Erdölförderung in Deutschland

Erdölförderung in Deutschland
Pferdekopf-Pumpe auf dem ehemaligen Erdölfeld Varel. Im Hintergrund drei Windkraftanlagen
Erdölbohrturm

Die Erdölförderung in Deutschland konzentriert sich auf die Bundesländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein und deckt etwa 2,5–3 % des deutschen Bedarfs.

In Deutschland wurde das Ölfördermaximum mit 8,2 Millionen Tonnen bereits im Jahr 1968 erreicht.[1] Derzeit werden ca. 3,05 Millionen Tonnen pro Jahr gefördert.[2] Dies ist weniger als die Hälfte des Ölfördermaximums.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Bereits 1856 entdeckte ein Bauer beim Brunnenbau in Hemmingstedt im Raum Dithmarschen ölhaltige Sande. Zwei Jahre später wurde das Vorkommen in Wietze nahe Celle entdeckt. An beiden Standorten begann unmittelbar nach der Entdeckung die Erdölförderung. In Hemmingstedt wurden 1870 weitere Vorkommen von Ölkreide entdeckt, die aber erst ab 1920 abgebaut wurden. 1935 entdeckte man hier auch förderfähiges flüssiges Öl. 1942 kam das Vorkommen im Emsland hinzu.

Bayern

Seit dem 15. Jahrhundert ist die mittlerweile versiegte natürliche St. Quirins-Ölquelle am Westufer des Tegernsees nachgewiesen. Das Erdöl wurde von den Mönchen des Klosters Tegernsee zu Heilzwecken verkauft. 1904 fand die erste Probebohrung durch die niederländische Gesellschaft Dordtsche Petroleum Maatschappij statt, die in 500 m Tiefe auf Erdöl traf. Es folgte ein „Ölboom“ mit Gründung der „Ersten bayerischen Petroleum Gesellschaft mbH“ und Durchführung von 10 Bohrungen am See. Schon 1912 waren die Bohrungen jedoch verwässert und die Ölförderung wurde eingestellt. Das in größeren Tiefen angetroffene iod- und schwefelhaltige Wasser verhalf aber Bad Wiessee zum Aufstieg als Kurort.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann man erneut im bayerischen Alpenvorland mit der Suche nach Kohlenwasserstoffvorkommen, die ab 1954 eine Phase wirtschaftlicher Förderung einleitete. Bis heute konnten in Südbayern etwa 60 Erdöl- und Erdgasvorkommen entdeckt werden. Die meisten Vorkommen befinden sich beiderseits einer Linie, die von München ostwärts bis zur österreichischen Grenze reicht. Nördlich und westlich von München konnten bislang nur vereinzelte, dafür aber für Bayern überdurchschnittlich ergiebige Vorkommen entdeckt werden (beispielsweise bei Bedernau im Landkreis Unterallgäu). Von 1954 bis 2000 wurden in Bayern insgesamt 6,9 Millionen Tonnen Erdöl und 18,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert. In den 1990er-Jahren musste die Förderung auf den meisten Öl- und Gasfelder wegen Unrentabilität eingestellt werden. Auch die Suche nach neuen Vorkommen unterblieb wegen der damals niedrigen Ölpreise.

Hessisches Ried

Pferdekopfpumpe auf dem Kühkopf bei Stockstadt am Rhein

Im Hessischen Ried, in einem Gebiet zwischen Stockstadt, Gernsheim und Crumstadt wurde in den 1930er Jahren bei Probebohrungen Erdöl gefunden. Die Erdölförderung wurde aber erst im Jahr 1952 aufgenommen. Dabei wurden insgesamt 47 Bohrungen zur Erschließung abgeteuft und das Öl aus Tiefen von 1.530 und 1.720 m nach oben gepumpt. Im Gernsheimer Hafen wurde eine eigene Schiffsbeladestelle für der Abtransport des Öls aufgebaut. In der Raffinerie Deurag-Nerag in Misburg bei Hannover wurde das per Schiff und Bahn angelieferte Öl weiterverarbeitet. Über 500 Menschen arbeiteten 1954 auf dem Erdölfeld. 1964 und 1965 wurden jeweils 64.000 Tonnen gefördert. Bis zur Einstellung der Erdölförderung 1994 wurden knapp 1 Million Tonnen Erdöl aus dem Hessischen Ried gefördert. Die letzte Bohrung „Stockstadt 38“ steht heute noch als Industriedenkmal im Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue.[3][4]

Oberschwaben

Von 1958 bis 1995 wurden im baden-württembergischen Alpenvorland bei Rot an der Rot im Rot- und Ellbachtal, mit achtzehn Förderpumpen täglich im Durchschnitt 200 Tonnen Erdöl gefördert.

DDR

Seit den 1960er Jahren fanden an verschiedenen Stellen im Norden der DDR Probebohrungen statt; so zum Beispiel auf der Insel Hiddensee. Das erste Vorkommen, das auf dem Gebiet der DDR entdeckt worden war (1960), lag in Reinkenhagen bei Grimmen. Erst 1996 wurde die Förderung eingestellt. Mit ca. 1,25 Millionen Tonnen gefördertem Erdöl von 1966 bis 1990 lag das wichtigste Erdölvorkommen in Lütow auf der Insel Usedom, dessen Ausbeutung gegenwärtig (Stand: 2011) noch läuft.
Die DDR galt als das am intensivsten prospektierte Land der Welt, da man sich mangels Devisen aus der Abhängigkeit von russischem Öl gerne lösen wollte (aber kaum konnte). Im Auftrag von Walter Ulbricht wurde versucht, der Bundesrepublik nachzueifern, die damals noch über 30 % des heimischen Bedarfs selber förderte.
Eine weitere Förderstätte mit besonders hochwertigem Erdöl befand sich im Osten der Halbinsel Zingst, wo allerdings nur geringe Mengen gefördert wurden. Der Zivilbevölkerung war dies weitgehend unbekannt, da es sich um ein militärisches Sperrgebiet handelte. Das hier geförderte Öl wurde mit Tanklastwagen und später per Eisenbahn in die Sowjetunion transportiert, wo es für die Raumfahrt benötigt wurde. Vermutlich wurde es daher auch als „Weißes Öl“ bezeichnet.

Die Ölkrise kam, wegen der unterschiedlichen Verrechnungspreise (im fünfjährigen Mittel des Weltmarktpreises) im RGW, in der DDR deutlich später an (Anfang der 80er) als in der Bundesrepublik (1972). Und auch dann wurde der Preis an den Tankstellen des staatseigenen Mineralölunternehmens VEB MINOL nicht erhöht, dieser wurde durch die Parteiführung der SED festgesetzt. Er betrug pro Liter einheitlich 1,40 Mark (der DDR) für „VK-79“, 1,50 Mark für „VK-88“, 1,65 Mark für „VK-94“ und 1,40 Mark für „DK“ (Dieselkraftstoff). In den 1980er Jahren wurde die Produktion von „VK-79“ eingestellt und „VK-88“ in „Normal“ und „VK-94“ in „Extra“ umbenannt. Die Preise blieben unverändert.

Varel

Südlich von Varel, im zur Gemeinde Jade in der Wesermarsch (Niedersachsen) gehörenden Jaderaußendeich wurde 1957 mit der Förderung von Erdöl begonnen. In einer Tiefe von 1.700 m wurde man in einer Ablagerung im Dogger-Sandstein (Dogger=Mitteljura) damals fündig. An die 1993 eingestellte Förderung im Erdölfeld Varel erinnert unter anderem die Ölstraße, an welcher heute noch eine alte Ölpumpe steht.[5][6] Aus 16 Förder- und 4 Hilfsbohrungen wurden insgesamt 856.000 Tonnen Erdöl gefördert. 1996 wurde das Erdölfeld Varel nach Abschluss der Verfüllungen und Rekultivierung vom Bergamt Meppen aus der Bergaufsicht entlassen.

Wietzer Ölfeld

siehe Hauptartikel Wietze

Blowout-Preventer im Deutschen Erdölmuseum Wietze

Im 20 km westlich von Celle gelegenen Ort Wietze begann bereits 1858 in Niedersachsen die industrielle Förderung von Erdöl. Georg Christian Konrad Hunäus ließ damals die wahrscheinlich erste Erdölbohrung der Welt durchführen. Zeitweise wurden bis zu 80 Prozent des nationalen Bedarfs vom Wietzer Ölfeld gefördert.[7] 1963 wurden die Förderanlagen stillgelegt. Im Ort befindet sich seit 1970 das älteste Erdölmuseum der Welt.[8]

Offshore-Erdölförderung

Die erste deutsche Offshore-Bohrung fand von 1984 bis 2000 in der Kieler Bucht im Feld Schwedeneck-See statt. In ihm wurden insgesamt 3,5 Millionen Tonnen Öl gefördert. Im Jahre 2000 wurde die Ölförderung im sogenannten Entenschnabel der deutschen Nordsee aufgenommen.

Gegenwart

Fördermengen

Die deutsche Erdölförderung betrug im Jahre 2008 insgesamt 3,05 Millionen Tonnen.[9] Das ist nur noch knapp die Hälfte der Fördermenge des Jahres 1970. Laut Energiestudie 2005 der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe lagen die zu gegenwärtigen Preisen und mit der heutigen Fördertechnologie gewinnbaren deutschen Erdölreserven 2005 bei insgesamt 47 Millionen Tonnen. Die wirtschaftlich und technisch nicht förderbaren, sowie nicht nachgewiesenen, aber geologisch möglichen Erdölressourcen lagen 2005 bei 20 Millionen Tonnen (siehe Erdöl/Tabellen und Grafiken).

Fördergebiete

Im Jahr 2000 wurden 51 % des deutschen Öls in Niedersachsen gefördert und 43 % in Schleswig-Holstein; allerdings sind die Anteile Schleswig-Holsteins in den letzten Jahren gestiegen. Im Jahr 2000 gab es insgesamt 48 deutsche Ölfelder, allerdings mit sehr stark unterschiedlichen Fördermengen. Die bekannten Ölreserven lagen zu 58 % in Schleswig-Holstein (vor allem Mittelplate) und zu 36 % in Niedersachsen.

Die Anteile nach Förderregionen lagen 2000 bei 42,9 % nördlich der Elbe (Mittelplate), 8,8 % zwischen Elbe und Weser, 16,1 % zwischen Weser und Ems und zu 26,5 % westlich der Ems. Kleinere Gebiete lagen im Oberrheintal (3,0 %), im Alpenvorland (1,2 %) und vor der deutschen Ostseeküste (0,9 %)

Mittelplate

Das größte deutsche Erdölfördergebiet, die Mittelplate, befindet sich im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer vor Friedrichskoog. Auf der Mittelplate wurden 2006 knapp 60 % des gesamten deutschen Erdöls gefördert. Die Jahresproduktion beträgt rund 2 Millionen Tonnen Erdöl. Die Reserven der Lagerstätte liegen bei etwa 40 Millionen Tonnen.[10] Mittelplate bildet somit fast 65 % der nationalen Rohölreserven. Andere inländische Lagerstätten sind weitgehend ausgefördert und erschöpft. Mittelplate ist derzeit das einzige große deutsche Ölfeld mit Zukunft.[11]. Mittelplate ist eine stationäre Erdölerkundungs- und Förderplattform. Das dort geförderte Rohöl wird sowohl mit Schleppern und Barges zur Weiterverarbeitung nach Brunsbüttel gebracht, als auch per Pipeline zur Raffinerie Hemmingstedt bei Heide. Neuerdings werden Bohrungen als Schrägbohrung (Vertikal-Horizontal-Bohrung) nach Norden bis unter das Nordseebad Büsum vorangetrieben.

Westliches Emsland

Die nach Mittelplate bedeutendsten Ölfelder finden sich westlich der Ems. Ein Fördergebiet dort ist im Dalumer Moor, bei Twist westlich von Meppen in Niedersachsen, sowie in Emlichheim[12] und Osterwald in der angrenzenden Grafschaft Bentheim, nahe der niederländischen Grenze. Weiterhin stehen Erdölpumpen im emsländischen Schöninghsdorf. Die dortigen Reserven wurden 1942 entdeckt und werden seitdem auch abgebaut. Das dort geförderte Öl ist jedoch so zähflüssig, dass es zunächst aus der Tiefe an die Oberfläche gepumpt werden muss. Durch den entfernt an ein Pferd erinnernden Maschinenaufbau und die nickende Bewegung werden die Pumpen im Volksmund auch als Pferdekopf-Pumpen bezeichnet und sind ein Wahrzeichen der Landschaft geworden. Neben dem Torfabbau ist die Ölförderung und -verarbeitung die vorherrschende Industrie in den emsländischen Mooren.

Gifhorner Trog

Im Gifhorner Trog wurden Erdöllagerstätten seit längerem ausgebeutet, jedoch wurde die Förderung nach und nach bei den hier vorhandenen Erdölfeldern wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt. Heute wird nur noch in einigen Erdölfeldern des Gifhorner Trogs gefördert (z. B. Feld Rühme bei Braunschweig).

Landauer Ölfeld

Pferdekopfpumpe zur Ölförderung in Nußdorf (Landau)

In Landau in der Pfalz (Rheinland-Pfalz) befinden sich etwa 30 Ölförderstellen des Landauer Ölfeldes. Unter der Nußdorfer Scholle lagert das Erdöl in 500 bis 1.800 Meter Tiefe. Es wird seit 1955 mit Pferdekopfpumpen gefördert. Der Wasseranteil im Öl liegt bei ca. 90 %. Die tägliche Fördermenge beträgt rund 110 Tonnen. Das Öl wird in der MiRO-Raffinerie in Karlsruhe weiterverarbeitet. 30 Personen sind an der Landauer Außenstelle der Wintershall AG beschäftigt.[13]

Bayern

2005 wurde in Bayern noch aus zwei Ölfeldern gefördert: In Großaitingen, südlich von Augsburg (1976 erschlossen; Förderung durch Wintershall), förderten 6 Sonden 37118 Tonnen Erdöl. In Hebertshausen, nördlich von Dachau (1982 erschlossen; Förderung durch RWE Dea), erbrachte eine Sonde 3955 Tonnen Rohöl. Die durch die stets brennende Erdgasfackel neben der Autobahn A8 bekannte eruptiv, also ohne Pumpe fördernde Ölquelle Darching, Gemeinde Valley bei Holzkirchen (1969 erschlossen; Förderung durch Wintershall), musste 2003 wegen Verwässerung aufgegeben werden. Von den Erdgasfeldern stand 2005 in Bayern nur jenes in Inzenham-West bei Rosenheim (1971 erschlossen; Förderung durch RWE Dea) in Förderung.

Seit 1999 findet in Bayern wieder eine verstärkte Explorationstätigkeit statt. 2011 konnte die RAG mit der Bohrung Assing R1 bei Taching am See wieder ein wirtschaftlich förderbares Gasvorkommen neu erschließen.

Einzelnachweise

  1. Umweltjournal.de: Die Erdölreserven: Das System Öl, abgerufen am 21. September 2007
  2. Michael Pasternak, ERDÖL ERDGAS KOHLE 2009, S. 284
  3. Werner Kurzlechner: Das Ried als einstiges Ölfördergebiet. In: FAZ.net. 13. August 2004, abgerufen am 17. März 2011.
  4. GG-Online.de: Erdöl im Ried, archivierte Version vom 10. Mai 2009
  5. Dorfgemeinschaft-Jade.de: Die Gemeinde Jade, abgerufen am 21. September 2007
  6. Varel.de: Zeittafel, abgerufen am 21. September 2007
  7. ZDF.de: Klein-Texas in der Heide, vom 8. September 2007
  8. Erdoelmuseum-Wietze.de, abgerufen am 21. September 2007
  9. Michael Pasternak, ERDÖL ERDGAS KOHLE 2009, S. 284
  10. RWE.com: Über 16 Millionen Tonnen Mittelplate-Öl gefördert, vom 3. Februar 2006
  11. Bayerisches-Energie-Forum.de: Über 16 Millionen Tonnen Mittelplate-Öl gefördert, abgerufen am 21. September 2007
  12. Johanna Kutsche: Ein lohnender Blick unter heimischen Boden - Deutschland entdeckt seine Ressourcen wieder, dradio.de, abgerufen am 23. Mai 2011.
  13. Landau-Nussdorf.de: Erdöl sprudelt aus 102 Bohrlöchern, abgerufen am 21. September 2007

1. LINK NICHT MEHR VORHANDEN www.zdf.de 2. LINK AUCH NICHT MEHR VORHANDEN

Literatur

  • Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. Verlag C. H. Beck, München, 2003. ISBN 3-406-50276-8
  • Derek Mösche: 150 Jahre Erdölförderung in Schleswig-Holstein. in: Bergbau Heft 1/2007, S. 18-20 (Digitalisat, pdf, 253 kB)
  • Michael Pasternak: Exploration und Produktion von Erdöl und Erdgas in Deutschland 2008, in: ERDÖL ERDGAS KOHLE 2009, S. 272-286.
  • Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.: Erdgas und Erdöl aus Deutschland. Hannover 2008 (Digitalisat, pdf, 480 kB)

Weblinks


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