Martin Schubarth

Martin Schubarth

Martin Schubarth (* 9. Juni 1942 in Basel; heimatberechtigt ebenda) ist ein Schweizer Jurist und ehemaliger Bundesrichter. Er war von 1982 bis 2004 Richter am Kassationshof in Strafsachen des Schweizerischen Bundesgerichts und von 1999 bis 2000 Bundesgerichtspräsident. 2004 trat er als Bundesrichter zurück, nachdem er offenbar einen Journalisten bespuckt und damit einen Medien- und Politwirbel ausgelöst hatte.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Schubarth studierte in Basel Recht und war unter anderem Schach-Universitätsmeister. 1968 erwarb er das Basler Anwaltspatent. Ab 1969 wirkte er als Anwalt in Basel, wo er sich 1973 an der Universität habilitierte. Von 1976 bis 1980 war er Professor an der Universität Bonn, 1980 bis 1983 an der Universität Hannover.

Politisch engagierte sich Schubarth in der Basler Sozialdemokratischen Partei (SP). Ihm zufolge waren es «neben sozialen vor allem ökologische und rechtsstaatliche Anliegen» sowie – im Rahmen der damaligen Debatte über die Kernenergie – «Vorbehalte gegen die bedingungslose Technikgläubigkeit», die ihn zum SP-Beitritt bewogen. 1976 wurde er in den Basler Grossen Rat gewählt.

Auf Vorschlag der SP wählte die Vereinigte Bundesversammlung Martin Schubarth am 29. September 1982 zum Bundesrichter.

Die «Spuck-Affäre»

Medienberichten zufolge bespuckte Bundesrichter Schubarth am 11. Februar 2003 in der Wandelhalle des Bundesgerichtes im Vorbeigehen den ihm verhassten Bundesgerichtskorrespondenten der NZZ, Markus Felber, traf aber einen danebenstehenden Gerichtsschreiber und entfernte sich wortlos.[1]

Am 19. Februar 2003 bestätigte das Bundesgericht den Vorfall in einer Medienmitteilung und missbilligte ihn in aller Form. Es beschloss zudem mit sofortiger Wirkung, Bundesrichter Schubarth in der Rechtsprechung nicht mehr einzusetzen, und forderte ihn zum Rücktritt auf. Dieser kam der Aufforderung jedoch nicht nach. Er machte geltend, es habe sich um einen Hustenanfall gehandelt, das Ereignis sei aber auch mit einer gegen ihn geführten Intrige vor seiner Wiederwahl im Dezember 2002 in Zusammenhang gestanden.

Der Spuckvorfall wurde sofort zu einem Medienereignis, angeheizt noch durch Anschuldigungen, wonach es am Kassationshof in Strafsachen unter dem Präsidium von Bundesrichter Schubarth Unregelmässigkeiten im Verfahren gegeben habe. Da Schubarth als Magistratsperson weder vom Bundesgericht noch von der Bundesversammlung disziplinarisch belangt oder seines Amtes enthoben werden konnte, beschlossen die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) der Bundesversammlung, eine Inspektion am Bundesgericht einzuleiten.

Die GPK kamen zum Schluss, dass sich Bundesrichter Schubarth mit dem Spuckvorfall eine grobe Anstandsverletzung zuschulden kommen liess, die sich mit der Stellung eines Bundesrichters nicht vertrage. Das Vertrauen der Rechtsuchenden in ihn sei damit nachhaltig gestört. Daher gebe es keine Alternative zu einem Rücktritt von Schubarth.

Bei der Untersuchung der behaupteten Unregelmässigkeiten am Kassationshof stellten die GPK fest, dass Bundesrichter Schubarth als Präsident dieses Kassationshofes in einem Fall die Meinung eines Richterkollegen klar übergangen und regelwidrig ein Urteil als einstimmig gefällt deklariert haben soll, obwohl nur ein Mehrheitsentscheid vorgelegen habe. Damit habe er eine Amtspflicht verletzt. Zudem sei er als Abteilungspräsident eigenmächtig und unkollegial vorgegangen und habe zuweilen die Grenzen des korrekten Vorgehens überschritten. Allerdings bestehe insgesamt kein Anlass, an der hohen Qualität der Rechtsprechung und an der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Urteile des Kassationshofes während Schubarths Präsidium zu zweifeln.

Kurz vor Verabschiedung des Berichts der GPK reichte Bundesrichter Schubarth seinen Rücktritt ein, zunächst auf den 30. Juni, dann auf Ende Januar 2004. Seine ordentliche Amtszeit wäre erst 2008 abgelaufen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Text dieses Abschnitts ist weitgehend eine gekürzte Fassung des parlamentarischen Votums des Berichterstatters der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission, Ständerat Franz Wicki (AB 2004 S 78). Dieser Text ist gemeinfrei.

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