Derek Jarman

Derek Jarman

Derek Michael Jarman (* 31. Januar 1942 in Northwood, Middlesex, England; † 19. Februar 1994) war ein britischer Filmregisseur und Künstler.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

In den 1950er-Jahren verbrachte Derek Jarman seine Jugend in den Garnisonsstandorten seines Vaters bei der Air Force und im Internat. Er beschäftigte sich früh mit der Malerei, später mit dem Schaffen von Bühnenbildern, mit Filmdesign und seit den frühen sechziger Jahren mit dem Filmschaffen.

1960 bis 1963 studierte er am Londoner King's College Englisch, Geschichte und Kunstgeschichte und unternahm in den folgenden Jahren Reisen nach Griechenland, Kreta, Italien; mehrmals in die USA, nach Südspanien und Nordafrika. In den USA hörte er zum ersten Mal von Andy Warhol, der für ihn und seine Freunde zu den wichtigsten Künstlern der Gegenwart zählt.

1963 wechselte er vom College auf die Kunstakademie (Slade School of Art), die er bis 1967 besuchte. Hier begann er bald damit, Theaterkulissen zu malen. 1970 erhielt er von Ken Russell den Designauftrag für dessen Film Savage Messiah. In Russell fand Jarman einen guten Lehrmeister für die eigene Filmarbeit, mit der er bald darauf begann. Bereits in der Zusammenarbeit mit Ken Russell zeigte sich Derek Jarman als ein selbstbewusster und innovativer Künstler, so auch bei dem 1971 entstandenen Historiendrama Die Teufel (The Devils).

1970 drehte er den ersten seiner zahlreichen Kurzfilme auf einer geliehenen Schmalfilmkamera, da ihn die Malerei in dieser Zeit immer weniger begeisterte. 1976 drehte Derek Jarman seinen ersten Langfilm, Sebastiane, „um die Möglichkeiten des Filmemachens außerhalb der üblichen Grenzen des britischen Kinos zu erproben, in einer Situation, die so weit wie möglich frei von den Beschränkungen des kommerziellen Spielfilms sein sollte.“ Von 1979 bis zu seinem Tod 1994 entstanden sieben lange Filme, darunter The Tempest (1979), In The Shadow Of The Sun (1980), Imagining Oktober (1984), The Angelic Conversation (1985), Caravaggio (1986), Eduard II. (1991) und Wittgenstein (1993).

1984 drehte er auf Einladung des spanischen Fernsehens in Cadaques einen Videoclip für Psychic TV und Jordi Valls. Im Oktober 1984 war Jarman Gast des sowjetischen Filmkünstlerverbands. Er wurde mit anderen unabhängigen Filmemachern (darunter Sally Potter) eingeladen, seine Arbeiten in Moskau und Baku zu präsentieren.

In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre führte Jarman Regie bei mehreren Musikvideos für Titel der The Smiths (z.B. The Queen is Dead) und der Pet Shop Boys (z.B. It's a Sin), deren Bühnenshow zur Tournee "Introspective" (1989) er auch gestaltete.

Als 1987/88 die Thatcher-Regierung die berüchtigte Clause 28 in ein geplantes Gesetz zu Kommunalverwaltungen einbrachte, mit dem die Publikation und Verwendung von Material verhindert werden sollte, das der „Förderung der Homosexualität“ dienen könnte, reagierte Jarman neben öffentlichen Protesten mit einer gesteigerten Behandlung dieses Themas in seinen Filmen.

Homosexualität und Kunst als treibende Kräfte seiner Arbeit, hoher Grad an Experimentierfreudigkeit, betont subjektivistischer, unkonventionell antinaturalistischer Stil, bewusste und unbewusste Selbstinszenierung, Zivilisationskritik, ästhetisch formulierter Hang zur Magie und Ritual machen seinen filmischen Stil unverkennbar.

Jarman betont wiederholt das Moment des Magischen und des Traumhaften in seiner Bilderwelt – der Film sei ein Instrument, Träume lebendig zu machen. Durch seine Experimente mit Licht, Farbe und Schichtungen von Bildern rückt er die Arbeit mit der Kamera in die Nähe der Malerei.

Derek Jarmans Haus in Dungeness

Nachdem seine AIDS-Erkrankung im Jahr 1986 festgestellt worden war, zog er sich in ein dort gekauftes Fischerhaus (Prospect Cottage) in Dungeness/Kent, England, zurück, dessen Garten er unter Verwendung von Steinen, Treibholz und Rostobjekten künstlerisch gestaltete. Seine Arbeit begriff er hierbei als Heilungsversuch an der Landschaft, die von einem nahe gelegenen Kernkraftwerk dominiert wird.

In den letzten Jahren seines Lebens wandte er sich auch wieder stärker der Malerei zu und verfasste eine Reihe autobiografischer Bücher, in denen er beschrieb, wie er zu seinen künstlerischen Arbeiten kam: Dancing Ledge (1984), The Last of England (1987), Modern Nature (1991), At Your Own Risk (1992) und Chroma (1994).

Durch seine Erkrankung erblindete Derek Jarman allmählich. Trotzdem realisierte er noch den Film Blue aus seiner „Sicht“. Es wurde eine Art Hörfilm, die Leinwand bleibt 70 Minuten lang blau. Kurz nach der Uraufführung verstarb Jarman im Alter von 52 Jahren und wurde auf dem Kirchfriedhof von St. Clement in Old Romney in der Romney Marsh beerdigt.

Eine filmische Rückschau auf Jarmans Leben und Werk gibt der Dokumentarfilm Derek von Isaac Julien.

Filmografie

Ausstellung

  • 2010: NUMBER FOUR: DEREK JARMAN - super 8, Julia Stoschek Collection, Düsseldorf

Literatur

  • Derek Jarman: The Last of England. Ed. by David L. Hirst. Constable and Company London 1987. ISBN 0-09-468080-9
  • Derek Jarman: Dancing Ledge. London 1984. Reprinted, cased edition, by Quartet Books Limited London 1991. ISBN 0-7043-7011-5
  • Derek Jarman: Modern Nature. The Journals of Derek Jarman. Random Century London 1991. ISBN 0-7126-2184-9
  • At Your Own Risk. A Saint's Testament. Derek Jarman. Ed. by Michael Christie. Vintage edition London 1993
  • Derek Jarman: Chroma. A Book of Colour - June '93. Century Random London 1994. ISBN 0-7126-5754-1
  • Derek Jarman: Blue. Das Buch zum Film (engl. und deutsch). Kassel. Verlag Martin Schmitz 1994. ISBN 3-927795-13-5
  • Derek Jarman. Up In The Air. Collected Film Scripts. With an Introduction by Michael O'Pray. Vintage London 1996. ISBN 0-09-930226-8
  • Derek Jarman. A Portrait. With 151 illustrations, 90 in colour. Introduction by Roger Wollen. 8 contributions. Thames and Hudson London 1996. ISBN 0-500-01723-9
  • By angels driven. The films of Derek Jarman. Ed. by Chris Lippard. Flicks Books 1996. ISBN 0-948911-82-4
  • Michael O'Pray: Derek Jarman. Dreams of England. British Film Institute London 1996. ISBN 0-85170-590-1
  • Christina Scherer / Guntram Vogt: Derek Jarman. In: Augenblick Heft 24. S.8-68: Experimente und Visionen. Studien zum neuen britischen Kino. Marburg 1996. ISBN 3-89472-034-4

Weblinks


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