Bayerisches Armeemuseum

Bayerisches Armeemuseum
Bayerische Staatskanzlei mit Kuppel des ehemaligen Armeemuseums

Das Bayerische Armeemuseum ist ein der Militärgeschichte gewidmetes staatliches bayerisches Museum, das sich heute in Ingolstadt befindet. Bis 1945 hatte es seinen Sitz an der Stelle der heutigen Bayerischen Staatskanzlei in München,

48.764764111.430185

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Neues Schloss

Das Museum wurde von König Ludwig II. auf Anregung General Friedrich von Bothmers und des Kriegsministers Joseph Maximilian von Maillinger im Jahr 1879 gegründet. Es sollte die in ganz Bayern verstreuten Sammlungen zusammenfassen. Bis 1905 befand es sich in München im Zeughaus der bayerischen Armee und zog dann nach fünfjähriger Bauzeit in einen nach Plänen von Ludwig Mellinger neu errichteten Monumentalbau am Hofgarten in München um; an dieser Stelle hatte zuvor die Hofgartenkaserne gestanden.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Bauwerk teilweise zerstört. Die erhaltene Kuppel des alten Museumsbaus in München bildet heute den Zentralbau der neu errichteten Bayerischen Staatskanzlei.

Die Sammlung zur Militärgeschichte gelangte 1969 in das Neue Schloss in Ingolstadt, dem ehemaligen Sitz der Herzöge von Bayern-Ingolstadt.

1972 wurde dann das Museum feierlich unter Leitung von Direktor Peter Jaeckel eröffnet.

Uniform eines Hartschiers (bayerischer Leibgardist)

Das Museum enthält eine Sammlung von Waffen, Ausrüstungsgegenständen, Uniformen, Fahnen, Standarten, Gemälden und Orden mit dem Schwerpunkt auf der Bayerischen Armee. Daneben zeigen umfangreiche Dioramen mit Zinnfiguren historische Schlachten. Auch Beutestücke aus den Türkenkriegen des 17. und 18. Jahrhunderts wie z. B. ein reich verziertes Rundzelt und Blankwaffen werden gezeigt.

Festungswerk Reduit Tilly

1979 wurde Ernst Aichner Museumsleiter, und 1986 erwarb dieser für das Museum ein Konvolut von 6000 NS-Propaganda-Kunstwerken, die von den USA bei Ende des Zweiten Weltkrieges sichergestellt worden waren. Die USA hatten zwar beim Verkauf zur Bedingung gemacht, dass diese Bestände museal aufgearbeitet werden, dies unterblieb jedoch[1]. Im gleichen Jahr stellte man auch einen Starfighter im Museumshof auf, wobei andere Militärhistoriker anmerkten, dass ein Bezug des Exponats zur Geschichte der 1683 aufgestellten und 1918/19 aufgelösten bayerischen Armee schwer erkennbar sei[2].

Bayerischer Infanterist um 1870 (Gemälde von Louis Braun)

1988 beschloss der bayerische Landtag, dass für das Museum ein museumspädagogisches Konzept erstellt werden solle.

Im Zusammenhang mit der bayerischen Landesgartenschau 1992 in Ingolstadt entwickelte Museumsleiter Aichner ehrgeizige Erweiterungspläne für sein Museum. So sollten zusätzlich zum bisherigen, noch nicht voll genutzten Stammhaus im Neuen Schloss sämtliche historischen Militärbauten am südlichen Donauufer der Ingolstädter Altstadt für eine Erweiterung genutzt werden. Das Armeemuseum, das ohnehin schon größer ist als beispielsweise die Alte Pinakothek in München, wäre damit das drittgrößte militärhistorische Museum Europas geworden. Ingolstädter Rechtsanwälte, Ärzte, Lehrer und Künstler fürchteten daher um Ingolstadts Ruf als Kulturstadt und gründeten mit dem örtlichen SPD-Landtagsabgeordneten Manfred Schuhmann die Initiative "Kultur statt Kanonen", der Ingolstädter Autohersteller Audi sorgte sich gleichfalls um das Image seines Hauptsitzes[3].

Als erster Erweiterungsbau sollte die Dauerausstellung über den ersten Weltkrieg im Reduit Tilly im Mai 1992 eröffnet werden, doch die Einweihung verzögerte sich immer wieder[4]. Für diese Ausstellung wurde auch ein museumspädagogisches Konzept erstellt, für den Rest des Museums hingegen nicht.

Als im März 1993 ein Zinnsoldat mit SS-Runen am Souvenirstand der Museumskasse zum Kauf angeboten wurde und deshalb Ermittlungen im Armeemuseum wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angestellt wurden, ordnete Aichner gegenüber dem verantwortlichen Mitarbeiter an, die Angelegenheit zu vertuschen und leugnete gegenüber Polizei, dem Donaukurier und seinem Kultusminister Hans Zehetmair den Sachverhalt[5]. Zehetmair erklärte dazu auf eine Landtagsanfrage des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Manfred Fleischer, dass er den Ausgang der Ermittlungen abwarte, aber unabhängig davon die Ausstellung von Gegenständen, die nicht mit der Geschichte der Bayerischen Armee zu tun hätten, als "Übereifer" betrachte, der nicht in seinem Sinne sei[6]. Schuhmann forderte von Zehetmair Aichners Ablösung [7]. Doch aus den Reihen des Freundeskreises des Armeemuseums und örtlichen CSU erhielt Aichner Rückendeckung: So verkündete Hermann Regensburger wenige Tage vor seiner Ernennung zum Innenstaatssekretär anlässlich des 30jährigen Jubiläums der Reservistenkameradschaft Ingolstadt im Armeemuseum, dass er, der Oberbürgermeister Peter Schnell) und die (christsoziale) Stadtratsmehrheit stolz auf Aichners engagierte Arbeit seien und "Übereifer" für ihn "ein Kompliment und kein Tadel" sei[8]. Obwohl der Mitarbeiter Aichners wegen der Angelegenheit rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und die Staatsanwaltschaft feststellte, dass Aichner objektiv versucht hatte, Strafvereitelung zu begehen, [9], blieb Aichner im Amt. Auch die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein.

Während vom Freundeskreis des Museums gesammelte 700.000 DM für Neuerwerbungen ausgegeben wurden[10], die meist in den umfangreichen Depots des Museums landeten, eröffnete wegen fehlender 20.000 DM für museumspädagogische Informationstafeln die Ausstellung zum Ersten Weltkrieg letztlich erst im Sommer 1994 - mehr als zwei Jahre nach dem geplanten Termin[11]. Obwohl Aichner vom Düsenjäger bis zum "Plunder von der NVA" (so selbst Regensburger) alles für sein Museum sammelte, liegt das 1988 für das Museum beschlossene museumspädagogische Konzept (abgesehen von der kurzen Zeitspanne von 1914 bis 1918) bisher nicht vor.

Zusätzlich zog im Jahr 2007 die polizeigeschichtliche Sammlung der Bayerischen Polizei aus Bamberg in das Reduit Tilly ein. Sie enthält Historisches über die bayerische Gendarmerie, die bayerische Polizei während der Zeit des Nationalsozialismus und allgemein die Entwicklung der Gemeinde- und Stadtpolizei sowie der Landes-, Wasserschutz-, Grenz- und Bereitschaftspolizei. Sie war nur vorübergehend als Sonderausstellung im Erdgeschoss zum 60. Jahrestag der Gründung der Bayerischen Polizei zu sehen. Unter dem organisatorischen Dach des Armeemuseums sollte die Eröffnung der Sammlung als Bayerische Polizeimuseum schon seit Jahren stattfinden und ist nun für den 19. Dezember 2011 geplant.[12]

Doch Aichner gab seine Erweiterungspläne nicht auf: Seine letzte größere Amtshandlung vor der Ende Januar 2010 anstehenden Pensionierung war die Eröffnung einer Ausstellung zur Geschichte der deutschen Gebirgstruppe von 1915 bis heute, bei der auch die Stiftung "Deutsche Gebirgstruppen", gegründet wurde. Der wegen seines Verhältnisses zu Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht umstrittene Kameradenkreis der Gebirgstruppe hat seine sämtlichen Exponate und alle Unterlagen in die Stiftung als Grundstock mit eingebracht. [13]

Langfristig ist im Reduit Tilly der Aufbau einer Abteilung geplant, die sich mit dem Zweiten Weltkrieg befasst.

Am 1. Februar 2010 trat Ansgar Reiß den Posten als neuer Museumsleiter an. Innerhalb kurzer Zeit gelang ihm eine Neuausrichtung des Museums, die sich insbesondere in den Sonderausstellungen manifestiert. Wurden zuvor oft militärgeschichtliche Themen isoliert unter wehrtechnischen oder uniformkundlichen Gesichtspunkten dargestellt, so wird nun Heereskunde im sozialgeschichtlichen Kontext begreifbar gemacht. Nach einer Ausstellung über afroamerikanische US-Soldaten in der Besatzungszeit gastierte 2011 die Wanderausstellung der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ zum Thema NS-Militärjustiz.

Freundeskreis

Seit Jahrzehnten begleitet die Geschicke des Museums der Verein "Freundeskreis des Bayerischen Armeemuseums" mit Sitz in München. Neben diversen Vertretern von bayerischem Hochadel und Offizierskorps zählte 1967 auch Museumsleiter Ernst Aichner als Student zu den Gründungsmitgliedern. Vorsitzender "des äußerst verschwiegene[n] Zirkel[s] mit hoher Schlagkraft" ist seit 1989 der ehemalige CSU-Landtagsabgeordnete und langjährige "Leiter Außenbeziehungen" von Eurocopter, Manfred Dumann. Nachdem das seit 2009 unter FDP-Führung stehende Bayerische Wissenschaftsministerium ohne Beteiligung des Freundeskreises für Aichner einen Nachfolger ohne den entsprechenden Stallgeruch auswählte, zeigten sich führende Mitglieder des Freundeskreises wie Ingolstadts Zweiter Bürgermeister, Oberstleutnant a.D. Albert Wittmann (CSU) zunächst sichtlich irritiert und wollten sogar eine FDP-Intrige gegen Horst Seehofer nicht ausschließen[14]. Nachdem sich der Kontakt zwischen Dumann und dem neuen Museumsleiter zwischenzeitlich normalisiert hatte[15], sorgte die Sonderausstellung zur NS-Militärjustiz für einen Tiefpunkt der Beziehungen. Dumann kritisierte unter Berufung auf seinen Status als Sohn eines gefallen Wehrmachtssoldaten eine „pauschale Diffamierung“ der Juristen und „Voreingenommenheit“ der Ausstellungsmacher, was Reiß zur Festestellung veranlasste, dass das Museum „kein Sanatorium für gekränkte Wehrmachtsseelen“ sei.[16].

Weblinks

 Commons: Bayerisches Armeemuseum (München) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dolce Vita für den Endsieg Der Spiegel 09/2001, S. 194ff abgerufen am 22. Januar 2010
  2. Abendzeitung vom 22. September 1993, S. 19
  3. Einen Leo will ich auch Der Spiegel 09/1992 S.95 abgerufen am 22. Januar 2010
  4. Donaukurier vom 22. September 1993, S. 19
  5. Bernd Siegler: Wenn es Nacht wird im Armeemuseum, taz vom 25. November 1993, S. 11
  6. Donaukurier vom 8. Juni 1993, S. 15
  7. Abendzeitung vom 22. September 1993, S. 19
  8. Donaukurier vom 14. Juni 1993, S. 9
  9. Bernd Siegler: Wenn es Nacht wird im Armeemuseum, taz vom 25. November 1993, S. 11
  10. Donaukurier vom 19/20. Juni 1993, S. 31
  11. Donaukurier vom 22. September 1993, S. 19
  12. Eröffnung am 19. Dezember 2011
  13. Donaukurier vom 18. Januar 2010
  14. Freunde des Armeemuseums machen FrontDonaukurier vom 8. September 2010
  15. Interview mit Ansgar Reiß: Man darf Waffen nicht einfach toll finden, Donaukurier vom 1. Februar 2010
  16. Christian Silvester: Die Freunde eröffnen das Feuer Donaukurier vom 17/18. September 2011, S.13

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