Siegrune

Siegrune

Siegrune (auch Sigrune) ist die Bezeichnung für das Zeichen ϟ der völkisch-rassistischen Bewegung des 19. und 20. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Schreibzeichen

Das Zeichen ähnelt der sechzehnten Rune Sowilo des älteren Futharks und der zwölften Rune des aus 16 Runen bestehenden jüngeren Futharks. Die Form der Rune entspricht einem lateinischen S, umgeformt in drei gerade Striche. Das Zeichen stand für den Konsonanten S.

Sig oder Sieg?

Anfang des 20. Jahrhunderts erschien dem esoterischen und völkischen Autor Guido von List in einem Traum ein neues Runenalphabet, das er das Armanenfuthark nannte. Dieses Alphabet widersprach den wissenschaftlich fundierten Kenntnissen über die Runen und war ein reines Phantasieprodukt. Diese so von ihm festgelegten Runen belegte er mit Namen. Unter anderem erhielt die betreffende S-Rune, die wissenschaftlich gesehen als Sowilo, Sol, oder Sonne belegt ist, den neuen Namen Sig. Seiner Phantasie freien Lauf lassend, assoziierte von List die Rune jedoch auch mit zahlreichen anderen Begriffen: sol, sal, sul, sig, sigi, Sonne, Heil, Sieg, Säule, Schule usw. waren die von ihm gewählten Deutungsmöglichkeiten seiner Rune. Des Weiteren erklärte von List zum Bedeutungsinhalt Folgendes:

sal und sig (Heil und Sieg)! Dieser vieltausendjährige urarische Gruß- und Kampfruf... ist in der „Sig-Rune“ (Siegrune), dem elften Zeichen des Futharks zum Symbol geworden: Der Schöpfergeist muss siegen!“

Guido von List: Das Geheimnis der Runen, Wien, 1908, S. 14

Die Bezeichnung Sig für die Rune setzte sich fortan in völkischen Kreisen durch, wobei immer mehr die Namensinterpretation auf die Bedeutung „Sieg“ gelegt wurde, was auch in Übereinstimmung mit den meist offensichtlich auf reinen Klangassoziationen beruhenden Namensgebungen des Armanenfutharks war.[1] Insbesondere auch Heinrich Himmlers persönlicher Okkultist Karl Maria Wiligut übernahm die Runenbezeichnung Sig, obwohl er von Lists Armanenfuthark ablehnte und ein eigenes Alphabet mit dem Namen Wiligutrunen erfand. Erst in der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Name Sig durch die Bezeichnung Sieg ersetzt, da dieser Name im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie wesentlich passender erschien und den ohnehin schon erfolgten Bedeutungswandel bekräftigte.[2]

Politisches Zeichen

Emblem der Schutzstaffel (SS)

In der Zeit des Nationalsozialismus war die einfache Siegrune das Emblem des Deutschen Jungvolks in der Hitler-Jugend. Die aus der Sturmabteilung ausgegliederte Schutzstaffel (SS) der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei wurde zunächst mit den Anfangsbuchstaben SS bezeichnet, später schrieb und druckte man diese zwei Buchstaben stets in Runenform. Manche Schreibmaschinen jener Zeit hatten eine Sondertype für das gezackte SS. In ihrer endgültigen Form wurden die Siegrunen der SS im Jahre 1929 nach einem Entwurf des Grafikers Walter Heck eingeführt.[3] Durch ihre geschickte Proportionierung sollten sie offenbar einen Ausdruck von Dynamik sowie Bedrohlichkeit erwecken. Von der SS wurde die doppelte Siegrune als Symbol auf ihrer so genannten „Hausfahne“ sowie auf Kraftwagen-Standern verwendet. Ferner fand man sie auf Kragenspiegeln und Stahlhelmen der Waffen-SS.

Nächst dem Hakenkreuz ist die Siegrune das Symbol, welches am deutlichsten auf nationalsozialistische Vorstellungen oder Absichten hinweist. Nach dem deutschen Strafgesetzbuch ist die Verwendung dieses Zeichens strafbar. Mit geringfügigen Änderungen der graphischen Ausformung versuchen Gestalter einschlägiger CD-Cover und Aufnäher das Verbot zu unterlaufen. Außerhalb der Bundesrepublik Deutschland benutzen aktive Neonazis das Zeichen weiterhin sehr offen.

Literatur

  • Elisabeth Hinrichs, Aileen Ittner, Daniel Rother: XX-. Die SS-Rune als Sonderzeichen auf Schreibmaschinen, Institut für Buchkunst an der Hochschule für Gestaltung und Buchkunst, Leipzig 2009 ISBN 978-3-932865-55-8

Quellen

  1. Karlheinz Weißmann: Schwarze Fahnen, Runenzeichen, Düsseldorf 1991, S. 51
  2. Alois Friedel: Die politische Symbolik in der Weimarer Republik, Marburg 1956, S.139
  3. Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt, Bd. 5, Berlin 1986, S. 134

Weblinks


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