Marga von Etzdorf

Marga von Etzdorf
Marga von Etzdorf (1932)
Marga von Etzdorf am Tag ihrer Flugprüfung im Dezember 1927
Marga von Etzdorf im Jahr 1930
Marga von Etzdorf 1932 auf dem Flughafen Tempelhof
Ankunft in Tokio
Ordensverleihung in Tokio; von links nach rechts: Hasso von Etzdorf, General Nagaoka Gaishi (長岡外史; 1858–1933), Marga von Etzdorf, der deutsche Geschäftsträger in Tokio und Hashimoto Keizaburō
Aufbahrung in Hamburg
Grabmal auf dem Invalidenfriedhof in Berlin

Margarete (Marga) Wolff gen. von Etzdorf (* 1. August 1907 in Spandau; † 28. Mai 1933 in Mouslimieh bei Aleppo, Syrien) war eine deutsche Fliegerin. Als erste Frau führte sie 1931 einen Alleinflug von Deutschland nach Japan durch.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Marga Wolff gen. von Etzdorf ist die Tochter des kgl. preuß. Hauptmanns Fritz Wolff und seiner Ehefrau Margarethe, geb. von Etzdorf. Nach dem frühen Unfalltod ihrer Eltern 1911 in Ragusa wuchs sie mit ihrer Schwester Ursula bei ihrem Großvater, dem 1910 geadelten kgl. preuß. General der Infanterie Ulrich von Etzdorf auf dessen Gut bei Gehren (Niederlausitz) auf. Seit dem Jahr 1920 führten ihre Schwester Ursula und sie den Namen Wolff gen. von Etzdorf.

Ausbildung

Marga Wolff gen. von Etzdorf war eine sehr sportliche Frau und war an Fechten, Reiten und Hockey sehr interessiert. Im Alter von 19 Jahren entschloss sie sich zu einer Ausbildung zur Pilotin. Im Dezember 1927 bestand sie nach viermonatiger Schulung bei der Flugschule Bornemann in Berlin-Staaken die Prüfung. Sie war somit nach Thea Rasche die zweite Frau, die nach dem Ersten Weltkrieg die Fluglizenz A2 erhielt. Wahrscheinlich konnte sie dort auch noch die Erlaubnis für die Klasse B1 erwerben. Ihre Ausbildung schloss sie mit dem Kunstflugschein ab.

Es gelang ihr anschließend, als erste Frau eine Stelle als Copilotin bei der Lufthansa (DLH) zu bekommen. In einer Junkers F 13 beförderte sie Passagiere auf den Strecken Berlin–Breslau und Berlin–StuttgartBasel. Nach 10.000 Flugkilometern, welche mit der DLH vertraglich vereinbart waren, erflog sie sich die für den Erwerb des B2-Scheins nötigen weiteren 5.000 km bei der Hamburger Luftverkehrsgesellschaft. Dazu musste sie dann als einziger Prüfling fünf Prüfern drei Stunden lang Rede und Antwort stehen. Die nötigen Kenntnisse hatte sie sich selbst beigebracht, weil Frauen an der Deutschen Verkehrsfliegerschule nicht zugelassen waren. Unterstützung erhielt sie dabei von Melitta Schiller, die als Ingenieurin bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Adlershof arbeitete.

1929 machte sie auf Anregung des Prinzen von Schaumburg-Lippe eine Segelflugausbildung. Mit einem 90-Minuten-Flug auf dem Großen Heuberg (Schwäbische Alb) erwarb sie als eine der ersten Frauen weltweit den Segelflug-C-Schein. Noch im selben Jahr nahm sie mit dem Segelflugzeug „Hugo“ des Württembergischen Fliegervereins am 10. Rhön-Wettbewerb teil, wo sie in der Ergebnisliste des Preisgerichts mit einer Prämie von 50 Reichsmark und einer Bonbonniere als Ehrenpreis aufgeführt ist.

Erste Langstreckenflüge

1930 kaufte sie sich mit Unterstützung ihrer Großeltern ein eigenes Flugzeug, eine Junkers A 50 ce „Junior“, mit der Werknummer 3519 und dem Kennzeichen D-1811, die sie knallgelb spritzen ließ und dem sie den Namen „Kiek in die Welt“ gab. Erst führte sie damit Reklame-, Passagier- und Kunstflüge durch. Zu ihren Spezialitäten gehörten Loopings und Flüge auf dem Rücken. Im Mai 1930 nahm sie an der ersten deutschen Damen-Kunstflugmeisterschaft teil, bei der sie Vierte wurde. Bald jedoch packte sie das Langstreckenfieber. Noch im selben Jahr flog sie mit ihrem „Junior“ nach Istanbul. Probleme mit dem Motor zwangen sie mehrfach zu Notlandungen. Nach einem längeren Aufenthalt in Istanbul konnte sie jedoch ohne weitere Probleme zurück nach Deutschland fliegen. Ihre Bewerbung mit diesem Flug für den Hindenburg-Pokal, der höchsten deutschen Sportflugauszeichnung, musste jedoch abgelehnt werden, weil ihr Flugzeug entgegen den Regeln keinen deutschen Motor hatte.

Bald danach bereitete sie ihren zweiten Langstreckenflug vor. „Kiek in die Welt“ erhielt größere Tanks, um die Reichweite zu verlängern und Notlandungen aus Benzinmangel vermeiden zu können. Am 14. November 1930 startete Marga von Etzdorf in Berlin und flog über Basel und Lyon nach Madrid. Da von Spanien aus die direkte Strecke bis Las Palmas de Gran Canaria immer noch zu lang war, musste sie in Rabat (Marokko) zum Tanken zwischenlanden, ehe sie am 6. Dezember bei ihrer Landung auf den Kanarischen Inseln mit Begeisterung empfangen wurde. Schwierigkeiten traten erst auf dem Rückflug auf: Schwere Unwetter über dem Mittelmeer zwangen sie zur Notlandung auf Sizilien. Beim Abflug von einer nassen Wiese am nächsten Tag berührte ein Flügel eine Mauer, was zum unfreiwilligen Startabbruch führte. Die Maschine war schwer beschädigt und musste, da Ersatzteile nicht zu beschaffen waren, mit der Eisenbahn nach Deutschland in das Junkers-Werk Dessau zurückgebracht werden.

Berlin–Tokio

Marga von Etzdorf fing 1931 an, einen – für die Sportfliegerei der Weimarer Republik – spektakulären Rekordflug nach Tokio vorzubereiten. Es galt nicht nur, Überfluggenehmigungen für alle Länder einzuholen, sondern auch die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen.

Am 18. August 1931 startete sie ohne großes Aufsehen in Berlin. Wegen des schlechten Wetters musste sie bereits nach drei Stunden in Königsberg zwischenlanden. Elf Stunden später erreichte sie ihr erstes Etappenziel, Moskau. Von dort flog sie über Nischni Nowgorod die Wolga entlang nach Kasan. Am dritten Tag ihrer Reise überquerte sie den Ural und folgte anschließend der Linie der Transsibirischen Eisenbahn bis Nowosibirsk. In Hailar nahe der mongolischen Grenze wunderte sie sich über die anwesende Presse, die jedoch nicht auf sie, sondern auf die britische Langstreckenpilotin Amy Johnson wartete, die ebenfalls nach Tokio unterwegs war. Da Johnson in Begleitung ihres Mechanikers flog, wurde Marga von Etzdorf die Anerkennung des ersten Alleinfluges einer Frau nach Japan zuteil. Am nächsten Tag überflog sie die Taiga und erreichte den Baikalsee. Nächste Station war Mukden, wo sie einen Tag pausieren musste, weil die für Japan benötigten Einreisepapiere noch nicht eingetroffen waren. In Korea landete sie ein weiteres Mal, um aufzutanken, bevor sie sich über die Japanische See wagte. Am Abend desselben Tages landete sie in Hiroshima. Nächstes Ziel war Osaka und von dort aus Tokio, das sie jedoch wegen der vielen militärischen Sperrgebiete nicht direkt anfliegen konnte.

Am 29. August 1931 erreichte Marga von Etzdorf nach 12 Tagen (11 Flugtagen) die japanische Hauptstadt. Tausende von Menschen begrüßten die Rekordfliegerin am Tokioter Flughafen.

Nach sechs Wochen Aufenthalt und einer Generalüberholung ihres Flugzeuges machte sich Marga von Etzdorf dann auf den Heimflug. In China saß sie zunächst wegen politischer Wirren monatelang fest. Als sie endlich weiterfliegen konnte, wollte sie in Bangkok Bekannte besuchen. Beim Start in Bangkok setzte jedoch der Motor ihres „Junior“ aus und sie stürzte aus etwa 80 m Höhe ab. Dabei verletzte sie sich schwer, vor allem an der Wirbelsäule. Das Flugzeug hatte Totalschaden. Monatelang befand sie sich in medizinischer Behandlung in der Hauptstadt von Siam. Da „Kiek in die Welt“ nicht mehr zu retten war, flog sie schließlich in einem Verkehrsflugzeug zurück nach Berlin.
Hans Bertram schreibt in seinem Buch Flug in die Hölle[1], dass er Marga von Etzdorf kurz nach dem Unglück am 4. April 1932 im Krankenhaus in Bangkok besucht hat.

Nach dem Japanflug

Im Juli 1932 begrüßte Marga von Etzdorf ihre Kollegin, die Rekordfliegerin Elly Beinhorn, persönlich bei deren Rückkehr von ihrem Weltflug. In den folgenden Monaten hielt sie Vorträge über ihren Japanflug, um die leeren Kassen wieder zu füllen. In ihrem Kopf wuchs ein neuer Plan: Sie wollte nach Kapstadt fliegen, wofür sie bereits Vorbereitungen laufen hatte. Als sie aber erfuhr, dass Elly Beinhorn ebenfalls dieses Ziel ansteuern wollte, strebte sie nun danach, solo nach Australien zu fliegen.

Nach langen Verhandlungen stellte ihr die Firma Leichtflugzeugbau Klemm in Böblingen eine Klemm Kl 32 zur Verfügung. Am 27. Mai 1933 startete sie damit, gut vorbereitet, von Berlin-Staaken.

Aber bereits am nächsten Tag wurde ihr Flugzeug bei der Landung auf dem von der französischen Mandatsverwaltung betriebenen Flugplatz Mouslimieh bei Aleppo (Syrien) beschädigt, weil sie mit dem Wind gelandet war. Eine Reparatur wäre aber möglich gewesen. Nach Erledigung der Formalitäten soll sie jedoch die Flughafenpolizei um einen Raum gebeten haben, wo sie sich „eine halbe Stunde“ hinlegen konnte. Kaum war sie allein, erschoss sich Marga von Etzdorf.

Eine weitere Rückkehr ohne Flugzeug hätte ihren Ruf als Fliegerin vollkommen zerstört – kein Hersteller hätte ihr mehr eine Maschine anvertraut, kein Sponsor nochmals ihre Unternehmungen finanziell unterstützt. Die Fliegerkarriere der erst 25-jährigen wäre zu Ende gewesen.

Für ihre fliegerischen Leistungen war sie mehrfach hoch ausgezeichnet worden. In Japan hatte sie die selten verliehene Goldene Verdienstmedaille des Kaiserlich Japanischen Aero-Clubs erhalten. Der Aero-Club von Deutschland verlieh ihr mit der Goldenen Ehrenplakette seine höchste Auszeichnung.

Nach feierlichen Aufbahrungen in Hamburg und der Gnadenkirche wurde sie unter großer Anteilnahme auf dem Berliner Invalidenfriedhof zur letzten Ruhe gebettet. Ihr Grabstein trägt die von ihr selbst gewählte Aufschrift: „Der Flug ist das Leben wert.“ Der durch die Ausweitung der Sperranlagen an der Sektorengrenze in den siebziger Jahren zerstörte Grabstein ist 2003 rekonstruiert worden.

Literatur

  • Marga von Etzdorf: Kiek in die Welt. Als deutsche Fliegerin über drei Erdteilen. Union, Berlin 1931.
  • Uwe Timm: Halbschatten. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-04043-2. Roman über das Leben von Marga von Etzdorf.
  • Stammreihe der Familie von Etzdorf in: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser, Teil B, 1935, S. 164 ff.

Weblinks

 Commons: Marga von Etzdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans Bertram: Flug in die Hölle. Drei Masken Verlag AG, Berlin 1933, S. 74.

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