Trassenpreissystem

Trassenpreissystem

Das Trassenpreissystem (TPS) der Deutschen Bahn AG ist ein System zur Bepreisung von Fahrplantrassen im Schienennetz von DB Netz. Jedwede Zugfahrt eines Eisenbahnverkehrsunternehmens auf dem rund 34.000 km langen Streckennetz wird nach dem TPS abgerechnet.

Das TPS ist dabei das maßgebliche System zur Bepreisung von Zugfahrten auf deutschen Eisenbahnstrecken. Andere Eisenbahninfrastrukturunternehmen (insbesondere in anderen Staaten) wenden andere Tarifsysteme zur Bepreisung für Fahrten auf dem Schienennetz an.

Im Geschäftsjahr 2009 verkaufte DB Netz 989,8 Millionen Trassenkilometer. Davon entfielen 170,3 Millionen Trassenkilometer auf Eisenbahnverkehrsunternehmen, die nicht zum DB-Konzern gehören. 77 Prozent der Nachfrage (einschließlich Baustellenverkehren) entfielen auf den Personenverkehr, der Rest auf den Güterverkehr. 3,887 Milliarden Euro (94 %) des Jahresumsatzes von 4,123 Milliarden Euro erzielte das Unternehmen dabei aus Trassenentgelten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Entgeltsystematik

Der Preisbildung im Rahmen des Trassenpreissystems (Stand: 2011) liegt dabei die Einordnung des Schienennetzes in zwölf Streckenkategorien zu Grunde. In Abhängigkeit von zulässiger Streckenhöchstgeschwindigkeit, Ausstattung und Verkehrsnutzung ist das Streckennetz in sieben Kategorien von Fernstrecken, drei Kategorien des S-Bahn-Verkehrs sowie zwei Kategorien von Zulaufstrecken eingeteilt. Die daraus abgeleiteten Grundpreise liegen (Stand: 2011) zwischen 1,73 Euro (S-Bahn-Strecke) und 8,55 Euro (Fernstrecke für mehr als 280 km/h) je Zugkilometer (jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer).[2] Eine Fahrplantrasse setzt sich in der Regel aus zahlreichen (metergenauen) Streckenabschnitten zusammen, die entsprechend bepreist werden. Die daraus ermittelte Summe wird mit einem Faktor für ein Trassenprodukt multipliziert.

In Abhängigkeit von Priorität und Verkehrsart enthält das System neun Trassenprodukte (fünf für den Personen- und vier für den Güterverkehr). Eigene Trassenprodukte stehen dabei unter anderem für den Taktverkehr sowie für Leerzüge des Güterverkehrs zur Verfügung. Der Trassenprodukt-Faktor liegt zwischen 0,5 (Zubringerfahrt eines Güterzugs) und 1,8 (Personenverkehrstrasse höchster Priorität).[2]

Besondere Faktoren sind darüber hinaus für besonders stark ausgelastete Streckenabschnitte (Faktor 1,2) besonders langsame Züge (fahrzeugbedingt weniger als 50 km/h, Faktor 1,5) sowie schwach ausgelastete Regionalverkehrsstrecken (Regionalfaktor zwischen 1,00 und 1,91) vorgesehen.[2]

Für Züge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3000 t wird als Lastkomponente darüber hinaus ein additiver Zuschlag von 94 Cent je Zugkilometer erhoben.[2]

Neben der eigenen Nutzung der Schieneninfrastruktur ist im Trassenpreis unter anderem auch die Bearbeitung des Trassenantrags, die betriebliche und technische Koordination und Sicherung der Zugbewegungen sowie die Bereitstellung von Informationen zur Verkehrsdurchführung enthalten.[2]

Das TPS wird für Streckengleise und in den Bahnhöfen für durchgehende Hauptgleise angerechnet, eingeschlossen sind dabei die nach Fahrplan notwendigen Überhol- und Kreuzungsgleise.

Weitere Leistungen, beispielsweise die Nichtannahme einer angebotenen Trasse, die Stornierung gebuchter Trassen oder auch bahnbetriebliche Untersuchungen werden separat abgerechnet.[2]

Für die Nutzung örtlicher Infrastruktur in Bahnhöfen und Haltepunkten (zum Beispiel Abstellgleise, Rangiergleise, Elektranten für die Zugvorheizung, Wasserkrane und andere) gilt das Anlagenpreissystem (APS). Verkehrshalte an Personenbahnhöfen und -Haltepunkten von DB Station&Service werden nach dem Stationspreissystem (SPS) abgerechnet. Die für elektrische Fahrten notwendige Traktionsenergie wird von DB Energie darüber hinaus nach dem Bahnstrompreissystem (BPS) abgerechnet.

Geschichte

TPS 94

Im Juli 1994 führte die Deutsche Bahn mit dem TPS 94[2] das erste Trassenpreissystem in Europa ein.[3]

Die dem System zu Grunde liegenden Grundpreise wurden dabei durch die Kombination einer Streckentyp und Zugart gebildet. Dabei wurden, anhand von Streckenqualität und Verkehrspotential, zehn Streckenklassen unterschieden. Darauf aufbauend wurde – in Abhängigkeit von Geschwindigkeit, Gewicht und erforderlicher Planungsqualität – zwischen sieben Zugtypen des Personenverkehrs und fünf des Güterverkehrs differenziert. Die aus den beiden Kriterien abgeleiteten Grundpreise konnten darüber hinaus durch Faktoren in Bezug auf Pünktlichkeit und Streckenverschleiß (Zuggewicht) variiert werden.[4]

Darauf aufbauend waren Mengenrabatte in Höhe von bis zu 20 Prozent im Personenfern-, -nah- und Güterverkehr vorgesehen. Der zusätzlich gewährte Zeitrabatt betrug (bei der Höchstvertragslaufzeit von fünf Jahren) sechs Prozent.[4]

1994 lagen die durchschnittlichen Grundpreise im Personenfernverkehr bei 10,50 DM je Zugkilometer, im -nahverkehr bei 9,90 DM sowie im Güterverkehr bei 7,50 DM. In der höchsten Streckenklasse waren für einen ICE 28,50 DM, für einen Interregio 23,70 DM zu entrichten.[4] Die 1994 in Kraft getretene erste Stufe der Bahnreform sah dabei vor, die Vollkosten der Infrastruktur, d. h. die Kosten für deren Betrieb, Verwaltung, Instandhaltung sowie jährliche Abschreibungen, durch die Trassenerlöse zu erwirtschaften. Gleichzeitig sollte der Bund weiterhin für die aus der Infrastrukturfinanzierung resultierenden Zinsen aufkommen.[4]

Kritiker bemängelten unter anderem eine aus ihrer Sicht vorliegende Quersubventionierung anderer Verkehrsarten durch hohe Regionalverkehrstrassenpreise. Ferner hätten die gewährten Rabatte wettbewerbsverzerrend gewirkt; während der Geschäftsbereich Nahverkehr der Deutschen Bahn Rabatte in Höhe von etwa 13 Prozent für sich habe beanspruchen können, hätten alle damals im Markt befindlichen Konkurrenten zusammen nur einen Rabatt von vier Prozent erhalten können.[4]

Nach diesen und weiteren Diskussionen kam es zum 1. Januar 1995 (andere Quelle: Juli 1995[3]) zu einer ersten Anpassung des Trassenpreissystems, von der ausschließlich der Nahverkehr betroffen war: Der durchschnittliche Nahverkehrs-Trassenpreis wurde von 9,90 auf rund 9 DM je Zugkilometer gesenkt, ein neuer Tarif für (gegenüber der Fahrplanperiode 1993/94) neu eingeführte Nahverkehre geschaffen (5 DM je Zugkilometer) sowie die Mengenrabatte des Nahverkehrs auf höchstens fünf Prozent gesenkt.[4]

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kritisierte Mitte 1997, dass 1996 Netzkosten von 13,5 Milliarden DM Einnahmen in Höve von lediglich 7,1 Milliarden DM gegenübergestanden seien. Im Personenfernverkehr seien nur 83 Prozent der Kosten gedeckt gewesen, im Personennahverkehr 97 und im Güterverkehr 20 Prozent. Die Trassengebühren seien damit – entgegen anderslautender politischer Kritik – zu niedrig kalkuliert. Das Institut empfahl, die Trassenpreise an den Kapitalkosten auszurichten und das Ziel der vollständigen Kostendeckung aufzugeben. Aufgrund einer Abwertung des Anlagevermögens von 100 auf rund 20 Milliarden DM im Zuge der 1994 erfolgten Bahnreform waren in den Jahren 1994 bis 1996 kaum Abschreibungen angefallen. Ferner habe jedwede Regulierung gefehlt.[4]

Aus vielfältiger Kritik ging 1997 die Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung hervor.[4]

TPS 98

Systematik

Mitte 1998 trat eine Neuregelung des Trassenpreissystems in Kraft. Dabei wurde ein zweigeteilter Preis eingeführt. Eisenbahn-Verkehrsunternehmen konnten eine streckenbezogene Infracard erwerben, wenn sie ein zusammenhängendes Netz von 1.000 Kilometern (Personenfernverkehr), 500 Kilometern (Güterverkehr) bzw. 100 Kilometern (Personennahverkehr) bedienten. Inhaber erhielten, über die Fixkosten der Karte hinaus, günstigere Trassenpreise (variable Kosten). Zur Bepreisung wurde das Streckennetz in sechs Kategorien der Leistungsfähigkeit (Klassen K1 bis K6, im Wesentlichen in Abhängigkeit von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit[3]) sowie drei Belastungsklassen eingeteilt. Zu- und Abschläge wurden ferner anhand der nachgefragten Trasse, für Einführungsangebote, besonders aufwendige Trassenkonstruktionen oder besonders umweltfreundliche Fahrzeuge gewährt. Darüber hinaus wurden besonders günstige, vorkonstruierte Angebotstrassen angeboten.[5]

Der Preis der InfraCard wurde anhand des Umfangs und der Qualität des genutzten Netzes, der Verkehrsart und der Vertragsdauer gebildet. Die Preisbildung orientierte sich dabei an den langfristig gebundenen Kosten, den Kapitalkosten (Abschreibungen und Zinsen) sowie den Kosten der Grundinstandhaltung und Grundbetriebsführung einer Strecke ab.[3] Für die InfraCard wurde – je nach Vertragsdauer (bis zu zehn Jahre) – ein weiterer Rabatt von maximal zehn Prozent gewährt.[5] Die darauf aufbauenden Kilometerpreise enthielten keine weiteren Rabatte.[3]

Die Alternative zur InfraCard war der VarioPreis, der an Stelle einer Grundgebühr einen höheren Preis je Zugkilometer vorsah.[6]

Durch diesen zweigeteilten Preis sollten nach Angaben der Deutschen Bahn Anreize für Mehrverkehre ebenso geschaffen werden wie eine Steuerungseffizienz der Preise. Gleichzeitig sollte die Kostenstruktur des Fahrwegs besser berücksichtigt werden. Durch die Einführung von Belastungsklassen sollte ferner die Auslastungssituation stärker berücksichtigt werden. Das Preisniveau sei insgesamt so gewählt worden, dass insgesamt eine Kostendeckung von DB Netz erreicht werden sollte, wobei Entlastungen im Zuge der Bahnstrukturreform (z. B. nach BSchwAG) nicht berücksichtigt wurden. Durch in den Vorjahren erreichte Produktivitätsgewinne habe das Preisniveau insgesamt gesenkt werden können.[3]

Soweit konkurrierende Trassennachfragen anderweitig nicht aufgelöst werden konnten, sah das TPS 98 ein Höchstpreisverfahren vor. Dabei sollte Nachfrager eine von mehreren Nachfragern beanspruchte Trasse zugewiesen werden, der den höchsten über dem Niveau des TPS 98 liegenden Preis zu zahlen bereit gewesen wäre.[7]

Rechtsstreitigkeiten

Nachdem (zumindest im Güterverkehrsbereich) nur DB-eigene Verkehrsunternehmen aufgrund ihrer hohen Verkehrsleistung den Preisvorteil des InfraCard-Tarifs ausnutzen konnten, kam es zu Beschwerden beim Bundeskartellamt. Dessen Ermittlungen zeigten, dass Wettbewerbsunternehmen der DB um 25 bis 40 Prozent höhere Trassenpreise zu zahlen hatten als konzerneigene Unternehmen. Die Behörde sah darin eine rechtliche unzulässige Diskriminierung.[8] Nach Gesprächen mit dem Bundeskartellamt kündigte die Deutsche Bahn im Spätsommer 2000 die Einführung eines einstufigen, linearen Trassenpreissystems mit einheitlichen Trassenpreisen für alle Eisenbahn-Verkehrsunternehmen zum 1. Januar 2001 an.[9]

Kritiker bezweifelten indes, ob im ersten Quartal 2001 nach TPS 98 erhobene Trassenentgelte rechtens seien.[10] Das Landgericht (am 19. Juni 2002[11]) und das Oberlandesgericht Düsseldorf (am 19. Februar 2003[11]) wiesen eine Klage der DB Netz AG zurück, nachdem ein Eisenbahnverkehrsunternehmen seine Trassenkosten um den Differenzbetrag zwischen den Trassenpreissystemen 2001 und 1998 gekürzt hatte. Die auf das TPS 98 Bezug nehmende Bepreisung sei aufgrund des Verstoßes gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot nichtig.[12] Die Beklagte habe gegenüber der DB Cargo AG ein um etwa 130 Prozent höheres Nutzungsentgelt als die DB Cargo AG zu zahlen gehabt.[13] Revision ließ das Oberlandesgericht nicht zu; die Deutsche Bahn legte daraufhin Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein.[8] Diese wurde am 10. Februar 2004[11] abgewiesen. Bis dahin hatten mehrere Güterverkehrsunternehmen Verfahren zur Rückforderung überhöhter Entgelte angestrengt.[14] Die DB Netz AG klagte in derselben Sache gegen eine andere private Güterbahn vor dem Landgericht Berlin; das Verfahren wurde nach obiger BGH-Entscheidung aufgenommen.[11]

Anfang 2005 liefen mehrere von Privatbahnen gegen DB Netz angestrengte Verfahren zur Rückzahlung überzahlter Trassenpreise vor verschiedenen Landgerichten.[15] Das Landgericht Berlin wies indes im gleichen Jahr eine Unterlassungs- und Wiederrufsklage der DB Netz AG gegen einen Verband ab, der in der Überschrift einer Presseinformation davon sprach, die DB Netz AG habe von privaten Nutzern überhöhte Trassenentgelte „kassiert“.[13] Dasselbe Gericht gab im gleichen Jahr der Klage einer Privatbahn auf Rückzahlung zu viel bezahlter Trassenentgelte recht. Nach Angaben des Netzwerks Privatbahnen waren zu dieser Zeit rund ein Dutzend weitere derartige Rückzahlungsklagen anhängig.[16] Am 21. September 2005 verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main die DB Netz AG zur Rückzahlung überhöhter Trassengebühren an eine Privatbahn in Höhe von mehr als 400.000 Euro. Dies entsprach der Differenz zwischen den nach TPS 98 entrichteten Beträgen und denen, die bei rückwirkende Anwendung des TPS 01 entstanden wären.[17]

TPS 2001

Zum 1. April 2001 wurde unter der Bezeichnung TPS 2001[2] ein neues Trassenpreissystem eingeführt.[18] Es wies keine degressiven Preisvorteile für Großabnehmer mehr auf. Das durchschnittliche Preisniveau blieb unverändert, wobei durch Umverteilungen insbesondere kleinere Unternehmen profitieren sollten. Ein Grundpreis (sieben Streckenkategorien) zwischen 2,90 und 6,60 DM je Trassenkilometer wurden mit einem von sieben Produktfaktoren (0,50 bis 1,80) und ggf. Sonderfaktoren (z. B. Lademaßüberschreitungen) multipliziert.[18] Diese einstufige Grundstruktur des TPS 2001 blieb bis heute (Stand: 2010) erhalten. Verändert wurden lediglich einzelne Faktoren des modularen Systems.[2]

Die Vorstellung des neuen Systems hatte sich vom 1. Januar 2001 auf den 1. April 2001 verschoben; zu diesem Termin sollte das System rückwirkend zum 1. Januar 2001 eingeführt werden.[19]

Das Landgericht Duisburg (2005), bestätigt durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (2007), erklärten die Erhebung von Zuschlägen für Änderungs- und Kurzfristbestellungen im Rahmen des TPS 2001 für eisenbahnrechtlich unzulässig. Das Verwaltungsgericht Köln (2006), bestätigt durch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (2007), erklärte darüber hinaus die Erhebung von Zuschlägen für Sondertrassen für unzulässig. Mit der Deutschen Bahn konkurrierende Verkehrsunternehmen sahen sich durch Rabatte für Zubringertrassen des Güterverkehrs benachteiligt, von denen sie nicht hätten profitieren können.[20]

Weitere Entwicklung

Am 18. März 2002 gab die Deutsche Bahn die Einführung von Regionalfaktoren bekannt. Die Trassenpreise auf insgesamt 14.000 km (37 %) des Netzes sollten damit ab 2003 um durchschnittlich 30 Prozent steigen.[21]

Das Eisenbahn-Bundesamt untersagte der Deutschen Bahn im Oktober 2003, bei der Vergabe von Trassen unternehmenseigene „Konstruktionsprioritäten“ zu berücksichtigen. Insbesondere dürften bereits bestehende Trassen zur Abweisung von Trassenwünschen von Wettbewerbsunternehmen führen. Derartige Großvaterrechte seien unzulässig.[22] In den Jahren 2004 und 2005 bestätigten das Verwaltungsgericht Köln und das Oberlandesgericht Nordrhein-Westfalen dagegen die Zulässigkeit derartiger Vorrangtrassen als eine von fünf Konstruktionsprioritäten der Fahrplankonstruktion von DB Netz.[23]

Das so genannte Höchstpreisverfahren, bei dem eine umstrittene Trasse an den Meistbietenden versteigert wird, kam für die Jahresfahrpläne 2004 und 2005 nicht zur Anwendung.[24]

Zum 12. Dezember 2004 führte DB Netz einen 10-prozentigen Aufschlag für so genannte Sondertrassen ein. Das Unternehmen begründete dies mit dem gegenüber Regeltrassen höheren Konstruktionsaufwand für derartige Trassen. Nach einer Beschwerde verschiedener privater Eisenbahn-Verkehrsunternehmen verbot das Eisenbahn-Bundesamt mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 die Erhebung des Zuschlags.[25]

Für den Jahresfahrplan 2008 hat die DB Netz AG ihr Preissystem zur Nutzung von Trassen und Serviceeinrichtungen angepasst. Um eine bessere Auslastung zu erzielen, wird beispielsweise auf bestimmten Strecken ein Zuschlag für jene Fahrzeuge erhoben, die bauartbedingt nicht schneller als 50 km/h fahren können ("Anreizsystem zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit"). Außerdem gibt es ein "Anreizsystem zur Verringerung von Störungen", bei denen Verspätungsminuten erfasst und entsprechende Verantwortlichkeiten auch finanziell namhaft gemacht und abgerechnet werden.

Zum Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2009 setzte DB einen Bescheid der Bundesnetzagentur vom 6. April gleichen Jahres um und führte eine automatische Reduzierung von Trassenentgelten bei Fahrzeitverlängerungen infolge von infrastrukturellen Mängeln in das Trassenpreissystem ein.[1]

Mit Bescheid vom 5. März 2010 hat die Bundesnetzagentur die Regionalfaktoren des Trassenpreissystems für ungültig erklärt und der DB untersagt, diese ab 12. Dezember 2010 zu erheben. Die Behörde sieht in den Regionalfaktoren eine rechtswidrige Behinderung des Netzzugangs; die Erhebung der Zuschläge sei sachlich nicht nachvollziehbar.[26] Die Regionalfaktoren verteuern die Trassenpreise des Schienenpersonennahverkehrs im ländlichen Raum um bis zum 1,91-fachen des regulären Trassenpreises, wovon vor allem die DB-Wettbewerber betroffen sind. Im August 2010 schloss die DB Netz AG mit der Bundesnetzagentur einen Vergleich, wonach die Regionalfaktoren ab dem 11. Dezember 2011 abgeschafft werden. Bereits 2011 werden die Regionalfaktoren teilweise reduziert.[27]

Die Bundesregierung befürwortet (Stand: Juli 2010) eine lärmabhängige Gestaltung von Trassenpreisen. Das Bundesverkehrsministerium hat hierzu ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Abschlussbericht im September 2010 vorgelegt werden soll.[28] Befürworter einer solchen Lösung verweisen auf die Lenkungswirkung einer solchen Lösung auf die Eisenbahnverkehrsunternehmen.[29]

Zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2010 wurden die Trassenpreise der DB Netz nach eigenen Angaben um durchschnittlich 1,8 Prozent angehoben.[30]

Ausblick

In ihrem Koalitionsvertrag vereinbarte die Bundesregierung 2009, eine Anreizregulierung für Trassen- und Stationspreise einzuführen. Die Novellierung des Eisenbahnregulierungsrechts sei (Stand: Oktober 2011) laut Angaben der Bundesregierung in Arbeit.[31]

Die Europäische Kommission überlegt, europäische Eisenbahninfrastrukturunternehmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Eisenbahn zu verpflichten, Trassenpreise zunächst nach Grenzkosten zu setzen und diese schrittweise bis hin zu den Vollkosten zu erhöhen.[32]

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011 sollen die Trassenpreise im Durchschnitt um weitere 2,56 Prozent angehoben werden. Die Preissteigerung für Güterverkehrstrassen falle mit 1,2 Prozent dabei niedriger aus als im Personenfernverkehr (mit 2,9 Prozent). Gleichzeitig werden Storno- und Änderungsentgelte gesenkt.[33] Darüber hinaus soll die Leerzugtrasse des Personenverkehrs abgeschafft werden. Die ebenfalls entfallenden Regionalfaktoren sollen durch höhere Grundpreise in einigen Streckenklassen ersetzt werden, soweit bis 30. Juni 2011 keine anderweitige vertragliche Vereinbarung mit den betroffenen Bundesländern gefunden wird.[34]

Ab Dezember 2012 soll eine Lärmkomponente in das Trassenpreissystem eingeführt werden. Dies sieht eine am 5. Juli 2011 zwischen der Deutschen Bahn und dem Bundesverkehrsministerium abgeschlossene Grundsatzvereinbarung vor. Fahrzeuge mit so genannten Flüsterbremsen sollen damit ein niedrigeres Entgelt bezahlen, Fahrzeuge ohne derartige Bremsen ein höheres. Dadurch soll die Lärmbelastung mittelfristig um 10 dB(A) reduziert werden. Die Erweiterung des Trassenpreissystems soll in gleichen Teilen von der Deutschen Bahn und dem Bundesverkehrsministerium finanziert werden.[35] Für Fahrzeuge ohne derartige Bremsen soll demnach ein Aufschlag von zwei bis drei Prozent auf den Trassenpreis erhoben werden. Mit diesen Aufschlägen sowie Mitteln des Bundesverkehrsministeriums sollen (je zur Hälfte) bis 2020 rund 300 Millionen Euro aufgebracht werden, um 180.000 Güterwagen mit leiseren Bremsen auszustatten.[36]

DB Netz plant, mit Inkrafttreten des Fahrplans 2021/2022 die Trassenpreise signifikant zu erhöhen, womit den Auswirkungen des Zugbetriebs auf die Umwelt Rechnung getragen werden soll. Damit soll die Wirkung des bis 2020 laufenden Lärmsanierungsprogramms dauerhaft gesichert werden.[37]

Weitere Systeme der Schieneninfrastrukturbepreisung

Die Handhabung der Schienenmaut ist in einzelnen Ländern verschieden. So hat Holland die Schienenmaut vorerst ausgesetzt. In Österreich ist für den Zugang zur Schieneninfrastruktur gemäß § 10a Eisenbahngesetz ein Infrastrukturbenutzungsentgelt (IBE) zu entrichten. Das IBE wird im Sinne der Vorgaben der EU vom ÖBB-Untemehmensbereich Absatz an den ÖBB-Untemehmensbereich Infrastruktur bezahlt und dient der Finanzierung der Erhaltung bzw. Erneuerung der Infrastruktur.

In der Schweiz wird für Züge, die eine Strecke benutzen, deren Infrastruktur abgeltungsberechtigt ist, sowie für Züge abgeltungsberechtigter Sparten, die eine Eisenbahnstrecke der Schweizerischen Bundesbahnen benutzen, ein Infrastrukturbenutzungsentgelt nach den Bestimmungen der Eisenbahn-Netzzugangsverordnung vom 25. November 1998 verrechnet.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b DB Netz AG (Hrsg.): Geschäftsbericht 2009 (PDF-Datei, 2,2 MB), S. 9 f., S. 24, 45.
  2. a b c d e f g h i DB Netz AG (Hrsg.): Das Trassenpreissystem der DB Netz AG. Broschüre mit Stand vom April 2010. (PDF-Datei, 1,36 MB)
  3. a b c d e f Dagmar Haase: Das neue Trassenpreissystem der Deutschen Bahn AG. In: Internationales Verkehrswesen, Heft 10/1998, S. 460–465.
  4. a b c d e f g h Trassenpreise der Deutschen Bahn AG – diskriminierungsfrei und kostendeckend?. In: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.): Wochenbericht. 64. Jahrgang, Nr. 26/97, 26. Juni 1997, ISSN 0012-1304, S. 457–462.
  5. a b Meldung Neues Trassenpreissystem. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 9, 1998, ISSN 1421-2811, S. 340.
  6. Arnold Berndt: Diskriminierungsfalle Trassenpreise?. In: Internationales Verkehrswesen, Heft 5/2001, S. 199–202.
  7. Günter Knieps: Das neue Trassenpreissystem: volkswirtschaftliche Vorteile eines zweistufigen Systems. In: Internationales Verkehrswesen, Heft 10/1998, S. 465–470.
  8. a b Roman J. Brauner: Berufungsurteil im Trassenpreisstreit – oder „Vom ewigen Unterliegen“. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 6/2003, ISSN 1421-2811, S. 278 f.
  9. Meldung Lineares Trassenpreissystem. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2000, ISSN 1421-2811, S. 426.
  10. Roman J. Brauner, Michael Sattler: Trassenpreissysteme der DB – zum rechtlichen Umgang mit der Vergangenheit. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2001, ISSN 1421-2811, S. 462–464.
  11. a b c d Roman J. Brauner, Bernd H. Uhlenhut: Trassenpreisstreit II – 2 : für Privatbahnen?. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2004, ISSN 1421-2811, S. 479.
  12. Trassenpreisstreit: Rückforderungswelle kommt in Gang. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2003, ISSN 1421-2811, S. 194.
  13. a b Bernd Uhlenhut: Die DB Netz AG und die Meinungsfreiheit. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2005, ISSN 1421-2811, S. 244.
  14. Meldung Beschwerde abgewiesen. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2004, ISSN 1421-2811, S. 194.
  15. Roman J. Brauner: Bahnstrompreissysteme rechtswidrig. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 3/2005, ISSN 1421-2811, S. 144 f.
  16. Meldung DB Netz unterliegt im Streit um Trassenpreise. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2005, S. 450.
  17. Meldung DB Netz wieder verurteilt. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 11/2005, S. 511.
  18. a b Neues Trassenpreissystem der DB Netz AG. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2001, ISSN 1421-2811, S. 229.
  19. Meldung Neues Trassenpreissystem später. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 2/2001, ISSN 1421-2811, S. 50 f.
  20. Roman J. Brauner: Trassenpreissystem der DB Netz AG rechtswidrig. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 12/2008, ISSN 1421-2811, S. 618 f.
  21. Helmut Schad, Hubert Riedle: Regionalisierung der Eisenbahninfrastruktur in Deutschland – neue Lösungen sind dringend gefragt. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2002, ISSN 1421-2811, S. 478–481.
  22. Meldung EBA beanstandet Trassenvergabe. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 12/2003, ISSN 1421-2811, S. 528.
  23. Reinhard Ruge: Verwaltungsgericht bestätigt Zulässigkeit vertraglicher Bindungen bei der Trassenvergabe: „Grossvaterrechte rechtmässig“. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2005, ISSN 1421-2811, S. 496 f.
  24. Meldung Fahrplan 2005 steht. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 11/2004, ISSN 1421-2811, S. 483.
  25. Meldung EBA: DB-Zuschläge rechtswidrig. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 2/2005, ISSN 1421-2811, S. 52.
  26. Meldung Regionalfaktoren ungültig. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5, 2010, ISSN 1421-2811, S. 210.
  27. Regionalfaktoren entfallen ab Dezember 2011. Bundesnetzagentur, 19. August 2010, abgerufen am 19. August 2010.
  28. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gustav Herzog, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Drucksache 17/2056 –: Maßnahmen zur Verbesserung des Lärmschutzes im Landverkehr. Drucksache 17/2638 vom 26. Juli 2010, S. 11.
  29. Markus Hecht, Yacin Ben Othman: Kostenmindernde Einbindung der Betreiber durch lärmbasiertes Trassenpreiskonzept. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 5/2004, ISSN 1421-2811, S. 210–212.
  30. DB Netz erhöht Trassenpreise für 2011 um 1,8 Prozent. In: DB Welt, Ausgabe April 2010, S. 10.
  31. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Martin Burkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Drucksache 17/7080 – Umsetzung des Koalitionsvertrags – Halbzeitbilanz der Bundesregierung im Bereich Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Drucksache 17/7296 vom 12. Oktober 2011, S. 12.
  32. EU knöpft sich die Bahn vor. In: Handelsblatt. Nr. 37, 22. Februar 2011, ISSN 0017-7296, S. 8.
  33. DB Netz AG: Trassenpreise erhöhen sich. Eurailpress, 17. Februar 2011.
  34. Preise für Trassen und Anlagen steigen moderat. In: NetzNachrichten, Ausgabe 1/2011 (PDF-Datei, 1,2 MB), ZDB-ID 2548162-9, S. 4.
  35. Deutsche Bahn AG (Hrsg.): Bundesverkehrsministerium und Bahn planen Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems. Presseinformation vom 5. Juli 2011.
  36. Lärmaufschlag soll für leisere Züge sorgen. In: Welt online, 6. Juli 2011.
  37. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Dr. Anton Hofreiter, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/6867 –. Drucksache 17/7050 vom 20. September 2011.

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