Ruhrstadt

Ruhrstadt
Verwaltungsstruktur im Regionalverband Ruhr; Regierungsbezirke Münster und Arnsberg im LWL, Düsseldorf im LVR

Die Bezeichnung Ruhrstadt steht für Pläne einer Städtefusion des Ruhrgebietes, das heute der größte Ballungsraum Deutschlands ist. Bisher besteht mit dem Regionalverband Ruhr eine übergreifende Zusammenarbeit der Städte und Kreise des Ruhrgebietes, die im Einzelnen jedoch unterschiedliche Standpunkte gegenüber einer möglichen Fusion vertreten. Nach der Initiative Ruhrstadt soll der Name Ruhrstadt als ein erster Schritt in diese mögliche Richtung das Zusammengehörigkeitsgefühl der Städte des Ruhrgebietes fördern.[1] Der Name Metropole Ruhr wirbt vor allem für die kulturelle Zusammenarbeit der Ruhrgebiets-Städte.[2] In diesem Zusammenhang führte das Ruhrgebiet (und stellvertretend die Stadt Essen) 2010 den Titel einer Europäischen Kulturhauptstadt (RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas).

Inhaltsverzeichnis

Grundlage

Siedlungsstruktur im Regionalverband Ruhr

Das Ruhrgebiet ist der größte Ballungsraum Deutschlands und ein Teil der Metropolregion Rhein-Ruhr. Im Allgemeinen versteht man unter dem Begriff Ruhrgebiet heutzutage das Gebiet des Regionalverbands Ruhr (RVR).

Metropolregion Rhein-Ruhr

Die verwaltungsrechtliche Teilung des Ruhrgebietes ist zurückzuführen auf die 1815 gegründeten preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen. Preußen richtete sich 1815 bei der Gründung der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz an die alten Stammesgrenzen zwischen Franken und Sachsen. Die Grenzen verliefen durch eine damals dünnbesiedelte und landwirtschaftlich geprägte Region. Mit der Industrialisierung, vor allem dem Steinkohlebergbau und der Stahlerzeugung, wuchsen die alten Hellwegstädte und die Dörfer im Emscherland zu Großstädten. Die alten Grenzen führen seitdem mitten durchs Ruhrgebiet zum Beispiel zwischen Essen, Gelsenkirchen und Bochum, die drei unterschiedlichen Regierungsbezirken angehören.

Allerdings führen die einzelnen Großstädte des Ruhrgebietes vielfach ein Eigenleben und sträuben sich in der Tendenz gegen die Vereinigung zu einer Ruhrstadt. Insbesondere die Flügelstädte berufen sich dabei auf die historisch gewachsenen Strukturen. So wirbt beispielsweise die Stadt Dortmund als Herz Westfalens oder als westfälische Metropole für sich.

Lösungsmodelle und Zwischenlösungen

Eine Stadt

Schon in den 1920er Jahren war der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR) der Ansicht, dass das Ruhrgebiet aus Rheinland und Westfalen herausgelöst auch verwaltungsrechtlich zu einer Einheit werden sollte. Auch die Nachfolger des SVR, der Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) und der heutige RVR forderten eine solche Ruhrstadt, um die Zersplitterung und die Fernsteuerung des „Reviers“ von außen aufzuheben.

Diese weitestgehende Lösung, die Gründung einer die ganze Stadtregion umfassenden, polyzentrischen Regionalstadt, forderten unter anderem die Grünen und der Verein Pro Ruhrgebiet. Diese Forderungen sind insbesondere bei den beiden Landschaftsverbänden Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) umstritten.

Vier Städte

Eine mögliche Zwischenlösung wäre ein Vier-Städte-Modell, nach dem die übrigen Städte des Kern-Ruhrgebietes den vier großen Kernstädten Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund zugeteilt werden. Die Stadt Mülheim könnte in diesem Modell beispielsweise Stadtteil von Essen, und die Stadt Oberhausen ein Stadtteil von Duisburg werden. Entsprechende Pläne bestanden bereits in den 1920er Jahren, z. B. zur Ruhrmündungsstadt um Duisburg.

Für die Neugliederung des Ruhrgebiets zum 1. Januar 1975 wurde von dem damaligen nordrhein-westfälischen Innenminister Willi Weyer am 18. Oktober 1972 der Öffentlichkeit ein Städteverbandsmodell vorgestellt. Es sah die Bildung von vier Städteverbänden (Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund) mit jeweils mehr als einer Million Einwohnern vor. Wegen der Befürchtung, dies sei eine Vorstufe zur Bildung von vier Millionenstädten im Ruhrgebiet, wurde das Modell damals verworfen.

Mehrere Städte

Ein alternatives Modell zur Eingemeindung der kleineren Städte nach Kernstädten wäre die Vereinigung der kleineren Städte. So könnten Mülheim an der Ruhr und Oberhausen oder Gelsenkirchen und Herne zu neuen Städten zusammengelegt werden. Dieses Modell ähnelt der Grundlage der gebietsreformerischen Maßnahmen der 1920er Jahre.

Solche Städtefusionen und die Schaffung neuer Städte haben nicht nur im Ruhrgebiet zahlreiche Vorbilder (z. B. Gelsenkirchen, Wanne-Eickel, Duisburg), sondern auch im Rheinland (Wuppertal, Leverkusen, Krefeld) und im übrigen Deutschland (Groß-Berlin, Groß-Hamburg). Die Eingemeindungen im Jahre 1975 (Wattenscheid, Kettwig, Glabotki etc.) werden im eigentlichen Sinn nicht zu den Städtefusionen gerechnet, da die entstandene Stadt zu keinem Zeitpunkt einen Doppelnamen trug.

Regierungsbezirk oder Regionaldirektion

Für die zuvor genannten Modelle gibt es gegenwärtig keine politischen Mehrheiten. Realistisch ist jedoch die Schaffung eines eigenen „Regierungsbezirks Ruhr“, um diese größte Stadtregion Mitteleuropas politisch zu stärken. Bei der nach der Landtagswahl 2005 regierenden Koalition aus CDU und FDP stand die Schaffung eines Ruhrbezirks auf der Agenda. Bis 2012 sollten die beiden Landschaftsverbände und die fünf Regierungsbezirke in NRW abgeschafft und durch drei Regionaldirektionen ersetzt werden. Neben dem Rheinland und Westfalen sollte auch das Ruhrgebiet eine eigene Regionaldirektion erhalten. Regierungssitz sollte die Ruhrgebietsgroßstadt Essen werden.

Bei den Verbänden RVR, LVR und LWL wuchs der Widerstand, da sie nach der Landesplanung aufgelöst werden sollten.

Diese Pläne wurden vor der Landtagswahl 2009 jedoch schon von der Regierung Rüttgers aufgegeben.

Uneingeschränkt fordert öffentlich der Verein „Pro Ruhrgebiet“ eine Ruhrstadt. Hingegen sind die meisten Ruhrgebietsstädte und -kreise gegen eine Ruhrstadt.

Um der Forderung nach einer Vernetzung des Ruhrgebiets Ausdruck zu verleihen, wurde in verschiedenen sozialen Netzwerken das RuhrStadt Netzwerk gegründet. Mittlerweile besteht neben diesen Gruppen seit Mai 2010 ein eigenes Portal des RuhrStadt Netzwerks, das neben Nachrichten aus Politik und Kultur durch die gemeinsame Vernetzung in einer Community dazu beitragen möchte, den Geist der RuhrStadt aus dem Volk in die Politik zu tragen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.initiative-ruhrstadt.de/index.php?page=Ziel
  2. http://www.metropoleruhr.de

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