Körpergewicht

Körpergewicht

Das Körpergewicht ist ein biometrisches Merkmal und bezeichnet die physikalische Masse eines Menschen (oder Tieres), üblicherweise angegeben in kg. Es ist kurz nach der Geburt am geringsten und nimmt dann bis zum Erwachsenenalter bei normaler Entwicklung zusammen mit der Körpergröße stetig zu.

Während manche Menschen, vor allem in Entwicklungsländern, unter Untergewicht leiden, weil sie zu wenig zu essen haben, ist andererseits Übergewicht (bzw. dessen schwere Form Fettleibigkeit) ein verbreitetes Problem, das sowohl in Entwicklungsländern[1][2][3] wie auch Industrieländern stark zunimmt.

Aber auch Essstörungen können Untergewicht verursachen, wie Anorexie und Bulimie, oder zu Übergewicht führen, wie Binge Eating.

Inhaltsverzeichnis

Berechnungsformeln, Indizes

Während die Ermittlung des Körpergewichtes mittels einer Waage kein Problem darstellt, ist eine quantitative Bewertung in Bezug auf die Körpergröße problematisch. In den letzten 150 Jahren wurden dazu eine Reihe von Rechenformeln und Indizes entwickelt.

Broca-Index

Der Broca-Index ist ein Maß zur Berechnung des Normalgewichtes einer Person. Er wurde von Pierre Paul Broca, einem französischen Arzt, Chirurgen und Anthropologen (1824–1880), entwickelt.

Der Index definiert ausgehend von der Körpergröße l (in cm) ein Normalgewicht m (in kg) nach der Formel

m_\mathrm{norm} = (l - 100\,\mathrm{cm})\,\tfrac{\mathrm{kg}}{\mathrm{cm}}\

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde oftmals auch von einem Idealgewicht von nur 90 % für Männer und nur 80 % für Frauen von dem oben berechnetem Wert ausgegangen. – Allerdings mehr aus ästhetischen denn aus medizinischen Gründen.

Der Broca-Index erlaubt lediglich eine grobe Einschätzung und trifft für den Bereich mittlerer Körpergrößen am besten zu; bei sehr großen und sehr kleinen Körpergrößen ist der BMI etwas genauer (eine Grenzwertbetrachtung kann die Limitierung veranschaulichen: Wie viel darf eine Person mit 1 m Körpergröße nach Broca wiegen? Das Broca-Idealgewicht ist bei sehr kleiner Körpergröße zu niedrig und bei sehr großer zu hoch). Graphisch betrachtet ist das Broca-Idealgewicht in Abhängigkeit der Körpergröße eine Gerade, der BMI-Index eine leicht gekrümmte Kurve (Parabel).

Aufgrund von unberücksichtigt bleibenden Besonderheiten des jeweiligen Körperbaus sind sowohl BMI als auch Broca-Index in ihrer Aussagekraft begrenzt; zum Beispiel hat ein Bodybuilder einen sehr geringen Körperfettanteil, aber aufgrund seiner hohen Muskelmasse unter Umständen einen BMI deutlich über 25.

Der Vorteil an den Broca-Gewichten liegt darin, dass ein metrisch denkender Mensch sie im Kopf errechnen kann und auch der Broca-Index kann zumindest überschlagsweise ohne Taschenrechner abgeschätzt werden.

Beispiel
Für einen 1,75 m großen Mann liefert der Broca-Index als Normalgewicht 75 kg und als Idealgewicht 67,5 kg. Das entspricht BMI-Werten von 24,5 bzw. 22, also innerhalb des normalgewichtigen Bereiches.

Body-Mass-Index

Der Body-Mass-Index (kurz BMI), im deutschen Sprachraum zuweilen auch Körpermasseindex oder -zahl genannt, ermittelt aus der Körpermasse m (in kg) und der Körpergröße l (in m) einen Index nach der Formel

BMI=\dfrac{m}{l^2}\

Dieser wird mit – je nach Quelle geschlechts- oder altersabhängigen – Standardwerten verglichen.

Da bei einer Messung des Körpergewichts naturgemäß nicht zwischen Fett- und Muskelmasse unterschieden werden kann, wird die Ermittlung des BMI oftmals mit einer Messung des Körperfettanteils verbunden. Nominelles Übergewicht in Kombination mit einem niedrigen Körperfettanteil weist eher auf einen muskulösen Menschen denn auf gesundheitsgefährdendes Fett hin. Allerdings ist hier auch zu bedenken, dass die Belastung der Hüft- und dem Kniegelenke und der Lendenwirbelsäule gewichtsabhängig ist, gleichgültig ob das Gewicht aus Schulter-Armmuskulatur oder Bauchfettpolstern stammt.

Ponderal-Index

Der Ponderal-Index ähnelt dem BMI. Seine Formel lautet:

PI = \frac{m}{l^3}\

Werte zwischen 11 und 14 kg/m3 gelten dabei als normal. Dieser Index erfüllt beinahe die Bedingungen einer dimensionslosen Kennzahl der Ähnlichkeitstheorie, da er dimensionsanalytisch unabhängig von der Körpergröße ist und daher auch für Kinder und sehr große Menschen anwendbar ist. Der Ponderal-Index ist dennoch wenig verbreitet.

Taille-Hüft-Verhältnis

Das Taille-Hüft-Verhältnis, auch Waist-Hip-Ratio genannt, ignoriert das Verhältnis von Körpergewicht und Körpergröße und stützt sich allein auf die Körperformen. Ursprünglich hauptsächlich als Indikator für unterschiedliche Gesundheitsrisiken bei gleichem BMI verwendet, dient die Waist-Hip-Ratio heutzutage auch als alleiniger Indikator für Übergewicht.

Bauchumfang

Als weitere Vereinfachung des Taille-Hüft-Verhältnisses wird in letzter Zeit vermehrt der reine Bauchumfang, unabhängig von der Körpergröße, als Indikator für Übergewicht herangezogen. Aufgrund ihrer Einfachheit wird diese Methode heute von Ärzten favorisiert. Ihr Manko besteht jedoch darin, dass frühere Untersuchungen fast nur auf dem BMI basieren und sich Untersuchungsergebnisse daher schlecht vergleichen lassen.

Normalgewicht, Idealgewicht

Es gibt keinen medizinischen Konsens, was das als Normalgewicht zu bezeichnende wünschenswerte oder natürliche Körpergewicht eines Menschen sein sollte. Es ist sogar strittig, ob es einen solchen festzulegenden Wert überhaupt gibt. Insofern existieren verschiedene Bemessungsformeln zur Ermittlung des Normal- bzw. Ideal- und Unter- bzw. Übergewichts, die im Ergebnis ähnliche Werte ergeben. Trotz dieser Diskussion um den richtigen Wert eines Normal- oder Idealgewichtes gibt es klare Vorstellungen außerhalb welcher Gewichtsbandbreite eine Person als (krankhaft) unter- oder übergewichtig zu beurteilen ist.

Bekannt wurde vor allem eine großangelegte Studie US-amerikanischer Lebensversicherungsgesellschaften aus den 1950er-Jahren, in der man – in Abhängigkeit von Körpergröße, Geschlecht und Schwere des Knochenbaus – die Körpergewichte mit der höchsten Lebenserwartung ermittelte und diese als Idealgewichte bezeichnete. Die Werte betrugen beispielsweise für einen 180 cm großen Mann mit mittelschwerem Knochenbau 68 bis 75 kg, für eine gleich große Frau 63 bis 70 kg; für einen 170 cm großen Mann 61 bis 67 kg, für eine gleich große Frau 56 bis 63 kg. Bei schwerem Knochenbau lagen die Werte um 3 kg höher, bei leichtem um 3 kg niedriger. Pro 10 cm Körpergröße erhöhten bzw. verminderten sich die Werte um 5 bis 6 kg.[4]

Neben den üblichen Berechnungsmethoden werden zur Beurteilung auch Quantile (für Unter/Übergewicht) oder der Median (für das Idealgewicht) von empirisch gewonnenen Verteilungen des Körpergewichts einer Bevölkerungsgruppe benutzt.

Eine aktueller Bericht der WHO[5] verwendet den BMI und definiert Normalgewicht mit einem BMI von 18,5–24,9.

Untergewicht

Ein aktueller Bericht der WHO[5] verwendet den BMI und definiert Untergewicht mit einem BMI von weniger als 18,5.

Untergewicht führt zu einer mangelhaften Versorgung des Körpers mit Eiweiß, Fetten und Kohlenhydraten sowie Vitaminen und Mineralstoffen. Die Haut und das Haar verändert sich, die Knochen können entkalken und die Muskeln schwinden. Außerdem können einige Organe ihre Aufgabe nicht mehr richtig erfüllen, weil Nährstoffe fehlen.

Übergewicht

Hauptartikel: Übergewicht

Eine aktueller Bericht der WHO[5] verwendet den BMI und definiert Übergewicht wie folgt:

BMI
Präadipositas (Übergewicht im engeren Sinne) 25–29,9
Adipositas Grad I 30–34,9
Adipositas Grad II 35–39,9
Adipositas Grad III > 40

Die gesundheitliche Bewertung dieser Grenzwerte ist allerdings in der Fachwelt uneinheitlich. Übergewicht gilt als Risikofaktor für verschiedene Erkrankungen (zum Beispiel Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes mellitus). Regelmäßige Bewegung und mäßiges Essen (vor allem wenig Fett und wenig Kohlenhydrate) können das Körpergewicht senken.

Neuere Erkenntnisse[6][7][8][9][10] deuten an, dass die genannten Werte neu bewertet werden sollten. Demnach ist ein BMI von 25-30 noch „gesund“, da Menschen mit leichtem bis mittlerem Übergewicht durchschnittlich länger leben. Bei einigen Krankheiten könnte eine höhere Fettreserve von Vorteil sein (beispielsweise bei Operationen oder schweren Infektionen). Das, was als Übergewicht/Präadipositas bezeichnet wird, ist statistisch gesehen das Idealgewicht, da es das Gewicht mit der höchsten Lebenserwartung ist. Beispielsweise haben nach einer israelischen Langzeitstudie an 10.000 Männern im Alter über 40 Jahren Männer mit leichtem Übergewicht (BMI von 25 bis 27) deutlich bessere Aussichten auf Langlebigkeit als Normalgewichtige. Bei starkem Übergewicht (BMI > 27) sinkt die Lebenserwartung wieder.[11]

Zwei neuere Publikationen, (Prof. Ingrid Mühlhauser, Universität Hamburg[6][7][8] und eine Studie der Oxford University[9][10]) in denen eine Vielzahl von Studien und Metaanalysen verglichen und bewertet wurden, zeigen, dass ein leichtes Übergewicht für die Anfälligkeit gegenüber einigen Krankheiten von Nachteil ist, für andere von Vorteil. Es kommt z. B. sehr stark darauf an, wo das Körperfett gespeichert wird. Ist dieses im Bauchraum („apfelförmige“ Figur), so erhöht dieses das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Zuckerkrankheit. Fett an Po und Oberschenkeln („birnenförmige“ Figur) kann vor gerade diesen Erkrankungen schützen. Allerdings ist nach heutigen Erkenntnissen die Fettverteilung genetisch festgelegt und nicht beeinflussbar und das Arthroserisko für die Gelenke der unteren Extremitäten wird durch das Gewicht unabhängig von der Fettverteilung erhöht. Die genannten Publikationen blieben in der Fachwelt auch keinesfalls unwidersprochen [12][13][14][15].

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arne Perras (8. Dezember 2010). "Früchte? So was essen Vögel". Süddeutsche Zeitung (abgerufen 23. Februar 2011)
  2. Harro Albrecht (22. Februar 2008). Dick in Afrika. Die Zeit (abgerufen 23. Februar 2011)
  3. 3. März 2003. Importierte Konserve. In Afrika wird Übergewicht zur Todesursache Nummer 1. Taz (abgedruckt auf Übergewicht: Todesart No.1 in Afrika. www.politik.de/forum (abgerufen 23. Februar 2011)
  4. Metropolitan Life Insurance Company, Statistical Bulletin, Band 40, 1959
  5. a b c WHO: Obesity - preventing and managing the global epidemic. WHO Technical Reports Series 894, Geneva 2000 (abgerufen 1. November 2011)
  6. a b Dicke leben länger, „Servicezeit Gesundheit“ (WDR) vom 2. November 2009
  7. a b Morbidität und Mortalität bei Übergewicht und Adipositas im Erwachsenenalter: Eine systematische Übersicht, Deutsches Ärzteblatt am 20. Mai 2009
  8. a b Morbidität und Mortalität von Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen, Veröffentlichung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierter Medizin im Portal German Medical Science am 4. März 2009
  9. a b Being pear shaped protects against heart disease, University of Oxford am 12. Januar 2010
  10. a b Rund und gesund (nicht mehr online verfügbar), Tagesschau.de am 13. Januar 2010
  11. Forscher des Hadassah-Krankenhauses in Jerusalem nach einer dpa-Meldung vom 4. Januar 2007dpa
  12. Assoziation mit erhöhtem Schlaganfallrisiko
  13. Kurzer Beobachtungszeitraum
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