Mobiliarmiete

Mobiliarmiete

Als Mobiliar- oder Fahrnismiete wird die entgeltliche Überlassung von beweglichen Sachen bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsfamilien

Deutscher Rechtskreis

Hauptartikel: Mietvertrag (Deutschland)

Der allgemeine Sprachgebrauch in den deutschsprachigen Ländern assoziiert mit dem Wort Miete meist reflektionslos die Wohnraummiete. Ungeachtet der allgemeinsprachlichen Erstreckung des Wortes Leihe auf die entgeltliche Gebrauchsüberlassung von beweglichen Sachen, handelt es sich in rechtlicher Hinsicht auch hierbei jedoch um ein Mietverhältnis, das – zumindest grundsätzlich – denselben Regeln unterliegt wie die Wohnraummiete. Der Mietvertrag wird dabei als vertragliches Schuldverhältnis qualifiziert und unterfällt den Regeln 8. Abschnitt des 2. Buchs des Bürgerlichen Gesetzbuches. Das deutsche Recht unterscheidet ferner zwischen bloßer Gebrauchsüberlassung, der Miete, und der zusätzlichen Erlaubnis der Fruchtziehung, der Pacht.

Romanischer Rechtskreis

Das französische Recht fasst den contrat de bail in römisch-rechtlicher Tradition als Unterform des contrat de louage (die römische locatio-conductio) auf. Der contrat de louage erfasst die Überlassung von Sachen (louage de choses, locatio-conductio rei) und Diensten (louage d'ouvrage, locatio-conductio operarum). Weder zwischen Dienst- und Werkvertrag, noch zwischen Miete (bail à loyer) und Pacht (bail à ferme) wird einheitlich und exakt in den Art. 1714 ff. C.civ. unterschieden.

Common Law

Die Mobiliarmiete wird im englischen Recht meist als lease of movables, contract of hire/hire of chattels oder rental agreement bezeichnet, die weitestgehend synonym verwandt werden. Eine Unterscheidung außerrechtlicher Natur besteht nur insoweit, als dass lease meist auf ein langfristiges Finanzierungsleasing bezogen wird, während der contract of hire die Zeitspanne von bis zu einer Woche und das rental agreement von nur wenigen Tagen umfasst. Das englische Recht erkennt zwischen der Immobiliarmiete und der Mobiliarmiete keine Gemeinsamkeiten: Sie werden folglich vollständig als selbständige Vertragstypen behandelt. Bis zum Erlass des (am Kaufrecht orientierten) Supply of Goods and Services Act 1982 war die Mobiliarmiete vollständig durch common law geregelt; da das SGSA 1982 jedoch nur die Pflichten des Mieters regelt, hat auch gegenwärtig das common law in Form des law of bailment jedoch noch eine bedeutende Stellung. Das law of bailment umfasst grob alle Rechtsverhältnisse, bei denen der bailee tatsächliche Sachherrschaft an einer ihm nicht eignenden Sache innehat; es umfasst neben der Mobiliarmiete folglich auch die Verwahrung, Verpfändung und Leihe.[1]

Rechtsvergleichende Analyse

Pflichten des Vermieters

Pflicht zur Überlassung der Mietsache im weiteren Sinne

Im weiteren Sinne umfasst die Pflicht zur Überlassung der Mietsache als Kerngeschäft des Mietvertrages drei Grundpflichten: die Überlassung der Mietsache im engeren Sinne, die Belassung der Mietsache und die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache.

Die Pflicht zur Überlassung im engeren Sinne scheint zunächst eine Pflicht zur Einräumung des Besitzes nicht zwingend zu umfassen: Auch ohne unmittelbare Sachherrschaft ist die Nutzung der Mietsache für den Mieter möglich. Entsprechend ist nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich die Einräumung der konkreten Nutzungsmöglichkeit notwendig um – mit Ausnahme konkreter Vertragsabsprachen – die gesetzlichen Anforderungen an das Verhalten des Vermieters zu erfüllen. Eine ähnliche Position für das englische Recht wurde in Fowler v Lock (1872) zwar noch von Byles J vertreten, gehört jedoch heute keineswegs mehr zum anerkannten Recht: Die These steht diametral im Gegensatz zum law of bailment, das die Einräumung von possession gerade zum Kern hat. Possession wird durch delivery eingeräumt, die analog der Legaldefinition für das Kaufrecht in s. 61 (1) Sale of Goods Act 1979 als „voluntary transfer of possession from one to another“ verstanden wird. In der Praxis wird sich freilich die Lage zwischen beiden Rechtsordnungen kaum unterscheiden: Auch in Deutschland dürften statistisch Verträge mit Pflicht zur Besitzverschaffung deutlich in der Mehrheit sein, da der Mieter die Sache anders kaum nutzen können wird.[2]

Pflicht zur Belassung der Mietsache. Die Überlassung der Sache wäre für den Mieter von geringem Nutzen, wenn sie nur für den Augenblick und nicht für gewisse Dauer bestünde. In allen Rechtsordnungen besteht folglich eine Pflicht des Vermieters, die Sache für die Dauer des Vertrages nicht zurückzufordern. Diese aus der Natur der Sache herrührende Selbstverständlichkeit ergibt sich im deutschen Recht aus der allgemeinen Erhaltungspflicht des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, ist im englischen Recht aber explizit in s. 7 (2) und (3) SGSA 1982 niedergelegt. Hiernach besteht ein implied term, der dem Mieter „quiet possession“ zugesteht.[2]

Eine Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung ist nach deutschem Recht Kardinaltugend des Vermieters; freilich steht es den Parteien gewerblicher Mobiliarmietverhältnisse zu, im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Instandhaltungspflicht dem Mieter selbst aufzuerlegen; § 307 BGB steht dem nicht entgegen.[3] Eine dem deutschen Recht vergleichbare duty to maintain gehört nach delivery im vertragsgemäßen Zustand unumstritten nicht zu den Pflichten des Vermieters im englischen Recht: Fast alle Pflichten des Vermieters nach dem SGSA 1982 bestehen nur im Zeitpunkt der delivery, auch im common law findet sich – trotz Kritik an dieser als unbefriedigend empfundenen Rechtslage – kein Präjudiz, das durch implied term dem Vermieter eine solche Pflicht aufzulegen vermöchte. In der Praxis der Rechtsprechung wird dem meist durch Annahme eines express term abgeholfen. Ferner ist zu bedenken, dass sich die fehlende Instandhaltungspflicht in Form eines niedrigeren Preises auswirken dürfte – aus preistheoretischer Sicht findet sich letztlich kaum ein Unterschied in den Rechtsordnungen. Als Grund dieser Regelung wird die Nähe des englischen Mobiliarmietrechts zum Kaufrecht angenommen; dementsprechend gilt der kaufrechtliche Grundsatz caveat emptor auch im Rahmen der Mobiliarmiete.[2]

Literatur

  • Stefan Lange: Verschuldens-unabhängige Vertragshaftung des Mieters für Schäden an der Mietsache?. Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11859-6, C. II. Rechtsvergleichung, S. 123–148.
  • Kevin Poppen: Die Mobiliarmiete im englischen und deutschen Recht. V&R unipress, Göttingen 2011 (Schriften zum Internationalen Privatrecht und zur Rechtsvergleichung Band 31).

Einzelnachweise

  1. Kevin Poppen: Die Mobiliarmiete im englischen und deutschen Recht. V&R unipress, Göttingen 2011, S. 15–21.
  2. a b c Kevin Poppen: Die Mobiliarmiete im englischen und deutschen Recht. V&R unipress, Göttingen 2011, S. 68–79.
  3. BGH NJW-RR 1987, 906.
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