Großtrappe

Großtrappe
Großtrappe
Großtrappe (Otis tarda)

Großtrappe (Otis tarda)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Kranichvögel (Gruiformes)
Familie: Trappen (Otididae)
Gattung: Otis
Art: Großtrappe
Wissenschaftlicher Name
Otis tarda
Linnaeus, 1758
Unterarten
  • Otis tarda tarda
  • Otis tarda dybowskii
Otis tarda (Kiev zoo).jpg
Großtrappe aus einem Aufzuchtprogramm im Bezirk Magdeburg, 1981

Die Großtrappe (Otis tarda) ist ein scheuer Vogel aus der Familie der Trappen (Otididae). Sie zählt zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Welt mit einem Gewicht von bis zu 20 kg. Großtrappen können bis zu 20 Jahre alt werden. Nach starken Bestandseinbußen und Arealverlusten ist die Großtrappe in Mitteleuropa heute ein sehr seltener Brut- und Jahresvogel.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen

Das Männchen der Großtrappe wiegt in der Regel zwischen 8 und 15 Kilogramm[1] und hat eine Körperlänge von etwa 105 Zentimeter. Das Weibchen wird meistens nur halb so groß und bis zu 5,3 Kilogramm schwer. Die Großtrappe ist ein braun gescheckter, großer Vogel mit kräftigen Beinen. Das ältere Männchen hat einen Federbart, der am Schnabel beginnt und etwa an der Mitte des Halses aufhört, sonst sind die Männchen und Weibchen gleichfarbig. Bei der Balz heben die Hähne die weißen Unterfedern der Flügel und des Schwanzes, die damit sichtbar werden. Die Tiere sind dadurch auf größere Entfernung gut auszumachen.

Großtrappen fliegen grundsätzlich gegen den Wind auf. Das Auffliegen wird durch einige beidbeinige Sprünge eingeleitet.

Verbreitung

Die Großtrappe besiedelt ein großes Areal zwischen Spanien und der Mongolei, sie kommt aber nur inselhaft und sehr lokal vor. In den meisten Ländern ist sie schon ausgerottet. Heute ist die Großtrappe auf der ganzen Welt gefährdet. Zu den letzten Rückzugsgebieten in Deutschland zählen die geschützten Bereiche Havelländisches Luch, Belziger Landschaftswiesen und Fiener Bruch.

Beim Bau der Eisenbahnschnellfahrstrecke Hannover–Berlin durch das Havelländische Luch ab Ende 1996 wurden sowohl während der Bauphase als auch an der fertigen Strecke Maßnahmen zum Schutz der Großtrappen ergriffen, um das Gebiet als Lebensraum für die Tiere zu erhalten.

Nach aktuellen Bestandsaufnahmen in den Belziger Landschaftswiesen gehen die Naturschutzbehörden von einer realistischen Überlebenschance für den Vogel aus. Im Frühjahr 2006 wurden in Brandenburg 101 Großtrappen gezählt. Mitte der 1990er waren es nur 57 Tiere,[2] im Jahre 2009 jedoch zwischen 112 und 118 Individuen.[3]

Lebensraum

Das Primärbiotop der Großtrappe sind Steppen auf Schwarzerdböden. Sie kam in Mitteleuropa früher auf Heide-, Öd- und Brachflächen vor. Der Lebensraum der Großtrappe sind heute Ackerflächen, die Kultursteppe und Grünwiesen mit einer möglichst vielseitigen Kulturform. Großtrappen brauchen ein möglichst weiträumiges und offenes Gebiet, auf denen es zu möglichst wenigen Störungen kommt. Die heutigen Standortvögel Mitteleuropas leben in Regionen, in denen die Schneedecke gering bleibt und nur von geringer Dauer ist, die Jahresniederschlagsmengen ím Schnitt unter 600 mm bleiben und im Sommer hohe Temperaturen vorherrschen.

In Mitteleuropa werden von der Großtrappe nur noch Tieflagen besiedelt. In Spanien kommt die Art auch in Lagen über 1.000 Höhenmeter vor. Wichtig ist eine ausreichende Winternahrung. Dabei spielt in Mitteleuropa Raps als Zwischenfrucht eine Rolle, ansonsten Kultur- und Wildkräuter.[4]

Ernährung

Erwachsene Tiere fressen Kräuter, Körner, Samen, Früchte, Insekten und Kleinsäuger. Die Jungtiere werden mit Insekten gefüttert.

Bei der Pflanzennahrung spielen insbesondere Klee, Erbse, Esparsette, Luzerne, eine Reihe von Kreuzblütlern sowie Wiesen und Ackerkräuter eine Rolle. Sie fressen außerdem auch Beeren, Rhizome und Zwiebeln.

Schutzstatus und Schutzmaßnahmen

Die Großtrappe ist in Deutschland und Österreich vom Aussterben bedroht (Rote Liste Kategorie 1 bzw. Critically Endangered). Sie zählt zum Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie (RL 79/409/EWG).

Im Rahmen von Life-Projekten der EU wurden von 2005 bis 2010 gemeinsam in Österreich, Ungarn und der Slowakei Schutzprojekte durchgeführt, um die Population wieder zu erhöhen. Einen großen Beitrag dazu liefert die Markierung von Hochspannungsleitungen, die durch die geringe Flughöhe der Vögel oft zur tödlichen Falle werden. Teilweise werden Stromkabel auch unterirdisch verlegt. Im Rahmen des Projektes wurden rund 3.500 Hektar Trappenschutzflächen als Brut- und Nahrungshabitate angelegt. Seitens der Europäischen Kommission wurde im Herbst 2010 das Trappenschutz-Folgeprojekt bis 2015 mit 4,5 Millionen Euro genehmigt.[5]

Gefährdungsursachen

Zum Bestandsrückgang der Großtrappe hat eine zunehmende Fragmentierung der Brutgebiete beigetragen, wobei gleichzeitig die Landwirtschaft intensiviert und mechanisiert wurde, was zu einer zeitlich hohen Dichte an Bearbeitungsvorgängen und damit zu einer Störung der Brutvögel beigetragen hat. Nachteilig wirken sich der Umbruch von Grasländern in Ackerflächen, die Aufgabe der Dreifelderwirtschaft und ein zunehmender Anbau von Mais bei gleichzeitigem Rückgang der Luzerne aus. Die Intensivierung der Landwirtschaft hat zu einem dichteren Wachstum der Kulturpflanzen geführt. Jungvögel können sich in solch dichtem Ackerland nur mit größerer Mühe bewegen. Gleichzeitig kommt es zu einer Verschlechterung des Bodenklimas in Bodennähe, wo es auf Grund des dichteren Stands der Pflanzen kühler und feuchter ist. Ebenso ist das für die Jungenaufzucht wesentliche Angebot an Insekten dadurch verringert.[6]

Innerhalb der Schutzgebiete stellt die Zunahme der Bestände an Füchsen in offenen Wiesenlandschaften dank Tollwutimpfung und der Wildschweine, deren Anzahl sich mit dem Anbau von Energiepflanzen erhöht hat, die Haupttodesursache für die Brut dar.[7]

Die Bejagung spielt beim Bestandsrückgang der Großtrappe ebenfalls eine Rolle. In Spanien wurden bis 1980 jährlich noch bis zu zweitausend Individuen geschossen. Gejagt wurden insbesondere die auffallenderen und dominanten Männchen, die für einen Großteil des Nachwuchses sorgten. Die Jagd auf die Großtrappe ist in den meisten Regionen Europas mittlerweile untersagt.

Bestand und Bestandsentwicklung

Verbreitungsgebiet
grün: ganzjährige Population
gelb: Sommerpopulation
blau: Überwinterungsgebiet

Auf Grund günstiger Rahmenbedingungen in Mitteleuropa gab es im 18. Jahrhundert für diese Art die größten Bestandszahlen und die weiteste Verbreitung. Lebensraumveränderungen ab Mitte des 19. Jahrhundert leiteten dann einen Bestandsrückgang ein, bei dem viele Brutvorkommen erloschen. So fehlte die Großtrappe als Brutvogel ab etwa 1850 in Hessen, ab 1885 in Niedersachsen, ab 1935 in Baden-Württemberg und ab 1948 in Thüringen. Auf Grund dieser Bestandsrückgänge gab es bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa zwei getrennte und in sich zersplitterte Verbreitungsgebiete. Ein Verbreitungsgebiet erstreckte sich im Nordosten Mitteleuropas über das Gebiet des heutigen Ostdeutschland und Polens, ein zweites Verbreitungsgebiet gab es im Südosten Mitteleuropas und verlief von Österreich, Ungarn bis Tschechien und zur Slowakei. In Polen erlosch das Vorkommen 1987, im Osten des heutigen Deutschlands gab es 1940 noch 4.000 Individuen, die aber bis Mitte der 1990er Jahre auf 81 bis 98 Individuen zurückgingen.[8] Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es nach regelmäßigem Aussetzen handaufgezogener Jungvögel zwischen 73 und 95 Individuen. Der mitteleuropäische Verbreitungsschwerpunkt ist Ungarn mit 1.100 bis 1.200 Individuen. Der mitteleuropäische Gesamtbestand wird auf 1.250 bis 1.450 Individuen geschätzt.[9] In ganz Europa kommen 31.000 bis 36.000 Individuen vor, was etwa 50 bis 74 Prozent des Weltbestandes entspricht. Europäische Verbreitungsschwerpunkte sind Russland mit 5.500 bis 8.000 Individuen und Spanien, wo noch 23.000 Individuen leben. Ein Hauptverbreitungsgebiet dort ist die Extremadura.[10]

Weitere Vorkommen von Otis tarda tarda gibt es in der Ukraine (550), Portugal (500), Österreich (100, am Neusiedler See, in Haringsee im Weinviertel sowie am Standort der zukünftigen 3. Startbahn des Flughafen Wien-Schwechat) und Marokko (50). Die östliche Unterart Otis tarda dybowskii ist noch in der Mongolei (100–500 (?)) und Süd-Russland (100–200 (?)) anzutreffen.

Belege

Literatur

  • Hans-Günther Bauer, Einhard Bezzel und Wolfgang Fiedler (Hrsg): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel, Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-647-2

Weblinks

 Commons: Großtrappe – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. http://www.freilandoekologie.de/trappen.html
  2. Märkische Oderzeitung, 25./26. Nov. 2006, S. 14
  3. http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article1010617/Aufwind-fuer-ein-Schwergewicht.html
  4. Bauer et al., S. 386
  5. 75.000 Euro für den Schutz der Großtrappe Stephan Pernkopf, 18. Mai 2011, abgerufen am 1. Juni 2011
  6. Bauer et al., S. 385
  7. birdnet Märkische Allgemeine vom 23. Januar 2009, abgerufen am 1. Juni 2011
  8. Bauer et al., S. 385
  9. Bauer et al., S. 384 und S. 385
  10. Bauer et al., S. 384

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