Meyerburg

Meyerburg
Meyerburg

Die Meyerburg, auch als Landsitz Meyer bezeichnet, ist ein unter Denkmalschutz[1] stehendes Wohnhaus in der Mohrenstraße 5 im Ortsteil Niederlößnitz der sächsischen Stadt Radebeul. Es wurde 1910/1911 im Auftrag des Dresdner Fabrikanten Otto Meyer nach Entwürfen des renommierten Dresdner Architekturbüros Schilling & Graebner erbaut.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Pavillon an der südwestlichen Grundstücksecke der Meyerburg, links oben deren Turmspitze. Blick die Straße Altfriedstein hinunter.

Das große, schlossartige Landhaus im strengen Jugendstil, als besonders repräsentatives Beispiel dieser Stilrichtung im Dehio aufgeführt,[2] liegt an der Hangkante, vom Tal aus gesehen rechts vom Mätressenschlösschen. Es wurde auf sechs Parzellen der Villenkolonie Altfriedstein von der einheimischen Baufirma F. W. Eisold realisiert.

Der zweigeschossige Bau sitzt auf einer hohen Bruchsteinterrasse und wird von zwei zum Tal blickenden, geknickten Giebeln geprägt, überragt von einem markanten quadratischen Turm mit Zeltdach. Der wenig gegliederte Putzbau zeigt einige figürliche Bauplastiken, oben am Turm befinden sich über den Fenstern Schlusssteine, die das Traufgesims aufbiegen. Die detaillierte Baubeschreibung von Wolf[3] „belegt jedenfalls ihre singuläre Stellung unter den insgesamt 15 hier [in der Villenkolonie] von Schilling & Graebner realisierten Villenprojekten“. Die Baukosten in Höhe von etwa 200.000 Mark lagen in ähnlicher Höhe wie diejenigen der vom gleichen Architektenduo stammenden Lutherkirche.[4]

Das Grundstück der Meyerburg liegt im Denkmalschutzgebiet Historische Weinberglandschaft Radebeul.[5]

Geschichte

Bereits nach knapp vier Jahren kam die Villa in die Zwangsversteigerung. Ab 1917 wechselte die „Meyerburg“ mehrere Male ihren Besitzer. 1927 erwarb sie der aus Philadelphia stammende Kaufmann Richard Ernst Schletter. 1937 wohnte dort laut Adressbuch im Erdgeschoss unter Schletter der promovierte Jurist Walter Helbig, der dann 1940 als Eigentümer eingetragen war.[6]

Helbig nutzte die „Meyerburg“ zur Unterbringung seiner privaten Kunstsammlung, die zu den größten ihrer Art in ganz Deutschland zählte.[7] Zur Sammlung gehörten Gemälde, Möbel, andere Einrichtungsgegenstände, Porzellan, Glas, Bücher und weitere Gegenstände.[6]

Nachdem Helbig am 9. Juni 1971 sein Anwesen einem Verwaltungsangestellten in Karl-Marx-Stadt notariell geschenkt hatte, durfte er mitsamt seiner Kunstsammlung von der DDR in die Bundesrepublik aussiedeln. Der Verwaltungsangestellte übertrug kurz darauf das Anwesen in sogenanntes Volkseigentum, fungierte also als Strohmann, der Vorgang ist folglich als verdeckte Enteignung zu bewerten. Am 22. Dezember des Jahres kaufte der Rat des Bezirkes Dresden die „Meyerburg“, die daraufhin als Internat des Instituts für Lehrerbildung „Edwin Hoernle“ diente.

Bei der Erneuerung des Turmkopfes und der Neueindeckung des Dachs 1974 wurde eine Kupferhülse gefunden, die unter anderem ein von der Ehefrau des Bauherrn 1911 handgeschriebenes Dokument enthielt, in dem sie den Bauablauf schilderte und ihre „Hoffnung auf viele glückliche Jahre in der neuerbauten Villa“ dokumentierte. Die beteiligten Mitarbeiter des Instituts für Lehrerbildung „Edwin Hoernle“ fügten dem Inhalt der Rolle verschiedene aktuelle Tageszeitungen, Geld und eine Internatsordnung bei.[6]

Nach der politischen Wende wurde die „Meyerburg“ rückübertragen.

Literatur

  • Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul. Stadtarchiv Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2. Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9. 
  • Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen: Stadt Radebeul. SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3. 
  • Tobias Michael Wolf: Die Villenkolonie am Altfriedstein. In: verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul (Hrsg.): Beiträge zur Stadtkultur der Stadt Radebeul. Radebeul 2006.
  • Tobias Michael Wolf: Die Villenkolonie Altfriedstein in Niederlößnitz/Radebeul: Werk der Dresdner Architektenfirma Schilling & Graebner. Vdm Verlag Dr. Müller, 2008, ISBN 978-3836475877.

Weblinks

  • Manfred Richter: Meyerburg. In: Niederlößnitz von anno dazumal. Abgerufen am 29. August 2011.

Einzelnachweise

  1. Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Radebeul. Große Kreisstadt Radebeul, 17. April 2008, S. 19, abgerufen am 29. August 2011 (PDF).
  2. Barbara Bechter, Wiebke Fastenrath et al. (Bearb.): Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen I, Regierungsbezirk Dresden. Deutscher Kunstverlag, München 1996, ISBN 3-422-03043-3, S. 730–739. 
  3. Tobias Michael Wolf: Die Villenkolonie Altfriedstein in Niederlößnitz/Radebeul: Werk der Dresdner Architektenfirma Schilling & Graebner. Vdm Verlag Dr. Müller, 2008, ISBN 978-3836475877, S. 104–111.
  4. Frank Andert: 100 Jahre »Meyerburg«. Teil 50. In: Kötzschenbrodaer Geschichten. 07/08 2011, abgerufen am 27. August 2011 (pdf).
  5. Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen.). SAX-Verlag, Beucha 2007, S. 219 sowie beiliegende Karte.
  6. a b c Manfred Richter: Meyerburg. In: Niederlößnitz von anno dazumal. Abgerufen am 29. August 2011.
  7. Tobias Michael Wolf: Die Villenkolonie am Altfriedstein. In: verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul (Hrsg.): Beiträge zur Stadtkultur der Stadt Radebeul. Radebeul 2006.
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