Gerhard Lampersberg

Gerhard Lampersberg
Gerhard Lampersberg 1968 beim Komponieren (Privatfoto Renate Spitzner)

Gerhard Lampersberg (eigentlich Gerhard Lampersberger; * 5. Juli 1928 in Hermagor (Kärnten); † 29. Mai 2002 in Klagenfurt) war ein österreichischer Komponist, Autor und Mäzen der österreichischen literarischen Avantgarde.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gerhard Lampersberg studierte an der Musikuniversität Wien bei Alfred Uhl. Als Autodidakt erwarb er sich Kenntnisse im Bereich der freien, erweiterten Zwölftonkomposition in der Tradition Anton Weberns.

Der Tonhof

Er wirkte als Lyriker und Komponist, vermittelte sich jedoch als Mäzen von zahlreichen, österreichischen Schriftstellern einer breiten Öffentlichkeit; ab den 50er Jahren, fanden sich viele Talente der österreichischen Avantgarde auf seinem Tonhof bei Maria Saal in Kärnten ein, der eine Wohn- und Arbeitsmöglichkeit und einen bedeutenden Treffpunkt der Kulturszene der damaligen Zeit darstellte. Er beherbergte u. a. H. C. Artmann, Thomas Bernhard, Peter Turrini, sowie Christine Lavant, Wolfgang Bauer, Peter Handke und Gert Jonke. In den Wintermonaten verlagerte er diesen Treffpunkt nach Wien in seine Privaträume in der Gumpendorfer Straße und in den Schottenhof und führte dort private Konzerte mit und für schwermisshandelte und behinderte Kinder durch.

Thomas Bernhard hegte seinem ehemaligem Förderer gegenüber ambivalente Gefühle, die sich anlässlich der Veröffentlichung von Bernhards Roman Holzfällen zu einer offenen Feindschaft entwickelten. Thomas Bernhard nahm Lampersberg als Vorlage für den Komponisten Auersberger in diesem Roman. Lampersberg klagte 1984 gegen die Verbreitung des Buches. Das Urteil des darauf folgenden Prozesses verfügte die Beschlagnahmung der gedruckten Exemplare des Romanes. Lampersberg zog jedoch kurze Zeit später die Klage zurück. Thomas Bernhard reagierte seinerseits mit einem Vertriebsverbot seiner sämtlichen Werke für die Republik Österreich, das aber von seinen Verlagen Suhrkamp Verlag und Residenz Verlag nicht eingehalten wurde.

Gerhard Lampersberg spricht zu den Kindern über das Komponieren und Dichten

Für Lampersberg verhielten sich Literatur und musikalisches Schaffen komplementär zu einander, 1995 bemerkte er: „Ich habe auch Kammermusik geschrieben. Aber das Wort war für mich von vornherein sehr wichtig. Eigene Texte habe ich erst später vertont. Heute vertone ich nur mehr Eigenes, weil es einfach praktischer ist, ich fühl' mich ja als Dichter genau so wichtig wie als Komponist, wenn ich unbescheiden sein darf“. Er vertonte klassische Texte (von Sappho über Shakespeare bis hin zu Lorca), aber auch Werke seiner „Schützlinge“ vom Tonhof. Seinen komponistischen Stil skizzierte Lampersberg folgendermaßen: „Stille – Besinnung – Contemplation. Fehlen von Virtuosität und Äußerlichkeiten“ (1994).

Sein Œuvre beinhaltet neben der Vertonung eigener Texte als Liederzyklen auch Messen, Kammermusik und Orchesterstücken, sowie zahlreiche szenische Stücke. Seine Werke wurden bei den Darmstädter Ferienkursen, dem Musikprotokoll im steirischen Herbst, den Festspielen Hombroich, deren Initiator Lampersberg war, und bei zahlreichen anderen Festivals aufgeführt.

Werke

  • der knabe mit dem brokat, dramolett (Text: H.C.Artmann). 1954–1963
  • die rosen der einöde, Oper (Text: Thomas Bernhard). 1958
  • STALLO, ballett für sprechstimme, streicher und schlagzeug (Text: H.C.Artmann). 1961
  • die fahrt zur insel nantucket, petit opéra (Text: H.C.Artmann). 1966
  • la cocodrilla, oper (Text: H.C.Artmann). 1967
  • Lélia, Kammeroper nach George Sand (Libretto: Mechthild Rausch). 1993
  • ahnung, für Violine und Orchester. 1980
  • im moose, für alt und kammerorchester (Text: Annette von Droste-Hülshoff). 1983–1984
  • Herr, o Herr, 3 duette nach christine lavant für sopran, bariton, kammerorchester. 1988
  • zwei duette für frauenstimmen und pianoforte (nach christine lavant). 1988
  • „Zedernhausmesse“, 1989, „Maria Saaler Tonmitschnitte“, Privatgeschenk an Renate Spitzner u. Gerald Spitzner
  • die engel für singstimme und klavier (nach christine lavant). 1992
  • die glückseligkeit aller, für rezitation, saxophon, celesta, fagott (Text: Friedrich Gottlieb Klopstock). 1990
  • four fragments by sappho for saxophone, voice and piano. 1991
  • Klavierwerke: labores juveniles 1975. et c.
  • Perturbation. Sprachkomposition. Klagenfurt (Ritter Verlag) 1987

Literatur über Lampersberg

Nikolaus Fheodoroff: Der „Tonhof“ – Zentrum von Kultur und Gastlichkeit; Marie-Thérèse Kerschbaumer: L'Après-midi de Lampersberg ; Alexander Doent: Lampersberg und die Museumsinsel Hombroich. In: Österreichische Musikzeitschrift 2009/ H.6, S.18-28 (u.d.T.: „Oasen zu Hören“).

Alexander Doent: Notiz über die Forschungsaufgabe „Tonhof“. In: Grassl/Kapp/Szabó(Hg.): ANKLAENGE, Wiener Jahrbuch für Musikwissenschaft. Wien 2006

Martin Mosebach: Dichter und Modell. In: Schöne Literatur. Essays. München, Wien 2006

Christine Lavant: Briefe an Maja und Gerhard Lampersberg. Hgg. v. F.Hafner u. A.Rußegger. Salzburg, Wien 2003

Weblinks


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