Britische Unterhauswahlen 1874

Britische Unterhauswahlen 1874
Benjamin Disraeli 1873
Der Verlierer der Wahl, William Ewart Gladstone

Die britischen Unterhauswahlen von 1874 beendeten die erste Regierungszeit Willam Ewart Gladstones und brachten den Konservativen einen Wahlsieg ein. Neuer Premierminister wurden Benjamin Disraeli. Hintergrund war die Auflösung des Parlaments durch Gladstone, trotz einer liberalen Mehrheit von 66 Sitzen. Die Wahl war die zweite nach dem Representation of the Peoples Act von 1867, was zu einer erstmaligen Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Liberalen bei der Wahl führte. Mit der Wahlrechtsreform wurde das Wahlrecht von Arbeitern und anderen Angehörigen der unteren Schichten erweitert. Die Liberalen erkannten das Potential der proletarischen Wähler und erklärten sich bereit, die Funktionäre der Miners' Federation of Great Britain, Alexander MacDonald und Thomas Burt zu unterstützen. Beide konnten einen Sitz im Unterhaus erringen.

Inhaltsverzeichnis

Ergebnis

Auch wenn bei der Wahl die Konservativen die meisten Sitze gewinnen konnten, erhielten jedoch die Liberalen die meisten Wahlstimmen. Erstmalig zogen auch Vertreter der irischen Unabhängigkeitsbewegung (Home Rule) in das Parlament ein. So konnte die Wahl von 1874 auch wieder ein Dreiparteiensystem im Unterhaus etablieren. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren zeitweise lediglich Abgeordnete der Chartisten und der Repeal Association im Parlament vertreten.

Farbe Partei Stimmen Kandidaten Sitze +/− Wähleranteil
in %
+/−
in %
  Conservative Party 1.091.708 507 350 + 79 44,3 + 5,9
  Liberal Party 1.281.159 489 242 - 145 52 - 9,5
  Home Rule 57.576 80 60 + 60 3,7 + 3,7

Rezeption

Friedrich Engels veröffentlichte am 4. März 1874 im Volkstaat eine umfangreiche Analyse der Wahlen unter dem Titel Die englischen Wahlen. Engels warf Gladstone einen "Wahlstaatsstreich" vor, da dieser die Wahlen bereits acht bis 14 Tage nach der Parlamentsauflösung durchführen ließ, so dass in den Wahlkreisen nur wenig Zeit zur Vorbereitung blieb. Dies in Verbindung mit einer autokratischen Regierungsführung Gladstones, "die den angestammten Gewohnheiten John Bulls direkt ins Gesicht schlug", hätte viele traditionelle liberale Wähler gegen Gladstone aufgebracht.[1]
An den Gewerkschaftskandidaten, die mit Hilfe der Liberalen kandidierten, kritisierte Engels, dass sie mit ihrem Verhalten der Bourgeoisie näher stünden als den Arbeitern und dadurch die Herausbildung einer unabhängigen Arbeiterpartei, wie sie in den meisten Staaten des Kontinents schon existierte, behinderten. Als einen größeren Erfolg als den Einzug der beiden Arbeiter sah Engels die Abgeordneten der Home-Rule-Bewegung an: "Die beiden bewegenden Kräfte in der englischen politischen Entwicklung sind also hiermit ins Parlament getreten: einerseits die Arbeiter, andrerseits die Irländer als kompakte nationale Partei."[2]

Einzelnachweise

  1. MEW 18, S. 494 f.
  2. MEW 18, S. 499

Literatur

Friedrich Engels, Die englischen Wahlen, MEW 18, S. 494-499


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