Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments

Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments
Einband des Nachdrucks der DDR, 1973
Titelseite des Buches

Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments ist ein Buch von Caspar René Gregory aus dem Jahre 1908. Nach dreißigjähriger Arbeit veröffentlichte er darin ein neues Katalogsystem für die griechischen Handschriften des Neuen Testaments. Es wird in erweiterter Form (Gregory-Aland) noch heute verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Motivation

In seiner Einleitung auf den Seiten 1 bis 31 erläutert er die Motivation zum Erstellen dieser Liste. Bereits 1516 hatte Desiderius Erasmus bei der Zusammenstellung seines Novum Instrumentum omne eine Aufstellung verschiedener Manuskripte vorgenommen. Im Laufe der Zeit wurden immer mehr Handschriften verfügbar und eine einheitliche Bezeichnung nötig. Ende des zwanzigsten Jahrhunderts gebrauchten Walton und Wettstein große lateinische Buchstaben. Tischendorf bezeichnete den Codex Sinaiticus mit dem hebräischen Buchstaben א. Entsprechend wurden einige Dokumente mit fortlaufenden hebräischen Buchstaben bezeichnet. Das System von Sodens verwendete griechische Buchstaben. Diese Zeichensätze sind nicht in allen Druckereien vorhanden und bereiten bei der Verwendung in der Forschung und Lehre ebenso Schwierigkeiten.

Zudem wurde in den bisherigen Katalogen nach dem Inhalt der Manuskripte unterschieden und einzelne Dokumente in verschiedenen Listen mehrfach aufgeführt. So findete sich die Leicester Handschrift in den Evangelien unter 69, in Apostelgeschichte aber unter 31, in den paulinischen Briefen als 37 und in der Offenbarung unter 14. Die 69 hingegen bezeichnete in Apostelgeschichte eine Handschrift in Wolfenbüttel, in den paulinischen Briefen auf eine Handschrift in Wien und für die Offenbarung auf eine Handschrift in Rom.[1] Mit dem System von Soden verschwanden zwar jene 4 Listen, wurden aber durch 20 bis 30 neue ersetzt.

Gregory entschied sich zur Neuerstellung eines einheitlichen Kataloges, der die Arbeit vereinfachen sollte. Dazu schrieb er viele Gelehrte an und bat um ihre Zustimmung, Mitarbeit und Vorschläge. Auf den Seiten 10 bis 13 sind jene 35 Fachleute aus Deutschland sowie 61 Gelehrte aus 15 weiteren Ländern aufgeführt. Er änderte einige seiner eigenen Vorstellungen zugunsten der Wünsche der Mehrheit.[2]

Einteilung

Mit der neuen Einteilung wird jedes Dokument nur noch einer der folgenden 4 Listen zugeordnet:

  1. Großschriften (Unziale)
  2. Papyri
  3. Kleinschriften (Minuskeln)
  4. Lesebücher (Lektionare)

Zur Zeit der Veröffentlichung waren Gregory 161 Großschriften bekannt. Bei den ersten 45 übernahm er die alten Bezeichnungen, zum Beispiel א für den Codex Siniatiticus, A für den Codex Alexandrinus oder Gp für den Codex Boernerianus. Die entsprechenden Nummern ließ er frei. Beginnend mit Nummer 046 (für den Codex Vaticanus Graecus 2066) bezeichnete er die Großschriften mit fetten arabischen serifenlosen Ziffern. Zur Unterscheidung beginnen die Zahlen stets mit einer Null. Zurzeit sind 318 Großschriften bekannt.

Zur Kennzeichnung der Papyri schlägt Gregory die Verwendung eines mittelalterlichen \mathfrak{P} vor, gefolgt von einer hochgestellten fortlaufenden Nummer. Alternativ kann auch ein eigentümliches, auffallendes P oder die Silbe Pap verwendet werden.[3]. Im Jahre 1908 waren nur 14 Papyri bekannt, heute sind es 124.

Die Kleinschriften sind fortlaufend mit normalen Zahlen durchnummeriert. In Anlehnung an die bisherige Tradition, schon aus der Bezeichnung Rückschlüsse auf den Inhalt haben zu können, werden einige der Nummern durch hochgestellte Kleinbuchstaben erweitert. Es stehen die vier Buchstaben e a p r zur Verfügung. Die passende Zuordnung ist e - Evangelium, a - Apostelgeschichte, p - Paulusbriefe und r - Offenbarung (lat. revelatio). So bezeichnet 131p die Briefe des Paulus in der Minuskelhandschrift 131, die zurzeit in der Bibliothek des Vatikan aufbewahrt wird. Die Zuordnung der Buchstaben war nicht einfach, denn ein o für Offenbarung ist nur im Deutschen offensichtlich, im englischen hätte ein a für Apokalypse wie auch Acts zur Verwirrung geführt. Ein griechisches π hingegen steht sowohl für Apostelgeschichte wie Paulus. Als Ergänzung kann ein c für die Katholischen Briefe verwandt werden. Gregory listet 2292 dieser Handschriften auf, heute sind 2882 katalogisiert.

Die Lesebücher oder Lektionare werden mit dem Sigel und einer fortlaufenden Nummer bezeichnet. Ebenso kann durch hochgestellte lateinische Buchstaben der Inhalt angegeben werden. Wenn nichts vermerkt ist, sind die Evangelien enthalten. Ein +a deutet auf Lesestücke auch aus der Apostelgeschichte an, während a nur Lesestücke aus der Apostelgeschichte hat.[4] Letzteres trifft zum Beispiel auf Lektionar 23 zu. Gregory listet 1540 Lesebücher, das Institut für Neutestamentliche Textforschung in Münster hat bis heute 2436 Lektionare katalogisiert.

Verbreitung

Der Katalog wird bis in die Neuzeit genutzt und fortgeführt. In der DDR wurde 1973 ein unveränderter fotomechanischer Nachdruck der Originalausgabe 1908 nach dem Exemplar der Universitätsbibliothek Leipzig vom Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik erstellt. Den Druck lieferte das Nationale Druckhaus VOB National, 1055 Berlin.[5]

Einzelnachweise

  1. Caspar René Gregory, Die griechischen Handschriften des Neuen Testaments, Leipzig, 1908, Seite 2
  2. ebenda, ab Seite 13
  3. ebenda, Seite 26
  4. ebenda, Seite 123
  5. siehe Seite II dieses Nachdrucks, Ag 509/27/73 186

Siehe auch


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