Rücknahme (Verwaltungsrecht)

Rücknahme (Verwaltungsrecht)

Eine Rücknahme liegt vor, wenn die Verwaltung einen rechtswidrigen Verwaltungsakt (VA) aufhebt.

Die Rücknahme ist in § 48 VwVfG (Bundesgesetz bzw. in den Parallelregelungen der Bundesländer) geregelt. Aus § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG ergibt sich, dass die Rücknahme eines rechtswidrigen belastenden Verwaltungsaktes der Behörde ohne weiteres möglich ist. Zuständig für die Rücknahme ist gemäß § 48 Abs. 5 VwVfG die örtlich zuständige Behörde, auch wenn der Verwaltungsakt ursprünglich von einer anderen Behörde erlassen wurde. Der Bürger kann jederzeit einen Antrag bei der Behörde auf Rücknahme stellen und die Behörde auch darauf verklagen.

Engere Voraussetzungen bestehen für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes, der für den Bürger eine Begünstigung mit sich gebracht hat. Dabei unterscheidet das Verwaltungsverfahrensrecht zwischen zwei Arten von Begünstigungen: Solche durch Geldleistungen oder teilbare Sachleistungen ("Geldleistungs-VA") und solche, die andere Begünstigungen begründen. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass bei einem Geldleistungs-VA schon die Rücknahme scheitert, wenn ein schutzwürdiges Vertrauen des Adressaten in den Bestand des Verwaltungsaktes vorliegt. Sein Vertrauen wird bereits auf der "Primärebene" geschützt. Anders ist dies bei sonstigen Begünstigungen: Hier ist die Behörde ohne weiteres zur Rücknahme befugt, muss jedoch, soweit ein schutzwürdiges Vertrauen des Bürgers bestand, Schadensersatz leisten ("Sekundärebene"). Diese Trennung soll überflüssige Zahlungsflüsse verhindern: Würde auch bei einem Geldleistungs-VA erst auf der Sekundärebene Vertrauensschutz gewährleistet, würde dies dazu führen, dass er die erbrachten Leistungen zurückgewähren müsste, dann aber sofort Rückzahlung im Wege des Schadensersatzes verlangen könnte. Dies soll durch die differenzierte Regelung vermieden werden.

§ 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG enthält einige Gründe, bei denen ein Vertrauen des Bürgers ausgeschlossen ist. Dieser Katalog gilt auch für § 48 Abs. 3 VwVfG. Die Behörde hat gemäß § 48 Abs. 4 VwVfG eine Entscheidungsfrist (so die Rechtsprechung; eine andere Meinung sieht dies als Bearbeitungsfrist an) von einem Jahr.

Die Rückforderung der Leistungen erfolgt ggf. durch einen Verwaltungsakt gemäß § 49a VwVfG.

Sollten die Voraussetzungen einer Rücknahme nach § 48 VwVfG nicht vorliegen, kommt auch bei rechtswidrigen Verwaltungsakten "erst recht" ein Widerruf gemäß § 49 VwVfG in Betracht.

Bei der Rücknahme von Subventionsbescheiden, die sich als europarechtswidrig herausstellen, verlangt der Effektivitätsgrundsatz, dass das nationale Verwaltungsverfahrensrecht die Rückabwicklung nicht unmöglich machen darf. Deshalb dürfen in solchen Fällen die Regelungen über den Vertrauensschutz sowie die Fristenbestimmung nicht angewandt werden. Darüber hinaus kann sich der Bürger im Rahmen des § 49a VwVfG nicht auf eine Entreicherung berufen.

Parallelbestimmungen im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren sind: § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 45 SGB  X und § 49 SGB X.

Im steuerrechtlichen Verwaltungsverfahren sind die Parallelregelungen in den § 130 und § 132 AO zu finden.

Siehe auch

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