0″ N, 22° 26′ 0″ O Lage in Russland Oblast Kaliningrad Tschistyje Prudy (russisch Чи́стые Пруды́; übersetzt „Saubere Teiche“, prußisch Tolmingkaims, deutsch bis 1938 Tollmingkehmen bzw. 1938–1946 Tollmingen, litauisch Tolminkiemis) ist ein Dorf mit 700 Einwohnern in der Oblast Kaliningrad und seit 2009 namensgebender Verwaltungssitz der Tschistoprudnenskoje selskoje posselenije (Landgemeinde).
Inhaltsverzeichnis
Geographische Lage
Der Ort befindet sich nordwestlich der Rominter Heide unweit der Grenzen zu Litauen und Polen. Der prußische Name beschreibt die Lage des Ortes: weit entfernt - am Wasser - Dorf. Bis zum nordöstlich gelegenen Nachbarort Iljinskoje (Kassuben) sind es neun, bis zum südlich gelegenen Krasnolessje (Rominten) sieben Kilometer.
Bis 1945 befand sich hier der Knotenpunkt der Eisenbahnen von Gumbinnen (heutiges Gussew) nach Goldap und von Angerburg Węgorzewo nach Stallupönen (Nesterow). Sämtliche Strecken außer der nach Nesterow wurden mittlerweile abgebaut.
Geschichtliches
Der Überlieferung nach gründete ein Mann namens Tolmein oder Talmin das „Dorf am Wasser“, als dessen Gründungsjahr das Jahr 1539 gilt. Der Ort gehörte zum Landkreis Goldap, zwischenzeitlich von 1818 bis 1841 zum Landkreis Stallupönen, im Regierungsbezirk Gumbinnen der preußischen Provinz Ostpreußen. In dem Kirch- und Amtsdorf lebten 1910 318 Einwohner[1], im Jahre 1933 waren es 437 und 1939 noch 395[2].
Bis 2009 war der seit 1946 Tschistyje Prudy genannte Ort Zentrum des Tschistoprudnenski sowjet (Dorfsowjet), und heute ist er Sitz der Tschistoprudenskoje selskoje posselenije (Landgemeinde) im Rajon Nesterow in der russischen Oblast Kaliningrad.
Amtsbezirk Tollmingkehmen (Tollmingen)
Von 1874 bis 1945 war Tollmingkehmen Namensgeber und Verwaltungssitz eines Amtsbezirks, den am 18. März 1874 14 Landgemeinden bzw. Gutsbezirke bildeten[3]:
Name (bis 1938) Name (1938–1946) Russischer Name Bemerkungen Landgemeinden: Deeden Deeden -- Jessatschen Grimbach -- Kaszeleken,
ab 1936 KaselekenNeumagdeburg -- Kiaunen Rodenheim Wetrjak Kubillen Nordenfeld -- Martischken -- -- 1928 in die neue Landgemeinde Ballupönen (ab 1938 Wittigshöfen) eingemeindet Motzkuhnen Motzken -- Oszeningken,
ab 1936 OscheningkenPfalzrode Karpinskoje Tollmingkehmen Tollmingen Tschistyje Prudy Werxnen Grünhügel -- Gutsbezirke: Ballupönen Wittigshöfen Dubowaja Roschtscha ab 1928 Landgemeinde Kublischken -- -- 1928 nach Kiaunen eingemeindet Samonienen Reiterhof Dokutschajewo 1928 in die Landgemeinde Tollmingkehmen eingemeindet Tollmingkehmen -- -- 1928 in die Landgemeinde Tollmingkehmen eingemeindet Am 25. Juli 1939 wurde der Amtsbezirk Tollmingkehmen - wie ein Jahr zuvor bereits das Amtsdorf - in „Amtsbezirk Tollmingen“ umbenannt. Zu ihm gehörten per 1. Januar 1945 die zehn Gemeinden: Deeden, Grimbach, Grünhügel, Motzken, Neumagdeburg, Nordenfeld, Pfalzrode (heute Karpinskoje), Rodenheim (Wetrjak) Tollmingen (Tschistyje Prudy) und Wittigshöfen (Dubowa Roschtscha), von denen heute nur noch fünf als in Russland „Siedlungen“ (posselok) genannte Ort existieren.
Tschistoprudnenski sowjet
Bis 2009 war Tschistyje Prudy zentraler Ort des Tschistoprudnenski sowjet mit 24 umliegenden Siedlungen:
Russischer Name Name (bis 1938) Name (1938–1946) Булавино (Bulawino) Uschpönen (Uszpönen) Grundfeld Ветряк (Wetrjak) Kiaunen Rodenheim Высокое (Wysokoje) Didschullen (Didszullen) Schwadenfeld Дмитриевка (Dmitrijewka) Iszlaudszen Schönheide Докучаево (Dokutschajewo) Samonienen Reiterhof Дубовая Роща (Dubowaja Roschtscha) Ballupönen Wittigshöfen Карпинское (Karpinskoje) Oscheningken (Oszeningken) Pfalzrode Корсунское (Korsunskoje) Martischken Langenacker Красный Лог (Krasny Log) Pallädschen (Pallädszen) Frankeneck Краснолесье (Krasnolessje) Groß Rominten Hardteck Мичуринское (Mitschurinskoje) Schackeln Schackeln Озерки (Oserki) Warnen Warnen Петровское (Petrowskoje) Klein Jodupp Kleinschelden Прохладное (Prochladnoje) Schuiken Spechtsboden Радужное (Raduschnoje) Jagdhaus Rominten Jagdhaus Rominten Речица (Retschiza) Matzutkehmen Matzhausen Садовое (Sadowoje) Elluschönen Ellern Симоново (Simonowo) Eckertsberg Eckertsberg Сосновка (Sosnowka) Scheldkehmen (Szeldkehmen) Schelden Степное (Stepnoje) Waldaukadel Waldaukadel Светлое (Swetloje) Langkischken Langenwasser Тихвино (Tichwino) Pickeln Pickeln Тюменское (Tjumenskoje) Serguhnen Serguhnen Токаревка (Tokarewka) Makunischken Hohenwaldeck Tschistoprudnenskoje selskoje posselenije
Seit einer Verwaltungsreform in der Oblast Kaliningrad 2008/2009 ist Tschistyje Prudy namensgebender Ort und Verwaltungssitz der Landgemeinde Tschistoprudnenskoje selskoje posselenije[4], die im Südwesten des Rajon Nesterow liegt. Zu ihr gehören 19 Siedlungen:
Heutiger Name Name bis 1938 Name 1938–1946 Боровиково (Borowikowo) Schinkuhnen (Szinkuhnen) Schenkenhagen Ветряк (Wetrjak) Kiaunen Rodenheim Дмитриевка (Dmitrijewka) Iszlaudszen Schönheide Докучаево (Dokutschajewo) Samonienen Reiterhof Дубовая Роща (Dubowaja Roschtscha) Ballupönen Wittigshöfen Знаменка (Snamenka) Leegen Leegen Ильинское (Iljinskoje) Kassuben Kassuben Калинино (Kalinino) Mehlkehmen Birkenmühle Карпинское (Karpinskoje) Oscheningken (Oszeningken) Pfalzrode Краснолесье (Krasnolessje) (Groß) Rominten Hardteck Лесистое (Lessistoje) Nassawen Nassawen Мичуринское (Mitschurinskoje) Schackeln Schackeln Озерки (Oserki) Warnen Warnen Пугачево (Pugatschowo) Groß Schwentischken Schanzenort Садовое (Sadowoje) Elluschönen Ellern Сосновка (Sosnowka) Scheldkehmen (Szeldkehmen) Schelden Токаревка (Tokarewka) Makunischken Hohenwaldeck Уварово (Uwarowo) Ribbenischken Ribbenau Чистые Пруды (Tschistyje Prudy) Tollmingkehmen Tollmingen Kirche
Kirchengebäude
Die evangelische Kirche von Tollmingkehmen wurde 1589 erbaut und 1682 erneuert. Im Jahre 1759 erfolgte ein Nachfolgeneubau aus Feldsteinen und Ziegeln. Bis 1856 wurden hier Gottesdienste in litauischer Sprache gehalten, danach in Deutsch.
In den 1950er Jahren wurde die Kirche, die den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden hatte, durch einen Brand vernichtet. Sie ist die einzige Kirche im gesamten Gebiet, die nach Zerstörung und Verfall noch zu Sowjetzeiten (zwischen 1971 und 1979) wieder aufgebaut wurde. Bewirkt wurde dies durch eine Initiative aus der Litauischen SSR, denn Tollmingkehmen war der Wirkungsort von Christian Donalitius, eines Pioniers der litauischen Literatur, die ihre Anfänge im preußischen Kleinlitauen hatte. Die Kirche dient heute als Museum für den Pfarrer und Literaten. Die Gottesdienste finden jetzt in einem angemieteten Raum statt.
evangelische Kirchengemeinde
Einst zur Inspektion Insterburg (heute russisch: Tschernjachowsk) gehörig, war das von einer überwiegend evangelischen Bevölkerung bewohnte Kirchspiel Tollmingkehmen vor 1945 in den Kirchenkreis Goldap (heute polnisch: Gołdap) eingegliedert und gehörte zur Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Im Jahre 1944 umfasste das Kirchspiel 23 Gemeinden mit etwa 4200 Gemeindegliedern.
Während der Zeit des Sozialismus in der Sowjetunion brach das kirchliche Leben ein. Erst in den 1990er Jahren entstand eine fast ausschließlich aus Russlanddeutschen bestehenden kleine evangelische Gruppe, die heute eine eigene Gemeinde innerhalb der Propstei Kaliningrad in der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland bildet. Das zuständige Pfarramt ist das an der Salzburger Kirche in Gussew (Gumbinnen), wo zwei Geistliche tätig sind.
Pfarrer 1589–1945
Zwischen 1589 und 1945 amtierten in Tollmigkehmen/Tollmingen 24 evangelische Geistliche:
- David Marcianus, ab 1589
- Gottfried Bierfreund
- Johann Rehsa, 1600–1621
- Severin Wirczinsius, 1621–1633
- Salomo Wirczinsius, 1633–1667
- Jacob Neukirche, 1658–1668
- Johann Sperber, 1668–1696
- Benjamin Mühlpfordt, 1696–1705
- Heinrich Behrendt, 1705–1709
- Johann Friedrich Falck, 1709–1710
- Gabriel Engel, 1710
- Johann Jacob Pauli, 1711–1715
- Christoph Geystadt, 1715–1725
- Franc. Albert Beilstein, 1725–1739
- Johann Friedrich von Essen,
1740–1743 - Christian Donalitius, 1743–1780
- Friedrich Daniel Wermke, 1780–1788
- Johann Ephraim Janson, 1789
- Christian Benedikt Lovin,
1789–1818 - Johann Bernhard Wach, 1818–1819
- Friedrich Monich, 1819–1849
- Carl Leopold M. Knobbe, 1849–1886
- C. W. Hugo Freyberg, 1886–1916
- Emil Moysich, 1916–1945
Persönlichkeit des Ortes
mit dem Ort verbunden
- Christian Donalitius (1714–1780), seit 1743 Pfarrer, Dichter und Schriftsteller in litauischer Sprache in Tollmingkehmen und hier am 18. Februar 1780 verstorben
Verweise
Einzelnachweis
- ↑ Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis
- ↑ Michael Rademacher, Deutsch-österreichisches Ortsbuch
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Tollmingkehmen/Tollmingen
- ↑ Gesetz Nr. 258 der Oblast Kaliningrad vom 30. Juni 2008 über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009
Literatur
- Christian Schulz: Ein Klavier für das Gebietskomitee. Russen und Deutsche in Tollmingkehmen, Ostpreußen. In: Adrian von Arburg, Wlodzimierz Borodziej und Jurij Kostjaschow (Hrsg.): Als die Deutschen weg waren. Was nach der Vertreibung geschah: Ostpreußen, Schlesien, Sudetenland. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2007, ISBN 978-3-499-62204-5, S. 221-282
- Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968
Weblinks
Commons: Tschistyje Prudy (Kaliningrad) – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienCommons: Tolminkiemis – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienTschistoprudnenskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Tollmingkehmen (Tollmingen))Siedlungen: Borowikowo (Schinkuhnen (Schenkenhagen)) | Dmitrijewka (Iszlaudszen (Schönheide)) | Dokutschajewo (Samonienen (Reiterhof)) | Dubowaja Roschtscha (Ballupönen (Wittigshöfen)) | Iljinskoje (Kassuben) | Kalinino (Mehlkehmen (Birkenmühle)) | Karpinskoje (Oscheningken (Pfalzrode)) | Krasnolessje (Groß Rominten (Hardteck)) | Lessistoje (Nassawen) | Mitschurinskoje (Schackeln) | Oserki (Warnen) | Pugatschowo (Schwentischken (Schanzenort)) | Sadowoje (Elluschönen (Ellern)) | Snamenka (Leegen) | Sosnowka (Scheldkehmen (Schelden)) | Tokarewka (Makunischken (Hohenwaldeck)) | Tschistyje Prudy (Tollmingkehmen (Tollmingen)) | Uwarowo (Ribbenischken (Ribbenau)) | Wetrjak (Kiaunen (Rodenheim))
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