Eurostar 320

Eurostar 320
Eurostar 320
Modell eines Eurostar 320 bei seiner Vorstellung im Londoner Hyde Park am 7. Oktober 2010
Anzahl: 10[1]
Hersteller: Siemens Mobility
Baujahr(e): 2012 bis 2014
Spurweite: 1435 mm[1]
Länge: 390,2 m
Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h
Dauerleistung: 16.000 kW
Stromsystem: 25 kV 50 Hz~
1,5 kV=
3 kV=
Stromübertragung: Oberleitung, 8 Stromabnehmer[1]
Anzahl der Fahrmotoren: 32
Bremse: Elektromotorische Bremse, Widerstandsbremse, Druckluftbremse
Sitzplätze: rund 900

Als Eurostar 320[1] (teils auch Eurostar e320[1] oder Eurostar E320) wird eine geplante Baureihe von Hochgeschwindigkeitszügen der Eurostar Group bezeichnet, die ab 2014[1] als Ergänzung zu den bisherigen Eurotunnelzügen TGV (Bezeichnung Class 373) in Betrieb gehen soll. Die zehn geplanten Züge werden die fünfte Variante der Velaro-Plattform des Herstellers Siemens Mobility bilden und für eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h ausgelegt sein.

Inhaltsverzeichnis

Konzeption und Technik

Die 390 Meter langen Züge werden aus zwei End- und 14 Mittelwagen gebildet aus Aluminium-Wagenkästen bestehen und durchgehend begehbar sein. Sie tragen je vier Stromabnehmer für 1,5 und 3 kV Gleichstrom sowie für 25 kV Wechselstrom. Eine Ausrüstung für 15 kV Wechselstrom, einschließlich vier weiterer Stromabnehmer, ist als Option vorgesehen.[1]

Die Triebzüge werden entsprechend der Velaro-Plattform den verteilten Antrieb besitzen, bei dem mehrere Achsen über den Zug verteilt angetrieben werden. Dabei wird am für Passagiere durchgängigen Wagenübergang zwischen den angetriebenen Wagen 8 und 9 eine spezielle Kupplung zur einfachen Trennung des Zuges angebracht. Es wird damit jedoch keine Fahrten für achtteilige Halbzüge, wie bei anderen Velaro-Baureihen üblich, geben. Im Gegensatz dazu werden die bisherigen Tunnelzüge TGV (Bezeichnung Class 373) von reinen Triebköpfen angetrieben.

Ausstattung

Die Triebzüge sollen eine Kapazität von 900 Sitzplätzen und eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h haben.[2][3]

Auftragsvergabe

Auf einer Pressekonferenz am 7. Oktober 2010 gab Eurostar in London bekannt, einen Auftrag über zehn neue Hochgeschwindigkeitszüge mit einer Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h an den Hersteller Siemens zu vergeben. Die Investition von 700 Millionen Britischen Pfund, die auch Modernisierungsmaßnahmen an der bestehenden Flotte mit einschließt, soll über Eigenmittel und Banken finanziert werden.[1]

Am 3. Dezember 2010 wurde der Vertrag zur Lieferung von zehn Hochgeschwindigkeitszügen[4] von Eurostar-Chef Nicolas Petrovic und dem Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG, Peter Löscher, in London unterzeichnet. Zur Erfüllung des Vertrags wird vorausgesetzt, dass die überarbeiteten Regeln für die Verwendung von verteilter Traktion im Eurotunnel rechtzeitig angepasst werden.

Im Oktober 2011 begann im Siemens-Werk Krefeld-Uerdingen die Fertigung der ersten Rohbauteile[5]. Die Montage der Züge soll Anfang 2012 beginnen. (Stand: Juli 2011)[6]

Rechtsstreit um die Vergabe

Das Verkehrsunternehmen Eurostar Group mit Sitz in London, bestehend aus einer Gemeinschaft aus französischen (mit einer Mehrheitsbeteiligung von 55%), britischen und belgischen Eisenbahnunternehmen, betreibt bisher ausschließlich TGV-Fahrzeuge des französischen Herstellers Alstom. Die Bekanntgabe, dass der Münchner Konzern Siemens den Auftrag über künftige Züge erhalten solle, schlug politische Wellen.

Ein Antrag des konkurrierenden Anbieters Alstom auf eine einstweilige Verfügung[7] vor dem High Court in London gegen die Vergabe[8] wurde nach viertägiger Anhörung[9] am 29. Oktober 2010[9] abgewiesen.[10] Alstom wurde verpflichtet, 80 Prozent der Gerichtskosten von Eurostar und Siemens zu tragen.[9]

Das Unternehmen hatte geltend gemacht, dass seine Rechte auf Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung verletzt worden seien.[7] Eine Vergabe an Siemens würde die Stellung Alstoms auf dem europäischen Markt für Hochgeschwindigkeitszüge schwächen. Nach Angaben von Eurostar sei das Angebot von Siemens mit 98 von 100 möglichen Punkten besser gewesen als das von Alstom (mit 74 Punkten). Dem Alstom-Angebot habe es in allen Bereichen an der notwendigen Detaillierung gemangelt.[9] Der Alstom AGV sei dabei unter anderem aufgrund zu großer Achslasten ausgeschieden, die eine Neukonzeption der AGV-Züge erfordert hätten.[1]

Der Vertrag zwischen Eurostar und Siemens sollte ursprünglich im Herbst 2010 unterzeichnet werden.[7] Am 10. November 2010 reichte Alstom eine Klage gegen Eurostars Vergabeverfahren vor dem High Court ein. Bei einer vorläufigen Anhörung am gleichen Tag ordnete das Gericht die Offenlegung der dem Auswahlverfahren zu Grunde liegenden Dokumente binnen drei Wochen an. Gegen diese Veröffentlichung gerichtete Anträge von Siemens und Eurostar wurden abgewiesen. Die Verhandlung soll im Oktober 2011 beginnen.[9] Mit einem Urteil wird für 2012 gerechnet (Stand: Juli 2011).[6]

Kurz vor der Vertragsunterzeichnung mit Siemens sind die beiden Vertreter der französischen Staatsbahn im Eurostar-Aufsichtsrat zurückgetreten.[11]

Am 21. März 2011 gab die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) eine positive Stellungnahme zum verteilten Antrieb ab, wie er im Velaro eingesetzt wird.[12] Die britisch-französische Tunnelsicherheits-Kommission IGC (Intergovernmental Commission) stimmte im Juni 2011 den Ausführungen der ERA in einem Grundsatzentscheid zu.[6] Damit begann die Rohbaufertigung der Züge im Juli 2011.

Betrieb

Die Züge sollen ab 2014 in Betrieb gehen.[1]

Mit den Zügen soll die Zahl der Ziele im Eurostar-System erweitert werden. Eine Entscheidung über die geplanten Halte ist (Stand: Oktober 2010) dabei noch nicht gefallen.[1]

Darüber hinaus ist der Umbau des Londoner Depots Temple Mills zur künftigen Wartung des Eurostar 320 Vertragsbestandteil.

Weblinks

 Commons: Eurostar e320 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k Eurostar to buy Velaro trains, for operation to Amsterdam. In: Today's Railways Europe, Heft 179 (Dezember 2010), ISSN 1354-2753, S. 6–8.
  2. New Eurostar Fleet. Dokument auf den Seiten von eurostar4agens.com vom 7. Oktober 2010, aufgerufen am 7. Oktober 2010.
  3. Railway Gazette: Eurostar picks velaro to expand fleet. In: Railway Gazette (Onlineausgabe), 1. Oktober 2010.
  4. Kreise: Siemens und Eurostar unterzeichnen Zugauftrag. Reuters-Meldung vom 3. Dezember 2010
  5. http://business.blogs.cnn.com/2011/10/28/the-tidy-business-of-trains-but-messy-business-of-railways/
  6. a b c Jens Hartmann, Gesche Wüpper: Siemens startet mit Bau der Eurostar-Züge. In: Die Welt, 2. Juli 2011.
  7. a b c Siemens: Züge für Eurotunnel sind sicher. In: Handelsblatt, Nr. 208, 27. Oktober 2010, S. 27.
  8. Alstom klagt gegen Siemens-Züge. In: Frankfurter Rundschau, 20. Oktober 2010.
  9. a b c d e Eurostar train order – Alstom's complaint dismissed. In: Modern Railways. Bd. 67, Nr. 747, 2010, ISSN 0026-8356, S. 30 f.
  10. Alstom will Eurostar mit einer zweiten Klage ausbremsen. In: Handelsblatt, Nr. 220, 12./13. November 2010, S. 29.
  11. Neue Eurostar-Züge kommen aus Uerdingen. Rheinische Post, 20. Dezember 2010, zuletzt gesichtet am 21. Dezember 2010.
  12. European Railway Agency (Hrsg.): TECHNICAL OPINION OF THE EUROPEAN RAILWAY AGENCY REGARDING: THE SAFETY RELATED ASPECTS OF THE IGC‟S CONCLUSIONS AS SET OUT IN ITS LETTER OF 31 MARCH 2010. Dokument vom 21. März 2011.

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