Oiscingas

Oiscingas

Die Oiscingas (auch Oiscinger, Æscingas, altenglisch für „Nachfahren des Oisc“) waren das Königsgeschlecht des angelsächsischen Königreiches Kent. Sie benannten sich nach Oeric, der den Beinamen Oisc trug.[1] Die Dynastie herrschte vom 5. bis ins 8. Jahrhundert.[2]

Inhaltsverzeichnis

Genealogie

Mythische Herkunft

Ob Hengest und Horsa historische Personen waren gilt als „offene Frage“.[2] Auch Oiric und Ohta sind, zumindest in Hinblick auf ihre Taten, als eher mythisch einzustufen. Die geschichtliche Zeit beginnt mit Eormenric.[3]

Einige Historiker halten diese Genealogie für eine frühe Verquickung zweier Überlieferungen. Spätere Könige wollten ihre Herkunft auf Hengest, den „Gründungsvater“ Kents, zurückführen. Dennoch nannte sich die Dynastie nach Oeric/Oisc, mit dem auch die folgenden Königsnamen alitterieren, was darauf hindeutet, dass die Abstammung von Hengest wohl unhistorisch in die Oiscinga-Linie eingereiht wurden.[4]Beda Venerabilis' Historia ecclesiastica gentis Anglorum und die Angelsächsische Chronik weisen gegenüber der Anglian Collection[5] und Nennius' Historia Brittonum für Oeric und Ohta sowie für Wecta/Wægdæg und Witta eine umgekehrte Reihenfolge auf, worin unterschiedliche Überlieferungstraditionen bzw. verschiedene Ursprungsmythen gesehen werden. Ein weiterer Hinweis auf einen doppelten Ursprung ist die in der Angelsächsischen Chronik berichtete zweimalige Thronbesteigung Oerics: 455 mit seinem „Vater“ Hengest und 488 als alleiniger König.[4]

Der Geograph von Ravenna (7. Jahrhundert) nannte einen princeps (etwa „Fürst“) Ansehis, der die „Sachsen“ nach Britannien geführt haben soll. Möglicherweise erhielt Oeric seinen Beinamen Oisc, der etymologisch mit Ansehis verwandt ist, um ihn nachtraglich mit dem mythischen Gründer zu identifizieren.[3]

Könige sind durch Fettschrift hervorgehoben.

Geat (Gautr)
Godwulf
Finn
Frithuwulf
Frithowald[6], Frealaf[5]
Wodan
Wecta (Vecta, Wægdæg)
Witta
Wihtgils (Victgilsus)
Horsa, 455
Hengest, 455–488
Renwein[7]Vortigern
Name unbekannt (Vater/Mutter des Ebissa)
Ebissa (Neffe des Ohta)[8]
Oeric (Œric, Oisc, Aesc, Æsc), 488–512
Ohta (Ochta, Ocga), 512–522/539
Eormenric, 512/522/539?–um 560/585

Historische Dynastie

Die Stellung der Könige Eanmund (um 764–765?), Heahberht (um 765–?), Ecgberht II. (764-779/784), Eadberht III. Præn (796–798) und Baldred (um 821–um 825) im Stammbaum ist unbekannt.[9] Könige sind durch Fettschrift hervorgehoben.

Eormenric, 512/522/539?–um 560/585
Ricola ∞ Sledda, König von Essex
Æthelberht I., 560/585–616 ∞I. Bertha ∞II. Name unbekannt
Æthelburg ∞ Edwin, König von Northumbria
Eadburh, Äbtissin von Lyminge[10] (legendenhaft)
Eadbald, 616–640 ∞I. Name unbekannt (Stiefmutter) ∞II. Emma (auch Æmma oder Ymme)[11]
Ecgfrith[12]
Eanswith (auch Eansuuitha, Eanswiðe; legendenhaft), Heilige[13]
Eormenred[14] ∞ Oslava[15]
Æthelred († 664/673)[16], Heiliger
Æthelberht († 664/673)[16], Heiliger
Eormenburg (auch Domneva, Æbbe, Eafe), Heilige ∞ Merewalh, Unterkönig der Magonsæte[17][18]
Ætheldryth, Heilige[15]
Eormengyth, Heilige[15]
Oswine (688–690/691) Eltern unbekannt, vermutlich ein Nachfahre (Enkel ?) Eormenreds[19]
Eadburh, Äbtissin von Thanet, Eltern unbekannt, vermutlich Tochter von Æthelberht oder Eormengyth[20]
Earconberht I., 640–664 ∞ Seaxburg
Eorcengota
Eormenhild ∞ Wulfhere, König von Mercia
Hlothhere, 673–685
Ecgberht I., 664–673
Eormenhild („Hermelinda“, unsicher) ∞ Cunincpert, König der Langobarden
Eadric, 685–686/687 (Usurpator)
Wihtred, 690/691–725 ∞I. Cynegyth ∞II. Æthelburg ∞III. Wærburg
Æthelberht II., 725–762
Eadberht II., 762–um 764, (unsicher)[21]
Ealric, 725–725?
Eadberht I., 725–748
Eardwulf, 748?–vor 762

Quellen

Wikisource-logo.svg Geoffrey von Monmouth: History of the Kings of Britain, Buch 8.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Beda: HE 2,5
  2. a b J. Insley: Oiscingas. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Band 22, de Gruyter, 2002, ISBN 978-3-11-017351-2 , S. 33-38.
  3. a b Nicholas Brooks: Anglo-Saxon Myths: State and Church, 400-1066, Hambledon & London, 1998, ISBN 978-1852851545, The Kentish Origin Myth, S. 37–46.
  4. a b Seiichi Suzuki: The Quoit Brooch Style and Anglo-Saxon Settlement: A Casting and Recasting of Cultural Identity Symbols, Boydell, 2000, ISBN 978-0851157498, S. 111–121.
  5. a b Anglian Collection
  6. Nennius: Historia Brittonum Kap. 31.
  7. Geoffrey von Monmouth
  8. Nennius: Historia Brittonum Kap. 38. Anmerkung: Bei Nennius ist das Vater-Sohn Verhältnis zwischen Oeric und Ohta vertauscht
  9. vgl.: R. H. Hodgkin: A History of the Anglo-Saxons, 2 Bände, Clarendon, Oxford 1935, S. 76
  10. William Hunt: Ethelbert (552?-616). In: Leslie Stephen (Hrsg.): Dictionary of National Biography (DNB), Band 18 (Esdaile - Finan), MacMillan & Co, Smith, Elder & Co., New York City, London 1889, S. 1617 (englisch)
  11. D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, 2000, ISBN 978-0415242110, S. 25.
  12. S 6
  13. Eanswith 1 in Prosopography of Anglo-Saxon England (PASE);vgl.: John von Tinmouth: De sancta Eanswida virgine et abbatissa, 14. Jahrhundert
  14. Angelsächsische Chronik zum Jahr 640
  15. a b c Kings of Kent in Foundation for Medieval Genealogy
  16. a b D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, 2000, ISBN 978-0415242110, S. 37.
  17. D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, 2000, ISBN 978-0415242110, S. 36.
  18. Eormenburg und Æbbe (Eafe) werden zum Teil als identische, zum Teil als unterschiedliche Personen dargestellt. siehe: Mary Dockray-Miller: Motherhood and mothering in Anglo-Saxon England, Palgrave Macmillan, 2000, ISBN 978-0312227210, S. 19.
  19. D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, 2000, ISBN 978-0415242110, S. 103.
  20. Mary Dockray-Miller: Motherhood and Mothering in Anglo-Saxon England, Palgrave Macmillan, 2000, ISBN 978-0312227210, S. 31.
  21. evtl. Sohn oder Enkel von Æthelberht II. siehe: Julia Barrow, Andrew Wareham (Hrsg.): Myth, Rulership, Church and Charters: Essays in Honour of Nicholas Brooks, Ashgate, 2008, ISBN 978-0-7546-5120-8, S. 77. oder Sohn von Wihtred, siehe: D. P. Kirby: The Earliest English Kings, Routledge, 2000, ISBN 978-0415242110, S. 112.

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