Ernst Aichner

Ernst Aichner

Ernst Aichner (* 11. Januar 1943 in Obergünzburg) ist ein deutscher Militärhistoriker und leitete von 1979 bis 2010 das Bayerische Armeemuseum.

Inhaltsverzeichnis

Studium

Aichner studierte Geschichtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seine Promotionsarbeit handelte 1974 vom Ausbau und der beginnenden Auflassung der bayerischen Landesfestung Ingolstadt (1848–1918). Da Aichner das einzige Exemplar im Zug hatte liegen lassen, verzögerte sich die für Dissertationen verbindliche Veröffentlichung jedoch um etwa zwei Jahrzehnte.

Beruf

1972 kam Aichner ans bayerische Armeemuseum nach Ingolstadt, zu dessen Leiter er 1979 wurde.

1986 erwarb Aichner für das Museum ein Konvolut von 6000 NS-Propaganda-Kunstwerken, die von den USA bei Ende des Zweiten Weltkrieges sichergestellt worden waren. Die USA hatten zwar beim Verkauf zur Bedingung gemacht, dass diese Bestände museal aufgearbeitet werden, dies unterblieb jedoch.[1] Im gleichen Jahr stellte Aichner auch einen Starfighter im Museumshof auf, wobei andere Militärhistoriker anmerkten, dass ein Bezug des Exponats zur Geschichte der 1683 aufgestellten und 1918/19 aufgelösten bayerischen Armee schwer erkennbar sei.[2]

Im Zusammenhang mit der bayerischen Landesgartenschau 1992 in Ingolstadt entwickelte Aichner ehrgeizige Erweiterungspläne für sein Museum. So sollten zusätzlich zum bisherigen, noch nicht voll genutzten Stammhaus im Neuen Schloss sämtliche historischen Militärbauten am südlichen Donauufer der Ingolstädter Altstadt für eine Erweiterung genutzt werden. Das Armeemuseum, das ohnehin schon größer ist als beispielsweise die Alte Pinakothek in München, wäre damit das drittgrößte militärhistorische Museum Europas geworden. Ingolstädter Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrer und Künstler fürchteten daher um Ingolstadts Ruf als Kulturstadt und gründeten mit dem örtlichen SPD-Landtagsabgeordneten Manfred Schuhmann die Initiative „Kultur statt Kanonen“, der Ingolstädter Autohersteller Audi sorgte sich gleichfalls um das Image seines Hauptsitzes.[3]

Als erster Erweiterungsbau sollte die Dauerausstellung über den ersten Weltkrieg im Reduit Tilly im Mai 1992 eröffnet werden, doch die Einweihung verzögerte sich immer wieder.[4]

Als im März 1993 ein Zinnsoldat mit SS-Runen am Souvenirstand der Museumskasse zum Kauf angeboten wurde und im Museum deshalb polizeiliche Ermittlungen wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angestellt wurden, ordnete Aichner gegenüber dem verantwortlichen Mitarbeiter an, die Angelegenheit zu vertuschen und leugnete gegenüber Polizei, dem Donaukurier und seinem Kultusminister Hans Zehetmair den Sachverhalt.[5] Zehetmair erklärte dazu auf eine Landtagsanfrage des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Manfred Fleischer, dass er den Ausgang der Ermittlungen abwarte, aber unabhängig davon die Ausstellung von Gegenständen, die nicht mit der Geschichte der Bayerischen Armee zu tun hätten, als „Übereifer“ betrachte, der nicht in seinem Sinne sei.[6] Schuhmann forderte von Zehetmair Aichners Ablösung.[2] Doch aus den Reihen des Freundeskreises des Armeemuseums und örtlichen CSU erhielt Aichner Rückendeckung: So verkündete Hermann Regensburger wenige Tage vor seiner Ernennung zum Innenstaatssekretär anlässlich des 30jährigen Jubiläums der Reservistenkameradschaft Ingolstadt im Armeemuseum, dass er, der Oberbürgermeister Peter Schnell und die (christsoziale) Stadtratsmehrheit stolz auf Aichners engagierte Arbeit seien und „Übereifer“ für ihn „ein Kompliment und kein Tadel“ sei.[7] Obwohl der Mitarbeiter Aichners wegen der Angelegenheit rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und die Staatsanwaltschaft feststellte, dass Aichner objektiv versucht hatte, Strafvereitelung zu begehen,[5] blieb Aichner im Amt. Auch die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein.

Während vom Freundeskreis des Museums gesammelte 700.000 DM für Neuerwerbungen ausgegeben wurden,[8] die meist in den umfangreichen Depots des Museums landeten, eröffnete wegen fehlender 20.000 DM für museumspädagogische Informationstafeln die Ausstellung zum Ersten Weltkrieg letztlich erst im Sommer 1994 – mehr als zwei Jahre nach dem geplanten Termin.[9] Obwohl Aichner vom Düsenjäger bis zum „Plunder von der NVA“ (so selbst Regensburger) alles für sein Museum sammelt, liegt das 1988 für das Museum beschlossene museumspädagogisches Konzept (abgesehen von der kurzen Zeitspanne von 1914 bis 1918) bisher nicht vor.

Auch das unter dem organisatorischen Dach des Armeemuseums untergebrachte Bayerische Polizeimuseum sollte schon seit Jahren eröffnet werden, doch auch hier wurde die Einweihung mehrfach verschoben.[10]

Doch Aichner gab seine Erweiterungspläne bis zuletzt nicht auf: Seine letzte größere Amtshandlung vor seiner Pensionierung zum 31. Januar 2010 war die Eröffnung einer Ausstellung zur Geschichte der deutschen Gebirgstruppe von 1915 bis heute, bei der auch die Stiftung „Deutsche Gebirgstruppen“ gegründet wurde. Der wegen seinem Verhältnis zu Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht umstrittene Kameradenkreis der Gebirgstruppe hat seine sämtlichen Exponate und alle Unterlagen in die Stiftung als Grundstock mit eingebracht.[11]

Privates

Aichner ist verheiratet, Katholik und hat einen erwachsenen Stiefsohn.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dolce Vita für den Endsieg. In: Der Spiegel. Nr. 9, 2001, S. 194ff (online).
  2. a b Abendzeitung vom 22. September 1993, S. 19
  3. [Einen Leo will ich auch. In: Der Spiegel. Nr. 9, 1992, S. 95 (online).
  4. Donaukurier vom 22. September 1993, S. 19
  5. a b Bernd Siegler: Wenn es Nacht wird im Armeemuseum. In: taz, 25. November 1993, S.11
  6. Donaukurier vom 8. Juni 1993, S. 15
  7. Donaukurier vom 14. Juni 1993, S. 9
  8. Donaukurier vom 19/20. Juni 1993, S. 31
  9. Donaukurier vom 22. September 1993, S. 19
  10. Donaukurier vom 19. Januar 2010
  11. Donaukurier vom 18. Januar 2010

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