Putsch von 1886

Putsch von 1886
Alexander I. von Bulgarien

Der Putsch vom 9. August 1886 (bulgarisch Превратът в България през 1886) in Bulgarien auch als Neunte-August-Putsch (bulg. Деветоавгустовски преврат/Dewetoawgustowski prewrat) bekannt, war ein auf russisches Betreiben erfolgreicher Staatsstreich prorussischer Offiziere gegen Fürst Alexander I. von Bulgarien und zwang dieser zur Abdankung.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Als Reaktion gegen die Entscheidungen des Berliner Kongresses, gründeten sich die Komitees „Edinstwo“ (Единство/Einheit). Das Erste Komitee wurde in Weliko Tarnowo ins Leben gerufen. Die Komitees hatten sich das Ziel gesetzt, diese Entscheidungen zu revidieren und „Bulgarien in seine nationale Grenzen vom Frieden von San Stefano wiederherzustellen“. Eine ihre erste Handlungen war die Vorbereitung und Durchführung des Kresna-Raslog-Aufstandes (1878) in Makedonien.

Im September 1885 vereinigte sich die osmanische Provinz Ostrumelien, nach einem Militärputsch sich mit dem Fürstentum Bulgarien. Die Vereinigung Bulgariens wurde jedoch von Österreich-Ungarn und Russland missbilligt, Großbritannien hingegen stellte sich hinter dem Fürstentum. Österreich-Ungarn signalisierte dem mit ihm verbündeten Serbien, das sich offen gegen das bulgarische Vorgehen wandte, Rückendeckung, worauf der Serbisch-Bulgarischer Krieg ausbrach. Der Krieg endete mit der Niederlage Serbiens und dem Frieden von Bukarest am 3. März 1886. Gegenseitige Gebietsforderungen wurden darin ausgeschlossen und das Osmanische Reich akzeptierte grundsätzlich die Vereinigung unter der Bedingung, dass der Fürst Alexander I. über Ostrumelien weiterhin als formal vom Sultan eingesetzter Statthalter regieren solle.

Russland gab sich jedoch unzufrieden und der russischer Zar Alexander III. weigerte sich dem bulgarischen Fürsten Alexander von Battenberg als Herrscher des vergrößerten Bulgarien anzuerkennen.[1] Anfang Mai 1886 misslang einer Verschwörung der prorussische Kräfte in Burgas unter der Führung des russischen Oberst Nikolaj Nabokow gegen Alexander I.. Der Fürst wollte die Hafenstadt im Vorfeld der ersten gesamtbulgarischen Parlamentswahlen besuchen. Ziel der Verschwörung war es Alexander I. zu überfallen und ihn nach Russland per Schiff zu verschleppen. Alle Beteiligten wurden gefangen genommen, jedoch nach dem Eingreifen Russlands wieder freigelassen.[2]

Vorbereitungen

Der Putsch vom 9. August 1886 wurde vom Oberst Radko Dimitriew geleitet. Er wurde von Oberst Georgi Wassow, der Stellvertretender Kriegsminister Atanas Benderew und der Leiter der Militärakademie in Sofia Petar Gruew unterstützt. Bereits Anfang Mitte Juli wurde der Großteil der Militärverbände um Sofia auf Befehl Benderews an der serbischen Grenze verlegt. Das Struma-Regiment wiederum wurde von Kjustendil nahe der bulgarischen Hauptstadt nach Pernik verlegt. Die Putschisten konnten daraufhin die Offiziere des Struma-Regiments für sich gewinnen. Neben den russischen Botschafter war auch die Regierung von Petko Karawelow vom möglichen Putsch unterrichtet. Diese unternahm keine Gegenmaßnahmen, da sie selbst versuchte den Fürst zur Abdankung zu überzeugen.

Putsch vom 9. August

In der Nacht des 8. Augustjul./ 20. August 1886greg. auf 9. Augustjul./ 21. August 1886greg. rückten Teile des Struma-Regiments und Junker der Militärakademie in der bulgarischen Hauptstadt ein, nahmen die dort verbliebene Einheiten gefangen und konnten die Palastwache überwinden. Der Fürst Alexander I. wurde daraufhin gefangen genommen und gezwungen ein Abdankungsdekret zu unterschreiben. Daraufhin wurde er über die Donau außer Landes nach Russland verschleppt.

Nach dem erreichen ihres Ziels versuchten die Putschisten eine Übergangsregierung der nationalen Einheit unter der Führung von Karawelow zu bilden. Dieser weigerte sich und am Abend des 9en August wurde Erzbischof Kliment Tarnowski zum Ministerpräsident ernannt. Zu weitere Mitglieder der Übergangsregierung wurden Christo Stojanow, Dragan Zankow, Konstantin Welitschkow, Todor Burow, Wassil Radoslawow und Major Konstantin Nikiforow ernannt.

Am 10. August sprach sich zunächst der Präsident des bulgarischen Parlaments Stefan Stambolow, die sich zu diesem Zeitpunkt in seiner Heimatstadt Weliko Tarnowo befand, gegen den Putsch. Weiter weigerte sich Major Nikiforow der Regierung beizutreten, das Plewen-Regiment in Lowetsch weigerte sich den Putsch und die neue Regierung anzuerkennen und in Sewliewo protestierten die Liberalen gegen den Putsch. In Warna, setzten Soldaten ihre Offiziere, die sich für den Putsch erklärten ab.

Auswirkungen

Gegenputsch

Auch am 10. August sprachen sich führende Offiziere der Plowdiw-Brigade und deren Befehlshaber, Oberstleutnant Sawa Mutkurow gegen den Putsch. Sie wurden von mehrere führende Liberalen in der Stadt, wie Iwan Stojanowitsch und Dimitar Tontschew und von britischen Konsul dort unterstützt. Nach der politischen Unterstützung setzten sich die Offiziere mit den Einheiten in Pasardschik, Chaskowo, Stara Sagora und Warna in Verbindung, welche sich ebenfalls gegen den Putsch und die Übergangsregierung ausgesprochen hatten und begannen Truppen in Plowdiw zu konzentrieren.

Am 11. August proklamierte Stefan Stambolow, als Parlamentspräsident und in dieser Situation als einziger legitim vom Volke gewählte Staatsvertreter, den Putsch für gesetzwidrig und setzte Sawa Mutkurow zum Oberbefehlshaber der Bulgarischen Armee ein. Ebenfalls drohte er den Putschisten mit der Todesstrafe und gab ihnen das Ultimatum binnen 24 Stunden ihre Ämter niederlegen. In den nächsten Tagen rückten die Truppen von Mutkurow und Nikiforow gemeinsam auf der bulgarischen Hauptstadt zu und konnten die Ordnung dort unter der Führung von Stambolow wiederherstellen. Stambolow setzte seinerseits Karawelow am 12. August zum Ministerpräsident ein und forderte die Rückkehr des Fürsten Alexander I., der kurz darauf nochmals auf den Thron Bulgariens zurückkehrte. Am 7. September 1886 verzichtete er dann aber endgültig auf die Herrschaft, da er das Vertrauen des russischen Zaren nicht mehr genoss.

Weitere Revolten

Russland initiierte jedoch weitere Militärrevolten, wie in der Nacht des 22. Oktober, als es prorussische Kräfte gelang die Garnison von Burgas unter der Führung von Oberst Nabokow zu stellen. Die Aufständischen riefen eine provisorische Regierung aus und verhängten das Kriegsrecht. Gegen die Aufständischen schickte die Zentralregierung die Ajtos-Kompanie und Major Kosta Paniza mit weit reichenden Befugnissen. Am 24. Oktober gelang es den Regierungssoldaten die Ordnung in der Hafenstadt wiederherzustellen. Ein Teil der Aufständischen wurde gefangen genommen, ein Teil konnte im russischen Konsulat in der Stadt flüchten und ein Teil nach Konstantinopel absetzen. Am 26. Oktober ankerte das russische Kriegsschiff Sabjag (rus. Забяг) vor Burgas und ersuchte die Erlaubnis Soldaten in der Stadt zu stationieren um das russische Konsulat zu schützen. Die Erlaubnis wurde nur den Offizieren gewährt. Major Paniza leitete das Militärgericht, das am darauf folgenden Tag den verbliebenen Aufständischen den Prozess machte. Damit wurde der Aufstand nach vier Tage beendet.[2][3]

Am 8. November 1886 brach schließlich das Russische Reich die diplomatischen Beziehungen mit Bulgarien ab. 1887 unterstütze Russland die Offiziersrevolten in Rousse (organisiert von Olimpij Panow und Atanas Usunow) und in Silistra, die ebenfalls von Regierungstruppen niedergeschlagen wurden.

Literatur

  • Iwan Karajotow, Stojan Rajtschewski, Mitko Iwanow: История на Бургас. От древността до средата на ХХ век (zu dt. etwa Geschichte der Stadt Burgas. Von der Antike bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts), Verlag Tafprint OOD, Plowdiw, 2011, ISBN 978-954-92689-1-1
  • Simeon Radew: Die Erbauer des modernen Bulgariens (aus dem bulg. "Строителите на съвременна България) Band 1: Die Absetzung von Fürst Alexander I., Verlag Захарий Стоянов, 2004. ISBN 978-954-739-303-5, S. 833-904
  • Simeon Radew: Die Erbauer des modernen Bulgariens (aus dem bulg. "Строителите на съвременна България) Band 2: Der Gegenputsch, Verlag Захарий Стоянов, 2004. ISBN 978-954-739-0

Einzelnachweise

  1. Simeon Radrew: Die Erbauer des modernen Bulgariens (aus dem bulg. "Строителите на съвременна България) Band 2.
  2. a b Karajotow/Rajtschewski/Iwanow: S. 180-190
  3. Simeon Radew: Die Oktoberaufstände in Die Erbauer des modernen Bulgariens (aus dem bulg. "Строителите на съвременна България) Band 2, Verlag Sahari Stoyanov, Sofia, 2004, S.480-484

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