Erdölförderung in Lütow

Erdölförderung in Lütow
„Pferdeköpfe“ von Tiefpumpen am Netzelkower Hafen

Die Erdölförderung in Lütow auf der Insel Usedom, Mecklenburg-Vorpommern, begann 1966. Sie wird heute von einer Tochter des französischen Energiekonzerns GDF Suez betrieben. Die Lagerstätte auf dem Gebiet der Gemeinde Lütow war das größte Erdölvorkommen in der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Lagerstätte

Die Erdöllagerstätte Lütow-Krummin liegt größtenteils im Nordteil des Gnitzes, einer Halbinsel im Nordwesten Usedoms zwischen der Krumminer Wiek und dem Achterwasser. Das Ölfeld hat aus der Vogelperspektive betrachtet eine länglich ovale Form und umfasst eine Fläche von etwa 150 Hektar. Es erstreckt sich zum Teil unter den Ortslagen Neuendorf und Netzelkow. Sein südöstliches Ende befindet sich unter der Insel Görmitz. Somit liegt die Lagerstätte teilweise auch unter den Twelen,[1] dem schmalen Meeresarm zwischen Gnitz und Görmitz.

Das Ölvorkommen liegt in 2400 bis 2500 Metern Tiefe. Der erdölführende Speicher im Staßfurt-Zyklus des Zechsteins[2] hat eine Stärke von etwa 80 Metern. Damit handelt es sich um die größte derzeit bekannte Lagerstätte im Gebiet der neuen Bundesländer.

Erdölgewinnung

Mehr als 30 Bohrungen sind in der Zeit der DDR im Gebiet der Gemeinde Lütow eingebracht worden, von denen 24 die Erdöllagerstätte trafen und eine Förderung ermöglichten. Die sieben weiteren Bohrungen, zuletzt eine von 1986, lagen knapp außerhalb der Lagerstätte.

Zunächst war eine eruptive Förderung möglich; der Druck des Erdöls war so hoch, dass es ohne weiteres Zutun an die Oberfläche kam. Später wurden Tiefpumpen installiert, deren charakteristische „Pferdeköpfe“ das Ölfeld bis heute prägen. Die Förderung wirkte sich positiv auf die Region aus, die zuvor weitgehend von Landwirtschaft, Fischfang und Tourismus gelebt hatte. Das Jahresfördermaximum von 220.000 Tonnen Rohöl erreichte der Betrieb in Lütow bereits 1969. Im gleichen Jahr hatte er auch die höchste Tagesfördermenge verbucht, die mehr als 1000 Tonnen betragen hatte.

In den 1990er Jahren gingen die meisten Produktionssonden aus wirtschaftlichen Gründen außer Betrieb. Um 1994 galt die Lagerstätte bereits als weitgehend erschöpft. Die Jahresfördermenge ging rapide zurück und erreichte 1996 nur noch 9578 Tonnen.[3] Im Jahr 2005 waren noch acht Fördersonden in Betrieb, die damals insgesamt etwa 7300 Tonnen Erdöl förderten. Die Gesamtfördermenge seit 1966 beläuft sich auf rund 1,3 Millionen Tonnen Erdöl.[4]

Die GDF Suez E&P Deutschland GmbH betreibt in Lütow eine Förder- und Aufbereitungsstation. Tankwagen bringen das geförderte Öl zur PCK Raffinerie nach Schwedt/Oder, wo es weiterverarbeitet wird. Zurzeit (Stand: 2011) sind in Lütow noch Förderanlagen an sieben Bohrlöchern in Betrieb, die 2010 zusammen 4451 Tonnen Öl förderten.[5] Damit spielt Lütow bei der Erdölförderung in Deutschland nur noch eine verschwindend geringe Rolle. Die in Berlin ansässige deutsch-kanadische Central European Petroleum GmbH plant jedoch 2011 eine neue Erkundungsbohrung in Lütow. Ist sie erfolgreich, kann zwei Jahre später die Förderung beginnen.[6]

Geschichte

Am 15. November 1965 wurde die Bohrung Görmitz 1 fündig. Entgegen ihrer Bezeichnung liegt sie nicht auf der gleichnamigen Insel, sondern auf der Halbinsel Gnitz, etwa 500 Meter östlich des Lütower Ortsteils Neuendorf. Fast alle weiteren Bohrungen trugen dann den Namen Lütow. Am 20. März 1966 nahm die Feldzentrale Lütow die Förderung auf.

Um tatsächlich auch auf Görmitz bohren zu können, wurde ein Erddamm durch die Twelen aufgeschüttet, auf dem die schwere Bohrtechnik hinüber zur Insel transportiert wurde. Auf Görmitz wurden 1969/70 drei Bohrungen vorgenommen. Seit 2001 stehen ein Großteil der Insel und nahe Gewässer unter Naturschutz.[7]

Der Betrieb gehörte wie alle Erdölförderanlagen im heutigen Mecklenburg-Vorpommern zum VEB Erdöl-Erdgas Grimmen. Der Weitertransport des Rohöls in die Raffinerie nach Schwedt/Oder erfolgte in der Zeit der DDR per Tankschiff. Dazu wurde der Hafen von Netzelkow entsprechend ausgebaut.

Nach der Wende wurde der VEB Erdöl-Erdgas Grimmen in eine GmbH umgewandelt, und diese Anfang der 1990er Jahre liquidiert. Der Betrieb in Lütow wurde zuvor mit der Erdöl-Erdgas Gommern GmbH (EEG) verschmolzen. Diese wurde 1994 von Gaz de France übernommen und verlegte 1999 ihren Sitz nach Berlin. Nach einer weiteren Fusion firmierte sie 2008 in GDF Suez E&P Deutschland GmbH um.[8]

Literatur

  • Förderverein Erdöl & Heimat e. V. (Hrsg.): Schatzsucher. Eine Chronik des Grimmener Erdölbetriebes 1961–1990. 2. Aufl., Reinkenhagen 2009.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Gewässername ist ein Pluraletantum („die Twelen“).
  2. 50 Jahre Erdölförderung in Mecklenburg-Vorpommern
  3. Klaus Schulze, Peter Wambach: Gommern - Zentrum der Erdöl-Erdgas-Industrie in Ostdeutschland.
  4. Erdölquellen auf Usedom versiegen langsam
  5. CEP plant neue Erdölbohrungen. In: Ostsee-Zeitung.
  6. Das Öl von Usedom. Auf der Ostseeinsel soll Erdöl gewonnen werden
  7. NSG Insel Görmitz
  8. GDF Suez: Historie
54.03213.9

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