GRECE

GRECE

Das Groupement de recherche et d'études pour la civilisation européenne, Abkürzung GRECE, ist ein Theoriezirkel der französischen extremen Rechten, welches die Nouvelle Droite begründete und maßgeblich die Ideologiebildung der gesamten westeuropäischen Neuen Rechten beeinflusste.

In Frankreich wird die Nouvelle Droite weitgehend von GRECE dominiert, so dass in der französischen Publizistik die Begriffe GRECE und Nouvelle Droite (frz., zu deutsch: Neue Rechte; in der Extremismusforschung eine Strömung des intellektuellen Rechtsextremismus[1]) auch synonym verwandt werden.[2] Als deren Gründer und führender Theoretiker gilt der französische Publizist Alain de Benoist.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Gegründet wurde GRECE im Januar 1968 in Nizza durch 40 Aktivisten aus den rechtsextremen (extrême droite) Zeitschriften „Cahiers Universitaires“ und „Europe Action“. Während „Cahiers universitaires“ das Publikationsorgan der neofaschistischen Studentenorganisation „Fédération des étudiants nationalistes“ (FEN) war, fungierte „Europe action“ als deren Theorieorgan.

Zu den Gründern zählten neben de Benoist unter anderem Dominique Venner, Pierre Vial, Gilles Fournier, Roger Lemoine, Jean-Jacques Mourreau, Jean-Claude Rivière, Jacques Bruyas, Jean-Claude Valla, Jean Mabire, Michel Marmin und Dominique Gajas.

GRECE beziehungsweise die von ihr begründete Nouvelle Droite verstand sich als Antwort auf die gesellschaftlichen Impulse des Pariser Mai 1968. Diese Strömung versammelte Intellektuelle aus nahezu allen Zusammenschlüssen der traditionellen extremen Rechten, die sich aus ideologischen oder strategischen Gründen von diesen getrennt hatten. Sie hielten die alten Strukturen für verkrustet und machten ihre anhaltende Fixierung auf das Algerien-Dilemma de Gaulles für den mangelnden politischen Erfolg verantwortlich. Als Ursachen für die Erfolglosigkeit des traditionellen Rechtsextremismus nannte Benoist das Fehlen einer langfristig angelegten politischen Strategie, den Mangel an konkreten politischen Zielsetzungen, das Fehlen einer klar formulierten und wissenschaftlich abgesicherten Theorie, das Ignorieren des kulturellen Umfeldes als politisches Kampffeld und schließlich die Fixierung auf vergangene Konzeptionen, die überholt seien und keine Attraktivität ausstrahlen würden. Dies sollte nun durch eine neue zeitgemäße Programmatik geändert werden.

Ziele und Inhalte

Das Ziel der Nouvelle Droite, beziehungsweise der Protagonisten von GRECE, war ein vollkommener Erneuerungsprozess. In ihren Worten wollte man eine neuen „ideengeschichtlichen, metapolitischen, umfassenden Bezugsrahmen“ für eine moderne rechte Programmatik erarbeiten. Die entwickelten Positionen zeigten jedoch keine grundlegenden Unterschiede zum bisherigen Rechtsextremismus. Im Wesentlichen waren es ideologische und strategische Differenzen unter Beibehaltung der extremen Grundpositionen. Feindbild der Neuen Rechte wie auch der Alten Rechte sind die „egalitären Ideologien“, wozu diese Liberalismus, Marxismus und Christentum zählen.

Die theoretischen Vorbilder lassen sich in drei Gruppen einteilen. Erstens die Vertreter der deutschen Konservativen Revolution wie Ernst Jünger, Edgar Julius Jung, Arthur Moeller van den Bruck, Carl Schmitt und Oswald Spengler. Zweitens intellektuelle Anhänger oder Wegbereiter des italienischen Faschismus wie Julius Evola, Robert Michels, Vilfredo Pareto oder Georges Sorel und drittens „Erbforscher“ wie Hans Jürgen Eysenck, Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Arthur Jensen und Konrad Lorenz. Aus deren Werken erstellten die Protagnonisten von GRECE selektiv und willkürlich, und ohne damit verbundene Widersprüche zu problematisieren, die Weltanschauung der Nouvelle Droite.

Von Antonio Gramsci übernahmen sie die Vorstellung eines Kulturkampfes, in dem es darum gehe, vor der politischen die kulturelle Hegemonie zu gewinnen, d.h. den vorpolitischen Raum zu besetzen. Die Nouvelle Droite steht in Gegnerschaft zum Egalitarismus und den Ideen von 1789. "Gegen Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit setzt die Nouvelle Droite die Bindung an die (Volks-)gemeinschaft, die natürliche Ungleichheit der Menschen und Rassen sowie den Gedanken sich selbst bildender heroischer Eliten."[3] Gegen die vorgebliche politische, militärische und kulturelle Hegemonie der USA, die als Endpunkt des liberalkapitalistischen Individualismus betrachtet wird, setzt die Nouvelle Droite auf die Identität der europäischen Völker, gegen den kapitalistischen "Krämergeist" den Primat der Politik im Sinne Carl Schmitts.

Immer wieder wird in der französischen Literatur GRECE als neopagane Organisation beschrieben. So kennzeichnete der französische Politologe Stéphane Francois den Neopaganismus als einen wichtigen Bestandteil der GRECE-Doktrin.[4]

Programm

Der Titel eines Kolloquiums des GRECE „Für einen Gramscianismus von rechts“ spricht für die Programmatik dieser Organisation, die mit dem Slogan „Kulturrevolution von rechts“ über Frankreich hinaus Beachtung fand. Neben Gramsci wird seit 2005 auch Marx in positiver Form rezipiert.[5] Als Anknüpfungspunkt dient hier Heideggers "strategisch geschickte Verbeugung vor Marx" im „Brief über den »Humanismus«" [6].

Eines der Hauptschwerpunkte von GRECE war die Herausgabe der Zeitschriften „Nouvelle École“ und „Eléments“. „Nouvelle École“ wurde 1968 von Benoist gegründet, „Eléments“ 1973. Während die „Nouvelle École“ einen eher wissenschaftlich-enzyklopädischen Anspruch hat, der möglichst viele Bereiche abdecken soll, dominiert in den literarischeren „Élements“ die politische Polemik. Beide Publikationen bemühen sich um eine Renaissance rechtsgerichteten Denkens und stehen vor allem im Dienste der sogenannten „Metapolitik“, also der „intellektuelle(n), philosophische(n) und theoretische(n) Reflexion“ (Benoist) im Gegensatz zur direkten politischen Betätigung. Benoist vertritt ideologisch einen Neopaganismus, der eine polytheistische, indogermanische Ur-Religion postuliert.

GRECE publiziert unter der Leitung von Michel Thibault auch die Zeitschrift Cartouches - L'actualité des idées. Zur Redaktion gehören: Charles Berrias, Rodolphe Badinand, Léonard Chambolle, Eric Cotentin, Olivier Diaboc, Georges Feltin-Tracol, Arnaud Guyot-Jeannin, François Labeaume, Christophe Levalois, Pierre le Vigan, Alexandre Nicolas, Eric Robert, christian Ville, Dominique Taccella und Janis Trisk und zu den Korrespondenten: Gerwig Helman (Deutschland), Jürgen Hatzenbichler (Österreich), Manuel Rodrigues Péon (Spanien), Guglielmo Alessio (Italien) und Bogdan G. Radulescu (Rumänien).

Quellen

  1. Uwe Backes, Eckhard Jesse, Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 1989, S. 136; das wird von Armin Pfahl-Traughber in seinem Online Aufsatz Die «Neue Rechte» in Frankreich und Deutschland, Online einsehbar bestätigt)
  2. Matthias Weber, Prototyp der Neuen Rechten. Alain de Benoist und die Nouvelle Droite in Frankreich, In: Die neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie?, Wolfgang Gessenharter, Thomas Pfeiffer (Hrsg.), VS Verlag 2004, S. 145
  3. Institut für Sozialforschung (Hg.) Aspekte der Fremdenfeindlichkeit, Frankfurt am Main / New York 1992, S.109
  4. Stéphane Francois, Les paganismes de la Nouvelle Droite (1980-2004), Dissertation 2005, S.7
  5. Alfred Schobert: Diskurspiraterie oder Wie Alain de Benoist mit Costanzo Preve Marx vom Marxismus befreit / „... und fette Beute“ in Konkret 3/2005, [1]
  6. Alfred Schobert: Mitte und Normalität. Zur Gleichzeitigkeit von moderner Kollektivsymbolik und traditioneller institutionalistischer Symbolik. In: Ernst Schulte-Holtey (Hg.): Grenzmarkierungen. Normalisierung und diskursive Ausgrenzung. Duisburg: DISS 1995, S. 61-65. ; [2]

Literatur

  • Anne-Marie Duranton-Crabol, Visages de la Nouvelle droite: le Grece et son histoire, Presses de la Fondation nationale des sciences politiques 1988, 267 Seiten
  • Matthias Weber, Prototyp der Neuen Rechten. Alain de Benoist und die Nouvelle Droite in Frankreich, In: Die neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie?, Wolfgang Gessenharter, Thomas Pfeiffer (Hrsg.), VS Verlag 2004, S. 145-162
  • Alfred Schobert: Mitte und Normalität. Zur Gleichzeitigkeit von moderner Kollektivsymbolik und institutionalistischer Symbolik. In: Ernst Schulte-Holtey (Hg.): Grenzmarkierungen. Normalisierung und diskursive Ausgrenzung. Duisburg: DISS 1995
  • Alfred Schobert: Wurzeln finden, Reich erneuern, „Ami go home!“ – Die Europa-Vorstellung Alain de Benoists. In: ders./Siegfried Jäger (Hg.): Mythos Identität. Fiktion mit Folgen. Münster: Unrast 2004

Weblinks


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