Gunilla Palmstierna-Weiss

Gunilla Palmstierna-Weiss
Gunilla Palmstierna-Weiss

Gunilla Palmstierna-Weiss (* 28. März 1928 in Lausanne, Schweiz, als Freiherrin Gunilla Palmstierna) ist eine schwedische Bildhauerin, Keramikerin, Bühnenbildnerin und Autorin. Sie war von 1964 bis zu seinem Tod 1982 mit dem deutsch-schwedischen Autor, Dramatiker, Maler und Filmemacher Peter Weiss verheiratet. Zwischen 1966 und 1989 war sie als Set- und Kostümdesignerin regelmäßige Mitarbeiterin des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gunilla Palmstierna wurde am 28. März 1928 als Kind schwedischer Eltern in Lausanne (französischsprachige Schweiz) geboren. Palmstiernas Großvater war Außenminister der ersten sozialdemokratischen Regierung Schwedens. Auf mütterlicher Seite entstammt Palmstierna einer jüdischen Buchdrucker-Familie, die im 19. Jahrhundert nach Schweden einwanderte. Gunilla Palmstierna verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Österreich, Frankreich und Holland. Beide Eltern waren Ärzte. Nach der frühen Scheidung ihrer Eltern verbrachte Palmstierna den Zweiten Weltkrieg mit ihrer Mutter in Rotterdam und Berlin.

Erst nach dem Kunststudium in Amsterdam und Paris kam Palmstierna nach Stockholm. Ihre Fachrichtung Keramik gab Gunilla Palmstierna in den 1960er Jahren zu Gunsten des gewachsenen neuen Schwerpunktes Szenografie auf (Arbeit u.a. mit ihrem Partner Peter Weiss sowie Ingmar Bergmann). Von 1948 bis 1952 war Palmstierna mit dem schwedischen Grafiker Mark Christopher Sylwan verheiratet. Gunilla Palmstierna und Peter Weiss kannten sich bereits seit 1949, wurden nach Palmstiernas Ehe mit Mark Sylwan ein Paar, heirateten aber erst 1964.

Obgleich Gunilla Palmstierna als Schauspielerin in mehreren von Weiss' frühen Experimentalfilmen hervortrat (Hägringen, Hallucinationer), lag ihr Schwerpunkt später im Bereich Bühnenbild und Ausstattung. Sie arbeitete neben Weiss und Bergman auch mit den Regisseuren Fritz Kortner und Peter Brook zusammen. Für ihre Kostümentwürfe in der Marat/Sade-Inszenierung von Brook, die auch in der Filmfassung Verwendung fanden, erhielt sie 1966 einen Tony Award.

Ihre Arbeit führte sie in die meisten Länder Europas, nach Südostasien, Japan und die Vereinigten Staaten. Die „Voltaire Flugschriften Nr. 23: Bericht über die Angriffe der US-Luftwaffe und -Marine gegen die Demokratische Republik Viet Nam nach der Erklärung Präsident Johnsons über die 'begrenzte Bombardierung' am 31. März 1968“ entstanden in Co-Autorenschaft im Zusammenhang der gemeinsamen langen Reise von Palmstierna und Weiss durch den Kriegsschauplatz im Sommer 1968.

Nach dem Tode Peter Weiss' 1982 wurde sie zu einer seiner wichtigsten Nachlassverwalterinnen und kuratierte zahlreiche Ausstellungen. Sie gilt, neben ihrem biografisch determinierten Kenntnisschatz zur Geschichte und Entstehung von Weiss' Arbeit im Spannungsfeld der beiden deutschen Staaten, als intimste Kennerin besonders der bildkünstlerischen Hinterlassenschaft des deutsch-schwedischen Künstlers. Palmstierna-Weiss hat an zahlreichen Publikationen von und über Peter Weiss mitgewirkt, etwa an der sechsbändigen Werkausgabe zu Leben und Werk (Suhrkamp, 1991), dem Kopenhagener Journal (Wallstein, 2006) und dem Pariser Manuskript Füreinander sind wir Chiffren (Rotbuch, 2008). 1997 zeigte das Museum Bochum eine Ausstellung über das bühnenbildnerische Schaffen von Gunilla Palmstierna-Weiss.

Ebenso wie Manfred Haiduk und Jürgen Schutte ist Gunilla Palmstierna Ehrenmitglied der Internationalen Peter Weiss-Gesellschaft. Für ihre herausragenden Verdienste um die deutsch-schwedischen Beziehungen erhielt sie im Mai 2009 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Gunilla Palmstierna-Weiss arbeitet heute als freie Szenografin und Autorin in Stockholm.

Filmografie (Auswahl)

  • 2003: Der Unzugehörige: Peter Weiss – Leben in Gegensätzen
  • 1998: Bertolt Brecht – Liebe, Revolution und andere gefährliche Sachen
  • 1991: Peter Weiss – Eine Ausstellung
  • 1967: Marat/Sade
  • 1959: Hägringen
  • 1953: Studie III, 1953
  • 1952: Studie II Hallucinationer

Literatur

  • Museum Bochum und Kulturverein Ost West e.V. (Hrsg.): Szenographie. Gunilla Palmstierna-Weiss. 22. Februar – 6. April 1997. Museum Bochum. O.O. 1997.
  • Gunilla Palmstierna-Weiss, Irene Armbruster: Drama eines Lebens: Die schwedische Feministin. In: Aufbau. Zürich, Heft 10/2008, S. 18ff. ISSN 0004-7813
  • Peter Weiss. Leben und Werk. Eine Ausstellung. Akademie der Künste, Berlin 24. Febr. bis 28. Apr. 1991. Hrsg. von Gunilla Palmstierna-Weiss und Jürgen Schutte. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991.
  • Peter Weiss. Werke in sechs Bänden. Hrsg. vom Suhrkamp Verlag in Zusammenarbeit mit Gunilla Palmstierna-Weiss. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Peter Ulrich Weiss — Peter Weiss während der Verleihung des Bremer Literaturpreises 1982 Peter Ulrich Weiss (* 8. November 1916 in Nowawes bei Potsdam; † 10. Mai 1982 in Stockholm; Pseudonym: Sinclair) war ein deutscher Schriftsteller, Maler …   Deutsch Wikipedia

  • Peter Weiss — während der Verleihung des Bremer Literaturpreises 1982 Peter Ulrich Weiss (* 8. November 1916 in Nowawes bei Potsdam; † 10. Mai 1982 in Stockholm; Pseudonym: Sinclair) war ein deutscher Schriftsteller, Maler …   Deutsch Wikipedia

  • Fluchtpunkt (Weiss) — Fluchtpunkt ist ein 1962 erschienener autobiografischer Bericht von Peter Weiss. Er ist als Fortsetzung der ein Jahr zuvor veröffentlichten Erzählung Abschied von den Eltern angelegt. Weiss beschränkte sich darauf, den Resten seiner frühen… …   Deutsch Wikipedia

  • Internationale Peter Weiss-Gesellschaft — Der Namensgeber Peter Weiss während der Verleihung des Bremer Literaturpreises 1982 Die Internationale Peter Weiss Gesellschaft (IPWG) ist eine Literarische Gesellschaft, die am 22./23. April 1989 in Karlsruhe gegründet wurde. Der satzungsgemäße… …   Deutsch Wikipedia

  • Peter Weiss — en 1982 Peter Ulrich Weiss, appelé aussi Sinclair (Neubabelsberg près de Berlin, 8 novembre 1916 – Stockholm, 10 mai 1982), est un écrivain et dramaturge allemand, également cinéaste, peintre et graphiste. Sommaire …   Wikipédia en Français

  • Peter Weiss — Peter Ulrich Weiss (November 8, 1916 – May 10, 1982) was a German writer, painter, and artist of adopted Swedish nationality. He is particularly known for his play Marat/Sade and his novel The Aesthetics of Resistance .LifeWeiss was born in… …   Wikipedia

  • Abschied von den Eltern — ist eine 1961 erschienene autobiographische Erzählung und eines der Hauptwerke von Peter Weiss. Anlass des Textes war die „Erkenntnis eines gänzlich mißglückten Versuchs von Zusammenleben, in dem die Mitglieder einer Familie ein paar Jahrzehnte… …   Deutsch Wikipedia

  • Manfred Haiduk — (* 1929) ist ein deutscher Literaturwissenschaftler. Leben Haiduk studierte in Rostock. 1960 wurde er ebenda mit der Arbeit Wesen und Sprache der polemischen Schriften Thomas Manns an der philosophischen Fakultät promoviert. Haiduk war Professor… …   Deutsch Wikipedia

  • Marat/Sade — This article is about Peter Weiss play. For Peter Brook and Adrian Mitchell s film based on the play, see Marat/Sade (film). Marat/Sade Written by Peter Weiss …   Wikipedia

  • Der Process — Verlagseinband der Erstausgabe 1925 Der Process (auch Der Prozeß) ist neben Der Verschollene (auch unter dem Titel Amerika bekannt) und Das Schloss einer von drei unvollendeten und postum erschienenen Romanen von Franz Kafka …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”