Üble Nachrede

Üble Nachrede

Die Üble Nachrede nach § 186 StGB (D), § 111 StGB (A) und Artikel 173 StGB (CH) ist eine Form der Beleidigung, die sich von dieser jedoch in der Begehungsform unterscheidet. Bei der Üblen Nachrede wird insbesondere eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung unter Strafe gestellt. Entscheidend ist, dass die (vorgeworfene) Tatsache nicht „erweislich wahr“ ist, d. h. kein Wahrheitsbeweis vorliegt.

Ist die Tatsachenbehauptung unwahr und weiß dies der Täter der vermeintlichen Üblen Nachrede, so handelt es sich stattdessen um eine Verleumdung nach § 187 StGB.

Inhaltsverzeichnis

Gesetzestext

Deutschland

§ 186 StGB:

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Liechtenstein

§ 111 Absatz 1 StGB:

Wer einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstossenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Wenn die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist, erhöht sich der Strafrahmen auf ein Jahr (§ 111 (2)); die Tat ist straffrei, wenn die Behauptung als wahr erwiesen wird (§ 111 (3)). Nach § 31 StPO (Liechtenstein) muss eine zur Privatanklage berechtigte Person „bei sonstigem Verlust ihres Anklagerechtes, binnen sechs Wochen von dem Tag, an dem ihr die strafbare Handlung und der der Tat hinlänglich Verdächtige bekannt geworden sind, einen Verfolgungsantrag gegen diesen stellen. Dieser Antrag kann auch auf die Einleitung der Untersuchung oder auf die Bestrafung des Täters gerichtet sein und muss beim Strafgericht mündlich oder schriftlich gestellt werden“.

Österreich

§ 111 Absatz 1 StGB:

Wer einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Wenn die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ist, erhöht sich der Strafrahmen auf ein Jahr (§ 111 (2)); die Tat ist straffrei, wenn die Behauptung als wahr erwiesen wird (§ 111 (3)). Die Sechs-Wochen-Frist (wie sie in Liechtenstein noch gilt) für Privatanklagedelikte nach § 46 StPOalt ist ab dem 1. Januar 2008 in der österreichischen StPO aufgehoben worden. Grundsätzlich ist nunmehr die spezielle Verjährungsfrist nach den §§ 57 f. StGB zu beachten. Die Privatanklage ist nun in § 71 StPOneu geregelt.

Schweiz

Die üble Nachrede wird in der Schweiz durch den Artikel 173 des Schweizer Strafgesetzbuchs unter Strafe gestellt. Ebenfalls strafbar ist gemäß Artikel 175 die üble Nachrede oder Verleumdung gegen einen Verstorbenen oder einen verschollen Erklärten

„Üble Nachrede

  • 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
  • 2. Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar.
  • 3. Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen.
  • 4. Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden.
  • 5. Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat der Richter dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen.“

Im Militärstrafrecht enthält Art. 145 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 1927 (MStG; SR 321.0) eine entsprechende Strafnorm.

Tathandlungen

  • Tatsache behaupten (das heißt, der Autor identifiziert sich mit der Behauptung)
  • Tatsache verbreiten (das heißt, der Autor zitiert eine tatsächlich oder vermeintlich fremde Behauptung, und sei es auch nur „unter dem Siegel der Verschwiegenheit“).

In beiden Fällen muss dies in „Beziehung auf einen anderen“ geschehen. Es muss sich also um eine andere Person handeln, oder um eine Personengruppe, die genau bestimmbar sein muss (Beispiel: „die Betrüger der Sparbank Dortmund“).

Wird dagegen die Behauptung direkt gegenüber der beleidigten Person geäußert, kommt alleine Beleidigung in Frage.

Wenn eine Tatsache eine Straftat ist, so kommt es auf ein eventuelles Urteil an. Je nachdem liegt Üble Nachrede vor oder nicht.

Werturteile sind keine üble Nachrede, aber u. U. eine Beleidigung.

Wahrheitsbeweis

Objektive Bedingung der Strafbarkeit ist die Nichterweislichkeit der Wahrheit der Tatsache. Gerade durch die dogmatische Einordnung der Nichterweislichkeit als objektive Bedingung der Strafbarkeit muss der Beschuldigte (Angeklagte) auch die Beweislast hierzu tragen.

Der Wahrheitsbeweis spielt in vielen Ehrenschutzverfahren eine erhebliche Rolle. Er ist schrankenlos zugelassen.

Konsequenzen der Behauptung oder Verbreitung

Die Aussage (Tatsache) muss geeignet sein, die Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.

Zu beachten ist, dass im Einzelfall die Tat nach § 193 StGB (D) – Wahrnehmung berechtigter Interessen – gerechtfertigt sein kann, etwa wenn die Behauptung guten Glaubens im Rahmen eines Prozesses oder einer Strafanzeige aufgestellt wurde. Die Meinungsfreiheit kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Wahrnehmung berechtigter Interessen begründen, wenn es sich um bewusst oder erwiesenermaßen unwahre Tatsachenbehauptungen handelt.

Üble Nachrede und Beleidigung werden von der Staatsanwaltschaft nur im Falle eines öffentlichen Interesses verfolgt; dafür muss in der Regel der Rechtsfrieden über die Person des Beleidigten hinaus gestört sein oder ein besonders schwerer Fall vorliegen. Ansonsten wird das Verfahren eingestellt und der Verletzte auf die Möglichkeit der Privatklage verwiesen, §§ 374 ff. StPO.

Verwandte Sachverhalte

Wird eine ehrverletzende Tatsachenbehauptung gegenüber dem Adressaten geäußert, liegt eine Beleidigung nach § 185 StGB vor.

Verleumdung nach § 187 StGB (D) ist ein Spezialfall der Beleidigung. Hier ist die Tatsachenbehauptung nachweislich unwahr.

Siehe auch

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