Jesuitenhof

Jesuitenhof
Jesuitenhof (Haupthaus)

Der Jesuitenhof in der rheinland-pfälzischen Ortsgemeinde Dirmstein ist ein früheres Kloster der Jesuiten, in dem heute ein Weingut gleichen Namens betrieben wird. Das Gebäudeensemble steht – ebenso wie ein Gartenpavillon auf dem benachbarten Weinbergsgelände – unter Denkmalschutz.[1][2]

Inhaltsverzeichnis

Lage

Der Jesuitenhof, Straßenanschrift Obertor 4, liegt im Norden des Ortszentrums mit der Westfront zur Straße hin, die in Richtung Ortsausgang führt und an dieser Stelle eine Kurve nach West beschreibt. Nach Nordosten und Osten grenzen Weinberge an, die zu der kleinen örtlichen Einzellage Jesuitenhofgarten gehören. Nordwestlich erstreckt sich das Quadtsche Schloss, in dem ein Gutshof betrieben wird, mit dem sich der Jesuitenhof den Wirtschaftshof zwischen beiden Anwesen und einige Wirtschaftsgebäude teilt. Südlich schließt sich der ehemalige Gasthof Drei Könige an, der heute eine Wohnanlage ist.

Hofanlage

Die wie in der Barockzeit gelb verputzte Hofanlage mit rotbraun gestrichenen Sandsteingewänden besteht aus einem stattlichen Wohnbau mit Treppenturm im nördlichen sowie Neben- und Wirtschaftsgebäuden im südlichen Bereich des Areals. Der zweigeschossige Rechteckbau des giebelständigen Haupthauses besitzt ein Walmdach mit Gauben, unter dem Gebäude liegt ein Keller mit Tonnengewölbe.

Zur Straße hin sind alle Gebäude durch eine etwa drei Meter hohe Steinmauer verbunden. Der ursprüngliche Hauptzugang zum Hof bestand aus einem großen Tor und einer kleinen Pforte mit gedrückten Spitzbögen; er ist komplett vermauert, die alten Steingewände treten allerdings als rotbraune Sandsteinreliefs aus dem Mauerputz hervor. Eine zweite Toranlage führt auf einen Innenhof zwischen den Nebengebäuden, die heute zu Wohnzwecken genutzt werden.

Gartenpavillon

Pavillon im Jesuitenhofgarten
(2006, vor der Sanierung)

Ursprünglich zum Jesuitenhof gehörte ein weiter nordwestlich in der Weinlage Jesuitenhofgarten stehender, ebenfalls denkmalgeschützter Gartenpavillon, der aus der Zeit des Klassizismus stammt. Der Maler und Bildhauer Walter Perron aus Frankenthal, der von 1942 bis 1952 in Dirmstein lebte, versah ihn um 1950 mit Kratzputz-Wandmalereien. Im Laufe der Jahre wurde das kleine Bauwerk hinsichtlich Bausubstanz und Verputz sanierungsbedürftig. Die Restaurierungsarbeiten – teilweise durch die Gemeinde, vor allem aber durch örtliche Vereine – begannen Ende 2006.[3]

Baugeschichte

Auf dem Hofgelände wurde 1500 ein Kloster gegründet, das nach wenigen Jahrzehnten ins Eigentum des 1534 gegründeten Jesuitenordens gelangte. Aus der Gründungsphase haben Teile der Wirtschafts- und Nebengebäude überdauert. Das Haupthaus samt Treppenturm stammt ebenfalls aus der Renaissancezeit und wurde im 16. Jahrhundert errichtet. Die Jesuiten profitierten von dem Umstand, dass das benachbarte Augustinerkloster 1525 im Bauernkrieg zerstört worden war.

Als Dirmstein 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch französische Truppen fast vollständig niedergebrannt wurde, erlitt auch der Jesuitenhof schwere Schäden, die für mehr als zwei Jahrhunderte nur notdürftig behoben wurden. Die heute vermauerte Toranlage stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Die Jesuiten des Klosters versahen über einen langen Zeitraum, wahrscheinlich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts und urkundlich belegt bis 1705/06, die katholische Pfarrstelle des Ortes.[4] Zum Kloster gehörte eine Kapelle, die dem hl. Franz Xaver geweiht war. In ihrem Dachreiter hing eine kleine Glocke; diese wurde im Jahre 1795, nachdem die Französische Revolution auch auf die linksrheinischen Gebiete der Kurpfalz übergegriffen hatte, durch französische Soldaten mit vier weiteren Dirmsteiner Glocken abtransportiert, um zum Kanonenguss verwendet zu werden. Um das Jahr 1800 wurde das Jesuitenkloster durch den französischen Staat profaniert, enteignet und verkauft.[5] Die neuen Eigentümer ließen im 19. Jahrhundert am Rande des Geländes den Gartenpavillon errichten.

1921 erfolgte eine größere Renovierung der Hofanlage, mit der ein teilweiser Ausbau verbunden war; historische Gegebenheiten wurden dabei nicht berücksichtigt. Im Zusammenhang mit der Renovierung wurden auch Wirtschafts- und Nebengebäude teilweise abgeändert oder von Grund auf erneuert.

Literatur

  • Berthold Schnabel: Die katholischen Pfarrer ab 1685, S. 317–321.
  • Berthold Schnabel: Von Glockentürmen und Dachreitern, S. 313–316.
Beide in: Michael Martin (Hrsg.): Dirmstein – Adel, Bauern und Bürger. Chronik der Gemeinde Dirmstein. Selbstverlag der Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2005, ISBN 3-9808304-6-2.

Einzelnachweise

  1. Georg Peter Karn, Ulrike Weber: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz
  2. Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz: Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler: Kreis Bad Dürkheim
  3. Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthaler Zeitung: Vereine wollen Pavillon sanieren, 20. September 2006
  4. Berthold Schnabel: Die katholischen Pfarrer ab 1685, S. 317
  5. Berthold Schnabel: Von Glockentürmen und Dachreitern, S. 314

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jesuitenhof (Düren) — Das Haus Der Jesuitenhof ist ein denkmalgeschütztes Gebäude in Düren (Nordrhein Westfalen). Das Haus steht in der Nideggener Straße 68 neben dem Hallenbad, welches nach dem Jesuitenhof benannt wurde. Der Jesuitenhof, bzw. das heute noch… …   Deutsch Wikipedia

  • Auscha — Úštěk …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Kulturdenkmäler in Dirmstein — Eines der Wahrzeichen Dirmsteins: das spätbarocke Michelstor neben dem Sturmfederschen Schloss Die rheinland pfälzische Ortsgemeinde Dirmstein besitzt 58 Kulturdenkmäler[1], die meisten davon sind Gebäu …   Deutsch Wikipedia

  • Ustek — Úštěk …   Deutsch Wikipedia

  • Úštěk — Úštěk …   Deutsch Wikipedia

  • Dirmstein — Dirmstein …   Wikipedia

  • Chorbrünnel-Rundweg — Logo des Rundweges Daten Länge 3,5 km Lage Leiningerland (Vorderpfalz …   Deutsch Wikipedia

  • Dirmsteiner Jesuitenhofgarten — Die Weinlage von der Obersülzer Straße aus Jesuitenhofgarten heißt die flächenmäßig kleinste Weinlage von Dirmstein, einem alten pfälzischen Winzerort im Nordosten des Leiningerlandes (Rheinland Pfalz). Mit 5,5 Hektar zählt der… …   Deutsch Wikipedia

  • Laurentiuskirche (Dirmstein) — Laurentiuskirche Laurentiuskirche aus Südwesten Daten Ort Dirmstein, Rheinland Pfalz …   Deutsch Wikipedia

  • Mainz-Drais — Drais …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”