Ernst Borsig

Ernst Borsig
Ernst August Paul Borsig
Das Wappen der Familie von Borsig (1909)

Ernst August Paul Borsig, ab 1909 von Borsig (* 13. September 1869 in Berlin-Moabit; † 6. Januar 1933 auf Gut Groß Behnitz, Landkreis Havelland, Brandenburg), Dr.-Ing. h. c., Geheimer Kommerzienrat, war ein deutscher Großindustrieller, Vorsitzender der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (heute BDA) und des Reichsverbandes der Deutschen Industrie.

Er leitete zusammen mit seinen Brüdern Arnold Borsig (* 23. Juni 1867; † 1. April 1897) und Conrad von Borsig (* 23. April 1873; † 1945) die 1836 von seinem Großvater August Borsig gegründeten Borsigwerke in Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Borsig legte 1889 in Berlin das Abitur ab und absolvierte anschließend eine anderthalbjährige technische Ausbildung in der Maschinenbau-Anstalt A. Borsig. Anschließend studierte er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität und der Technischen Hochschule Charlottenburg. Er war Mitglied des Corps Hansea Bonn.[1]

Da die drei Brüder beim Tod ihres Vaters Albert Borsig (1829–1878) noch Kinder waren, leitete zunächst ein Kuratorium aus leitenden Angestellten das Unternehmen, bevor die Brüder 1894 die Unternehmensführung übernahmen. Ernst Borsig hatte – nach dem Unfalltod von Arnold Borsig bei einem Grubenunglück in der Hedwigswunschgrube im heutigen Zabrze, damals in Schlesien – maßgeblichen Anteil an der Umsiedlung der Moabiter Werkstätten nach Berlin-Tegel. Zu diesem Zweck besuchte er eine Anzahl bekannter Fabriken im In- und Ausland, einige seiner technischen Beamten entsandte er zu ausgedehnten Studienreisen nach England und Amerika. Daraus entstanden die Entwürfe für das neue Werk, das nach seiner Fertigstellung 1898 ein Berliner Wahrzeichen wurde. Durch die gemeinsame Leitung des Unternehmens mit seinem Bruder Conrad zeichnete sich ein neuer Führungsstil ab, weg von der patriarchalischen Führung hin zum modernen Management.

1898 heiratete Ernst Borsig Margarete Gründler, die ihm vier Kinder schenkte (Karl Albert Arnold * 1899, Margret * 1900, Annelise * 1902 und Ernst *1906). 1902 wurde er zum Königlichen Kommerzienrat ernannt, am 27. Januar 1909 wurden er und sein Bruder Conrad in den preußischen erblichen Adelsstand erhoben, 1912 erfolgte die Ernennung zum Königlichen Geheimen Kommerzienrat. Die Technische Hochschule Breslau ehrte ihn 1918 durch die Verleihung des akademischen Grades Dr.-Ing. h. c.

1910 gehörte Ernst von Borsig mit einem Vermögen von 22 Millionen Mark zu den 60 reichsten Männern in Preußen. Er war maßgeblich an der Bildung der Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beteiligt. Er war Vorsitzender des Vereins Berliner Metallindustrieller (1906–1932), Ausschussmitglied des Centralverbandes deutscher Industrieller und seit seiner Gründung im Februar 1919 Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. In den Jahren 1924-1931 war er Vorsitzender der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (heute BDA) und nahezu im gleichen Zeitraum Präsident des Vereins deutscher Maschinenbau-Anstalten (1923–1934). Er war Mitglied im Club von Berlin. Außerdem war er Vorsitzender der Stega, einer geheimen Rüstungsorganisation.

Nachdem der Lokomotivbau 1931 an die AEG verkauft wurde, musste die A. Borsig GmbH am Ende dieses Jahres ihre Zahlungen einstellen, die Familie schied aus dem Unternehmen aus. Ernst von Borsig zog sich auf sein Gut Groß Behnitz (Ortsteil der Gemeinde Nauen im Havelland) zurück, wo er in der Borsig-Familiengrabstätte, wie zuvor sein Vater, seine letzte Ruhe fand.

Haltung zur Wirtschafts- und Sozialpolitik

Borsig vertrat in puncto Wirtschafts- und Sozialpolitik eine liberale und bisweilen sozialdarwinistische Auffassung. So schrieb er im Jahr 1932:

„Es kann sein, daß ohne die vom Staat ausgeübte Fürsorge vielleicht 50 000 Menschen zu Grunde gehen, die mit Hilfe dieser Fürsorge mit dem Leben fertig werden. Es kann aber auch sein, daß, wenn diese Fürsorge nicht bestünde, vielleicht 4-5000 andere Menschen ihre Tatkraft und Fähigkeit in solchem Maße entwickeln würden, daß dies - rein wirtschaftlich betrachtet - noch wichtiger wäre. Vielleicht würden nämlich diese 4-5000 Menschen in der Lage sein, Werte zu schaffen, und vielleicht würden sie sogar in der Lage sein, durch ihre erhöhten Leistungen auch jene mit durchzuschleppen.“[2]

Borsig und die NSDAP

Nach dem Ersten Weltkrieg unterstützte er finanziell die Freikorps (z. B. die Brigade Ehrhardt). Im Januar 1919 war er maßgeblich an der Gründung eines Antibolschewistenfonds beteiligt. Er war Mitglied der 1922 gegründeten Gäa, die rechte Massenpropganda organisierte. Ebenfalls ab 1922 wurde er einer der bedeutendsten Geldgeber der NSDAP. Er lernte Hitler bei dessen Rede vor dem Nationalen Klub in Berlin kennen. Daraufhin traf er sich mehrmals mit ihm und begann unter seinen industriellen Freunden für die Hitler-Bewegung zu werben und sammelte Geld für die NSDAP.[3] Über seine Motivation die NSDAP zu unterstützen, schrieb Borsig am 12. März 1927 im „Berliner Tageblatt“:

Ich glaube in Hitler einen Mann gefunden zu haben, der „dazu beitragen könne, durch die von ihm ins Leben gerufene Bewegung die Kluft zwischen den verschiedenen Volksschichten, insbesondere durch die Wiederbelebung der nationalen Gesinnung der Arbeiterschaft, zu überbrücken.“[4]

Von dieser hitlerfreundlichen Haltung, mit der er sich von der Mehrzahl der Großindustriellen in der Weimarer Republik unterschieden hatte, rückte Borsig allerdings am Ende seines Lebens wieder ab. Im November 1932 gehörte er zu den 339 Unterzeichnern eines Wahlaufrufs, der sich unter der Überschrift „Mit Hindenburg für Volk und Reich“ für die Unterstützung der Regierung Papen und damit gegen die NSDAP aussprach.[5]

Quellen

  1. Kösener Korps-Listen 1910
  2. Ernst v. Borsig: Betrachtungen eines Unternehmers zur Sozialpolitik. StA Hamburg, Blohm/Voss 1932. Zitiert nach: Karl Christian Führer: Arbeitslosigkeit und die Entstehung der Arbeitslosenversicherung in Deutschland 1902-1927. Berlin 1990, S. 206.
  3. Henry Ashby Turner: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, Siedler Verlag, Berlin 1985, S. 71
  4. Henry Ashby Turner: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, Siedler Verlag, Berlin 1985, S. 70 f.
  5. Henry Ashby Turner, Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers, Siedler Verlag, Berlin 1985, S. 357

Literatur

Weblinks


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