Bürgerliches Gesetzbuch

Bürgerliches Gesetzbuch

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt als zentrale Kodifikation des deutschen allgemeinen Privatrechts die wichtigsten Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. Es bildet mit seinen Nebengesetzen (z. B. Wohnungseigentumsgesetz, Versicherungsvertragsgesetz, Lebenspartnerschaftsgesetz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) das allgemeine Privatrecht. Gleichwohl bietet es keine vollständige Kodifikation des Zivilrechts.[1]

Nach langjähriger Beratung in zwei Juristenkommissionen trat das BGB am 1. Januar 1900 durch Art. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) in Kraft (RGBl. 1896 I S. 195). Es war die erste Kodifikation im Privatrecht, die für das gesamte Reichsgebiet Gültigkeit besaß. Erstmals wurde einheitlich die Gleichberechtigung der Frau hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit festgeschrieben.

Der Gesetzgeber hat seitdem sehr viele Änderungen am BGB vorgenommen. Es gilt in der Bundesrepublik Deutschland als Bundesrecht nach Art. 123 Abs. 1 und Art. 125 (GG) fort. Am 2. Januar 2002 erfolgte im Zuge der umfassenden Reform des Schuldrechts eine Neubekanntmachung des BGB in neuer deutscher Rechtschreibung und mit amtlichen Paragraphenüberschriften.

Basisdaten
Titel: Bürgerliches Gesetzbuch
Abkürzung: BGB
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Privatrecht
Fundstellennachweis: 400-2
Ursprüngliche Fassung vom: 18. August 1896
(RGBl. S. 195)
Inkrafttreten am: 1. Januar 1900
Neubekanntmachung vom: 2. Januar 2002
(BGBl. I S. 42; ber. S. 2909,
2003 I S. 738)
Letzte Änderung durch: Art. 1 G vom 27. Juli 2011
(BGBl. I S. 1600)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
4. August 2011
(Art. 4 G vom 27. Juli 2011)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Inhaltsverzeichnis

Einordnung

Hauptartikel: Privatrecht

Das Bürgerliche Recht ist Teil des Privatrechts, das die Beziehungen zwischen rechtlich gleichgestellten Rechtsteilnehmern (Bürgern, Unternehmen) regelt. Im Gegensatz dazu regelt das öffentliche Recht die Beziehungen zwischen Privaten und Hoheitsträgern oder Hoheitsträgern untereinander. Die Einteilung in Privatrecht und Öffentliches Recht stammt bereits aus römischer Zeit. Der für das BGB namensgebende Begriff des „Bürgers“ darf dabei keinesfalls als ein Hinweis auf eine standesrechtliche Gliederung der Gesellschaft in Adel, Bürger, Bauern und Arbeiter verstanden werden; „bürgerlich“ ist als Gegenteil von „staatlich“ aufzufassen.

Moderne Entwicklungen, die im BGB vertragsübergreifende Sonderregelungen für Verbraucher einerseits und Unternehmer andererseits vorsehen, widersprechen dieser Konzeption einer bürgerlich-rechtlichen Kodifikation. Heute kann das bürgerliche Recht daher als das Recht verstanden werden, das generelle Regelungen für den alltäglichen Rechtsverkehr bereithält.

Gliederung

Das BGB ist in fünf Bücher unterteilt:

Die thematische Aufteilung in die fünf Bücher, die auf die Pandektenwissenschaft des 19. Jahrhunderts zurückgeht, unterliegt einer bemerkenswerten Asymmetrie. Während der Allgemeine Teil, das Recht der Schuldverhältnisse und das Sachenrecht durch abstrakte juristische Unterscheidungen getrennt sind, enthalten die Bücher über das Familienrecht und das Erbrecht zusammenhängende soziale Vorgänge, die ihrerseits sachenrechtliche und schuldrechtliche Elemente aufweisen. Dieser ungleiche Aufbau entspricht der naturrechtlichen Vorstellung der Aufklärung, dass die Welt der Bürger in die Privatsphäre (Familie, Erbe) und die wirtschaftliche Sphäre geschieden sei, während letztere zwischen Familie und Staat angesiedelt sei. Dieses Pandektensystem steht im Gegensatz zu dem Gaianischen Institutionensystem, nach welchem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) Österreichs oder der Code Civil Frankreichs aufgebaut ist. Trotz dieses prinzipiellen Unterschiedes übte letzterer einen bedeutenden Einfluss auf das BGB aus.

Entstehung

Verkündung im Reichsgesetzblatt
Bürgerliches Gesetzbuch 1896

Vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs herrschte auf dem Gebiet des 1871 gegründeten Deutschen Reichs Rechtszersplitterung, es galt u. a. Gemeines Recht, das Preußische Allgemeine Landrecht (ALR) von 1794, der Code Civil von 1804, Badisches Recht von 1810, der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756, das Jütische Recht von 1241, der Sachsenspiegel bzw. das gemeine Sachsenrecht und das Sächsische BGB von 1865.

Den Kodifikationsbestrebungen ging der so genannte Kodifikationsstreit von 1814 zwischen Anton Friedrich Justus Thibaut und Friedrich Carl von Savigny voraus. Während der liberal eingestellte Thibaut eine einheitliche Kodifikation des bürgerlichen Rechts forderte, um den „bürgerlichen Verkehr“ (= Wirtschaftsverkehr) zu vereinfachen und zur nationalen Einheit beizutragen, stand der konservative Savigny einer Kodifikation negativ gegenüber. Für eine solche Leistung schien ihm die Rechtswissenschaft seiner Zeit noch nicht reif. Zunächst behielt die Auffassung Savignys die Oberhand.

Im Laufe der Zeit, besonders ab Gründung des Deutschen Reiches 1871, verstärkten sich aber die Forderungen nach einem bürgerlichen Gesetzbuch. Bereits 1867 wurde im Reichstag des Norddeutschen Bundes beantragt, die Kompetenz zur Regelung des Bürgerlichen Rechts dem Bund zuzuweisen, was aber abgelehnt wurde. Zwei Jahre später wurde ein weiterer Antrag gleichen Inhalts eingereicht, welcher nun angenommen wurde, allerdings folgenlos blieb. 1873 beschlossen Reichstag und Bundesrat, auf Antrag der Reichstagsabgeordneten Miquel und Lasker von der Nationalliberalen Partei, eine Änderung der Reichsverfassung, die dem Reich die Gesetzgebungszuständigkeit für das gesamte Zivilrecht übertrug (siehe lex Miquel-Lasker). Eine Vorkommission machte dem Bundesrat hinsichtlich der Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuches Vorschläge, die weitgehend auf ein Gutachten des Professors für Handelsrecht, Levin Goldschmidt, zurückgingen. Die 1. Kommission, bestehend aus 9 Richtern und Ministerialbeamten und zwei Professoren, darunter der Pandektist Bernhard Windscheid, wurde 1874 einberufen und legte nach ausführlichen Beratungen 1888 den 1. Entwurf vor. Er orientierte sich stark an den Grundsätzen des gemeinen Rechts sowie an den Lehren Savignys und wurde als unsozial, unzeitgemäß, undeutsch und schwer verständlich kritisiert. Eine 1890 einberufene 2. Kommission legte 1895 unter der Leitung ihres Generalreferenten Gottlieb Planck den 2. Entwurf vor. Dieser wurde mit geringen Änderungen durch den Bundesrat als „dritter Entwurf“ 1896 dem Reichstag zugeleitet, durch diesen mit nochmals leichten Veränderungen beschlossen und am 18. August verkündet.

Das BGB trat am 1. Januar 1900 in Kraft. Es wurde vom Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) begleitet, in dem die Übergangsregelungen zum bis dahin in Deutschland geltenden Recht und Öffnungsklauseln für die Gesetzgebung der Bundesstaaten (heute: Länder) enthalten sind (sog. Landesprivatrecht). Des Weiteren ist im EGBGB das Internationale Privatrecht kodifiziert. In der Folgezeit wurden bei Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs die jeweiligen Übergangsregelungen (u. a. durch den Einigungsvertrag mit der DDR) in das Einführungsgesetz eingearbeitet.

Ideenwelt des BGB

Die Ideenwelt des BGB steht in der Tradition des überlieferten römischen Rechts (gemeines Recht) und der naturrechtlichen Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts, die die überkommene ständisch-hierarchische Ordnung zu überwinden beabsichtigten. Das gemeine Recht hat in Deutschland im 19. Jahrhundert durch die Pandektenwissenschaft einen starken Auftrieb erhalten. Tragend für das BGB ist die Vorstellung von Freiheit und rechtlicher Gleichheit aller am Privatrechtsverkehr teilnehmenden Personen. Diese Prinzipien finden in der Privatautonomie ihren Ausdruck. Dementsprechend gibt das BGB dem Rechtsgenossen als Werkzeug für die Verwirklichung der Privatautonomie das Rechtsgeschäft in die Hand, vermöge dessen der einzelne seine Rechtsbeziehungen in Selbstbestimmung und Selbstverantwortung gestalten kann. Wichtige Ausprägungen der Privatautonomie sind die Vertragsfreiheit (§ 305 BGB a.F., jetzt § 311 Abs. 1 BGB n.F.) und die Testierfreiheit (§§ 1937 bis 1941 BGB). Auch die Vermögensordnung ist im Wesentlichen privatnützig ausgestaltet (§ 903 BGB). Gesellschaftspolitisch war die Funktion des BGB, für die wirtschaftlichen Unternehmungen des aufstrebenden Bürgertums einen geeigneten rechtlichen Rahmen zu bilden.

Im Gegensatz zu dem freiheitlich geprägten Schuldrecht, Sachenrecht und Erbrecht folgte das Familienrecht weitgehend der überkommenen patriarchalischen Tradition, die sich vor allem in der Verwaltung und Nutznießung des Vermögens der Ehefrau durch den Ehemann (§ 1363 BGB a.F.), dem Entscheidungsrecht des Ehemanns in ehelichen Angelegenheiten (§ 1354 BGB a.F.) und der Wahrnehmung der elterlichen Sorge durch den Vater (§ 1627 BGB a.F.) niederschlug. Andererseits führte das BGB die durch das Personenstandsgesetz von 1875 eingeführte verpflichtende Zivilehe mit ihrer grundsätzlichen Scheidbarkeit fort.

Trotz der vorherrschenden liberalen und individuellen Züge des BGB fand ein Ausgleich zwischen den Interessen der nachständischen Gesellschaft, der Industrialisierung und der politischen Ordnung des Kaiserreichs statt. Dieser erfolgte im Wege von Vorbehaltsklauseln für die einzelstaatliche Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Privatrechts (siehe EGBGB).

Historische Kritik am BGB

Beispielhaft für die historische Kritik am BGB sind die Ausführungen Otto von Gierkes nach dem ersten Entwurf („kleiner Windscheid“). Nach seiner Auffassung war das BGB von zu wenig deutschrechtlichem Gedankengut getragen. In seiner Veröffentlichung „Der Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht“ von 1889 schrieb er: „Wird dieser Entwurf nicht in diesem oder jenem wohlgelungenen Detail, sondern als Ganzes betrachtet, wird er auf Herz und Nieren geprüft und nach dem Geiste befragt, der in ihm lebt, so mag er manche lobenswerte Eigenschaften offenbaren. Nur ist er nicht deutsch, nur ist er nicht volkstümlich, nur ist er nicht schöpferisch – und der sittliche und sociale Beruf einer neuen Privatrechtsordnung scheint in seinen Horizont überhaupt nicht eingetreten zu sein! Was er uns bietet, das ist in seinem letzten Kern ein in Gesetzesparagraphen gegossenes Pandektenkompendium. […] Das innere Gerüst des ganzen Baues vom Fundament bis zum Giebel entstammt der Gedankenwerkstätte einer vom germanischen Rechtsgeiste in der Tiefe unberührten romanischen Doktrin.[…] Mit jedem seiner Sätze wendet dieses Gesetzbuch sich an den gelehrten Juristen, aber zum deutschen Volke spricht es nicht. […] In kahler Abstraktion löst es auf, was von urständigem und sinnfälligem Rechte noch unter uns lebt“.

Ein weiterer Kritikpunkt von Gierkes war die Ausrichtung persönlicher Rechte auf die Privatnützigkeit. Betreffend die romanische Doktrin des ersten Entwurfes führt er in einer Rede vor der Wiener Juristischen Gesellschaft desselben Jahres aus:„Mit dem Satze ‚kein Recht ohne Pflicht‘ hängt innig unsere germanische Anschauung zusammen, daß jedes Recht eine ihm immanente Schranke hat. Das romanische System an sich schrankenloser Befugnisse, welche nur von außen her durch entgegenstehende Befugnisse eingeschränkt werden, widerspricht jedem sozialen Rechtsbegriff. Uns reicht schon an sich keine rechtliche Herrschaft weiter, als das in ihr geschützte vernünftige Interesse es fordert und die Lebensbedingungen es zulassen.“

Weiter wurde kritisiert, dass das BGB mit seiner formalen Gleichheit der Rechtsgenossen der wirtschaftlichen und intellektuellen Verschiedenheit der Einzelnen nicht gerecht werde. Die Privatautonomie als bloße Möglichkeit der wirtschaftlichen und rechtlichen Selbstverwirklichung begünstige auf längere Sicht die schnellen, flexiblen, wissenden und vermögenshaltenden Kräfte der Gesellschaft. Demgegenüber hätten die Verhältnisse der Lohnarbeiterklasse in den allgemeinen Vorschriften über den Dienstvertrag (§§ 611 ff.Vorlage:§§/Wartung/juris-seite BGB) nur eine völlig unzureichende Regelung erfahren, da diese auf Dienste vorindustrieller Prägung zugeschnitten seien.

Entwicklung

Kaiserzeit

In den ersten 14 Jahren seines Bestehens begannen Rechtsprechung und Rechtswissenschaft mit der Entwicklung der Dogmatik des BGB. Die Gerichte ergänzten das geschriebene Recht etwa um das Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung, das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder die vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohende Rechtsverletzungen.

Weimarer Republik

In der Weimarer Republik trat mehr ins Blickfeld, dass es dem BGB an Schutzvorschriften zugunsten wirtschaftlich schwächerer Bürger im Miet- und Arbeitsrecht fehlte. Im Arbeitsrecht begann bereits in dieser Zeit die Tendenz zur Sondergesetzgebung, die heute zu einer Vielzahl von Arbeitsgesetzen und einer unübersichtlichen Rechtsprechung geführt hat.

Auf dem Gebiet des Schuldrechts entwickelte die Rechtsprechung auch vor dem Hintergrund der Inflation das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Zeit des Nationalsozialismus

Der nationalsozialistische Gesetzgeber änderte zunächst das Familien- und Erbrecht. Da die Generalklauseln, insbesondere § 242 („Treu und Glauben“), „Einfallstore“ für eine Rechtsdogmatik im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie darstellten, wurde auf umfangreiche Änderungen an den ersten drei Büchern des BGB verzichtet. Allerdings arbeitete die nationalsozialistische Führung an einem Volksgesetzbuch, welches das immer noch dem liberalen Gleichheits- und Freiheitsgedanken verpflichtete BGB ablösen sollte. Das Eherecht wurde 1938 durch das Ehegesetz aus dem BGB herausgenommen. Es wurde 1946 entnazifiziert vom Kontrollrat neu veröffentlicht und nach und nach (Scheidungsrecht 1976, restliches Eherecht 1998) in das BGB (§§ 1303 ff. BGBVorlage:§§/Wartung/juris-seite) zurückgeführt.

Besatzungszeit

Die Besatzungsmächte nahmen wesentliche Änderungen des NS-Regimes am BGB zurück. Die Entwicklung des BGB ist ab diesem Zeitpunkt in eine west- und ostdeutsche Entwicklung zu unterteilen.

Entwicklung in der DDR

Durch die Gesetzgebung der Deutschen Demokratischen Republik wurde das BGB schrittweise außer Kraft gesetzt, da es mit der sozialistischen Ideologie nicht vereinbar war. Nacheinander wurden das Familienrecht in ein an die veränderten Lebensverhältnisse angepasstes „Familiengesetzbuch“ (1966), das Arbeitsrecht in ein „Gesetzbuch der Arbeit“ (1961, 1978 ersetzt durch das „Arbeitsgesetzbuch“), die übrigen Teile in das „Zivilgesetzbuch“ (1976) und das „Vertragsgesetz“ (1982) überführt. Das Recht war einer sozialistischen Wirtschaftsordnung untergeordnet. Der Vertrag diente als Instrument der Planwirtschaft. Mit der Wirtschafts- und Währungsunion zum 1. Juli 1990 und der Deutschen Wiedervereinigung zum 3. Oktober 1990 endete dieser Sonderweg. Das BGB wurde mit umfangreichen Übergangsregelungen für das Gebiet der ehemaligen DDR (Art. 230 – 237 EGBGB) wieder gesamtdeutsches Recht.

Entwicklung in Westdeutschland

Mit dem 31. März 1953 wurde das Familienrecht des BGB, soweit es gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau verstieß, unwirksam (Art. 117 Abs. 1, Art. 3 GG). Dem trug der Gesetzgeber durch das Gleichberechtigungsgesetz von 1957 weitgehend Rechnung, indem das Güterrecht auf die bis heute geltende Zugewinngemeinschaft umgestellt und das Entscheidungsrecht des Ehemanns in ehelichen Fragen aufgehoben wurde. Das Eherechtsgesetz von 1976 beseitigte das gesetzliche Leitbild der Hausfrauenehe.

Sehr umstritten war hingegen im Scheidungsrecht die Abkehr vom Verschuldensprinzip hin zum Zerrüttungsprinzip. Das Gesetz für die Rechtsstellung nichtehelicher Kinder von 1969 beseitigte die Ungleichbehandlung zwischen ehelichen und unehelichen Kindern und verwirklichte so die Forderung von Art. 6 Abs. 5 GG.

In den folgenden Jahren wurden zahlreiche Verbraucherschutzgesetze außerhalb des BGB erlassen, so z. B. das Haustürwiderrufsgesetz oder das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB-Gesetz“), so dass die Übersichtlichkeit litt und der Charakter des BGB als Gesamtkodifikation in Mitleidenschaft gezogen wurde. Mittlerweile sind die meisten dieser Gesetze aufgehoben und in das BGB bzw. in das EGBGB aufgenommen.

Entwicklung seit 1990 in Gesamtdeutschland

1992 wurde durch das Betreuungsgesetz das Recht der Vormundschaft über Erwachsene abgeschafft und durch die Betreuung (§§ 1896 ff.Vorlage:§§/Wartung/juris-seite BGB) ersetzt. 1998 erfolgte eine große Reform des Kindschaftsrechtes (unter anderem Neuregelungen zur endgültigen Beseitigung der Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern) sowie die Rückverlagerung des Eherechtes in das BGB.

Die letzte größere Überarbeitung erfolgte im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung, die mit Beginn des Jahres 2002 in Kraft getreten ist und durch die unter anderem verschiedene Verbraucherschutzrichtlinien der Europäischen Gemeinschaft umgesetzt wurden. Zu diesem Anlass wurden viele der erwähnten Nebengesetze in das BGB aufgenommen. Außerdem wurden die positive Vertrags- oder Forderungsverletzung und andere von der Wissenschaft und der Praxis (weiter-)entwickelte Rechtsinstitute ausdrücklich gesetzlich geregelt. Das gesamte Recht der Leistungsstörungen sowie das Verjährungsrecht wurden überarbeitet. Aus Anlass dieser Überarbeitung, die die tiefgreifendste seit Bestehen des BGB überhaupt war, wurde erstmals eine amtliche Neubekanntmachung des Wortlauts des Gesetzes vorgenommen (Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42)).

Das Zivilrecht in anderen Rechtsordnungen

Die vergleichbare Kodifikation in Österreich ist das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB). In der Schweiz ist es das Zivilgesetzbuch (ZGB) von 1907, das historisch gesehen auf den Erfahrungen des deutschen BGB aufbaute, aber als moderner und klarer gilt. Was die Zeitpriorität anbelangt, wird häufig übersehen, dass das BGB seinerseits auf das Schweizerische Obligationenrecht von 1881, das heute formell Bestandteil des ZGB ist, folgte. Das BGB wurde u. a. von Japan und Griechenland als Vorbild für das dortige Zivilrecht verwendet. Japan übernahm Ende des 19. Jahrhunderts eine der Entwurfsfassungen des BGB fast unverändert.

Literatur

Entstehungsmaterialien und Protokolle

  • Motive zu dem Entwurfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Amtliche Ausgabe. Bd. 1–5, Berlin/Leipzig 1888.
  • Benno Mugdan: Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Berlin 1899.
  • Horst Heinrich Jakobs, Werner Schubert (Hrsg.): Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen (Berlin / New York ab 1978, mehrere Bde.).

Diskussionen und Literatur zur Zeit der BGB-Entstehung

  • Georg Maas: Bibliographie des bürgerlichen Rechts. Verzeichnis von Einzelschriften und Aufsätzen über das im Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich vereinigte Recht. Bd. I. 1888–1898. Berlin 1899. Bd. II. 1899. Berlin 1900.

Zur Geschichte

Kommentare

Einführende Lehrbücher

Weblinks

 Commons: Bürgerliches Gesetzbuch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schwab/Löhnig: Einführung in das Zivilrecht. C. F. Müller, Regensburg 2010, S. 12.
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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