Bischöfliches Schloss (Dirmstein)

Bischöfliches Schloss (Dirmstein)
Ansicht aus Südosten: Hofgut mit den Resten des Bischöflichen Schlosses (vorne in der Mitte der runde Diebsturm, rechts das Amtshaus)

Das Bischöfliche Schloss in der rheinland-pfälzischen Ortsgemeinde Dirmstein war der Sommersitz der Fürstbischöfe von Worms. Heute existieren von ihm nur noch wenige originale Reste, die in ein Hofgut integriert sind und unter Denkmalschutz[1] stehen.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Das frühere Schlossanwesen liegt in der Nähe des östlichen Ortsrandes am Eckbach im Niederdorf, das von 1419 bis 1705 – gemeinsam mit dem Oberdorf – sowohl unter kurfürstlicher als auch bischöflicher Herrschaft (Kondominium) stand. Es ist das älteste zumindest teilweise noch erhaltene Dirmsteiner Schloss. Da das Areal umfriedeter Privatbesitz ist, ist eine Besichtigung der Anlage nur von außen möglich.

Anlage

Überblick

Die Schlossanlage hatte einen rechtwinkeligen Zuschnitt; der umlaufende Wassergraben war nach den Himmelsrichtungen angelegt. Im Osten, wo jetzt die Gerolsheimer Straße verläuft, führte eine Brückenzufahrt über den Graben. Dort sicherte eine zusätzliche Mauer aus Bruchsteinen das Anwesen, wie auch im Norden, wo sie teilweise bis heute erhalten ist. Im Süden breitete sich der vom Eckbach gespeiste Schlossweiher aus, den der Schlossgarten umgab.

Innenhof und Ecktürme

Das Schloss und die Wirtschaftsgebäude ordneten sich ziemlich in der Mitte des Areals rechtwinklig um einen Innenhof an. Die Ecken der Bebauung wurden durch vier Türme markiert, deren Namen überliefert sind: Stumber Turm, Pulverturm und Blauer Hut sind verschwunden, der runde Diebsturm (so genannt nach dem nachträglich eingebauten Gefängnis) blieb übrig. Er weist spätmittelalterliche Maul- und Schlüssellochscharten auf; ein gekehltes Rechteckfenster im nachträglich aufgesetzten Obergeschoss zeigt die Jahreszahl 1598. Im 18. Jahrhundert trug der Turm eine Kuppelhaube; diese wurde später durch das heutige kegelförmige Zeltdach ersetzt.

Nordseite

Zwei rechteckige Schlossgebäude standen im rechten Winkel an der Nord- und Ostseite des Innenhofes. Das ältere im Norden wurde bald nach der Privatisierung anfangs des 19. Jahrhunderts abgebrochen. Erhalten blieben einzig das Tonnengewölbe des Kellers und der Stumpf des Treppenturmes. An dessen spätgotischer Spitzbogenpforte war einst ein Relief mit dem Wappen von Bischof Heinrich eingelassen; es befindet sich im Schlossmuseum von Berchtesgaden, wohin es über den Kunsthandel gelangt ist.

Ostseite

Das heute noch allein vorhandene zweigeschossige jüngere Schlossgebäude auf der Ostseite wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Amtshaus umgebaut und zeigt aus dieser Zeit spätbarocke Elemente. Allerdings sind auch noch wesentlich ältere Details vorhanden, vor allem an der südlichen Außenwand des Obergeschosses ein Sandsteinrelief mit dem Wappen von Bischof Philipp I. (Amtszeit 1595–1604) unter der lateinischen Inschrift:

„PHILIPPUS DEI
GRATIA ELECTUS ET
CONFIRMATUS EPISCOPUS
WORMATIENSIS“

Ins Deutsche übertragen heißt dies:

„Philipp, durch Gottes
Gnade erwählter und
bestätigter Bischof
von Worms“

An der Ostfassade und im Inneren wurden Fragmente von reichen Wandmalereien aus der Renaissancezeit gefunden. In einen Sandsteinsturz aus der Zeit des Bauernkrieges (1525) ist ein Hinweis auf Bischof Heinrich IV. (Amtszeit 1523–1552) eingemeißelt:

„HENRICH V G G COADIUTOR ERWELTER UND BESTETIGTER ZU WORMBS UND UTRECHT PROBST UND HER ZU ELWANGEN PFALZGRAF BEI RIEN UND HERZOG IN BEIERN“

Ins heutige Deutsch übertragen heißt dies:

„Heinrich, von Gottes Gnaden erwählter und bestätigter Koadjutor zu Worms und Utrecht, Propst und Herr zu Ellwangen, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog in Bayern“

Süd- und Westseite

Die Südseite des Innenhofes wird von Wirtschaftsgebäuden gebildet, die überwiegend in das auslaufende 18. Jahrhundert gehören. Allerdings weist ein Renaissanceportal im Inneren darauf hin, dass hier einst ebenfalls ein älterer Schlossflügel stand. Das schlichte Wohngebäude, das heute den Innenhof nach Westen abschließt, wurde in den frühen 1920er Jahren errichtet.

Baugeschichte

Nördlich des Schlossareals lag die älteste Kirche Dirmsteins. Sie wurde in der Zeit der Romanik deutlich vor 1044 erbaut und war dem Patron des Bistums Worms, St. Peter, geweiht. Deshalb wird vermutet, dass sie auf die Initiative eines Wormser Bischofs zurückgeht; möglicherweise war der bischöfliche Stifter Burchard I. († 1025). 1809 wurde die Peterskirche nach etwa 800 Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen. Eine ihrer beiden Glocken, 1795 vor den französischen Revolutionstruppen gerettet und später dreimal umgegossen, hängt vom Material her noch heute im Turm der Laurentiuskirche.

Ein lediglich als „Haus“ bezeichneter Vorgängerbau ist ab 1240 bezeugt, das eigentliche „Schloss“ erstmals am 11. August 1414. Im Bauernkrieg 1525 wurde es durch einheimische Bauern geschleift. Bischof Heinrich IV. ließ es umgehend wieder instandsetzen. Um 1600 führte Bischof Philipp I. weitere Ausbaumaßnahmen durch.

In den nächsten 200 Jahren wurde das Schloss durch das Bistum als landwirtschaftliches Gut genutzt; dabei verkam es immer mehr. Zwischen 1732 und 1743 wurden drei der vier Ecktürme wegen Baufälligkeit ganz oder teilweise abgetragen. Während dieser Phase wurde in den vierten Turm ein Gefängnis eingebaut. Der Turm in der Südwestecke fiel endgültig erst 1885 einem Brand zum Opfer, der die Wirtschaftsgebäude erfasst hatte; nur der Südostturm blieb bis heute erhalten.

Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Französische Revolution auch auf die linksrheinischen Teile der Kurpfalz übergriff, wurde das Hofgut enteignet und verkauft. Am 7. Oktober 1803 erwarb es der Dirmsteiner Johann Römer für 19.300 Franken. Seither befindet sich die Anlage in Privateigentum. Anfang des 21. Jahrhunderts wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt.

Literatur

  • Georg Peter Karn, Ute-Konstanze Rasp: Burgen und Schlösser in Dirmstein – Fürstbischöflich-Wormsisches Schloss. In: Michael Martin (Hrsg.): Dirmstein. Adel, Bauern und Bürger. Chronik der Gemeinde Dirmstein. Selbstverlag der Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2005, ISBN 3-9808304-6-2, S. 443 ff. (Stiftung zur Förderung der Pfälzischen Geschichtsforschung B 6).
  • Georg Peter Karn, Ulrike Weber: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 13: Kreis Bad Dürkheim. Teil 2: Stadt Grünstadt, Verbandsgemeinden Freinsheim, Grünstadt-Land und Hettenleidelheim. Werner, Worms 2006, ISBN 3-88462-215-3.

Einzelnachweise

  1. Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz: Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler: Kreis Bad Dürkheim. Abgerufen am 26. August 2010.

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