Miesenheim

Miesenheim
Miesenheim
Stadt Andernach
Koordinaten: 50° 24′ N, 7° 25′ O50.4011747.41032195Koordinaten: 50° 24′ 4″ N, 7° 24′ 37″ O
Höhe: 95 m ü. NN
Einwohner: 3.276 (30. Juni 2010)
Eingemeindung: 7. Nov. 1970
Postleitzahl: 56626
Vorwahl: 02632
Miesenheim (Rheinland-Pfalz)
Miesenheim

Lage von Miesenheim in Rheinland-Pfalz

Miesenheim ist der südlichste Stadtteil von Andernach, einer Großen kreisangehörigen Stadt im Landkreis Mayen-Koblenz im nördlichen Rheinland-Pfalz.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Sprache

Miesenheim liegt ca. 4 km südlich der Kernstadt Andernach in der Pellenz, begrenzt in süd-östlicher Richtung von den beiden Armen der Nette, einem 45 km langen Flüsschen, das in Hohenleimbach an der Hohen Acht in der Eifel entspringt und bei Weißenthurm in den Rhein mündet.

Der Name weist Miesenheim als eine fränkische Siedlung aus. Entsprechend ist die Dialektform der Sprache des Ortes das Moselfränkische, das sich auch in Missem, dem Namen auf lokalem Platt, widerspiegelt.

Geschichte und Gegenwart

Miesenheim ist durch seine Vielzahl archäologischer Fundstellen bekannt, die bis in die Zeit vor 500.000 Jahren (Altpaläolithikum) zurückreichen - einmalig am Rhein und einer der wenigen Fundorte aus dieser Zeit weltweit!

Reste einer römischen Villa und von römischen Wasserleitungen sind Zeugnisse hoher zivilisatorischer Entwicklung schon vor zweitausend Jahren.

Urkundlich erwähnt wurde der Ort um das Jahr 1000.

Im Jahre 1167 kam es mit Andernach zu Kurköln als Schenkung Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) an seinen Reichskanzler und Erzbischofs von Köln, Reinald von Dassel. Seit dieser Zeit war Miesenheim ein befestigter Ort mit Wall und Graben.

Im 15. Jahrhundert hatte das Patriziergeschlecht der von Hausmanns, die auch die Namedyer Burg gründeten, das Vogteirecht in Miesenheim inne. Georges-Eugène Haussmann, der als Präfekt des Département de la Seine im 19. Jahrhundert das moderne Stadtbild von Paris schuf, ist der wohl bekannteste Sproß der Familie.

Im 17. Jahrhundert übernahmen die Familien von Klepping und von Solemacher dieses Amt. An der Nette siedelten sich etliche Wassermühlen an, die neben der Landwirtschaft – in deren Hochzeiten über 60 Betriebe – das Dorf und seine Bewohner ernährten. Ursprünglich nur Getreidemühlen kamen in den folgenden Jahrhunderten Öl- (Rauscher Mühle), Hammer- und Papiermühlen hinzu. Die Abtei St. Thomas, nach Thomas Becket benannt und damals vor den Stadtmauern Andernachs gelegen, besaß ebenfalls eine Getreidemühle in Miesenheim, dazu große Ländereien, ebenso die Propstei Himmerother Hof in Andernach.

1727 erhielt die Abtei St. Thomas unter ihrer damaligen Äbtissin von der Hees die Erlaubnis, die Getreidemühle an der Nette zu einer Hammermühle für die Eisenverarbeitung mit einer schweren Doppel-Eisenhammer-Anlage umzubauen, was die Prosperität des Ortes erheblich anhob. Bis zur Säkularisation des Rheinlandes durch Napoléon 1803 war das Gut Eigentum des Klosters St. Thomas. Seit 1742 betrieb Wilhelm Remy als Pächter und seit 1797 Carl Wilhelm Remy und dessen Nachfahren als Eigner die Hammermühle, die „Gut Nettehammer“ genannt wurde, für 100 Jahre. 1777 vernichtet ein verheerender Großbrand das gesamte Dorf, das hauptsächlich aus Holzhäusern bestand, bis auf die Kirche mit Pfarrhaus und zwei weitere Wohnhäuser.

Am 17. Februar 1800 wurde auf Befehl des französischen Kaisers Napoléons die Mairie Andernach geschaffen, zu der neben Andernach die Gemeinden Brohl, Eich, Namedy, Nickenich und auch Miesenheim gehörten.

1808 vergrößerte Carl W. Remy die Anlage und beschäftigte über 100 Mühlenarbeiter, Holzarbeiter und Köhler. Inzwischen erzeugten vier wasserbetriebene Hammerwerke 175 Tonnen Stabeisen im Jahr.

1846 übernahm Peter Backhausen das Gut Nettehammer und erweiterte es nochmals beträchtlich, in dem er die Miesenheimer Drahtstiftfirma Quirin und Dreher erwarb und dem Gut angliederte.

Nach 1860 arbeiteten siebzehn Hämmer und stellten mit 120 Beschäftigten Metallgeschirre, Töpfe, Stifte etc. bis 1923 her.

Die frühe industrielle Entwicklung des Ortes hat keine starken Anreize zur Auswanderung im 19. Jahrhundert aufkommen lassen. Nur wenige Fälle von Auswanderung in die von Deutschen in den USA bevorzugten Gebiete um Pittsburgh (Pennsylvania) and St. Louis (Missouri) sind verbrieft. Eine größere Anziehung übte auf die Einwohner das Nederland aus, wie die Ruhrregion um Essen damals genannt wurde, besonders im technisch attraktiven Eisenbahnwesen und im aufblühenden Handel.

Im Zweiten Weltkrieg blieb der Ort von größeren Zerstörungen verschont, obwohl er im Dispersionsbereich von Bombardements der zur Westfront führenden, strategisch wichtigen Eifelbahn und der Neuwieder Rheinbrücke lag. Nachdem die Alliierten im Frühjahr 1945 den Rhein erreicht hatten, richteten sie am nördlichen Ortsrand zwischen Eifelbahn, Mayener Chaussée und Nette das Kriegsgefangenenlager Miesenheim ein. Auf freiem Feld ohne Schutz gegen die naß-kalte Witterung und ohne ausreichende Ernährung und medizinische Versorgung fanden viele der nahezu hunderttausend Kriegsgefangenen im Lager den Tod.

Bis zum Zweiten Weltkrieg waren Papiermühlen vorrangige Arbeitgeber des Ortes, nach dem Krieg blühte, wie in vielen Orten der Region, die Bimssteinfabrikation, ermöglicht durch die erst in jüngster erdgeschichtlicher Zeit erfolgten Vulkaneruptionen in der Südost-Eifel. Bis über 800 kleinster bis großer Betriebe wurden im Neuwieder Becken gezählt. Neben mittelständischen Unternehmen der Baustoffindustrie, der Getreide- und Agrarwirtschaft, des Maschinenbaus und des Druckereiwesens bildet der benachbarte, zu ThyssenKrupp gehörige Weißblechhersteller Rasselstein die solide Grundlage für die Beschäftigung der Einwohner.

Bis 1969 war Miesenheim eine eigenständige Gemeinde, die der Verbandsgemeinde Andernach-Land, heute Verbandsgemeinde Pellenz, angehörte. Am 7. November 1970 wurde Miesenheim ein Stadtteil von Andernach.[1] Miesenheim weist zehn Nachbarschaften und mehr als zwanzig Vereine auf.

Persönlichkeiten

Wappen

Die ehemalige Gemeinde Miesenheim hatte ein eigenes Wappen:

Blasonierung: „Unter silbernem Schildhaupt, darin ein durchgehendes schwarzes Balkenkreuz, gespalten von Gold und Blau, vorne die thronende, nimbierte und goldbekronte Himmelskönigin in blauem Mantel über rotem Kleid, in der rechten Hand das goldene Zepter haltend, mit der linken das silbern bekleidete nimbierte Jesuskind fassend, welches auf einem Ovalschild, darin in Rot ein silberner Balken mit darüber zwei balkenweise gestellten silbernen Mühleisen, stehend, den rechten Arm um den Nacken der Gottesmutter legend und in der linken Hand den blau tingierten, goldgefassten Reichsapfel tragend, hinten zwei zu einem Pfahl gestellte, sich durchdringende silberne Ringe.“

Erklärung: Im Schildhaupt weist das Wappen des Hohen Erzstifts zu Köln (Kurköln) auf die Zugehörigkeit der Zivilgemeinde Miesenheim als Teil des alten Reichsguts mit der Stadt Andernach durch dessen Vergabe Kaisers Friedrich I. Rotbart im Jahre 1167 an seinen Reichskanzler und Erzbischof von Köln, Reinald von Dassel hin. Der vordere gespaltene Teil des Wappens zeigt das Siegel des Klosters St. Thomas, das eine Wassermühle und ehemaligen Springiersbacher Grundbesitz in Miesenheim besaß (vom Trierer Erzbischof Albero von Montreuil 1138 bestätigt). Dieses Klostersiegel zeigte stets in Gold die gekrönte Maria mit dem Jesuskind über dem Familienwappen der amtierenden Vorsteherin oder Äbtissin, hier der Freifrau von der Hees aus dem 18. Jahrhundert, die durch die Anlage des Nettehammers 1727 aus einer Getreidemühle die wirtschaftliche und damit finanzielle Situation von Dorf und Einwohnern beträchtlich verbesserte. Der hintere Teil des Miesenheimer Wappens stellt das Siegel (Silberringe in Blau) der Propstei zu Andernach der Abtei Himmerod (1134 gegründet) dar, die im Miesenheimer Bann neben St. Thomas ebenfalls großen Grundbesitz hatte.

Ortsvorsteher und Bürgermeister

  • ab 1894 - Johann Müller
  • ab 1908 - Johann Assenmacher
  • ab 1918 - Josef Thelen
  • ab 1928 - Mathias Bauer
  • ab 1932 - Alexander Schäfer
  • ab 1940 - Johann Hoffmann
  • 1945/46 (kommis. ernannt) - Heinrich Schneider
  • 1947/48 (kommis. ernannt) - Franz Ring
  • ab 1948 - Josef Saftig
  • ab 1960 - Heinrich Frank
  • ab 1964 - Franz Röhrig
  • ab 1968 (kommis. ernannt) - Josef Fuhrmann
  • ab 1969 gewählt bis 1999 - Gerhard Josef Simon
  • ab 1999 gewählt bis 2009 - Herbert Becker
  • ab 2009 gewählt bis 2014 - Gerhard Masberg

Sehenswürdigkeiten

Kirchturm aus dem 12. Jahrhundert

Die sogenannte Alte Kirche aus dem 12. Jahrhundert (erste Erwähnung 1248), deren Glockenturm die Zeiten überdauerte, die Pfarrkirche St. Castor von Karden, mit traditionellem Pfarrfest, und das außerhalb liegende Gut Nettehammer aus dem 17. Jahrhundert wären zu nennen, dazu die St. Antoniuskapelle in den Blauwiesen, der Kreuzweg auf der Straße nach Kettig mit Dreifaltigkeitskapelle am Anfang und der kürzlich renovierten Hochkreuzkapelle von 1848 am Ende des Weges (Weißenthurmer Straße). Ein Gedenkstein am Ort des Kriegsgefangenenlagers erinnert an Leid und Tod verursacht durch Krieg. Das Ortsinnere von Miesenheim besticht durch schön restaurierte Fachwerkhäuser. Von hohem architektonischem Wert sind Häuser, die aus schwarzem Lava-Krotzenstein und hellem Tuffstein in dieser Art nur im Vulkangebiet der Eifel gebaut wurden.

Städtepartnerschaft

Es besteht eine Städtepartnerschaft mit der Gemeinde Nivelle (Nord-Pas-de-Calais), Frankreich.

Einzelnachweise

  1. Amtliches Gemeindeverzeichnis 2006, Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Seite 168 (PDF)

Weblinks


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